Vorschau: Dragon Age: Origins (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Electronic Arts
Release:
05.11.2009
10.11.2009
19.11.2009
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ab 1,00€
Spielinfo Bilder Videos
Die Ernüchterung der Kulisse

Es besteht eine Diskrepanz zwischen der Qualität der Figuren und der Umgebung - die Säule im Hintergrund ist nur schwach texturiert.
Natürlich zählen bei einem Rollenspiel die inneren Werte. Und wenn ich jetzt sage, dass Dragon Age in der Vorschaufassung technisch enttäuscht, dann hat das nicht nur damit zu tun, dass Mass Effect 2 aus selbem Hause dagegen wie die nächste Generation aussieht - zumal Letzteres auch erst später erscheint. BioWare hat zwar noch nie mit der Polygonpower seiner Engines gerockt, aber dafür mit seinem homogenen Artdesign; man denke z.B. an das asiatische Flair von Jade Empire , das wie ein exotischer Fluss durch das ganze Spiel rauschte. Diesmal fehlt mir diese Homogenität in der Welt, denn es gibt nicht nur viele harte Brüche zwischen den markanten Charakteren und der faden Umwelt, sondern auch innerhalb einer Figur zwischen konturloser Rüstung und ausdrucksstarker Mimik.

Die ersten Ausflüge in die Wildnis sorgen dann für große Ernüchterung, wenn man Wälder aus Spielen wie The Elder Scrolls IV: Oblivion oder Two Worlds kennt - auch Risen wirkt in der Natur homogener und ansehnlicher. Zwischendurch gibt es auch mal monumentale Hingucker, wie halb im Wasser versunkene Ruinen, aber Dragon Age bietet dem Auge kein harmonisches Gesamtbild. Fallout 3 war ja kein hoch detailliertes Grafikfest, aber es bestach durch seine Stimmigkeit, die architektonisch wuchtige offene Welt und die klare Linie seines apokalyptischen Artdesigns.

Auch die Wildnis konnte in den ersten fünf Stunden noch nicht überzeugen: Kleine Areale, schmucke Ruinen, aber nur wenige Details hinsichtlich der Flora.
Auf die grafischen Details werden wir erst im Test ausführlicher eingehen, zumal wir hoffen, dass die finale Version noch zulegen kann. Es gibt natürlich auch stimmungsvolle Abschnitte, aber bisher nur in einigen gut beleuchteten Korridoren bzw. Katakomben. Und man kann dem etwas vorbeugen, indem man nicht aus der Schulter-, sondern der Vogel-Perspektive spielt und mit dem Mausrad rausscrollt. Dann kann man seine Party à la Baldur's Gate  von oben steuern und alles sieht ansehnlicher aus, weil man eben nicht so nah dran ist. Aber dieser Kamerakniff fällt für Konsoleros weg: In unserer frühen Fassung für Xbox 360 war es nicht möglich, das Ganze quasi wie ein Brettspiel von oben zu erleben.

Das Kampfsystem

Mein Krieger zückt das Langschwert, ich schicke ihn direkt auf den ersten Hurlock; den Schurken platziere ich mit dem Bogen und Eispfeilen weiter hinten - gut so, aber dann kommen der zweite, dritte und vierte Hurlock mit Gebrüll auf meine Gruppe zu und attackieren den Krieger. Obwohl es eine Kollisionsabfrage gibt, zischt allerdings noch so mancher Pfeil durch Holz oder Mauerkanten auf die Meute. Mir soll es momentan recht sein, aber hoffentlich wird das in der finalen Version konsequenter unterbunden, damit man nicht selbst trotz Deckung unter Beschuss gerät. Schön ist, dass man auf einen Mausklick bzw. Schultertastendruck jeden Charakter einzeln oder die ganze Gruppe steuern kann.

Ähnlich wie in Baldur's Gate kann man seine Gruppe von oben steuern - bis zu vier Gefährten kämpfen zusammen; hier im Video.
Jetzt schlägt erstmal die Stunde des Magiers: Der Feuerzauber wird aktiviert und deckt einen fächerartigen Bereich vor ihm ab - die Flammen züngeln aus seinen Fingern auf die Hurlocks! Aber was ist das? Mist, ich habe mich verschätzt, denn der Magier geht so nah ran, dass die Flammen nicht nur die Feinde, sondern auch den Krieger brutzeln - arrgh. Das nächste Mal muss ich das besser koordinieren, denn in Dragon Age ist Friendly Fire aktiviert - und das ist gut so.

