Deus Ex: Human Revolution10.06.2010, Benjamin Schmädig
Deus Ex: Human Revolution

Vorschau:

Am Ende ist es ja doch nur dieser kurze Kick - den meisten Spielen geht es um die atemberaubende Action, um die rasante Runde, um das schnelle Sammeln. Die wenigsten hinterlassen einen Eindruck, der noch Jahre später nachhallt. Deus Ex gehört zu jenen Echos, die noch heute Gänsehaut hervorrufen. Doch in einer Zeit, in der selbst hoch dekorierte Geheimagenten als austauschbare Ballerbuben dienen müssen, muss sich natürlich auch der Nachfolger eines Klassikers erst beweisen!

Viva la revolutia!

Deus Ex: Damit hatte der Ultima Underworld- und System Shock-Macher Warren Spector einen SciFi-Thriller erschaffen, der nicht nur eine faszinierende Cyberpunk-Vision war, sondern der vor allem so selbstverständlich Genregrenzen vergessen ließ, als hätte es sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Schleichen und Action, packendes Verschwörungsgeflecht und offenes Ende, ein Rollenspiel mit echten Konsequenzen: Natürlich hatte Deus Ex seine Grenzen! Es gewann der Spielewelt aber eine Dimension ab, die sie bis dahin so noch nicht gesehen hatte.

Umso erstaunlicher, dass sich Eidos ausgerechnet dann dazu entschließt, einen Nachfolger zu erschaffen, als Anspruch und Tiefgang immer mehr in den Hintergrund gedrängt wurden. BioWare verwandelt ein großes Rollenspiel in ein Action-Abenteuer,

Videoanalyse: Der E3-Trailer macht Lust auf das neue Deus Ex. Doch wie viel Spiel steckt hinter den vorberechneten Bildern? Ubisoft beraubt Sam Fisher der meisten seiner Fähigkeiten. Was bedeutet es für Deus Ex, wenn Eidos in einer solchen Zeit ein neues Studio aufbaut, um mit dem alten neuen Namen groß rauszukommen? Wir haben die Entwickler in Montreal besucht, wir haben erstmals Spielszenen gesehen und wir haben zugehört, als sie uns von ihrer Vision erzählten. Was steckt hinter Deus Ex: Human Revolution (ab 6,61€ bei kaufen)?

Das Ende der Welt

»Es ist nicht das Ende der Welt - aber man kann es von hier aus sehen.« Die für die Handlung verantwortliche Mary DeMarle beschreibt eine Zukunft mit finsteren Aussichten. Biomechanische Körperteile, so genannte Augmentations, ersetzen nicht mehr nur beschädigte Organe. Die Erweiterungen verhelfen denen, die sie sich leisten können, zu mehr Stärke. Mehr noch: Sie verleihen ihnen Fähigkeiten, von denen normale Menschen nur träumen können. Sogar Gedankenkontrolle ist mit den richtigen Augmentations möglich. Die Veränderungen spalten die Menschen: Was für die einen der nächste Schritt auf der Evolutionsleiter ist, stellt für die anderen eine unnatürliche Entwicklung dar. Im Zentrum des drohenden Aufruhrs steht David Sarif, der allen Menschen den Zugang zu diesen Augmentations ermöglichen will. Selbstverständlich hat er dabei die Interessen von Sarif Industries im Blick - einem der führenden Unternehmen auf dem Gebiet der Biomechanik.

Adam Jensen

Wir schreiben das Jahr 2027 - 25 Jahre vor den Ereignissen des ersten Deus Ex. Adam Jensen arbeitet als Sicherheitsspezialist für Sarif Industries, als er bei einem Anschlag tödlich verwundet wird. Nur mithilfe künstlicher Körperteile überlebt er und macht sich anschließend auf die Suche nach den Tätern. »Kontrolle« soll das zentrale Thema der starken Geschichte sein: Wie bekommt Jensen zurück, was ihm genommen wurde? Recht früh soll er dabei die Hintergründe des Anschlags aufdecken - um dabei auf eine Spur weit verzweigter Verschwörungen und auf Kräfte stoßen, die nicht weniger als die Kontrolle über die Menschheit anstreben.

