Apparatus02.09.2011, Paul Kautz
Apparatus

Im Test:

Ein paar Bretter und lange Schrauben, mehr brauchte auch schon McGuyver nicht, um eine Atombombe entweder zu entschärfen oder zu bauen. Ganz so ambitioniert sind die Entwickler von Apparatus nicht - sie verlangen vom Spieler lediglich, dass er eine blaue Murmel in ein ebenso gefärbtes Körbchen bugsiert.

Immer Ärger mit der Murmel

Es könnte alles so einfach sein: Murmel da, Körbchen dort, dazwischen ein schnurgerades schräges Brett, auf dem Erstere ins Letzteres kullert. Tadaaa, Triumph, so einfach ist Physik! Und der erste Level von 44, die Apparatus standardmäßig beiliegen. Sehr schnell werden die Abschnitte gemeiner, die Bauten komplexer, die Anforderungen härter, neben Brettern bekommt man schnell auch Batterien, Elektrokabel, baumelnde Schnüre sowie physikalisch unmöglich scheinende Levelkonstrukte vorgesetzt: Wo muss ich jetzt was wie benutzen, damit die verdammte Murmel ans Ziel kommt? Das herauszufinden ist das ganze Spielziel, es gibt keine Bewertungen, Highscores oder ähnliches. Man soll nur das Hirn zum Glühen bringen, um den Level zu schaffen, sonst nichts.

Anfangs ist alles noch sehr leicht, doch schon nach kurzer Zeit muss man sein Gehirn kunstvoll verbiegen, um auf die Lösung zu kommen.
Anfangs ist alles noch sehr leicht, doch schon nach kurzer Zeit muss man sein Gehirn kunstvoll verbiegen, um auf die Lösung zu kommen.
Es gibt für jeden Abschnitt zwar eine Optimallösung, daneben aber auch viele andere Wege zum Ziel: Schnell kommt man in Bereiche, in denen man Bretter vernageln, Motoren mit Strom versorgen und Kettenreaktionen beeinflussen muss - und hier beginnt man die spielerischen Freiheiten zu schätzen. Zwar steht einem in jedem Level nur ein begrenztes Werkzeug-Kontingent zur Verfügung, aber damit kann man im Grunde machen, was man möchte. Der einfachste Weg zum Ziel ist zumindest anfangs noch ziemlich offensichtlich; viel mehr Spaß macht es also, einfach wild zu Experimentieren. Was dank der coolen und glaubwürdigen Physikengine auch problemlos machbar ist, außerdem wird Ausprobieren nicht bestraft: Jeder Arbeitsschritt ist umkehrbar, man kann die Kugel jederzeit loskullern lassen, um zu sehen, was passiert - und im Notfall wird einfach alles wieder auf Anfang gesetzt.

Ich brauche mehr Bretter!

Experimentieren ist nötig, denn das Programm verschwendet nicht viel Zeit mit Erklärungen: Klickt man auf »How to Play«, wird man auf eine YouTube-Seite geleitet, auf der hilfreiche Videos warten. Anfangs bekommt man in den Levels außerdem noch Hinweise darauf, wie man neue Gerätschaften einsetzt - aber das war's auch schon wieder, den Großteil des Spielprinzips muss man selbst erarbeiten. Steckt man voll drin in der Apparatus-Materie, kann man sein Wissen auch mit der Welt teilen: Jeder bereits freigespielte Level kann im Editor nach Gutdünken verändert werden. Wer darauf keine Lust hat, kann auch komplett eigene Physik-Puzzles basteln und dank der sehr einfach bedienbaren Community-Tools auch direkt mit der Welt teilen. Die Online-Gemeinde ist sehr aktiv, es gibt etliche, teilweise haarsträubend knifflige Levels zum kostenlosen Download. Allerdings merkt man gerade an den selbstgebauten Welten, dass das Spiel erst vor kurzem aus der Beta raus ist - sehr oft wurde ich auf den Android-Desktop zurück geschmissen.

Technisch erfreut Apparatus vor allem mit der sauberen Physik-Engine - der Rest der Präsentation ist zweckmäßig: Holzige Bretter, glänzende Metall-Oberflächen, baumelnde Kabel, das war's. Die Grafik ist schwenk- und zoombar, was gerade bei Detailarbeiten (wie dem Drehen einer Brettes oder der zielgenauen Positionierung eines Kabels) bitter nötig ist, denn die arten sehr schnell in Fummelei aus.

Fazit

Apparatus ist in erster Linie ein faszinierender Physik-Spielplatz, in dem man sich mit Brettern, Kabeln und Motoren austoben darf - ein richtiges Spiel à la »The Incredible Machine«, dem Urvater aller Newton-Knobeleien, ist es nicht. Dafür fehlt das Spielerische, eine Motivation außer »Wie kann ich diesen Level schaffen?« - es gibt noch nicht mal Zeitlimits, eine Highscoreliste oder etwas Vergleichbares. Was dagegen schaufelweise vorhanden ist, ist der Spaß am Experimentieren: Was passiert, wenn ich das Brett hier annagele, wie kann ich den Schwung des kleinen Rades am besten nach links leiten, was genau macht eigentlich diese Batterie? Man muss Spaß an Fragen wie diesen haben, um Apparatus richtig genießen zu können. Hat man ihn, kann man wunderbar in der simplen, und doch so komplexen Welt versinken. Wenn man gerne etwas mehr Spiel im Spiel hätte, sind Klassiker wie Angry Birds oder Cut The Rope eher zu empfehlen.

Pro

faszinierender Physik-Baukasten
grundsätzlich einfach Bedienung
gute Community-Funktionen

Kontra

sehr simple Präsentation
fummelige Detailarbeit
teilweise noch sehr verbuggt
keine echte Spiel-Motivation

Wertung

Android

Faszinierender Physik-Sandkasten, hinter dem aber nicht sehr viel Spiel steckt.

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