Tomb Raider: Underworld21.10.2008, Jörg Luibl
Tomb Raider: Underworld

Vorschau:

1996 gab es noch Überraschungen: Ein Schachcomputer besiegte einen Schachweltmeister, das erste Klonschaf erblickte das Licht der Welt und eine Polygonfrau namens Lara Croft wurde geboren. Vom späteren Kultstatus ahnte die Lady zwar noch nichts, als sie erstmals für Auftraggeber Eidos düstere Katakomben erforschte. Die nächsten Jahre erinnerten dann aber an die Pop-Karriere einer gewissen Britney Spears: Stars steigen auf und fallen tief, rappeln sich wieder auf und wollen noch mal hoch hinaus. Aber wenn man einmal am Boden liegt, fällt das Aufstehen verdammt schwer. Kann die Videospielikone zu alter Klasse zurückfinden?

Aufsteigende Tendenz?

Der Neoprenanzug sitzt, der Zopf ebefalls: Lara hält vor prächtiger Kulisse nach Schätzen und Rätseln Ausschau.
Nach der enttäuschenden Vorstellung in Tomb Raider: The Angel of Darkness (4P-Wertung: 68%), konnte sich Lara in Tomb Raider: Legend (4P-Wertung: 78%) wieder fangen. Aber vom Glanz früherer Zeiten, der nur einmal im Remake Tomb Raider: Anniversary (4P-Wertung: 81%) aufblitzte, war noch nichts zu spüren. Immerhin könnte man der akrobatischen Lady mit etwas mathematischem Vertrauen und Optimismus eine aufsteigende Tendenz zutrauen: Wenn die Entwickler von Crystal Dynamics der Steigerung treu blieben, müssten theoretisch sogar 88% und längst verloren geglaubte Goldschätze möglich sein. Man würde Lara diesen großen Wurf gönnen.

Schließlich gab es genug Feedback von Presse und Fans, was Wünsche und Verbesserungen betrifft. Nach mehr als zwei Jahren samt bösem Cliffhanger, der Laras Mutter am Ende nach Avalon verbannte, ist man mehr als neugierig. Nicht nur erzählerisch, man will auch spielerisch Fortschritte spüren, die das Genre nach vorne bringen. Denn Tomb Raider ist nicht mehr das einzige Abenteuer für kletterfreudige Schatzsucher - immerhin konnte ein Neuling namens Uncharted: Drakes Schicksal auf diesem Gebiet nicht nur sehr gut unterhalten (4P-Wertung: 86%), sondern auch in Sachen Dschungelkulisse prächtig auftrumpfen.

Heißer Einstieg

Unten ein riesiger Tintenfisch, oben eine stachelbewehrte Plattform? Da lässt sich doch was entriegeln...
Was hat Lara dem Haudegen entgegen zu setzen, außer dass auch sie jetzt zwei Waffen unabhängig abfeuern und sogar beim Klettern à la Drake Feinde anvisieren darf? Außer dass Wasser an ihr abperlt und auch Schmutzflecken auf Schenkel & Co zu erkennen sind? Was erwartet euch in der Unterwelt? Bevor man abtaucht, muss man erstmal die Haut der Archäologin retten. Denn das neue Tomb Raider beginnt viel versprechend mit einem Feuerwerk: Das altehrwürdige Herrenhaus der Crofts brennt lichterloh und ihr bewegt euch in einem Tutorial durch die züngelnden Flammen. Wieso, weshalb, warum wird an dieser Stelle nicht verraten.

Hier lernt ihr jedenfalls in sengender Hitze die kaum veränderte Sprungtechnik, das Hangeln sowie den Einsatz des Wurfhakens samt reißfestem Seil kennen. Mit dem hilfreichen Gerät kann man später auch schwere Hindernisse zum Einsturz bringen, um Rätsel zu lösen. Sehr schön ist, wie sich Lara die Hände angesichts der Hitze schützend vor das Gesicht hält. Die Flammen sehen klasse aus, Lara wirkt etwas schlanker und sportiver, bietet aber zunächst keine akrobatischen Überraschungen: Man kann das seitliche Hangeln an Simsen wie gehabt beschleunigen, man muss beim Balancieren auf Stangen klug gegen steuern und wenn der Wurfhaken einmal sitzt, kann man sich am Seil über Abgründe schwingen oder an Wänden hinab gleiten. Crystal Dynamics hat übrigens auf grell aufleuchtende Kanten für Blinde verzichtet, es gibt nur noch leicht hellere Stellen im Wand- und Mauerwerk.

