Sonic Adventure 2 Battle12.07.2002, Jens Bischoff
Sonic Adventure 2 Battle

Im Test:

Sega-Maskottchen auf einer Nintendo-Konsole - das galt vor nicht allzu langer Zeit noch als undenkbar. Doch in Sonic Adventure 2 Battle (ab 44,49€ bei kaufen) wollen Sonic, Knuckles, Tails & Co. nun auch GameCube-Spieler von ihren Qualitäten überzeugen. Neue Features wie zusätzliche Charaktere, Spielmodi und Levels sollen den ehemaligen Dreamcast-Hit sogar noch reizvoller machen. Ob Sonic dadurch selbst Nintendo-Urgesteine wie Mario in Verlegenheit bringt und mit Schallgeschwindigkeit auch den Jump`n`Run-Thron auf dem GameCube erobert, erfahrt Ihr in unserem ausführlichen Testbericht…

Good vs. Evil

Sonics Erzfeind Dr. Eggman alias Dr. Robotnik ist in Sonic Adventure 2 Battle auf der Suche nach einer streng geheimen Waffe des Militärs namens Shadow. Doch diese entpuppt sich in Wirklichkeit als schwarzer Igel, der sich selbst als die großartigste Lebensform bezeichnet. Genauer gesagt handelt es sich bei Shadow um Sonics dunkles Alter-Ego, der seinem blauen Ebenbild nicht nur eine Menge Ärger bereitet, sondern sich auch noch mit Dr. Eggman verbündet, um in der stillgelegten Weltraumkolonie ARK die mächtige Eclipse Cannon zu reaktivieren und damit die Menschheit zu bedrohen.

Story-technisch scheint man also mit vertrauten Abläufen konfrontiert zu werden: Dr. Eggman versucht mal wieder die Welt zu unterjochen, während sich ihm Sonic heldenhaft in den Weg stellt. Neu ist jedoch, dass man die Geschichte dieses Mal nicht nur als Held, sondern auch als Bösewicht aktiv erleben darf. So wird man zu Beginn des Story-Modus vor die Wahl gestellt, entweder mit Sonic, Knuckles und Tails die Welt zu retten oder aber mit Dr. Eggman, Shadow und Fledermausdame Rogue das Gegenteil zu erreichen - wendungsreiche Ereignisse inklusive.

Doch damit nicht genug, denn der Spielverlauf wartet durch die beiden Handlungsstränge nicht nur mit verschiedenen Blicken auf die parallel laufende und spannend inszenierte Story auf, sondern bietet auch je nach bevorzugter Seite eigenständige Levels sowie individuelle Spezialfähigkeiten der jeweiligen Protagonisten. Die Wahl des Charakters ist zwar in jedem der über 30 Spielabschnitte fest vorgegeben, aber spielerisch unterscheiden sich die Einsätze dafür erheblich, denn wo Sonic und Shadow auf Schnelligkeit und Akrobatik setzen, bevorzugen Tails und Eggman brachiale Gewalt, während sich Knuckles und Rogue als schatzsuchende Klettertalente erweisen.

Sonic vs. Shadow

Gleich zum Auftakt des Abenteuers schlüpft Ihr in die Rolle von Sonic bzw. Shadow, die für Segas Igel typisch, meist mit einem Affenzahn durch die Levels jagen und fleißig Goldringe sammeln. So spurtet Ihr durch Steilkurven und Loopings, skatet Abhänge und Geländer hinab, missbraucht Stangen für waghalsige Saltos und fegt nebenbei allerlei unliebsame Widersacher aus dem Weg. Ein Sprung- sowie ein situationsabhängiger Aktionsknopf reichen aus, um zielsichere Homing-Attacken auszuführen, mit einem Purzelbaum Kisten zu öffnen oder unter Hindernissen hindurch zu rollen, mit einem Spin-Dash unaufhaltsam durch die Gegend zu kugeln und beim Grinden über Geländer Geschwindigkeit aufzubauen.

Neben vorübergehenden Power-Ups wie Smartbombs, Schutzschilden oder Hochgeschwindigkeitsschuhen können die beiden Igel auch dauerhafte Level-Up-Items finden, die ein Weiterkommen nicht nur erleichtern, sondern teils erst möglich machen. So erlauben spezielle Schuhe etwa das Ausführen eines Light-Dashs, um klaffende Abgründe zu überwinden, während man mit dem Flame-Ring nicht nur Holz-, sondern auch Stahlkisten zertrümmern kann, um nach Extras zu suchen. Davon gibt es eine ganze Menge und trotz der recht geradlinigen Levels kann man immer wieder etwas Neues entdecken.

