Mercenaries 2: World in Flames13.06.2008, Jens Bischoff
Mercenaries 2: World in Flames

Vorschau:

Nach etlichen Verschiebungen nähert sich die Fertigstellung von Mercenaries 2: World in Flames (ab 9,49€ bei kaufen) so langsam dem Ende. Anfang September soll der Söldnereinsatz in Venezuela beginnen. Wir konnten auf einem EA-Event schon mal vorab Kriegsluft schnuppern - wirklich begeistert waren wir bisher allerdings nicht...

Mit Mercenaries 2 möchte Pandemic den Überraschungs-Erfolg des 2005 erschienenen Vorgängers wiederholen.
Es wird persönlich

Etwas Positives gleich vorweg: Die Rahmenhandlung über einen persönlichen Rachefeldzug inmitten eines krisengeschüttelten Venezuelas verleiht dem Spiel tatsächlich mehr Dramatik und Intensität. Die drei bisher spielbaren Protagonisten - es wird ziemlich sicher noch weitere geben - wirken zwar hoffnungslos überzeichnet, harmonieren aber perfekt mit dem alles andere als realistischen oder bierernsten Spielverlauf. Nur Bares ist Wahres und ein Söldner, der geprellt wird, legt natürlich auch schon mal ganze Landstriche oder Stadtviertel in Schutt und Asche, um seinem Unmut Luft zu machen.

Und ja, es macht Spaß, ganze Wälder abzufackeln oder Wolkenkratzer einzuebnen. Allerdings wird das zerstörerische Vergnügen, das natürlich ebenfalls Geld kostet, immer wieder harsch ausgebremst. Sobald die Physik-Engine keine vorberechneten Verwüstungen ausspucken kann, wirkt sie oft unglaubwürdig oder offenbart fatale Macken. Da zerbröselt man eine Munitionskiste, deren Überreste einen plötzlich gefangen nehmen oder man springt aus einem Fahrzeug und wird plötzlich eins mit dem Boden. Manchmal kann man sich noch wehren und tonnenschwere Objekte wie Gummibälle von sich stoßen oder sich mit beharrlichen Verzweiflungssprüngen durch Wände mogeln. Meistens bleibt man aber einfach bewegungsunfähig irgendwo haften und kann sich nur noch durch einen Spielabbruch retten, was allein während unseres Probespiels alle paar Minuten (!) der Fall war.

Zum Haare raufen

Doch auch gescriptete Ereignisse laufen nicht immer rund. Macht man nicht genau das, was das Spiel von einem erwartet, kann man auch schon mal in einer Sackgasse landen, aus der es kein zurück gibt - für ein Open World-Game absolut unverzeihlich. Da kann es schon reichen, wenn man vor einem bestellten Luftangriff noch schnell ein paar herum streunende Gegner aufs Korn nimmt und plötzlich merkt, dass das dringend benötigte Bombardement nicht mehr zur Verfügung steht 

Technisch wirkt Mercs 2 noch reichlich durchwachsen - vor allem bei Kollisionsabfrage, Scripting und KI gibt es noch gravierende Mängel...
und es keine Alternative gibt, ein unüberwindbares Hindernis aus dem Weg zu räumen... Alles Dinge, die schon nach kürzester Zeit eintraten und der Motivation herbe Dämpfer verpassten. Pandemics PR Chef Cory Lewis war zwar um Schadensbegrenzung bemüht und wollte uns sogar exklusiv ein paar spätere Levels spielen lassen, aber die hingen sich schon auf, bevor man überhaupt loslegen konnte...

Angeblich ist das Spiel ja schon so gut wie fertig und sollte lediglich noch den letzten Feinschliff bekommen. Aber in dieser Form hätte ich maximal auf eine frühe Alpha-Version getippt. Gut, kann sein, dass einige Aussetzer tatsächlich den kurz zuvor aktualisierten Devkits zuzuschreiben sind, aber Mercs 2 wurde ja nicht nur von Systemabstürzen und Ladefehlern geplagt. Ich hoffe jedenfalls schwer, dass Scripting, Physik und Kollisionsabfrage nicht annähernd final sind, da diese sonst sämtliche Highlights wie den durchaus ansehnlichen Fuhrpark mit Panzern, Motorrädern, Jeeps, Booten, Jetskis und Helikoptern oder die massiven Zerstörungsorgien eiskalt unter sich begraben würden. An Bord von Flugzeugen wird man übrigens nicht Platz nehmen dürfen.        

Erschreckend dämlich

Was mir ebenfalls noch große Sorgen bereitet sind die KI-Routinen. Klar, um den Spielfluss am Laufen zu halten, erwarte ich hier keine Elite-Soldaten, aber im Moment haben eure Gegner nicht einmal die Intelligenz von Stubenfliegen. Zur Gefahr werden sie eigentlich nur durch ihre schiere Anzahl oder die unsaubere Kollisionsabfrage, die immer wieder Treffer durch massive Objekte hindurch erlaubt.

