Civilization Revolution13.03.2008, Jörg Luibl
Civilization Revolution

Vorschau:

Riesige Städte, imposante Wunder, starke Kulturen - im Frühling sollen bunte Imperien wachsen. Nicht per Mausklick am Monitor, sondern per Gamepad von der Couch aus: Mit Civilization läuft einer der ganz großen PC-Klassiker erstmals in den Konsolenhafen ein. Komplett neu für PS3, 360 und DS programmiert, mit 16 Kulturen und Online-Modus. Was können Strategen von Sid Meiers Ausflug erwarten?

Griechische Idylle

Bunt und rundenbasiert: Civilization präsentiert sich auf Konsolen in einem neuen Gewand - das Spiel wurde komplett eigenständig für PS3 und Xbox 360 entwickelt. Die Wii-Version wurde leider gestoppt.
Das sieht richtig gut aus: Die Sonne scheint, das Meer glitzert und mein erster Kriegertrupp erkundet gerade die Südspitze einer tropischen Insel. Der zweite Trupp erforscht den Westen, der noch im Nebel des Krieges schlummert. Hurra: Sie haben ein Artefakt entdeckt! Das schnappe ich mir und genieße sofort die Vorteile - das kann z.B. ein Weltwunder oder eine Technologie sein, die ich gratis bekomme. Wer fleißig die Gegend erkundet, wird lukrativ belohnt. Aber was ist das? In der Nähe meiner Hauptstadt Athen zeigt sich eine Horde Räuber!

Mist - ich hab vergessen, meine Stadt unter militärischen Schutz zu stellen. Dabei wimmelt es doch nur so vor Gesetzlosen, dabei haben meine Hopliten doch theoretisch so gute Defensivwerte! Egal: Jetzt muss ich eine meiner Truppen möglichst schnell zurück bringen, um nicht vorzeitig dem Ende meiner griechischen Zivilisation beizuwohnen. Vor ein paar Runden habe ich Athen in einer schönen Bucht gebaut, extra dort, wo der Boden mir hohe Nahrung und Produktionswerte angezeigt hat. Schaff ich den rechtzeitigen Entsatz? Mit dem Analogstick bewege ich eine Art Cursor über die Karte und checke die Distanz...

Vorsicht: Räuber im Anmarsch!

Was will der kleine Franzose denn? Napoleon meldet sich als voll animierte Figur zu Wort. Mimik und Gestik überzeugen dabei auf ganzer Linie.
Wer hier nicht aufpasst, wird gleich in der Anfangsphase überrannt. Schnelle Blitzangriffe über die ganze Karte? Rushen statt Taktieren? Nicht möglich. Trotz der Tatsache, dass man eine Partie hier in zwei bis vier Stunden spielen, also ein Imperium relativ knackig von der Steinzeit in die Moderne führen kann, muss man wie im PC-Vorbild behutsam ausbauen, muss klug expandieren. Und gerade nähert sich nicht nur die KI, es gibt ja auch noch drei menschliche Kontrahenten! Ich spiele im Free for All-Modus ein offenes Online-Match für bis zu vier Feldherren, in das jeder jederzeit einsteigen kann. Und ich weiß noch nicht, wo die anderen lauern...

Für die ist das kein Problem: Wenn ich verliere, kann mein Platz entweder sofort von der KI oder einem anderen Mitspieler aus den Weiten des 360- oder PS3-Internet übernommen werden. Und wenn ich keine Lust mehr habe, kann jemand mein Imperium auch weiter bauen. Es gibt außerdem noch die Möglichkeit, Teams zu bilden oder ein Kopf-an-Kopf-Rennen zu starten. Dabei kann man auf vollen Kommunikationskomfort zurückgreifen: Headset und Kamera werden unterstützt, so dass ihr live zusammen planen und schwatzen könnt. Firaxis will zudem einmal die Woche ein "Game of the Week" anbieten, das für Ranglistenzwecke dient.

