Metro 203318.02.2010, Benjamin Schmädig
Metro 2033

Vorschau:

Als wir Metro 2033 (ab 2,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) erstmals spielen durften, konnten wir zwar das originalgetreue Ambiente in Moskaus unterirdischen Tunneln genießen - die Romanvorlage spielt immerhin zu großen Teilen in den Schächten eines weitläufigen Kanalsystems. Doch wo das Buch eine düstere postnukleare Zukunft beschreibt, auf deren Oberwelt sich bissige Mutanten in den vereisten Ruinen der ehemaligen Prachtstadt breit machen, konnte die Umsetzung weder erzählerisch noch spielerisch die versprochenen Parallelen zu BioShock oder Call of Duty vorweisen...

Zu den letzten Lebenden

Noch einmal steige ich in die Schächte der ausrangierten U-Bahn hinab. Warum? Weil nur wenige Menschen die atomare Katastrophe überleben konnten. Neben dem Nahverkehr führen in Moskau nämlich heute noch atomare Schutzräume unter der Erde entlang. Und sowohl in diesen als auch in den Resten des Metro-Systems haben sich die Menschen in Gluchowski finsterem Jahrgang 2033 niedergelassen. Provisorische Spanholzplatten und Wellblech trennen ihre kleinen Behausungen voneinander ab, Gaslampen erhellen zumindest einige der dunklen Ecken. Alte Schallplatten untermalen die gedämpften Unterhaltungen, schwere Stahlträger pferchen die notdürftig ausgestatteten Menschen in engen Gängen zusammen. Drei Meter breite Marktplätze sind räumlicher Luxus.

Aber das ist nur der erzählerische Hintergrund; dass ich mich erneut unter Tage begebe, hat noch einen anderen Grund: Wir konnten eine fortgeschrittene Version des Titels spielen. Denn die zuerst gezeigte Fassung hatte mehr als nur Feinschliff nötig, wenn aus dem atmosphärischen Underdog ein Blockbuster werden sollte.

Video. Spannende erzählerische Momente wechseln sich mit Stealth-Action und bleihaltigen Schusswechseln ab - leider stößt Metro 2033 in den Letzteren oft an technische Grenzen.Natürlich versprach THQ, dass die Entwickler noch mit allen Kräften an Metro 2033 schrauben würden. Und tatsächlich hat 4A Games inzwischen viele Schwachstellen ausgemerzt!

Der Klang der Wehmut

Das Erkunden der ehemaligen U-Bahn-Stationen ist jetzt z.B. deutlich stimmungsvoller - nicht nur, weil die Bewohner teils hitzige, teils gefühlvolle Unterhaltungen führen. Das gab es schon in der früher vorgestellten Version. Sie stehen jetzt aber nicht mehr nahezu stumm am Fleck, da einige von ihnen immer wieder mal einen Kommentar abgeben. Zwar schwanken die Akteure nach Ablauf ihres Textes nur noch am Fleck, während sich kaum einer mal von der Stelle bewegt, aber alles in allem vermitteln die Behausungen eine sehr gelungene Stimmung zwischen Verzweiflung und Alltag.

Enorm wichtig sind auch neu hinzugekommene Szenen, in denen spielerisch kaum etwas passiert, die die erzählerische Klasse des Abenteuers aber spürbar steigern. So beginnt Metro angenehm langsam. Klar: Da ist zunächst ein martialischer Einstieg, in dem ich die Steuerung kennenlerne und anschließend acht Tage zurückversetzt werde. Was geschah in diesen acht Tagen? Wer ist der 20-järhige Artjom, in dessen Haut ich stecke? Wie wurde der junge Mann, der die Welt vor dem Atomkrieg nur von alten Fotos kennt, Teil der Ereignisse um die so genannten Schwarzen - eine unheimliche Rasse, deren mystische Fähigkeiten denen von Außerirdischen zu gleichen scheinen?

Wenn sich Artjom aufmacht, um eine der Metro-Stationen vor den Schwarzen zu warnen, lässt sich 4A Zeit, Charaktere vorzustellen und den roten Faden aufzurollen. Dass sie es ausschließlich aus der Ich-Perspektive tun, lässt mich zu einem Teil der Geschichte werden. Auch actionreiche Momente werde so inszeniert; hin und wieder kann ich ein Monster dabei nur abschütteln, wenn ich schnell auf die angezeigte Taste hämmere. Dass Figuren und Kulissen detailliert gezeichnet und vor allem stimmungsvoll ausgeleuchtet wurden, macht Gluchowskis Vision außerdem sehr greifbar, traurige Gitarren und melancholische Violinen hauchen ihr Leben ein - die russische Wehmut ist

Atmosphärische Tunnel: Die Schauplätze wurden nicht nur aufwändig gestaltet, sondern auch sehr stimmungsvoll ausgeleuchtet.
allgegenwärtig.