In Schwarz und Weiß wollen die Entwickler ihre Welt aber nicht einteilen. Gut und Böse gibt es oft nicht und so muss der Spieler in der Rolle von Adam Entscheidungen treffen, die er mit seinem eigenen Gewissen vereinbaren kann. Man kann sogar über Leben und Tod zentraler Charaktere bestimmen - muss aber stets mit den Konsequenzen leben. Ein Toter kann Jensen später etwa nicht mehr helfen... Auf diese Weise begleitet man Adam Jensen zu einem von zahlreichen Enden. Vom Produzenten wollten wir wissen, ob man ähnlich wie im ersten Deus Ex gegen Ende einfach den gewünschten Weg wählt. »Ja und nein«, antwortet David Anfossi. »Es gibt viele Enden und man kann sich kurz vor Schluss für eines entscheiden. Zwischen welchen Enden man wählen kann, hängt allerdings davon ab, welchen Weg man während des Spiels eingeschlagen hat.« Mit jeder Entscheidung ebnet sich jeder Spieler also seinen eigenen Weg.             

Du hast die Wahl!

Entscheidungen und ihre Konsequenzen - diese Eckpunkte werden auch im dritten Deus Ex groß geschrieben. Und das heißt nicht nur Entscheidungsfreiheit an erzählerischen Schlüsselstellen; das bedeutet vor allem Handlungsfreiheit zu jedem Zeitpunkt. Adam Jensen soll andere Personen im Gespräch bedrängen und als schwer bewaffneter Draufgänger in den Kampf gehen? Bitte sehr! Er soll zurückhaltende Dialoge führen und die Sicherheitssysteme seiner Feinde hacken, um sie mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen? Bitte sehr! Und dann sagen die Entwickler den Satz, den ich seit der frühen Präsentation von Splinter Cell: Conviction so vermisst habe: »Man kann das gesamte Spiel spielen, ohne einen Gegner zu töten.« Einzige Ausnahme werden wie in Deus Ex oder Metal Gear Solid die Bosskämpfe sein.

Gewaltfrei oder lautstark: Wie Adam ein Gebiet infiltriert, bleibt ihm überlassen.
Bitte sehr!

Spielerische Offenheit statt massentauglicher Handschellen: Wie erreicht man damit Gelegenheitsspieler, die hauptsächlich auf coole Schauwerte scharf sind? »Es geht darum, wie man die Möglichkeiten an den Spieler heranführt«, erklärt Game Director Jean-Francois Dugas. »Es muss spektakulär aussehen«, sagt Produzent Anfossi. Und das tut es! Als Adam Jensen in den gezeigten Spielszenen vom Eingang eines Hafens auf das Dach einer Lagerhalle schleicht, kommen vor allem lange Klingen zum Einsatz, von denen er jeweils eine am Rücken der Handgelenke montiert hat. Man muss die damit verbundenen Takedowns erst mit Erfahrungspunkten verdienen - dann schaltet Jensen seine Widersacher aber mit schnellen, brachialen Manövern aus, die wohl per Knopfdruck ausgelöst werden und je nach Situation sogar zwei Gegner gleichzeitig lautlos umbringen. Eine Art Infrarotsicht macht zudem Menschen sichtbar, die sich hinter einer Mauer befinden. Und wenn sie zu nahe davor stehen, zertrümmert Adams bionmechanischer Arm einfach die Wand, greift den Gegner und bricht ihm das Genick.

Hart oder herzlich?

