Just Cause24.08.2006, Mathias Oertel
Just Cause

Vorschau:

Auf der E3 zog mich am Stand von Eidos ein Spiel in den Bann, das ich bis dahin überhaupt nicht auf dem Radar hatte: Just Cause (ab 6,29€ bei GP_logo_black_rgb kaufen), allem Anschein nach ein Genremix mit einer extrem großen Spielwelt. Mittlerweile hatte das Abenteuer um den Spezialagenten Roco Rodriguez Gelegenheit, sich in einer spielbaren Fassung zu beweisen. Ist die Euphorie abgeflaut oder erreicht sie neue Höhen? Die Vorschau klärt auf…

Willkommen in San Esperito

Die fiktive Republik San Esperito ist die Summe aller Klischees, die man über südamerikanische Diktaturen haben kann: Ein zerrissenes Land, in dem sich Drogenkartelle, Rebellen und Staatstruppen erbitterte Kämpfe liefern. Aber auch ein Land, das mit malerischen Sonnenuntergängen, ausgedehnten Stränden und viel Dschungel der Traum für abenteuerlustige Touristen sein könnte.

In den fliegenden Kisten kann man die über 1000 Quadratkilomter große Welt erst richtig genießen!
Zu dumm, dass es euch in der Rolle des amerikanischen Spezialagenten Rico Rodriguez berufsmäßig nach San Esperito verschägt: Ihr sollt dafür sorgen, dass Präsident Salvador Mendoza gestürzt wird.

Mit dem Fallschirmsprung aus dem Transportflugzeug wird das in jeder Hinsicht gigantisch scheinende Abenteuer adäquat eingeleitet: Ihr bekommt im Freiflug einen idyllischen Blick über die ersten Inseln und seid nach Fallschirmpunktlandung (oder Absturz ins Wasser und kurzer Schwimmstrecke) umgehend im ersten Feuergefecht.

Seid ihr nach den ersten Action-Sequenzen im Lager angekommen, das als Refugium dient, zu dem auch Regierungstruppen usw. keinen Zutritt haben, heißt es tief durchatmen. Denn nun geht das Abenteuer erst richtig los! 

Viel drin, viel dran! Zu viel?

Schaut man sich die über 1000 Quadratkilometer Geländeidylle an, die ihr in Third-Person-Ansicht frei durchstreifen könnt, fühlt man sich gleich an mehrere ähnlich gelagerte Spiele erinnert: Boling Point kommt einem z.B. in den Sinn, auf Grund der Insel-/Dschungel-Thematik schiebt sich Far Cry ins Blickfeld, und die insgesamt 90 verschiedenen fahr- sowie fliegbaren Untersätze von Mofa über Sportwagen oder Helikopter bis hin zum Düsenjet und Raketenboot schreien "GTA"! Die Action hingegen könnte eine leicht abgespeckte Variante von Total Overdose sein: Immer noch vollkommen überzogen, aber deutlich zahmer als der Kollege aus gleichem Hause. Und das Kapern und Hüpfen von und zu Fahrzeugen erinnert deutlich an Sonys PSP-Action Pursuit Force.

Aber obwohl das Team von Avalanche für sein Erstlingswerk sich sicherlich bei dem einen oder anderen hat inspirieren lassen, scheint Just Cause mehr als die Summe seiner Einzelteile zu sein. Egal, ob man in den zumindest auf Konsolen sehr gut steuerbaren Autos durch den Dschungel streift, mit dem Helikopter einen Rundflug unternimmt oder sich in den zahlreichen Haupt- und Nebenaufgaben verliert: Eigentlich hat man nie das Gefühl, dass Just Cause sich zu stark an bereits veröffentlichten Titeln orientiert.

Basejumping, Skydiving, Tauchen: Abseits von haufenweise Missionen findet sich immer wieder willkommene Ablenkung. Just Cause ist ein riesiger Abenteuerspielplatz!
Die Action rund um Rico Rodriguez zeigt sich eigenständig, durchdacht und obwohl von einer platten Story angetrieben durchweg motivierend. Es wartet ein gigantischer Abenteuerspielplatz, bei dem ich mich immer wieder ertappt habe, meine Zeit mit nichtsnutzigem Spaß zu "verschwenden", anstatt mich um die Hauptmissionen zu kümmern.

Man findet selbst auf dem Weg zur nächsten Mission immer wieder etwas, das einen ablenkt und letztlich doch wieder ein halbes Stündchen oder mehr beschäftigt. Sei es nun Basejumping, tauchen, Paragliding oder das schiere Vergnügen, das es bereitet, wenn man aus einem Helikopter oder Flugzeug springt, im freien Fall die Aussicht genießt, dann den Fallschirm öffnet, schließlich punktgenau auf einem Fahrzeug landet, nur um sofort wieder den Fallschirm aufzumachen und sich mit einem Magnethaken an einen Sportwagen zu hängen, den man mit etwas Geschick für sich einnimmt, um wiederum an einem Rennen teilzunehmen. Puh! Ganz zu schweigen von den Missionen, die ihr für Guerillas oder das Kartell übernehmen könnt. Allerdings sieht es nicht danach aus, dass Dorfbefreiungen usw. sich auf den Hauptmissionsstrang auswirken und dort z.B. bestimmte Aufgaben erleichtern würden.