Komfortable Kraxelei

Mit Waffengewalt ist da nichts zu machen - auch das beidhändige Schießen, das jetzt auch unabhängig vonstatten geht, hilft nicht gegen diese Kreatur.
Ansonsten gibt es dieselben Komfortmechanismen wie im Vorgänger: Wenn Lara den Halt verliert, leuchtet ein Rettungsknopf immer noch zu lange auf, den man drücken muss, wenn es nicht bergab gehen soll. Das Klettern läuft genau so einfach und intuitiv wie bisher: Lara kann hier und da auch an Ranken oder kleinen Mauervorsprüngen wie eine Spinne irgendwo hinauf kraxeln, meistert sogar multiple Wandsprünge in engen Nischen und hält sich automatisch fest, wenn man einen Abgrund übersieht. Immerhin hat sie auch einen etwas kniffligeren Sprung drauf, der sie mit gutem Timing selbst auf Din A4-große Felsenstäbe bringt - inklusive zittriger Haltsuche vor dem Abgrund. In diesen Augenblicken macht sie eine hervorragende Figur.

Obwohl Eidos von über 1700 neuen Bewegungen spricht, war davon allerdings nur ein Bruchteil zu sehen. Was von Beginn an auffällt, ist zudem eine gewisse Plumpheit: Wenn Lara vor Hindernisse stößt oder zum Sprung an Vorsprünge ansetzt, wirken ihre Animationen noch zu spröde und unbeholfen. Vor allem das seltsame Hüpfen mit nach oben angezogenen Knien sieht albern aus - da sollte man etwas mehr Eleganz und Geschmeidigkeit von einer dermaßen erfahrenen Frau erwarten. Oder soll man sich hier hundertmal an ihrem Allerwertesten ergötzen, der ohnehin unnötig oft ins Zentrum gerückt wird? Und wenn schon, dann bitte sexy und nicht so billig. Hinzu kommt die nervöse Kamera: Vor allem nach Sprüngen oder Landungen muss man die Perspektive immer wieder ausrichten; das sollte zum Release noch stabiler laufen.

            

Sprung ins kalte Wasser

In der Tiefe des Mittelmeeres entdeckt Lara die Überreste einer antiken Ruine.
Wenn man die Flammen hinter sich hat, geht es mit einer Luxusyacht rauf aufs Mittelmeer - inklusive idyllisch sanftem Seegang und weiter Sicht. Auch das Boot kann sich sehen lassen. Aber auch hier stößt Lara beim Erkunden viel zu oft und tapsig vor Hindernisse. Und wenn man zum ersten Mal die Menüs öffnet, um sich dank der neuen Sonarkarte ein 3D-Bild der Umgebung anzeigen zu lassen, wird man von liebloser Sterilität begrüßt. Das Kreismenü erinnert in seiner Austauschbarkeit an Too Human . Man sollte Benutzeroberflächen natürlich nicht überbewerten, aber auch sie können mit edlem Design zur Stimmung beitragen - leider wirkt Tomb Raider hier ungewöhnlich einfallslos. Das Stöbern in Tagebuch & Co macht daher auch wenig Spaß.

Springt man dann ins Meer, darf man in die Tiefe tauchen und die Aussicht inklusive prächtiger Riffe genießen. Außerdem zeigt sich Lara endlich von ihrer besten Seite, indem sie einfach nur die angenehm offene Gegend erkundet und Rätsel löst. Wer auf dem Weg zur Unterwasserhöhle Haien begegnet, muss auch nicht unbedingt zur Waffe greifen - man kann sie klug umschwimmen. Unten angekommen, gilt es leuchtenden Quallen auszuweichen und das erste kleinere Rätsel zu lösen: Zwei Hebel müssen gefunden, eingesetzt und ein dreiteiliges Symbolrad richtig gedreht werden, damit sich der Zugang zu einer

Habt ihr auch die Haie gesehen? Da, in der Mitte des Bildschirms! Ihr könnt sie attackieren oder umschwimmen.
uralten Ruine öffnet. Schon hier zeigt sich die Nützlichkeit des neuen Sonars, denn da unten kann man sich schon mal verirren. Außerdem ist diese kleine Such- und Bring-Knobelei nur der Auftakt für viele kommende.

