Rayman 3: Hoodlum Havoc26.02.2003, Jörg Luibl
Rayman 3: Hoodlum Havoc

Im Test:

Sonic war vorgestern, Mario war gestern - es ist Rayman-Zeit! Mit Rayman 3 Hoodlum Havoc blasen die Franzosen zum Generalangriff auf die Jump`n Run-Ikonen des GameCube. Ubi Softs Vorzeigeheld entführt Euch in eine bezaubernde Comic-Welt, die vor kreativen Ideen, Witz und Charme nur so sprüht. Ob das reicht, um unseren Award zu knacken, verrät unser Test!

Fliege verschluckt

Eigentlich wollte sich Rayman auf seinen Helden-Lorbeeren ausruhen und so richtig ausspannen. Aber sein bester Freund Globox macht seinem tollpatschigen Ruf alle Ehre und verschluckt aus Versehen den Anführer der schießwütigen Hoodlums: die schwarze Fliege André. Die ist jetzt richtig sauer, denn eigentlich wollte sie gerade die Welt erobern. Was nun? Die Fliege muss raus! Gejagt von den Hoodlums macht Ihr Euch auf die Suche nach einem fähigen Arzt, der den miesen Brummer entfernt.

Neues Punktesystem

Nachdem Euch Fliege Murfy mit bitterbösen Sprüchen à la "Ihr habt doch schon mal ein Videospiel gespielt, oder?" über einen gelungenen Tutorial-Parcours gejagt hat, geht`s los. Wenn Rayman auf seiner Ärzte-Odyssee fleißig Punkte in Form von Edelsteinen und Schatzkisten sammelt, kann er zahlreiche Trickfilme und Minispiele freischalten.

Letztere reichen von interessant bis langweilig und bieten neben einem ansprechenden 2D-Rayman z.B. lustiges Frösche-Zerstampfen oder Tennis zum Abgewöhnen. Ab und zu erscheint unter Eurer Punkteanzeige der Kombo-Modus, in dem Ihr für kurze Zeit für mehrere gelungene Aktionen besonders viele Punkte einsacken könnt. Daneben gibt`s noch einen Lebensenergiebalken, der im Laufe des Spiel wächst, wenn Ihr die in Käfigen gefangenen Kleinlinge befreit.

__NEWCOL__Hüpfen, Rollen, Schweben

Die Steuerung reagiert zwar gut, aber man wird insbesondere bei Sprüngen das Gefühl nicht los, dass Rayman etwas zu leicht durch die Luft hüpft. Aufgrund der fehlenden Schwere landet man daher recht schnell daneben. Erst, wenn man in der Luft die Propeller-Locken aktiviert, wird das Ganze punktgenau berechenbar. Und gerade dieses Schweben ist auch in Rayman 3 von entscheidender Bedeutung, denn die Levels strotzen nur so vor gleitenden Plattformen und haarsträubenden Sprungeinlagen. Auch die Rolle kann sich sehen lassen, wird aber einen Tick zeitversetzt aktiviert, was der Bewegung ein wenig den Fluss nimmt.

Kampf: Lust & Fust

Sobald ein Gegner auftaucht, könnt Ihr in mit der rechten Schultertaste ins Visier nehmen und bequem nach links und rechts ausweichen, während Ihr ihn mit Wurfbällen malträtiert. Dabei lassen sich herrliche Kurvenbälle schmeißen, mit denen man selbst Feinde in Deckung treffen kann.

Je länger Ihr die Wurftaste gedrückt haltet, desto kräftiger werden die Geschosse. Diese dynamischen Kämpfe bereichern das altbekannte Jump`n Run-Prinzip um eine actionreiche Note. Außerdem werden Ballakrobaten mit Kombo-Punkten belohnt, wenn sie z.B. ohne Gegentreffer oder mit Powerball gegen eine Horde Hoodlums gewinnen.