Viel Lärm...

Aber auch, wenn die leisen Töne verstummen und Artjom und seine Begleiter auf Monster oder gar menschliche Banditen treffen, lässt mich Metro nicht auf einmal plump Monstermassen entsorgen! Das heißt... gelegentlich tut es leider doch. Es gab Momente, da stürmten mal fünf, manchmal auch mehr Wolf-ähnliche Bestien auf mich zu - wie auf Schienen "gleiten" die Mutanten heran, fügen mir selbst durch die eine oder andere Mauer Schaden zu oder bauen sich direkt vor mir zu einem "bärischen" Brustklopfer auf, bevor sie mich endlich zu attackieren gedenken. Nicht zuletzt scheinen die Tiere auch oft durch mich hindurch zu schweben, wenn nicht gerade die Mittelachsen unserer digitalen Körper aufeinander trafen. Weil sich die Mutanten so unnatürlich bewegen, geraten solche Gefechte leider sehr unübersichtlich. Nein, die Action gegen die Tierwelt hat 4A noch nicht im Griff.

Es ist zudem klasse, dass ich an der Oberfläche den Luftvorrat meiner beklemmenden Atemmaske im Auge behalten muss und zusehen kann, wie die Magazine meines provisorischen MGs der Marke Eigenbau leer geschossen werden. Ich kann sogar den Munitionstyp wechseln - hier kommt Taktik ins Spiel. Zumal es die seltene Munition nur zu horrenden Preisen gibt. Mir fehlt aber immer noch die Möglichkeit, mich mit einem schnellen Nahkampf-Hieb gegen die Biester zu wehren. Nur bei einem bestimmten Gewehr durfte ich mit dem Schaft Hiebe verteilen. Doch daran dürften die Entwickler noch arbeiten. Gut möglich, dass man im fertigen Spiel per Knopfdruck schnell zwischen Messer und gewählter Waffe hin- und herschalten kann... Der Nahkampf sollte davon profitieren!     

Überlegtes Handeln

Andere Kleinigkeiten, die immer wieder verhindert haben, dass ich Metro 2033 "nur" als Spiel und nicht als Abenteuer wahrnehmen konnte, sind z.B. unnötige Löcher im Boden. Sieht man im Eifer des Gefechts nicht genau hin, fällt man deshalb schon mal unweigerlich in den Tod. Das ist der Atmosphäre ebenso abträglich wie hinterlistige Fallen, deren versehentliches Auslösen nicht nur Lebensenergie kostet, sondern gleich das Laden des letzten Speicherpunktes verlangt. So sinnvoll solche Details für die Glaubwürdigkeit der Welt sein können, so sehr kommt ihre Übermäßigkeit der Atmosphäre in die Quere.

Zunächst fiel es mir auch schwer, mich in den Handel reinzudenken, denn ich kann in dem futuristischen Untergrund nicht nur Waffen und Upgrades wie Schalldämpfer oder größere Magazine kaufen. Knifflig wird vor allem es, weil ich nicht nur starke altmodische oder schwache postatomare Munition einsetzen kann - ich kann die Munitionstypen auch gegeneinander tauschen. Während die Entwickler die Menüs für den Handel überschaubarer gemacht haben, fehlte mir in den ersten Minuten immer noch eine Einführung in das Hin und Her. Nach kurzer Gewöhnung kam ich aber damit zurecht und war für die taktischen Möglichkeiten dankbar. 

Auf leisen Sohlen

Denn während die Mutanten so etwas wie das plumpe Fußvolk sind, trifft Artjom auch auf Banditen. Immerhin haben sich die Menschen nach der Katastrophe nicht etwa zusammengerafft, sondern in teils mehr, teils weniger gewalttätige Gruppen aufgespaltet. So gibt es in Gluchowski Fallout sogar Menschenfresser - denen ich aber noch nicht begegnet bin. Stattdessen bekam ich es mit Räubern zu tun, die die Wege zu ihren

Die Kämpfe gegen menschliche Gegner können sehr spannend sein - die gegen tierische Bestien waren es bislang nicht.
Lagern mit Fallen und Geräuschmeldern spickten. Deshalb musste ich nicht nur aufpassen, keine von der Decke hängenden Blechbüchsen anzustoßen, sondern sollte meine Position auch nicht durch das Zertreten kleiner Steine preisgeben. Noch wichtiger: Falls Artjom einen Stolperdraht übersieht, könnte plötzlich ein schweres, mit Metallspitzen präpariertes Stück Holz auf ihn zurasen...