Auf der Suche nach Entdeckerlust

In diesen Momenten ist Tomb Raider ein gutes Spiel. In diesen Momenten wünscht man sich, dass der mysteriöse Nervenkitzel vergangener Teil wiederkehren möge - denn die Ansätze sind da. Umso mehr wundert man sich über die Schlampigkeiten am Rande: Abgesehen vom lieblosen Interface ist den Entwicklern scheinbar entgangen, dass da eine Archäologin am Werk ist. Sollte man die Freude der Entdeckung da nicht wenigstens ansatzweise ins Spiel übertragen? Etwa, indem man sie behutsam Deckel öffnen oder neugierig in Kisten schauen lässt? Spiele wie ein The Legend of Zelda konnten schon vor zehn Jahren aus dem gewöhnlichen Öffnen  einer Kiste eine stimmungsvolle Szene machen! Aber was macht Lara, wenn sie eine seit tausenden Jahren unberührte Stätte findet und irgendwo Vasen entdeckt? Sie zerstört sie mit einem Schwungkick! Immerhin ist der neu. Da man immer wieder verwinkelte Nischen mit Urnen und Töpfen findet, darf Lara auch immer wieder in primitiver Berufsverachtung kicken wie eine drittklassige Grabräuberin mit Gelbgurt in Karate.

Und damit nicht genug: Denn wenn sie tatsächlich mal irgendwo etwas funkeln oder glitzern sieht, dann sammelt sie es ein wie irgendeinen blöden Pilz im Wald. Als Spieler erkennt man am Boden bloß einen eckigen handgroßen Gegenstand, den sie in ihr Inventar aufnimmt. Wird er wenigstens wie in Uncharted als 3D-Gegenständ in all seiner Pracht gezeigt? Nein. Wird er vergrößert oder im Inventar als Zeichnung dargestellt, damit man erkennen kann, was man da Kostbares gefunden hat? Nein. Gibt es wenigstens einen Beschreibungstext? Nein. Woran erkennt man dann überhaupt, dass man etwas gefunden hat? Im sterilen Menü gibt es einen numerischen Eintrag "5/30 Mittelmeerschätzen". Hallo Crystal Dynamics? Wie kann man

Schön ruhig bleiben: Auch das Balancieren will gelernt sein.
dermaßen oberflächlich an ein Abenteuer rangehen, das Erkundungsreize entfachen soll? Diesen Unsinn hätte man sich gleich sparen und in die seelenlose Rubrik Achievements packen können.

Niflheim lässt grüßen

Immerhin ist man da nicht irgendwo in der Pampa unterwegs, sondern an einem bisher unentdeckten Ort der Marke potenzielle Sensation: Runen deuten nämlich auf nordische Wurzeln hin und Lara übersetzt die alten Schriftzeichen in einer Zwischensequenz mit "Niflheim". Moment mal: Sie hat also irgendwo im Mittelmeer das düstere Reich der Frost- und Eisriesen gefunden, wo sich auch die Todesgöttin Hel aufhalten soll? Okay. Damit muss man leben. Manchmal müssen Zusammenhänge eben konstruiert werden. Ist ja auch nur ein Spiel. Und schließlich geht es Lara ja darum, die eigene Mutter zu finden, die nach dem letzten Teil in Avalon verschwunden ist.

Was diese keltische Zwischenwelt jetzt mit der germanischen Unterwelt zu tun hat? Irgendwie hängt ja heutzutage alles zusammen. Außerdem will ich jetzt weder zu viel verraten noch zu viel verreißen. Obwohl, ein bisschen muss sein: Bei allem Verständnis für ebenso zielgruppenfreundliche wie hanebüchene Zusammenhänge à la Erich von Däneken sollten die amerikanischen Recherche-Experten doch wenigstens etwas genauer hinschauen, wenn sie eine Thorstatue errichten. Im Spiel dreht sich tatsächlich alles um die Geheimnisse seines Hammers Mjölnir. Diese mythologische Waffe ist nämlich nicht nur mythologisch mächtig, sondern könnte - in den falschen Händen - ganze Bergmassive einebnen und natürlich Schlimmeres veranstalten. Ob der Zermalmber gar mächtiger ist als eine Atombombe? Man weiß es nicht.

       

Thors großer Hammer

Elegant und akrobatisch wie immer - Lara ist immer dann gut, wenn sie die Gegend in sportiver Laune erkundet.
Ach so: Warum sollten die Recherche-Experten jetzt genauer hinschauen? Weil sie Thors Helm mit Hörnern versehen. Okay, geschenkt - soll ja ein Blockbuster werden und martialisch aussehen, also Hörner her. Peinlicher ist, dass sie seinen Hammer langstielig und riesengroß darstellen, dabei hat Loki in der Gestalt einer Fliege doch dafür gesorgt, dass die Zwerge das Ding nur kurzschaftig schmieden konnten - Mensch, das weiß doch jedes gut gebildete heidnische Kind! Hey, ich verlange ja hier keinen Geschichtsunterricht und schon gar keine religionsgeschichtliche Differenzierung inklusive Kenntnisse der Edda, aber der Illusion einer guten Story könnte es nicht schaden, wenn man sich etwas mehr Mühe dabei gibt, sie überhaupt zu erzeugen!

