Darksiders16.12.2009, Mathias Oertel
Darksiders

Vorschau:

Die kalten Wintermonate 2010 stehen im Zeichen der Dämonenjäger: EAs Dante wird versuchen, ein Inferno zu entfesseln. Sega schickt die Hexe Bayonetta ins Rennen, deren Importtest vor kurzem erst groß absahnen konnte. Und Sony bereitet Kratos auf seinen dritten Auftritt als Kriegsgott vor. Doch den Anfang wird THQs düstere Comic-Action Darksiders (ab 9,99€ bei kaufen) machen. Kann der apokalyptische Reiter namens Krieg die erste hochprozentige Action-Duftmarke des Jahres setzen?

Dämonen und Domänen

Na? Um welches Spiel könnte es hier gehen? Ein Mann, bis an die Zähne bewaffnet und mit vernichtenden Kombos ausgestattet, kämpft gegen Hundertschaften von Dämonen sowie andere Ausgeburten der Hölle. Er sammelt "Seelenkugeln" ein, die je nach Farbe Gesundheit auffüllen, seinen Manavorrat für den Einsatz von Sonderangriffen aufstocken oder einfach "nur" als Währung für Upgrades etc. genutzt werden können.

Der apokalyptische Reiter "Krieg" fordert Dante, Kratos & Co zum Kampf!
Devil May Cry? Gut geschätzt, aber knapp daneben. Bayonetta? Nein, wir reden hier von "einem Mann", der gegen Höllenbrut kämpft. Natürlich: God of War, Kratos' antike Schlachtplatte! Nein, auch nicht. Aber da gibt's doch sonst nichts mehr... Doch gibt es. Und ich meine jetzt nicht Dante's Inferno - auch wenn der Anfangsbuchstabe identisch ist.

Das Problem: Darksiders (DS), die Premiere von Vigil Games, um die es sich hier dreht, ist ein unbeschriebenes Blatt. Ein Blatt, das seit Jahren einige Messe-Auftritte und mindestens ebenso viele Verschiebungen auf sich nehmen musste, die dafür gesorgt haben, dass die Mär um einen der vier apokalyptischen Reiter nicht so sehr im Bewusstsein der Action-Adventure-Fans verankert ist wie z.B. Kratos oder selbst EAs Höllenausflug.

Unrunder Beginn

Und es hat in der Anfangsphase, in der es nur ums Kämpfen sowie den Eindruck der Engine geht, mit Problemen zu kämpfen. Das Kampfsystem bringt zwar spektakuläre Kombos und Finisher auf den Bildschirm, hinterlässt aber bedingt durch Beschränkung auf zwei Knöpfe (einen für Schläge/Kombos, einen für Finisher) einen zwar leicht zugänglichen, aber wenig anspruchsvollen Eindruck. Wo nahezu alle anderen Genre-Vertreter gar nicht wissen, wohin sie mit ihrem umfangreichen, mitunter die Finger verknotenden Kombos hin sollen, geht es DS scheinbar vorranging darum, die Spieler in die Welt zu lotsen und sie nicht anfänglich zu überfordern. Kenner werden von der anfänglich zu simplen Mechanik aber eher abgeschreckt.

Der erzählerische Einstieg hingegen ist gelungen: Die Geschichte um das Gleichgewicht von Himmel und Hölle, dem immerwährenden Kampf um die Vormacht sowie das Schicksal der apokalyptischen Reiter wird über leicht animierte Comic-Collagen erzählt, an die sich ein aufwändiges Render-Intro anschließt, das die Apokalypse in einer amerikanischen Metropole zelebriert und im Auftritt von Krieg, einem der vier teuflischen Reiter, gipfelt.

Und ab diesem Moment setzt leider Ernüchterung ein. Das hat weniger mit dem generellen Comic-Stil zu tun, dessen überzeichnete, aber detaillierte Figuren auch durchaus dem WarCraft-Universum hätten entsprungen sein können. Es ist auch nicht der Gegensatz zwischen dem Figurendesign auf der einen sowie den häufig noch zu realistisch wirkenden Hintergründen,

Die Bosse fordern einem trotz mitunter zu simpler Kampfmechanik alles ab.
die den Schauplatz für die ersten Kämpfe darstellen, aber später von stimmigeren Umgebungen ersetzt werden.

Es ist vielmehr das unschöne Tearing, das auf beiden Konsolen immer wieder das Bild nachziehen lässt und somit die mühsam aufgebaute Atmosphäre beinahe im Handumdrehen auflöst. Gerade in der Anfangsphase verliert Darksiders dadurch unnötig Sympathiepunkte.

Zuneigung auf den zweiten Blick

Wo Titel wie Bayonetta zwar anfangs sperrig, aber später eindrucksvoll sind, ist Darksiders eher das Gegenteil: Leicht zugänglich, aber sowohl visuell als auch inhaltlich spröde. Doch bringt man die erste Stunde hinter sich, nimmt das Abenteuer von Krieg Fahrt auf. Nicht nur erzählerisch, sondern auch inhaltlich. Das Kampfsystem wird um Elemente wie unterschiedliche Magie-Angriffe, eine Bumerang-Klinge und zusätzliche Waffen wie eine Sense erweitert, wodurch die grundsätzliche mechanische Einfachheit und Beschränkung auf sehr leicht zugängliche Finisher zwar nicht aufgehoben wird, die Kämpfe aber deutlich an Dynamik zunehmen und dank erhöhter Gegnerquote auch endlich etwas anspruchsvoller werden.