Befehle in der Pause

Aber keine Panik: Wie in alten Baldur's Gate-Zeiten kann der Kampf jederzeit pausiert werden, um in aller Ruhe Befehle zu erteilen, von der Nah- zur Fernkampfwaffe zu wechseln oder eine Säurebombe zu werfen. In der 360-Fassung geschieht das, sobald man die Kreismenüs um den Charakter per Schultertaste öffnet und sich für einen Angriff entscheidet. Ähnlich wie in Online-Rollenspielen kann man dann auf Icon- bzw. Buttonklick diverse Spezialangriffe wie einen unfairen Schlag, einen mächtigen Zweihandhieb oder Ähnliches auslösen, um sich einen Vorteil zu verschaffen - diese Aktionen laden sich dann nach Gebrauch wieder auf. Besonders spektakulär sind die Todeshiebe gegen größere Feinde: Je nach Waffenwahl und Monster kommt es zu akrobatischen Manövern mit finalem Schlag. Und je nachdem, wie man seinen Charakter entwickelt, hat man Zugriff auf Waffengifte, Kräutermischungen, Fallenbau & Co. Man kann natürlich auch alles Mögliche von der Robe bis zum Plattenpanzer für Kupfer, Silber oder Gold kaufen.

Besonders interessant für Magier sind die Spruchkombinationen: Wer zuerst Schmiere auf den Boden zaubert und dann einen Feuerball darauf jagt, wird deutlich mehr Schaden im Bereich anrichten. Sehr schön sind zudem Kleinigkeiten: Wenn ein Charakter im Kampf fällt, bewusstlos zusammen sackt und später wieder aufwacht, trägt er einen bleibenden Schaden wie etwa "verletzte Schlagader" davon. Dieser Malus sorgt dann für einen Abzug in der Konstitution, wenn man ihn nicht behandelt.

Es kann jederzeit pausiert werden, um Befehle zu geben: Bogenschützen nach hinten, Nahkämpfer nach vorne.
Schade ist allerdings, dass BioWare auf den ersten Blick ein relativ simples Kampfsystem ohne Finessen wie etwa Trefferzonen mit unterschiedlichen Verletzungen oder Flucht bei Moralverlust anzubieten scheint. Und in den gewöhnlichen Kämpfen des Einstiegs reichte es meist aus, die ganze Gruppe zu markieren und auf die Feinde zu hetzen - die sich bis auf einen kontrollierten Rückzug hier und etwas Distanz da bisher nicht besonders klug verhalten. Manche Areale und Flure ließen sich da etwas zu leicht säubern. Ich bin gespannt, inwiefern man noch gefordert wird, wenn man auf Magier oder Priester trifft.

Etwas später zeichnet sich schon ab, dass das Spiel auch fordert: Es gibt vier Schwierigkeitsgrade, aber schon auf dem zweiten "normalen" musste ich einige Kämpfe mehrere Male spielen, weil alle Gefährten gestorben sind. Falls noch ein Charakter überlebt, erwachen die anderen übrigens wieder zum Leben - sie sind als Schwerverletzte so lange bewusstlos wie der Kampf andauert. Vor allem in den besonderen Duellen gegen größere Feinde muss man sich eine Taktik zurechtlegen, Bogenschützen und Magier rechtzeitig aus der Gefahrenzone bewegen und möglichst effiziente Attacken, Fallen oder Zauber einsetzen.

Blut spritzt immer und überall, in den meisten Dialogen sehen die Helden aus als hätten sie Windpocken.
Übrigens ist es auch möglich, Befehlsketten und Verhaltensweisen für seine Gruppe festzulegen - man kann z.B. ein Makro für den Fernkampf anlegen oder z.B. den Zeitpunkt für die automatische Heilung. Und wer in die Fähigkeit der Kampftaktik investiert, erhält weitere Funktionen. Wie sich das auswirkt und wie sinnvoll diese sind, werden wir im Test klären; bisher schienen komplexe Manöver jedenfalls nicht nötig zu sein.