Sobald Euch mehrere Gegner beharken, kann die Fixierung jedoch aus mehreren Gründen problematisch werden: Entweder, weil man in der Hektik nicht nah genug rankommt oder den falschen Halunken erwischt. Aber nach ein wenig Kampferfahrung dürften Genre-Fans damit fertig werden. Oder, weil die Kamera einfach so schlecht positioniert ist, dass man keinen Gegner mehr sieht - das ist frustrierend.

Da hilft auch nicht immer die sofortige Fixierung mit der x-Taste, so dass man erst mal ein paar Augenblicke blind herumläuft, bis man wieder optimal ausgerichtet ist. Ganz übel wird es jedoch, wenn die Kamera plötzlich hinter Mauern oder Hindernissen stecken bleibt, während man Rayman durchs Dunkel steuert; das passiert zwar sehr selten, aber solche schweren Patzer dürfen einfach nicht sein.

Power aus der Dose

Wenn fliegende Fäuste und einfache Sprünge nicht mehr reichen, kann Rayman zu magischem Dosenfutter greifen, das ihm für kurze Zeit nützliche Fähigkeiten verleiht. Er verwandelt sich z.B. in einen grünen Kraftprotz mit Wirbelfaust, bekommt zerstörerische Klauen, eine Kette, die er als Liane umfunktionieren kann oder einen Propellerhelm, mit dem er selbst die höchsten Plattformen erreicht. Und es gibt eine Rakete, die man in der Ego-Perspektive zum Ziel steuern muss. __NEWCOL__Manche Abschnitte sind ohne den Einsatz dieser Superkräfte nicht zu lösen - zu hohe Plattformen, versperrte Türen, klaffende Abgründe oder Monster auf Stelzen verlangen nach Spezialbehandlung, manchmal sogar in intelligenter Kombination. Rayman hat sein Superhelden-Potenzial allerdings schnell ausgespielt: Insgesamt gibt es nur fünf verschiedene Power-Dosen.

Bunte Bosskämpfe

Macht Euch auf zahlreiche Bosskämpfe gefasst, die meist in mehrere Phasen unterteilt sind. Schon so manches Hoodlum-Gefecht hat es in sich, da Ihr z.B. gezielt Zauberer ausschalten müsst, die die schießwütigen Hutträger magisch unverwundbar machen. Überhaupt haben sich die Entwickler witzige Gemeinheiten einfallen lassen, die den ganzen Jump`n Run-Könner fordern: Mal müsst Ihr z.B. einer wütenden Hexe den Garaus machen, während Ihr um einen riesigen Kochtopf rennt. Sobald Euch ein Spritzer trifft, mutiert Ihr zur Kröte, die nur noch weghüpfen kann.

Aber ein gezielter Schuss in die Brühe kann auch die Hexe verwandeln, die dann für Raymans Faustbälle verwundbar wird. Ein anderes Mal hat es ein hagerer Scharfschütze auf Euch abgesehen, der Euch immer wieder in verwinkelten Fluren auflauert. Dann erscheint ein Fadenkreuz, das Euch ins Visier nehmen will und Ihr müsst schnellstens Deckung suchen.

Kein Kinderspiel!

Trotz Knuddelfaktor, putziger Lums und Globox-Gerülpse ist Rayman 3 daher kein Spiel für Kids. Dafür ist der Schwierigkeitsgrad und Kamerafrust an manchen Stellen einfach zu hoch. Vor allem die Bosskämpfe lassen sich nur bei perfekter Beherrschung der Steuerung meistern. Hinzu kommen teilweise recht hektische Kämpfe gegen die wild um sich feuernden Hoodlums. Die Entwickler haben die Levels allerdings so gut ausgestattet, dass man sich immer wieder heilen kann, um noch mal anzugreifen.

Richtig nervig können zudem die Übergänge zwischen den Welten sein: Eigentlich macht das Grinden und rechtzeitige Abspringen auf den leuchtenden Neonröhren ja Spaß, aber eben nur kurzfristig. Wenn die Fahrt in den nächsten Level zu lang wird, weil man zu oft abstürzt oder einfach keine Ende in Sicht ist, reichen abgefahrene Musik und grelle Farben einfach nicht mehr aus, um zu motivieren. In den Bereich gut gemeint, aber unspektakulär umgesetzt gehört auch das Rennen in der Eiswelt gegen Globox, das eher zum Einschlafen einlädt, weil der Strecke der nötige Pfeffer fehlt - hier rast Sonic wesentlich adrenalinhaltiger.