Hoch hinaus: Auch feindliche Helikopter können spontan gekapert und für eigene Ziele missbraucht werden - Flugzeuge bleiben hingegen tabu.
Ansonsten lassen sich selbst gegnerische Kommandanten oder Scharfschützen problemlos ausschalten. Kaum jemand sucht nach Deckung oder würde auf die Idee kommen in die Offensive zu gehen. Meist könnt ihr euch in aller Ruhe zurückziehen, dem Gegner in die Flanke oder den Rücken fallen oder mit einem Fahrzeug einfach alles platt fahren. Viele scheinen eure Angriffe überhaupt nicht zu jucken und stehen regungslos da, um sich in aller Ruhe mit Blei voll pumpen zu lassen.

Manche Gegner nieten sich sogar gegenseitig um. Nicht etwa, weil sie verschiedenen Fraktionen - die gibt es tatsächlich - angehören, sondern weil sie einfach blind in eure Richtung ballern ohne Rücksicht auf eigene Verluste. Da sich die Gegner nur selten von der Stelle rühren, reicht es oft aus, einfach nur taktisch klug in den Deckung zu gehen, hoffen, dass sich keine Zauberschüsse durch das gewählte Hindernis mogeln und abwarten bis sich die aufgereihten Widersacher ohne irgendwelches Zutun eurerseits selbst über den Haufen geschossen haben. Das ist sicher nicht Sinn der Sache, aber wenn die KI schon so dermaßen anspruchslos ist, hat man wenigstens eine Herausforderung darin, ohne Gegenwehr möglichst viele Gegner auszuschalten.

Hoffnung auf Besserung

Dabei kann sich das Waffenarsenal durchaus sehen lassen und wer über das nötige Kleingeld verfügt, das überall in Kisten herum liegt, darf sich seine Lieblingswaffen oder -vehikel auch direkt an Ort und Stelle liefern lassen. Auch flächendeckende Bombardements und Feuerbrünste lassen sich per Knopfdruck bestellen und jedes Fahrzeug, das irgendwo herumsteht oder -fährt, lässt sich entwenden. 

Kleine Spritztour: Wer lieber am Boden agiert, darf neben Jeeps und Panzern auch mit Sportwägen und Motorrädern die Gegend unsicher machen.
Sich feindliche Hubschrauber unter den Nagel zu reißen ist natürlich besonders spektakulär. Und wer im Koop-Modus spielt, der leider nur online zur Verfügung stehen wird, kann sich die Steuerung sogar teilen, sprich einer klemmt sich hinters Lenkrad oder den Steuerknüppel, während der andere im Geschützturm o. ä. Platz nimmt. Das könnte eine Menge Spaß machen, sofern die noch sehr fehleranfällige Engine euch keinen Strich durch die Rechnung macht.

Apropos Engine, auch die Grafik von Mercs 2 konnte bisher alles andere als überzeugen. Die Texturen könnten deutlich schärfer, die Modelle detaillierter, die Effekte aufwändiger und die Animationen flüssiger sein. Klar, die Spielwelt ist riesig, mit Details muss man sparsam umgehen. Aber ein bisschen mehr als gehobenes Xbox-Niveau sollte eigentlich schon drin sein. Der Bruch zu den Zwischensequenzen ist teils doch enorm. Schaut man sich den grafischen Sprung von San Andreas zu GTA IV an, fällt der Unterschied zwischen Playground of Destruction und World in Flames doch vergleichsweise ernüchternd aus. Immerhin sind zwischen der 360- und PS3-Fassung keine nennenswerten Unterschiede auszumachen. Zwei hässliche Entlein machen aber noch lange keinen Schwan...    

Ausblick

Eigentlich hatte ich mich tierisch auf Mercenaries 2 gefreut. Es sollte größer, intensiver, abwechslungsreicher und spektakulärer als der zurecht Gold prämierte Vorgänger werden. Aber was ich da letzte Woche zu sehen bekam, war eine herbe Enttäuschung auf ganzer Linie. Dabei meine ich nicht einmal die ständigen Abstürze, welche auf die frisch aktualisierten Devkits geschoben wurden. Auch spielerisch wirkte Mercs 2 trotz der immer wieder neu zugesicherten Entwicklungszeit alles andere als ausgereift. Egal ob Physik-Engine, Kollisionsabfrage oder KI - nichts konnte wirklich überzeugen. Ganz im Gegenteil! Immer wieder blieb unser Charakter bewegungslos hängen, wurde von Kugeln getroffen, die selbst massive Felsen durchdrangen, traf auf Widersacher, denen unsere Angriffe völlig gleichgültig waren. Dieses Spiel hätte nie und nimmer früher erscheinen können! Selbst grafisch bewegt man sich lediglich auf gehobenem Xbox-Niveau und nein, wir hatten nicht die von den Pi Studios entwickelte PS2-, sondern die bei Pandemic entstehenden 360- und PS3-Fassungen anspielen dürfen. Angesichts der wenigen Zeit, die den Entwicklern noch bleibt, bin ich äußerst skeptisch, dass bis zum Release noch grundlegende Änderungen stattfinden werden. Ich will es gerne hoffen, aber in dieser Form ist Mercs 2 trotz natürlich auch positiver Aspekte wie dem üppigen Fuhrpark, der gewaltigen Zerstörungsmöglichkeiten und dem kurzweiligen Koop-Modus nur ein Schatten seiner selbst...

Ersteindruck: befriedigend

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