      

Kostenpflichtige Upgrades, die man sich nur leisten kann, wenn man neben den Seelen von getöteten Gegnern auch die der gut in den großräumigen Abschnitten versteckten Truhen einsammelt, sorgen dafür, dass man sich nicht nur auf die Auseinandersetzungen, sondern auch auf die Erforschung der Levels konzentriert - was in der hauptsächlich auf Kampf fokussierten Anfangsphase viel zu kurz kommt.

Denn die Stärke von Darksiders liegt nicht in der Action, die unter dem Strich zwar gut inszeniert wird, aber ihren Reiz eher aus Gegnermassen sowie den mächtigen Zwischen- und Endbosse bezieht als aus umfangreicher Kampfmechanik. Sie liegt vielmehr in einem gut ausgewogenen Mix aus Erforschung, umgebungsbezogenen Rätseln sowie gut eingestreuten Auseinandersetzungen mit Arena-Charakter.

Ein Hauch von Soul Reaver

Das Figurendesign aus der Feder von Comic-Künster Joe Madureira ist gelungen, steht aber zu häufig im Kontrast zu den realistisch anmutenden Umgebungen.
Wenn man Sprungsequenzen hinter sich bringt, sich überlegen muss, wie man die das Fortkommen behindernde Barrikade beiseite räumt oder wie man über welche Umwege zu Schalter A kommen kann, damit man Tür B öffnet, die schließlich den Weg zu Fahrstuhl C freimacht, sind die spröden Gefechte der Anfangsphase beinahe vergessen und es weht ein starker Hauch von Soul Reaver durch die apokalyptische Welt.

Ich bin gespannt, was die finale Version in dieser Hinsicht noch auffährt, denn immerhin kann Krieg später auch noch mit Ruin, seinem treuen Ross, durch die Botanik galoppieren und sogar vom Sattel aus auf seine Feinde eindreschen - Link und Kameo lassen an dieser Stelle schön grüßen.

Wenn Vigil hier weiterhin überzeugt, könnte Darksiders den technischen Widrigkeiten zum Trotz richtig gut werden. Dass dabei allerdings Kratos, Dante & Co ernsthaft in Gefahr gebracht werden oder um ihren Ruf bangen müssen, wage ich jetzt schon zu bezweifeln. Denn unter dem Strich sind weder die erzählerischen Glanzpunkte, die ähnlich wie in Bayonetta mit den Elementen Himmel&Hölle, Gut&Böse spielen und sie in Frage stellen, die pompösen Finisher oder das gelungene Artdesign wuchtig genug, um die Engine-Probleme völlig vergessen zu lassen - zumal man immer wieder mit der Nase drauf gestoßen wird, wenn man um eine Ecke biegt und der Bildschirm wieder einmal nachzieht...   

Ausblick

Das Premieren-Projekt von Vigil Games dürfte das Spielejahr 2010 gut einleiten. Die Kampfaction gewinnt nach einer spröden, zu sehr an eine Light-Version von God of War oder Conan erinnernden Anfangsphase an Reiz und Tiefe, bleibt aber unter dem Strich trotz interessanter Bosskämpfe und Aufrüstmöglichkeiten zu oberflächlich, um es mit den Schwergewichten aufnehmen zu können.  Das dürfte zu einem Großteil jedoch durch die meist umgebungsbezogenen Rätsel sowie die gelungene Erforschung der großräumig angelegten Abschnitte wett gemacht werden, die man in diesem Ausmaß weder bei Kratos noch bei Dante & Co zu sehen bekommt. Die Mischung aus Kampf, Erforschung und Puzzle scheint ausgewogen und gut aufeinander abgestimmt zu sein, wobei in der Anfangsphase der Fokus leider auf dem Kampf liegt, aber gerade noch rechtzeitig die Kurve kriegt und sich auf andere Elemente konzentriert. Die Kulisse kann auch nur eingeschränkt überzeugen: Hinsichtlich des Artdesigns aus der Feder von Comic-Zeichner Joe Madureira erinnert die postapokalyptische Welt an ein düster-buntes World of Warcraft, wobei vor allem das Figurendesign überzeugen kann. Die Hintergründe wirken allerdings etwas zu realistisch, so das immer wieder ein kleiner Bruch entsteht. Den man allerdings angesichts der technischen Probleme vernachlässigen kann: Sowohl auf 360 als auch PS3 wird die stimmungsvoll inszenierte Comic-Action um Reiter und Ross der Apokalypse von mitunter herben Tearing-Problemen gepiesackt, die einen immer wieder aus der gut aufgebauten Atmosphäre reißen und die anno 2009/2010 nicht mehr sein müssten. Inwieweit man sich an die technischen Mankos gewöhnen kann, ob sie vielleicht sogar behoben werden und ob Krieg und Ruin vielleicht doch noch im Wertungstanz der großen Actionhelden mitspielen können, wird im Test Anfang 2010 geklärt.

Ersteindruck:  gut

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.