Tails vs. Eggman

Um einiges behäbiger geht es zu, wenn Ihr die Rolle von Tails bzw. Dr. Eggman übernehmt. Diese stapfen in ihren tonnenschweren Mechs nämlich eher gemütlich durch die Gegend. Mangelnde Schnelligkeit machen die beiden jedoch mit geballter Schlag- und Feuerkraft mehr als nur wett. Im Nahkampf eliminiert Ihr lästige Gegner mit stahlharten Fäusten, während Ihr aus sicherer Entfernung Bordkanone und Raketen sprechen lasst. Mittels Lock-On-Funktion könnt Ihr sogar mehrere Ziele gleichzeitig anvisieren, um punkteträchtige Kombos einzufahren - doch Vorsicht: Manche Ziele entpuppen sich als gefährliche Sprengsätze, die nicht nur die Architektur der Level verändern, sondern auch tödliche Fallen aktivieren können.

Ihr könnt Euren Mech auch mit durchschlagskräftigeren Waffen oder zusätzlicher Panzerung ausstatten, sofern Ihr die dazugehörigen Level-Up-Items findet, und selbst Sprünge sind mit den Stahlkolossen möglich. Größere Abgründe sind allerdings nur mit einem speziellen Booster zu meistern, der Gleitflüge erlaubt. Ein paar Geschicklichkeitseinlagen und Schalterrätsel dürfen natürlich auch nicht fehlen und in den Feuerpausen bleibt sogar Zeit, um nach versteckten Extras und Power-Ups zu suchen.

Knuckles vs. Rogue

Ums Suchen geht`s auch, wenn Ihr die Kontrolle über Knuckles bzw. Rogue übernehmt. Mit Hilfe eines speziellen Radars gilt es dann Kristalle und andere Schlüsselobjekte aufzuspüren. Je näher Ihr der Fundstelle kommt, umso schneller piept und blinkt der entsprechende Sensor, während sich zusätzlich die Farbe des Radarmonitors ändert. Wer das Suchgebiet schrittweise einschränken möchte, kann sich aber auch Tipps an den verstreuten Terminals holen, nimmt dafür jedoch Punkteabzug in der Endabrechnung in Kauf.

Ungestört seid Ihr bei Eurer Suche ebenfalls nicht, doch unliebsame Störenfriede bekommen unweigerlich Knuckles Fäuste bzw. Rogues Tritte zu spüren. Andere Hindernisse kennen die beiden eigentlich keine: Tauchen, Steilwände erklimmen oder durch die Lüfte gleiten sind für Knuckles und Rogue ein Kinderspiel - selbst Gegner können aus der Luft via Drill-Attacke aufs Korn genommen werden. Natürlich gibt es abseits der Auftragsziele noch weitere Kostbarkeiten zu entdecken, darunter auch unentbehrliche Upgrades wie Schaufelkrallen oder Unterwasseratmung.

Chao vs. Pokémon

Neben der Rettung bzw. Unterwerfung der Welt kann sich der Spieler zwischendurch auch in bester Pokémon-Manier um die Aufzucht und Pflege der putzigen Chaos kümmern. Diese leben im Gegensatz zu ihren Tipps und Tricks preisgebenden Artgenossen, den Omochaos, in einer eigenen Welt, wo sie nach dem Schlüpfen gestreichelt, gefüttert und ausgebildet werden wollen. Mittels GBA-Link können engagierte Züchter ihre Chaos sogar auf den Handheld übertragen und im Tiny Chao Garden von Sonic Advance auch unterwegs weiterzüchten. Hier gibt es zudem zwei Minigames, bei denen man zusätzliche Ringe sammeln kann sowie einen Shop mit teils GBA-exklusiven Items.

Während sich Fans von Aufzucht-Simulationen über dieses Feature sicher freuen, wenden sich Jump`n`Run-Puristen wohl schon nach wenigen Minuten gelangweilt ab und überlassen die tollpatschigen Chaos ihrem Schicksal. Dadurch entgeht Ihnen aber nicht nur die Verwertung der im Hauptspiel gesammelten Items, auch zusätzliche Spielmodi wie das Chao-Rennen oder das Chao-Karate bleiben dann verschlossen. Doch wer mit Tamagotchi, Pokémon & Co. auf Kriegsfuß steht, kann beruhigt sein, denn weder die Wettrennen noch die Karate-Kämpfe der Chaos zählen zu den spielerischen Highlights von Sonic Adventure 2 Battle, da man bis auf gelegentliches Anfeuern quasi von Anfang bis Ende nur Zuschauer bei diesen Wettbewerben ist - was sich selbst gegen einen menschlichen Gegner als wenig berauschend erweist.

Solo- vs. Multiplayer

Chao-Wettrennen und -Karate sind jedoch nicht die einzigen Duell-Möglichkeiten. Im Zwei-Spieler-Modus warten mit Action-Rennkampf, Schatzsuch-Rennen, Schießerei und Kart-Rennen nämlich weitaus spaßigere Alternativen auf Multiplayer-Fans. Dabei orientiert sich der Action-Rennkampf an den Sonic- bzw. Shadow-Passagen des Story-Modus - wer als erster das Ziel erreicht, gewinnt. Beim Schatzsuch-Rennen standen hingegen die Spielabschnitte von Knuckles bzw. Rogue Pate: Hier siegt derjenige, der zuerst alle gesuchten Schätze gefunden hat. Bei der Schießerei erwarten einen sogar verschiedene Spielvarianten, die auf den Tails- bzw. Eggman-Leveln des Story-Modus basieren: Deathmatch oder Hindernisrennen - während bei ersteren der Kampf Mann gegen Mann im Vordergrund steht, muss man sich bei letzterem als Erster den Weg ins Ziel bahnen. Und beim Kart-Rennen, das im Story-Modus erst freigespielt werden muss, entscheiden gut getimte Turbo-Boosts, erfolgreiche Drifts und fiese Rempler in der Regel über Sieg und Niederlage.