Schön animierte Kämpfe

Äpfel, Reagenzgläser, Gold und Hämmer: Die Icons auf dem Boden zeigen euch an, was hier in welcher Quantität erwirtschaftet werden kann.
Aber zurück zu meinem Räuberproblem: Die Götter sind mit mir! Ich erreiche Athen nicht nur, bevor sie da sind, ich kann meiner Armee sogar noch den Befehl zur Verschanzung geben, so dass sie in der Verteidigung schlagkräftiger ist. Und siehe da: Die Räuber greifen an, schwingen ihre Keulen und werden gnadenlos von meinen Kriegern dezimiert. Die Animationen können sich sehen lassen: Bei einem Duell wird richtig zugeschlagen, ausgewichen und gejubelt. Man hat fast das Gefühl, da einen kleinen Echtzeitkampf zu beobachten.

Ist man öfter siegreich, werden die Veteranen gleich neu eingekleidet und bekommen ein Elite-Upgrade. Insgesamt zwölf davon soll es geben; darunter Scoutfähigkeit, Infiltrationsboni etc. Stehen drei Truppen auf einem Fleck, können sie eine Armee bilden, die dann in zackiger Formation aufmarschiert - das macht sie noch effektiver. Überhaupt kann sich das Spiel sehen lassen: Als ich die Räubertruppe vernichte, schiebt sich ein muskelbepackter Barbar ins Bild und keift mich an! Später melden sich Napoleon oder Ghandi und machen mir voll animiert ihre Vertragsangebote - sehr schön! Sid Meier macht für die Konsolen in Sachen Präsentation alles neu. Das bedeutet, dass die Grafikengine und der Programmcode nichts mehr mit dem zu tun haben, was PC-Spieler auf ihrem Monitor sehen.

             

Fragezeichen: Benutzerfreundlichkeit

Zwei Armeen stehen sich in Formation gegenüber. In der Iconleiste erkennt ihr die Implementierung der Kamera.
So lobenswert frisch und lebendig die Kulisse ist, so unschlüssig bin ich mir noch über die Spieltiefe und Benutzerfreundlichkeit des Ganzen. Erstere wirkt bereits gut, denn ich kann nicht einfach rushen und ich kann nicht nur militärisch, sondern auch kulturell oder wirtschaftlich gewinnen. Städte mit hohem Kulturwert sorgen z.B. dafür, dass angrenzende Siedlungen zu meinem Imperium überlaufen; ich kann Produktionen beschleunigen, kann die Städteverwaltung auf einen Rohstoff ausrichten und über die Wahl des Wunderbaus Zeichen setzen. Das kennt man und mag man aus dem Original. Allerdings bleibt noch offen, inwiefern KI und Diplomatie im Solomodus mithalten können - das werden wir erst im Langzeittest prüfen können.

Und Zweitere, die Benutzerfreundlichkeit? Eigentlich könnte man meinen, dass sich ein entschlacktes Civilization mit weniger Mikromanagement (Straßenbau gibt es nicht frei, sondern nur noch zwischen Städten; ausufernde Statistiken wurden entfernt) deutlich flotter steuern lassen müsste - dem ist aber nicht so. Es ist auch nicht so, dass es schlecht zu bedienen wäre, aber für meinen Geschmack noch nicht optimal genug.

Hektische Steuerung?

Reichsgrenze an Reichsgrenze: Wer kann sich letztlich durchsetzen? Ihr könnt Städte militärisch erobern oder sie über eure Kulturwerte friedlich annektieren.
Ich kann sanft herauszoomen und die Kulisse von oben betrachten, muss dabei aber die Schultertaste gedrückt halten - besser wäre es, wenn man mehrere statische Zoomstufen anbieten würde. So werde ich nämlich immer wieder in die nahe Ansicht zurückgeworfen. Gerade wenn man vier, fünf Städte gebaut hat, will man aber lieber das große Ganze sehen. Civilization-Veteranen werden sich auch an die Steuerung und die neuen Statistiken gewöhnen müssen - gerade Letztere fielen mir noch nicht informativ genug aus. Das, was an Zahlenwerten unter den Icons der Mitspieler angezeigt wurde, konnte z.B. nicht erklärt werden.

