Spider-Man - The Movie14.07.2002, Mathias Oertel
Spider-Man - The Movie

Im Test:

Film-Umsetzungen sind ein Genre für sich: Meistens bauen die Entwickler auf eine große Lizenz und setzen das Spiel dann pompös in den Sand. Löbliche Ausnahmen wie Batman Vengeance konnten aber den Ruf nur bedingt verbessern. Gespannt, in welche Kategorie die neuen Software-Abenteuer von Spider-Man fallen, haben wir uns mit Peter Parker durch die Großstadt geschwungen und schildern Euch im Test unsere GameCube-Erfahrungen.

Film und mehr

Obwohl Activision mit der Lizenz zu einem der erfolgreichsten Filme dieses Jahres aufwarten kann, haben die Entwickler von Treyarch beschlossen, den Film nur als rudimentäre Grundlage für die Story zu verwenden.

Sicher: viele der Elemente sind dem Film entnommen und gut umgesetzt. Doch trotzdem hat man sich genügend künstlerische Freiheiten genommen und die Geschichte gestreckt und mit einigen nicht im Film vorkommenden neuen Gegnern und Aufgaben gespickt.

Doch bevor man sich an die langwierige Kampagne wagt, ist erst einmal Training angesagt. Denn Spider-Man verfügt über eine gigantische Anzahl an Bewegungsmöglichkeiten, was sich auch darin zeigt, dass das GameCube-Pad bis zum letzten Knopf belegt ist, wobei jedoch niemals Verwirrung aufkommt.

Denn das vorbildliche Tutorial führt einen behutsam an die Kontrollen heran und schon nach kurzer Zeit schwingt man sich durch die Hochhausschluchten und krabbelt an Wänden hoch, als ob man nie etwas anderes gemacht hätte.

Schwingen und Krabbeln

Die Abschnitte lassen sich grob in zwei Kategorien aufteilen: Innen- und Außenlevels.

Die Innenlevels erinnern vom Spielgefühl her stark an die bisherigen Spider-Man-Abenteuer, in denen Ihr durch Räumlichkeiten lauft, dabei auch der Schwerkraft trotzend Eure Spinnenfähigkeiten ausschlachtet und an Wänden und Decken krabbelt, böse Buben vermöbelt und den obligatorischen Boss-Kampf erledigt.

Doch das bekannte Muster wird durch neue Bewegungsvarianten und vor allem durch die im Lauf des Spieles zu findenden Schlag-Kombos auf ein neues Niveau gehoben.

Mehr als 30 dieser verheerenden Schlag-Schemata gibt es zu finden und diese erweisen sich nach Beherrschung der Knopf-Kombination als probates Mittel gegen die Insektenjäger.

Novum und Highlight (da hier richtig Filmatmosphäre aufkommt) sind die Außenabschnitte, in denen Ihr Euch von Spinnenseil zu Spinnenseil durch die Hochhaus-Canyons schwingt.

Natürlich könnt Ihr auch hier an und auf den Häusern landen und Eure Fähigkeiten im Krabbeln und gleichzeitigen Kämpfen beweisen oder auf den Dächern nach Items suchen, die zum Beispiel Eure Gesundheit bzw. Euren Vorrat an Spinnenflüssigkeit wieder auffrischen.

Dieser Vorrat ist nötig, um zum Beispiel Gegner während des Schwingens einzuspinnen und gegebenenfalls kampfunfähig zu machen.

Zahlreiche Aufgaben

Um das auf lange Sicht recht monoton scheinende Spielprinzip aufzupeppen haben die Entwickler neben einem interessanten Leveldesign abwechslungsreiche Aufgaben in den Abschnitten versteckt, die vom Anfertigen von Spidey-Fotos bis hin zu einer dramatischen Bombenentschärf-Aktion reichen.

Leider macht einem hier und da die Steuerung einen Strich durch die Rechnung. Vor allem in den Innenlevels reagiert das Pad äußerst penibel auf Richtungsänderungen, die zusammen mit der plötzlich in der ungünstigsten Position postierten Kamera für spürbare Verwirrung sorgen.

Und auch die abwechslungsreichen Aufgaben können nicht verschleiern, dass sich das Spielprinzip bereits nach kurzer Zeit wiederholt - ohne allerdings irgendwann langweilig zu wirken.

Denn obwohl sich die Gegner nicht gerade sehr intelligent verhalten, werdet Ihr durch den geschickten Levelaufbau stets zu neuen Kampftaktiken gezwungen, die zusammen mit den bereits erwähnten Kombos für spannende Unterhaltung sorgen.