Die jeweiligen Arenen wurden den einzelnen Spielmodi dabei perfekt angepasst oder sogar völlig neu entworfen, während durch eingesammelte Ringe aktivierbare Spezial-Attacken für zusätzliche Kurzweil sorgen. Lediglich die allgemeinen Probleme, die ein geteilter Bildschirm mit sich bringt, trüben den Spaß ein wenig: Abgesehen vom eingeschränkten Blickfeld weiß man meistens genau, wo sich der Gegner aufhält, was er vor hat und wo er hin will. Die meisten Spielvarianten wurden aber von Haus aus so angelegt, dass dieses Wissen keine entscheidenden Vorteile bringt - lediglich beim Schatzsuch-Rennen verliert die Hatz durch die zwangsläufige Sicht auf das gegnerische Radar an Reiz. Zudem hätten sich die meisten wohl auch einen Vier-Spieler-Modus gewünscht, der aber auch auf dem GameCube außen vorblieb und das trotz vier anwählbarer Charaktere pro Spielmodus.

GameCube vs. Dreamcast

Im Gegensatz zum Dreamcast-Original kann man im Zwei-Spieler-Modus der GameCube-Fassung jeweils zwischen vier statt zwei Charakteren wählen. Neu dabei sind Amy, Metal Sonic, Tikal, Chaos Zero sowie die beiden Walker Chao und Dark Chao. Zudem hat man der GameCube-Version ein paar zusätzliche Arenen und den weiter oben bereits erwähnten Chao-Karate-Modus spendiert. Erweitert wurde auch die mobile Chao-Zucht, denn auf einem Gameboy Advance hat man natürlich mehr Möglichkeiten als auf dem Visual Memory Unit des Dreamcasts. Der Story-Modus blieb hingegen unverändert und auch der hervorragende Soundtrack wurde 1:1 übernommen.

Grafische Verbesserungen gegenüber dem Dreamcast-Original sind ebenfalls nicht auszumachen, waren angesichts der nahezu tadellosen Vorlage aber auch nicht nötig - neben der schwindelerregenden Spielgeschwindigkeit, den detaillierten Texturen und den geschmeidigen Animationen hat es sogar der 60Hz-Modus in die GameCube-Umsetzung geschafft. Wirklich nötig gewesen wäre hingegen eine Überarbeitung der teils äußerst unglücklichen Kameraführung, die schon in der Sega-Version für zahlreiche Frustmomente sorgte. Doch diese blieb leider aus und so werden auch die Nerven der GameCube-Besitzer immer wieder auf eine harte Probe gestellt, wenn die Kamera plötzlich in die entgegengesetzte Richtung schwenkt oder die Spielfigur ganz vom Bildschirm verschwindet, während die manuelle Kamerajustierung mal wieder nicht möglich ist oder nach einem Schritt zurückgesetzt wird.

Fazit

Mit Sonic Adventure 2 Battle spendiert Sega der ehemaligen Konkurrenz-Konsole ein wirklich geniales Jump`n`Run-Abenteuer, das mit erfrischend spielerischer Vielfalt, nahezu tadellosem Gameplay und beeindruckender Präsentation selbst Genre-Muffel in seinen Bann zieht und zu Recht den Referenzthron auf dem GameCube samt Award verdient. Der Zusatz "Battle" ist angesichts der eher geringen Erweiterungen gegenüber der knapp ein Jahr alten Dreamcast-Fassung allerdings etwas irreführend, denn grundlegende Änderungen gibt es bis auf das laue Chao-Karate eigentlich keine. Und ein paar neue Battle-Charaktere und -Arenen rechtfertigen für Besitzer des Originals wohl kaum eine Neuanschaffung. Allen anderen ist Sonic Adventure 2 Battle hingegen vorbehaltlos zu empfehlen - obwohl die teils unglückliche Kameraführung auch auf dem GameCube stellenweise äußerst strapazierfähige Nerven voraussetzt und ein Vier-Spieler-Modus gerade bei der neuen Namensgebung noch schmerzlicher vermisst wird.

Pro

<li>60Hz-Modus</li><li>pfeilschnelle Grafik</li><li>hohe Langzeitmotivation</li><li>gelungenes Level-Design</li><li>hervorragender Soundtrack</li><li>spielerisch äußerst vielfältig</li>

Kontra

<li>nur wenige Neuerungen</li><li>kein Vier-Spieler-Modus</li><li>teils unglückliche Kameraführung</li>

Wertung

GameCube

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