Aber diese Kritik am erzählerisch flachen Hintergrund prallt an der prächtigen Kulisse ab: Was stört die armselige Recherche, wenn die Statue so mächtig aussieht, wenn die Wände so plastisch wirken, wenn Höhlen und Gänge in Feuchtigkeit glänzen, wenn überall herrliche Schatten um die Ecken huschen und irgendwann ein bildschirmgroßer Oktopus ins Bild kommt, dessen Tentakel sich um ganze Felsfundamente winden? Natürlich stört sie noch. Aber nicht mehr so doll. Ja, Tomb Raider: Underworld (ab 4,33€ bei kaufen) sieht klasse aus. Ja, es gibt genug zu sehen und zu entdecken. Wie eben diesen blinden Oktopus, der da unten einen Weg versperrt. Wie kommt man an dem Ungetüm bloß vorbei?

Licht- und Wettereffekte können sich sehen lassen - vor allem, wenn es regnet oder Wasser plätschert.
Aha! Über seinem Kopf schwebt eine stachelige Plattform. Also heißt es: Höhle untersuchen, Schalter finden, irgendwo etwas entriegeln und das mächtige Unheil über dem Kopf zum Einsturz bringen. Hier macht Tomb Raider wieder Spaß, denn bis ich erfolgreich bin, muss ich überall herum kraxeln und nach Mechanismen Ausschau halten. Tomb Raider macht auch in den Momenten Spaß, wo man schwere Gegenstände auf Druckplatten wuchtet, um Türen zu öffnen. Oder wo man mit dem Wurfhaken alte Drachenstatuen zum Einsturz bringt, um sich überhaupt Zugang zu schwerem Material zu verschaffen, das wiederum auf Druckplatten gehievt werden will. Das ist zwar alles wahrlich nichts Besonderes, aber durchaus unterhaltsam. So müsste es weiter gehen, vor allem in offeneren Gebieten.

Ein Frachter und Rambos Schwester

Aber kaum taucht man aus den Tiefen des Ozeans auf, geht es auf einen Frachter. Am helllichten Tag. Das ist noch kein Grund zur Besorgnis, aber auf diesem Schiff warten die Gangster, die Lara gerade bestohlen haben in Truppenstärke. Die Luxusyacht der Archäologin schippert direkt daneben im Meer, ohne dass die Gangster sie besetzen, kapern oder zerstören würden, und kurz darauf klettert Lara auch schon an Bord des Frachters. Wachen? Gibt es nicht. Alarm bei Sichtkontakt? Auch nicht. Und kaum hat die Lady festen Boden unter den Füßen, ballert sie sich wie der Duke zum Boss der Gangster durch und baut dabei Adrenalin auf, um auch in Zeitlupe loszulegen - was sie gar nicht braucht.

Mal abgesehen davon, dass die Archäologin hier gerade zum primitiven Killer mutiert und damit als glaubhafter Charakter vor die Säue geworfen wird: Diese Shooterpassage wird einfach billig und anspruchslos inszeniert, denn es kommen immer dieselben bärtigen Matrosen in ihrer identischen Kluft ins Fadenkreuz; man wechselt mal eben zwischen Schrotflinte, Sturmgewehr, Uzi und Granate und ballert einfach alles mit automatischer Zielfixierung weg, was einem da auf dem Frachter in suizidfreudiger Dummheit an Klongangstern mit Bart und blauem Hemd entgegen kommt. Von KI, Taktik oder gar Deckungsmanövern keine Spur. Wenn ich das mit der dynamischen Action in Uncharted vergleiche, ist das hier einfach 08/15-Shooter-Steinzeit.

Warum hat man hier so ein Waffenarsenal zur Verfügung? Natürlich kann man sich die Sache stylischer machen, indem man z.B. die Zeitlupenfunktion nutzt und noch hübsche Salti hinlegt, bevor man den Abzug drückt. Man kann auch zum neuen Sprungkick ansetzen. Man kann auch zur Betäubungspistole greifen und die Feinde aus der Distanz in die Ohnmacht schicken. Aber all das muss sich der Spieler selbst auferlegen, dabei würde ein gutes Spieldesign stimmungsvollere

Das hat sich die Lady von Drake abgeschaut: Sie kann gleichzeitig klettern und Gegner anvisieren.
Situationen anbieten, die auf die Heldin zugeschnitten sind. Den Göttern, und vor allem Thor, sei Dank, ist das aber nur eine kleine Episode auf dem Schiff, die zudem dramatisch beendet wird: Als der Frachter sinkt, muss sich Lara durch das schräg liegende Schiff kämpfen, über einen Druck auf den Analogstick sprinten und schlingernden Kisten ausweichen, während das Meer mit aller Macht reinrauscht - na also, geht doch! Diese Fluchtszene hat richtig Spaß gemacht, auch wenn zwischendurch immer wieder blöde Schießbudenfiguren auftauchen.