Die Kampfbewegungen selbst sehen gut aus. Es wird auf zig Arten getänzelt, geblockt und geschlagen, so dass eine martialische Choreografie mit spektakulären finalen Treffern entsteht. Sobald einem Feind das Lebenslicht auszugehen droht, wird noch mal ein besonders martialischer Move gezeigt. Nichts gegen blutigen Klingentanz, fatale Finisher und fliegende Köpfe & Co: Aber zwischendurch wirkt das Blutgespritze etwas übertrieben, wenn Charaktere z.B. immer im selben Muster bei Dialogen von oben bis unten rot gesprenkelt sind. Aber das ist Geschmackssache und man kann den Effekt auch abschalten.           
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Kommentare

FuerstderSchatten schrieb am
gracjanski hat geschrieben: trotzdem ärgert es mich, dass man nirgends sehen kann, wie bestimmte Dinge berechnet werden, so ist es random, ob ich spell a oder spell b nehme, da ich nicht die genauen werte kenne.
Also so schlimm wie Kotor finde ich es nun nicht, aber BG2 ist imho immer noch die #1
Stimm Irenicus war ja auch so geistreich, ich klaue euch jetzt mal euer Blut, damit ich wieder Elf sein kann, "böses Lachen". BG 2 halte ich einfach nur für überbewertet was die Handlung angeht, Teil 1 ist der eigenltiche Star der Saga, eine wirklich durchdachte Handlung, die sich erst im späten Spiel erschliesst, ausser natürlich man ist Hellseher und hört den Weisssängern am Anfang gut zu, was ja angeblich die meisten beides sind.
Eiskommando schrieb am
Würde ich mich in einem Spiel dauernd ärgern, würde ich keine 70 hergeben.
gracjanski schrieb am
also das spiel gefällt mir nun so ziemlich. Ohne Mods aber würde ich mich dauernd ärgern und hätte gerade mal 85% oder so gegeben.
Inventarsystem scheisse -> mit mod ist das Inventar wenigstens auf 125 vergrössert
Texturen ein witz -> Per JB3 Textures Mod sieht es schon ansehnlicher aus, per Redesigned sehen auch die NPCs besser aus
Städte ohne Leben -> atmospheric mod
trotzdem ärgert es mich, dass man nirgends sehen kann, wie bestimmte Dinge berechnet werden, so ist es random, ob ich spell a oder spell b nehme, da ich nicht die genauen werte kenne.
Also so schlimm wie Kotor finde ich es nun nicht, aber BG2 ist imho immer noch die #1
FuerstderSchatten schrieb am
johndoe869725 hat geschrieben:
brabe hat geschrieben:Ich würde behaupten wollen, dass Grafik nicht das wichtigste ist. Das einzige was mich störte war die NPC Reaktionen (Diebstahl usw.), was meiner Meinung nach mit einem Patch behoben werden kann.
Nur schade, dass keiner der Beta-Tester dies bemerkte.
Die haben das unter Garantie bemerkt. Bioware hat sich nur entscheiden oder auch aufgrund von Zeitdruck entscheiden müssen, kein Diebstahlsystem einzuführen, weil sie den Aufwand, der dafür nötig ist, nicht leisten konnten oder wollten.
Es gibt sehr wohl Reaktionen auf Diebstahl Händlern nicht mehr einkaufen kann. Random Encounters und das man z.B. bei Händlern nit mehr einkaufen kann. Man bemerkt das aber kaum, weil man so gut wie nie beim Klauen versagt und die Reaktionen nit offensichtlich sind.
gracjanski schrieb am
bisher stimme ich dem test meist zu: am anfang ist das spiel noch eher lahm, aber nach der einführung macht es spass. trotzdem nerven mich die konsolenelemente (zu wenige details, weichgespült=ein witz wie wenige Fähigkeiten man hat, berechnung der kämpfe nicht sichtbar, kindische dialoge). Alles zusammen ist das Game alles anderes als BG2 Kopie, sondern eher Kotor im Mittelalterskin. Wobei Kotor mir spass gemacht hat, weil man da so viele böse Sachen machen konnte, in DA:O schneidet man sich damit ins eigene Fleisch.
im übrigen gibt es im Netz viele Mods, die u.a. die Grafik des Spiels deutlich verbessern. Auch paar Gameplaymacken wurden ausgeräumt. Natürlich gilt das nur für PCSpieler, aber wer sich eine Konsole kauft, ist selber schuld.
schrieb am