Natürlich hätte er sämtliche Wachen auch mit einem mächtigen Hieb bewusstlos schlagen oder einen gänzlich anderen Weg gehen können! Immerhin sahen wir gleich zu Beginn, wie er eine Kiste hochhebt, um einen Schleichweg freizuräumen - auch eine Fähigkeit, die Adam erst lernen muss. »Es gibt ein Abwassersystem unter dem Hafen, das bis zu der Lagerhalle führt. Und während wir über das Dach der Lagerhalle gekommen sind, hätte man auch die Sicherheitskameras und Wach-Roboter hacken oder durch andere Wände brechen können«, beschreibt Artdirector Jonathan Jacques-Belletete die Offenheit des Abschnitts. Doch es war gut, dass die Entwickler den Weg übers Glasdach wählen. Als wir Zuschauer uns nämlich noch wundern, warum sich Adam genau über vier Feinden positioniert, schießt er auch schon auf das Glas. Die Scheibe splittert, elegant fängt er den tiefen Fall inmitten der Wachen auf und zündet eine weitere Fähigkeit: In Zeitlupe dreht sich die Kamera einmal um ihn herum, während mehrere Patronen aus seinem Körper schießen und sämtliche Gegner zu Boden reißen. Was für ein Auftritt!

Ganz wichtig: PETA-Kämpfer, die den gewaltfreien Weg wählen, müssen stärker darauf achten, nicht entdeckt zu werden. Dafür können sie die Körper von Bewusstlosen oder Leichen in unbeobachtete Ecken ziehen und suchen mithilfe des Deckungssystems Schutz, was natürlich auch im Bleiwechsel hilfreich ist. Die Kamera schaltet dann ebenso wie für Takedowns von der Ego-Perspektive in den Schulterblick. Wer es richtig anstellt, hechtet so von Deckung zu Deckung, um ungesehen das Zielgebiet zu infiltrieren. Gewiefte Schleicher schauen sich zudem genau um, entdecken so Zugangscodes, verschaffen sich über gehackte Sicherheitskameras einen Überblick, öffnen elektronische Türschlösser oder schalten Geschütztürme auf manuelle Steuerung...

Martialische Takedowns können eine Belohnung für lautloses Anschleichen sein.
Das Hacken findet dabei zum ersten Mal nicht automatisch statt, denn Adam muss in einem Minispiel den Stromfluss durch einen Schaltkreis ermöglichen. »Das Prinzip des Spiels ist schwer zu beschreiben. Umso schneller versteht man es aber, wenn man es selbst spielt«, drückt sich der Produzent zwar um eine Antwort. Was wir sehen, scheint seine Behauptung aber zu unterstützen: Das Minispiel wirkt wie eine kurze, knifflige Umsetzung des vertrauten Cyberpunk-Klischees.

Metal Gear Ex

Neu sind übrigens auch die automatische Selbstheilung sowie die Rückkehr zu unterschiedlichen Munitionstypen. Die spielerisch uninteressante Nano-Munition für sämtliche Waffen gehört damit wieder der Vergangenheit, Pardon: der Zukunft an. Und die Selbstheilung? Werden Schusswechsel damit zu belanglosen Feuergefechten mit Verschnaufpausen hinter Deckungshürden? Ich hoffe inständig, dass das Spiel diese Befürchtung entkräften wird! Die Entwickler versprechen zumindest taktische Kämpfe, in denen auch der kurze Rückzug eine Rolle spielt. Sie wollen lediglich verhindern, dass sich Jensen mitten im Gefecht aufmacht, um den kompletten Level nach Erste Hilfe-Kästen zu durchsuchen. Ein Hinweis an dieser Stelle: Wir haben Human Revolution bisher nur vor Ort gesehen und konnten noch nicht selbst spielen. Alle Informationen basieren auf ausführlichen Interviews sowie den auch auf der E3 vorgeführten Spielszenen. Während sowohl Schauplätze als auch die Aktionen des Protagonisten fantastisch aussehen und uns beim Zitieren der spielerischen Freiheiten das Wasser im Mund zusammenläuft, muss das dritte Deus Ex selbstverständlich erst beweisen, dass es sich die Vorschusslorbeeren auch verdient hat!       