Da ich mich zuvor für einen Schalldämpfer entschieden hatte, konnte ich einige der Banditen auf leisen Sohlen unbemerkt ausschalten. Und ich war richtig angetan, dass Metro 2033 nicht nur Actionkracher sein will, sondern auch ein wenig Agentenflair verbreiten kann. Die Räuber sind zwar keine Intelligenzbestien, aber das Schleichen fühlte sich gut an. Sobald mich ein Gegner entdeckt hatte, gab es allerdings kein Halten mehr: Dann weiß gleich die ganze Bande Bescheid. Ein Metal Gear oder Splinter Cell ist es also nicht. Die Banditen stellen sich aber cleverer an als die Mutanten, wollten mich sogar umgehen und schießen ausgesprochen scharf. Es passt zu dem actionreichen Taktieren, dass ich meine Wunden entweder per herkömmlicher Adrenalinspritze behandeln oder auf die sehr langsame, aber moderne Selbstheilung warten kann.

Unheilvolle Anderswelt

Und als sich der Staub gelegt hatte, als mein Mitstreiter, der mich über weite Strecken begleitet hatte, plötzlich erschossen vor mir lag, zeigte sich die Romanumsetzung noch von einer ganz anderen Seite. Plötzlich führte mich nämlich ein neuer Kamerad in einen Tunnel, in dem es weder Menschen noch Mutanten geben soll. Ich soll mein Ohr an eines der dicken verrosteten Rohre legen, meint Khan, und natürlich will ich wissen, was er meint. Ich soll nur nicht zu lange so verweilen...

Keine schlechte Idee, denn die Stimmen, die ich durch das Rohr hallen höre, jagen mir einen Schauer über den Rücken. Aber natürlich will ich wissen, was geschieht, wenn ich Khans Warnung ignoriere. Doch einige Sekunden passiert gar nichts - dann brüllt plötzlich ein lautes Grunzen aus dem Rohr und noch bevor ich zusammenzucken kann, komme ich erst an der gegenüberliegenden Wand wieder zu mir. Ein Geistertunnel! Angst einflößende Schreie, Schatten, die ich nicht berühren darf, die gleißenden Lichter eines U-Bahn-Wagens, der unsichtbar an uns vorbei donnert - hier unten gibt es eine faszinierende Anderswelt, der ich mich jetzt nicht mehr entziehen will. Was hat es mit den Visionen auf sich, die Artjom erlebt? Was wollen mir die wie Gedächtnisblitze anmutenden Stimmen sagen, die er immer wieder hört? Metro 2033 könnte ein packender Thriller werden!     

Ausblick

Schade, dass die starken erzählerischen Momente zu schnell an ihre technischen Grenzen stoßen - schade, dass mich Artjoms Tod urplötzlich aus der Stimmung reißt, wenn ich einen Geist berühre. Wieso wird er nicht einfach von etwas Unheilvollem zurückgedrängt? Und auch spielerisch entpuppte sich die Romanumsetzung bisher als aufwändig polierter, spielerisch aber sehr bodenständiger Shooter. Wenn ich mit Schalldämpfer im Anschlag aufpassen muss, dass mich das Licht meiner Taschenlampe nicht verrät, hat Metro 2033 richtig starke Momente - sobald mutierte Bestien zum Sturm blasen, hilft überlegtes Vorgehen aber kaum noch und genaues Hinsehen offenbart unnatürlich bewegte Puppen, die nicht in die schicken Kulissen passen wollen. Der Handel sowie zahlreiche Waffen mit verschiedenen Upgrades verleihen dem Spiel eine taktische Note und die allzu knappe Währung lässt mich jedem verschenkten Schuss nachtrauern - erzählerisch und wegen dieser Note hat mich Metro 2033 beim zweiten Anschauen endlich gepackt. Wenn es die guten Ideen weiter ausschöpft, könnte es sich deshalb trotz technischer Schwächen zu einem spannenden Abenteuer entwickeln!

Ersteindruck: gut

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