Bei meinem Probespiel im Multiplayer ging es mir auch noch zu hektisch zu - die Perspektive wechselte ab und zu ruckartig, was daran liegen kann, dass der Rundenwechsel zeitlich terminiert war. Sprich: Wer zu lange überlegt, hat Pech gehabt und sein Zug wird einfach abgebrochen! Keine Bange: In der finalen Version könnt ihr das abstellen oder längere Intervalle angeben.

Ich verdrückte mich auch noch relativ häufig bei der Befehlsvergabe - wenn es z.B. um den Transport von Truppen auf Schiffe, um das Verladen oder Landen ging. Die beiden Analogsticks brauchen jedenfalls mehr Eingewöhnung als die gute

Auch die Deutschen sind dabei: Die Uniform sitzt, die Technologie ist militärisch ausgerichtet.
alte Maus am PC: Während ihr mit dem linken einen Cursor frei über die Karte bewegen könnt, sorgt der rechte für die Einheitenbewegung in Form von Pfeilen. Vielleicht rührt die anfängliche Verwirrung auch daher, dass ich das Tutorial nicht spielen konnte und sofort in ein Multiplayermatch geworfen wurde. Unterm Strich hatte ich aber auch nach einer Stunde noch nicht das Gefühl, dass die Steuerung besonders intuitiv flutschen würde.

Wo bleibt die Wii-Fassung?

Bei unserem Vorortbesuch wurde das vorläufige Aus für die Wii-Fassung noch mal bestätigt. Obwohl man auf der E3 2007 in Santa Monic noch erklärte, dass das Spiel auch auf Nintendos Konsole erscheinen würde, liegt die Entwicklung derzeit auf Eis. Ist es die Technik? Ist es der Online-Modus? Der Grund dafür bleibt nebulös. Laut Sid Meier wolle man sich einfach "voll auf die anderen Plattformen konzentrieren." Lediglich auf dem DS darf am 6. Juni an der eigenen Zivilisation gefeilt werden - die konnten wir allerdings nur kurz in Aktion sehen. Wir sind gespannt, wie Stylus & Touchscreen im Vergleich abschneiden.

       

Ausblick

Ich schätze Sid Meiers Civilization seit dem ersten Teil. Und ich weiß, dass diese Konsolenvariante weder das komplexe Mikromanagement simulieren kann noch ausufernde Partien über Wochen anbieten wird. Hier geht es strategisch komprimierter, dafür in Sachen Präsentation bunter zur Sache. Sid Meier inszeniert ein lebendiges Theater mit 16 Völkern, deren Herrscher als voll animierte Figuren auftauchen - und das sieht richtig gut aus! Denn Napoleon & Co zeigen mit ihrer Mimik, was sie von euren Strategien oder Handlungen halten. Das Schöne ist auch, dass sich die Spieltiefe nicht zu verabschieden scheint - blindes Erobern war bisher nicht möglich und man kann auf drei Arten gewinnen: militärisch, wirtschaftlich, kulturell. Noch fehlt mir allerdings die Spielerfahrung auf lange Sicht: Können KI und Diplomatie im Solomodus punkten? Wie unterschiedlich spielen Gandhi oder Napoelon? Außerdem bereitet mir die Steuerung noch Kopfzerbrechen, weil sie mir noch nicht intuitiv genug ist - man braucht mit dem Gamepad deutlich länger als mit der Maus, um sein Reich befehlssicher zu verwalten. Da ich das erklärende Tutorial noch nicht spielen konnte, bin ich aber guter Hoffnung. Und trotz der Hektik hat das Multiplayermatch bereits richtig Spaß gemacht. Gerade mit Freunden könnte hier gefährliches Suchtpotenzial lauern...schade nur, dass die Wii-Version eingefroren wurde.

Ersteindruck: gut

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