Doch zurück in die Präsentation, für die sich Adam gerade durch das Glasdach der Lagerhalle hat fallen lassen. Die vier Wachen ließen sich noch mit dem eindrucksvollen Rundum-Takedown erledigen - bei der drei Mann hohen mechanischen »Spinne« funktionieren solche Tricks allerdings nicht mehr! Im Handumdrehen verliert Adam seine Deckung, als der Roboter mit schwerem Kaliber um sich schießt. Sein eigenes Arsenal richtet kaum Schaden an. Es betont den taktischen Charakter der Action, dass das Spiel angehalten wird, solange man über eine Art Kreismenü die Waffe wechselt - schweres Kaliber muss her. Und zum Glück hat Adam einen modifizierten Raketenwerfer zur Hand. Denn wie in den Vorgängern lassen sich die Eigenschaften der Waffen so erweitern, dass sie zu den eigenen Vorlieben passen. So dürfen Schleicher sicherlich einen Schalldämpfer auf ihrer Pistole montieren; im gezeigten Bosskampf hingegen suchen sich die Raketen nach Abschuss automatisch ihr Ziel.

Warum glänzt die Zukunft golden?

Lassen sich Massenmarkt und spielerischer Tiefgang vereinen?

Unser ausführliches Interview mit den Entwickler findet ihr hier.Damit kann Adam die Rakete weit nach oben abschießen, so dass sie anschließend von oben herab in ihr Ziel fliegt und die wunde Stelle des Roboters trifft.

»Unser eigener Todesstern«

Mit einer weiteren Explosion und dem Unglück verheißenden Auftritt eines Gegenspielers endet die Präsentation und hinterlässt einen überwältigenden Eindruck. Es liegt aber nicht am Knalleffekt, dass dieses Grinsen nicht aus meinem Gesicht verschwinden will - es liegt an der spielerischen Weite, in die sich die Entwickler begeben wollen. Denn genau so offen wie in den Einsätzen soll sich Adam in der gesamten Geschichte bewegen können. Vor dem Kampf steht schließlich das Erkunden weitläufiger Schauplätze, das Sammeln von Informationen, das Erledigen optionaler Nebenaufgaben und die Unterhaltungen mit den Bewohnern der futuristischen Städte. Fünf Metropolen wird es geben - Jensens Heimatstadt Detroit, Shanghai sowie Montreal hat Eidos bereits genannt. Artdirector Jacques-Belletete verrät außerdem »Ohne etwas vorweg zu nehmen: Den letzten Level nenne ich 'unseren eigenen Todesstern'. Keine Sorge, wir gehen nicht in den Weltraum. Aber es ist etwas Gewaltiges, das man so einfach nicht erwartet.« Ich bin gespannt!

Und auch wenn der Stil ein ganz anderer ist: Die künstlerische Gestaltung der nahen Zukunft erinnert an BioShock. Es ist die Verbindung von Science-Fiction-Elementen mit bekannten künstlerischen Einflüssen, die so vertraut wirkt. In Deus Ex: Human Revolution sind die visuellen Merkmale der Renaissance das, was das Art Deco für BioShock ist. »Cyber-Renaissance« nennt es Jacques-Belletete ebenso pragmatisch wie klangvoll, wenn opulente Antik-Sofas in verrauchten Zimmern stehen und teure verspielte Kleider modische Akzente zwischen grauen Wänden setzen. Und übrigens: Das »doppelstöckige« Shanghai, das im Trailer zu sehen ist,

Wenn Adam in Deckung geht und während er Takedowns ausführt, schaltet die Kamera von der Ego-Perspektive in den Schulterblick um.
wirkt im Spiel genau so überwältigend wie in den vorberechneten Szenen!

Deus Ex ist zurück!