Film statt Comic

Die bisherigen Spider-Man-Spiele beruhten alle auf Comics, was vor allem grafisch zu spüren war: Zwar gut animiert, waren alle verwendeten Texturen doch sehr plakativ - im Comic-Stil eben.

Bei der Filmumsetzung hingegen haben die Entwickler von Treyarch versucht, dem Spiel einen realistischeren Touch zu geben - was auch größtenteils gelungen ist.

Die zahlreichen Innenräume sind abwechslungsreich und mit durchweg guten, teils sogar angenehm schmutzigen Texturen versehen.

Auch die Außenumgebungen bieten einiges fürs Auge und können mit kleinen Details wie in den Straßen fahrenden Autos und einer passablen Weitsicht überzeugen.

Und das alles bei einer gleichbleibend angenehmen Bildwiederholrate.

Bei den Animationen gibt es hingegen gewaltige Qualitätsunterschiede: Spider-Man selber ist beständig gut animiert, wobei vor allem die Spinnen-Schwingerei in den Stadtgebieten immer wieder zum Hingucken reizt.

Die Gegner verfügen jedoch über vergleichsweise wenig Bewegungsphasen und geben einem hin und wieder das Gefühl, dass sie über den Boden schlurfen, anstatt auf unseren Helden zugelaufen zu kommen.

Auch gelegentliche Spezialeffekte wie Explosionen usw. sind gut in Szene gesetzt und zeigen, dass der GameCube nicht unbedingt hinter der Xbox zurückstehen muss.

Die Grafikwertung wird aber deutlich durch die schon angesprochenen Kameraprobleme gedrückt, die vor allem dann ins Spiel kommen, wenn sich unser Held an Decken oder Wänden bewegt. Viel zu häufig zeigt die Kamera einen ungünstigen Ausschnitt, der einen nicht nur optisch verwirrt, sondern auch einen extremen Orientierungs-Sinn fordert, will man auf Anhieb in die richtige Richtung.

Hier musste die Technik eindeutig dem Spielprinzip den Vortritt lassen.

Rede mit mir

In der Original-Fassung geben Willem Dafoe, Tobey Maguire und Bruce Campbell höchstpersönlich die gesprochenen Kommentare ab, was sich definitiv positiv auf die Atmosphäre auswirken dürfte.

Doch auch die deutschen Sprecher geben sich spürbar und erfolgreich Mühe, den Humor und die Stimmung des Filmes in das Spiel zu transportieren.

Leider hat es Activision nicht geschafft, den Komponisten der Filmmusik Danny Elfman für das Projekt zu gewinnen. Aber die Musikuntermalung aus der Feder von Michael McCuistion ist dennoch hörenswert und untermalt das Spiel dramatisch, praktisch, gut.

Die Soundeffekte bleiben allerdings neben der guten Sprachausgabe und der ebenso passenden Musik nur auf einem durchschnittlichen Niveau.

Fazit

Die Sorge, dass hier wieder einmal eine namhafte Lizenz verschossen wird, hat sich glücklicherweise nicht bestätigt. Denn Treyarch hat es geschafft, sowohl den Geist des Filmes einzufangen als auch das Gameplay optimal auf den großen Namen einzustimmen. Kleinere und größere Probleme mit der Kamera nimmt man stillschweigend in Kauf und genießt das clevere Leveldesign, das die sich mittelfristig wiederholenden Spiel-Elemente weitestgehend auffangen kann. Fans des Filmes und von Spider-Man an sich werden sich freuen, mit ihrem Helden durch die Hochhausschluchten schwingen zu können. Alle anderen können sich an der in sich stimmigen Grafik und Sounduntermalung freuen, die jedoch kleinere Schwächen hier und da offenbaren. Kein Must-Have, aber gelungene Unterhaltung, die auf dem GameCube genau so sauber programmiert und rundherum gelungen ist wie auf der Xbox.

Pro

<li>gelungene Filmumsetzung</li> <li>dutzende Bewegungsmöglichkeiten und Schlagkombos</li><li>gute Sprachausgabe und Musik</li><li>zahlreiche Geheimnisse und Extras</li><li>interessante, auf dem Film basierende Story</li><li>ausgewogener Schwierigkeitsgrad</li><li>gutes Tutorial</li><li>intelligentes Leveldesign</li>

Kontra

<li>Kameraprobleme</li><li>nur durchschnittliche Soundeffekte</li><li>sensible Steuerung</li><li>auf Dauer wenig Abwechslung im Gameplay</li>

Wertung

GameCube

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