Hoffnungsschimmer in Thailand?

Als es dann nach Ostasien geht, zeigt Tomb Raider auch frische Landschaftsreize: Thailand ist ein wunderbar exotischer Schauplatz, der endlich mal mit Größe punktet und euch in einen Dschungel führt, der es dank seiner Licht- und Schatteneffekte sowie der üppigen Vegetation mit Uncharted aufnehmen kann. Falls ihr euch fragt, was Thors Hammer da zu suchen hat - das frage ich mich auch, aber die Entwickler werden sicher Antworten geben; schließlich gibt es auch Aliens, oder? Wichtig ist: Endlich gibt es wieder Erkundung und Kletterei in spektakulärer Kulisse. Endlich werden die Rätsel anspruchsvoller. Für diese Vorschau habe ich kurz vor einem mysteriösen Tempel noch mal inne gehalten und mir gedacht: Hey, Lara, wenn du jetzt bitte konsequent mit dem blöden Geballer aufhörst, das dir als Charakter mit Abschluss in Archäologie einfach nicht steht und mir als Actionfan mit Anspruch zu simpel ist, wenn du wieder in düstere Katakomben mit knackigen Rätseln und Kletterspannung abtauchst, dann könnte dieses Abenteuer doch noch in gute Bereiche aufsteigen. Auch die drei anderen Gebiete wie z.B. Mexiko, sowie die Fahrsequenzen mit dem Geländemotorrad haben noch Potenzial; davon konnte ich allerdings noch nichts spielen. Und bitte keine Frachter mehr. Ach ja, könnte nicht noch ein junger Designer auf Teilzeitbasis all die Schätze zu Schätzen modellieren und mit Beschreibungstexten versehen?

       

Ausblick

Kann mal bitte jemand Verantwortliches bei Crystal Dynamics Nachhilfe-Unterricht in Charakterzeichnung, Themenrecherche und Menüdesign sowie einen Kurs "Diese Atmosphärekiller sollte man vermeiden" nehmen? Bei allem Respekt vor der wunderbaren Kulisse, die man hier zum Klettern und Erkunden auftischt: Man wird der Figur Lara Croft auch in diesem Abenteuer nicht gerecht! Man nimmt in Kauf, dass sie wie eine Grabräuberin dritter Klasse durch Höhlen rennt und Vasen kickt; dass sie wie Dukes Schwester ballernd eine Frachterbesatzung killt; dass sie Schätze findet, die nicht mal abgebildet und lieblos in Listen abgehakt werden - wie soll man sich da über eine Entdeckung freuen? Ich will keine Liste abhaken, ich will staunen! Nach der enttäuschenden Vorstellung in Tomb Raider: Angel of Darkness (4P-Wertung: 68%), konnte sich Lara in Tomb Raider: Legend (4P-Wertung: 78%) wieder fangen. Wenn die Entwickler dieser Steigerung treu geblieben wären und auf die Kritik von Fans und Presse gehört hätten, wäre mit etwas mathematischem Optimismus am Ende ja 88% möglich. Aber das ist scheinbar naive Theorie. Das hätte ich Lara dennoch gewünscht. Da gehört sie hin, wenn man das Abenteuer dieser Videospielikone kreativ und intelligent inszenieren würde. Aber davon ist Tomb Raider: Underworld weit entfernt. Dieses Spiel ist auf der einen Seite prächtig, ansehnlich und angenehm rätselfreudig. Es gibt sogar einige zwielichtige Momente, die an die gute alte Zeit erinnern. Auf der anderen Seite ist es aber primitiv, lieblos und billig. Noch habe ich gerade mal ein paar Stunden gespielt. Noch bleiben viele Fragen zu den anderen Gebieten oder den Fahrzeuge offen, die unterhaltsame Antworten geben können. Und noch gebe ich trotz meiner Enttäuschung über einige Spieldesignmacken die Hoffnung nicht auf. Aber Lara muss angesichts dieser jetzt schon überdeutlichen Defizite in der finalen Version beweisen, ob sie überhaupt wieder in gute Gebiete vordringen kann.


Ersteindruck: befriedigend

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