Die Straßen, durch die Adam im ersten Teil der Präsentation läuft, sind eng und verwinkelt. Weitläufiger als im zweiten Deus Ex sollen die Kulissen sein - Eidos nennt das Hong Kong des ersten Teils als Bezugspunkt. Und Adam kann mit jedem Passanten reden. Die meisten vermitteln mit kurzen Aussagen freilich nur einen kurzen Eindruck von der unheilschwangeren Zukunft. Darunter sind allerdings auch Bemerkungen zu Adams Augmentations. »Warum hast du dich verändern lassen?«, könnte jemand kommentieren, erklärt der Produzent. Andere Figuren werden Aktionen kommentieren, die einige Stunden zurückliegen können. Ob im Kleinen oder im Großen: Die Umgebung soll immer auf die Entscheidungen des Spielers reagieren. Adam kann seine Mitmenschen sogar verschrecken, indem er ihnen eine Waffe vors Gesicht hält. Einige rennen sogar davon. Wird er dabei von der Polizei erwischt, hat er natürlich Ärger am Hals...

Mit wichtigen Charakteren unterhält sich Jensen ausführlicher - in einem Dialog wie man ihn aus den Vorgängern kennt: Die Kamera zeigt abwechselnd beide Gesprächspartner, während man über mehrere Gesprächsoptionen die Unterhaltung möglichst clever so lenkt, dass der Gegenüber die gesuchte Information herausrückt. Für mich war es der Moment, in dem ich das erste Mal im Spiel Jensens Stimme höre... Seine markante tiefe Stimme weckte so gezielt meine Erinnerungen an JC Denton, dass ich kurz darauf einen Vermerk in meine Notizen setzte: »Deus Ex ist zurück«.          

Geld oder Abwasserkanal!

Laut Produzent Anfossi kann sich jede Unterhaltung - auch eine, die man mit einem anderen Spielstand vielleicht schon geführt hatte - anders entwickeln. Denn ein anderer Einstieg in das Gespräch öffnet einen anderen Baum an Dialogoptionen. Und so muss man genau schauen, mit wem man redet und welche Motive er oder sie verfolgt. Kann Adam einen Türsteher nicht dazu überreden, ihn hineinzulassen, muss er ihn deshalb bestechen. Und falls es ihm das nicht wert ist, sucht er sich eben einen anderen Weg in die Bar. In der Präsentation gelingt es Adam z.B. nicht, dem Barkeeper die Information über eine gesuchte Person zu entlocken. Also muss er sich nach Alternativen umschauen. Er könnte durch Lüftungsschächte kriechen, vielleicht mit einigen Gästen reden oder den Code zu einer Tür im Keller knacken. Ruhige elektronische Beats und gelbe Neonstrahler machen »The Hive«

Mehrmals kommt Jensen in sein Zuhause und zu Sarif Industries zurück, um seine Vergangenheit aufzuarbeiten und neue Augmentations zu kaufen.
zu einer angesagten Cyberpunk-Kneipe. Als Sci-Fi-Liebhaber werde ich mich dort wohlfühlen. Jensen folgt schließlich einem Hinweis, den er aus dem Belauschen einer Unterhaltung zwischen zwei Gästen erhält und sucht die Toilette nach einem elektronischen Notizzettel, einem PDA ab. Und tatsächlich: Darauf ist der gesuchte Code notiert - der Zugang zum Keller ist offen.

Das Deus Ex-Puzzle

Doch man ist nicht strikt auf den aktuellen Auftrag angewiesen; Wie im direkten Vorgänger kann man jederzeit optionale Aufgaben erfüllen, um zusätzliche Erfahrungspunkte zu verdienen. Ursprünglich waren diese Nebenmissionen als unabhängige Geschichten geplant, aber wie Anfossi erklärt, wollten diese nicht richtig ins Gesamtbild passen. Deshalb ist inzwischen jeder Auftrag in irgendeiner Form ein interessantes oder gar wichtiges Puzzleteil. Anfossi bleibt auf dem Boden: »Es ist keine Revolution in Sachen Nebenmissionen. Ihr vordergründiges Zweck ist es, die Handlung zu unterstützen.« Das System soll an Invisible War erinnern. Etwa 20 Stunden sollen schnelle Hacker mit Human Revolution beschäftigt sein - etwa 30 sollen es für jene sein, die sich auch um die zusätzlichen Aufträge kümmern.