    

Aber genau hier muss Just Cause in der finalen Version beweisen, dass das zweifellos vorhandene Potenzial der absoluten Freiheit auch auf lange Sicht motiviert und nicht zum Selbstzweck verkommt. Avalanche muss erfolgreich den schmalen Grad zwischen der absoluten Offenheit sowie Missionsdesign beschreiten und einen Kompromiss finden, der möglichst alle zufrieden stellt.

Trotz 90 Fahrzeugen ist der stets griffbereite Fallschirm einer der beliebtesten Fortbewegungsmöglichkeiten und Ausgangspunkt für extreme Stunts! 
Doch was wir bislang in Augenschein nehmen konnten, macht Lust auf mehr und scheint auf dem richtigen Weg zu sein - auch technisch!

In Relation gut bis exzellent

Die eigens entwickelte Avalanche-Engine schafft es auf allen Systemen (PC, 360, Xbox, PS2) ein stimmungsvolles Bild der -verzeiht mir- Bananenrepublik zu zeichnen. Dass dabei vor allem Rechenknechte und Microsofts NextGen-Konsole die Optiknase vorn haben und mit detaillierten Landschaften, einer enormen Sichtweite und flüssigem Ablauf punkten können, dürfte wenige überraschen. Doch auch die Systeme der gegenwärtigen Generation liefern in Relation zu der zur Verfügung stehenden Hardware eine ordentliche Leistung ab.

Zwar kann man überall noch ein wenig an den Schräubchen drehen und z.B. die Bewegungsübergänge vor allem von Rico verfeinern und harmonischer gestalten, aber unter dem Strich überzeugt die Kulisse von Just Cause bereits jetzt.

Enorme Sichtweite, explosive Action: Optisch bekommt ihr von Just Cause Hochklassiges geboten - vornehmlich allerdings auf 360 und PC.
Im Bereich der Steuerung gibt es zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls nur wenig zu bemängeln. Vor allem die Konsolen-Versionen überzeugen durch die Bank mit einer guten Knopfbelegung und guten und sensibel reagierenden Steuerung, was vor allem bei den Fahrzeugen positiv spürbar ist.

Und so minimal der Vorsprung der Rechenknechte in optischer Hinsicht sein mag, so groß ist er derzeit noch bei der Steuerung. Die ballistische Action geht zwar gut von der Hand, doch die Fahrzeugsteuerung entpuppt sich als nervös und gelegentlich ungenau - was bei den heißen und spektakulären Verfolgungsjagden immer wieder zu unerwünschten Ergebnissen geführt hat. Doch auch dies ist in meinen Augen ein eher kleineres Problem, das bis zum Release leicht in den Griff zu kriegen sein sollte.

Ein kleiner Wermutstropfen zeigt sich aber im Hinblick auf die deutsche Lokalisierung. Zwar sehr sauber sowie extrem professionell, fehlt mir ein kleines Detail des englischen Originals: Dort nämlich wirkt Rico mit seinem leichten spanischen Akzent wie ein Bruder von "El Mariachi" Antonio Banderas aus Desperado - ein Bild, das auch durch Ricos Vorliebe für schwarze Klamotten entsteht. In Deutsch hingegen klingt er wie jeder x-beliebige Held. Hier wird ein kleines Quentchen Atmosphäre verschenkt, das sich aber letztlich nicht auf das Spiel an sich auswirkt. 

Ausblick

Bereits auf der E3 war Just Cause einer meiner Geheimtipps. Insofern bin ich nach Ansicht der Vorabversionen glücklich, dass sich diese Vorahnung (oder vielleicht war es nur Hoffnung?) bestätigt hat. Der Zweifel, nur eine Sammlung bekannter Ideen in einem leicht abgeänderten Gewand zu sein, konnte sich sehr schnell zerstreuen und wurde durch eine immer größer werdende Faszination abgelöst: Die über 1000 Quadratkilometer große, stets offene Welt ist ein einziger Abenteuerspielplatz, es gibt viel zu tun, noch mehr zu entdecken und die Steuerung entpuppt sich trotz leichter Fahrzeugkontroll-Defizite am PC als eingängig und gut. Allerdings muss das Abenteuer rund um Rico Rodriguez in der finalen Testversion beweisen, dass das Zusammenspiel aus gutem Missionsdesign, zusammen gehalten von einer passablen Story sowie der enormen Freiheit ausgewogen bleibt. Wenn Avalanche den eingeschlagenen Weg konsequent fortschreitet, stehen die Zeichen definitiv auf Hit…

Ersteindruck: sehr gut

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