Und immerhin sammelt Adam mit erledigten Aufträgen Erfahrungspunkte: Neue biomechanische Körperteile kauft er zwar in einer Klinik, die damit verbundenen Fähigkeiten erhält er jedoch erst im Austausch gegen die angesprochene Erfahrung. Die genaue Zahl steht noch nicht fest, aber laut  Game Director Jean-Francois Dugas kann man insgesamt auf ungefähr 50 Augmentations und Fähigkeiten zugreifen.     

Ausblick

Für einige war es der Moment, als Adam Jensen eine Kiste anhebt, um einen alternativen Eingang zu entdecken. Für mich war es, nachdem ich Adams tiefe Stimme gehört hatte und dachte: Deus Ex ist zurück! Eidos hebt die Stimmung und die spielerische Klasse des Originals so zielsicher in die Moderne, dass man den Entwicklern jetzt schon gratulieren möchte. Aber es muss noch sehr, sehr viel beweisen! Denn noch durften wir nicht selbst Adam Jensen sein. Noch präsentiert Eidos »nur« eine große Vision - die viel versprechende Demo eines spielerisch offenen und erzählerisch packenden Science-Fiction-Thrillers. Doch sollte der Handlungsspielraum zwischen schneller Action und langsamem Schleichen tatsächlich so groß sein, sollten die Unterhaltungen tatsächlich so unvorhersehbar und die Schauplätze so weitläufig sein, dann könnte Deus Ex einmal mehr ein ganz wichtiges Zeichen setzen. In welchem Actionspiel habe ich sonst die Wahl, die Überwachungskameras zu hacken, an Wachen vorbei zu schleichen oder sie mit spektakulären Takedowns aus dem Weg zu räumen? Wo darf ich zwischen den Aufträgen in aller Ruhe eine Welt erkunden, die mein Handeln kommentiert, wo darf ich über Leben und Tod entscheiden und mein eigenes Schicksal mitbestimmen? Wo muss ich Hinweise suchen, wenn ich nicht durch Lüftungsschächte kriechen will? Wo kann ich heute noch Leichen verstecken, um nicht entdeckt zu werden? Wo darf ich einen knarzigen Charakterkopf nach meinen spielerischen Vorlieben entwickeln? Das dritte Deus Ex wird vielleicht keine Revolution anstiften. Es könnte aber erneut das Fenster in eine einzigartige Zukunft öffnen!

Zunächst war ich sehr skeptisch. So viele große Spiele wurden in letzter Zeit mit zu viel Action verwässert, damit möglichst viele Leute einfachen Spaß haben. Dann hat der fantastische Trailer für erste Neugier gesorgt. Aber wie viele haben das nicht schon? Erst das Interview mit Eidos Montreal sowie die ersten Spielszenen haben mich davon überzeugt, dass da wirklich mit Leidenschaft entwickelt wird und dass man sich im ganzen Team des großen Erbes bewusst ist. Jetzt freue ich mich, dass man diesen wegweisenden Klassiker mit all seinen Reizen wiederbeleben will: Man hat die Wahl der Vorgehensweise, man muss nicht töten, man kann mit seinen Entscheidungen das Ende beeinflussen - hört sich alles klasse an! Weil es darauf hin deutet, dass man die Wurzeln dieses wichtigen Spiels nicht auf dem Actionaltar opfern will. Es geht also nicht um schick und stromlinienförmig für die Masse, sondern um ein kreatives Anknüpfen an die Tradition. Der Fit4Hit fehlt nur, weil wir noch nicht selbst in dieses Abenteuer tauchen konnten. Ich bin unheimlich gespannt darauf.

Ersteindruck: sehr gut

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