Traumhafte Comic-Welt

Es ist einfach faszinierend, was die Designer von Ubi Soft hier auf die Mattscheibe zaubern. Rayman 3 versprüht von der ersten Minute an einen ganz besonderen Charme: stimmungsvolle Licht- und Farbenspiele, witzige Figuren und malerische Abschnitte sorgen für klasse Atmosphäre. Die Levels bieten von verträumten Wäldern über gefährliche Sümpfe bis hin zu Lava- und Eiswüsten eine Menge Abwechslung. Im direkten Vergleich muss sich der GameCube allerdings den detaillierteren Bodentexturen und manchen Lichtspielen der Xbox geschlagen geben - insgesamt gleichen sich alle Fassungen allerdings wie Zwillinge.

Die Außenareale sind allerdings abgegrenzt, manchmal sogar sehr klein und bieten nicht die völlige Erkundungsfreiheit eines Mario Sunshine. An manchen Stellen wird die Abenteuerlust daher schnell von der Levelgrenze gebremst. __NEWCOL__Dafür gibt es wiederum sehr viele Innenareale mit verzweigten Tunneln, Schächten und riesigen unterirdischen Hallen. Auch wenn manche Texturen im Detail schwächeln und der GameCube vor allem Wasser noch besser darstellen kann, ist die Spielwelt sicher eine der schönsten des Genres: Goldgelbe Lichtschächte, riesige Sternentreppen, die sich spiralförmig gen Himmel winden und glattpolierte Spiegelböden sorgen immer wieder für Begeisterung. Man fühlt sich teilweise wie in einem bunten Comic-Märchen.

Jeder Abschnitt wird dem Gameplay entsprechend musikalisch untermalt - hektische Töne bei Bosskämpfen, verträumte Melodien bei Erkundungen, schnelle Beats bei Levelübergängen. Nur die monotonen Hilferufe der eingesperrten Kleinlinge nerven auf Dauer. Ansonsten überzeugen Musik, Sounds und Sprache auf ganzer Linie.

Klasse Lokalisierung

Ein akustisches Highlight sind die witzigen Dialoge zwischen Globox und Rayman, denn der blaue Riese verblüfft immer wieder mit neuen Sprüchen oder allergischen Reaktionen, die zum Schmunzeln anhalten: Mal juckt es ihn z.B. so sehr am Bauch, dass er seinen Wanst auf allen Vieren über den Boden scheuert. Dass sich hinter Globox die Stimme von Guildo Horn verbirgt, merkt man erst beim zweiten Hinhören. Der Nussecken-Fetischist hat seine Sache sehr gut gemacht und verleiht Globox unheimlich viel Charakter. Aber auch die anderen Sprecher dürfen sich auf die Schulter klopfen, denn die Stimmen der Fieslinge, Ärzte und Kleinlinge überzeugen durchweg mit schauspielerischer Qualität - klasse Arbeit.

GBA-Verbindung

GameCube-Spieler, die zusätzlich einen GBA besitzen, können übrigens fast ein Dutzend neue Levels für ihr Mini-Rayman freischalten. Und wer alle Käfige in der GBA-Version findet, kann so einen Bonus-Level für die GameCube-Fassung öffnen. Schließlich gibt es auch noch ein kleines Multiplayer-Spiel, das man mit bis zu vier Freunden bestreiten kann - simultan auf Cube und GBAs. Leider konnten wir dieses Feature noch nicht testen, so dass die GBA-Verbindung nicht in die Wertung eingeflossen ist.

Fazit


Glückwunsch: Rayman hat sich einen Platz neben Jump`n Run-Größen wie Mario und Sonic erkämpft. Die Weltenschöpfer von Ubi Soft spielen ihre ganze Klasse aus: Das Licht- und Farbenspiel in Wäldern, Sümpfen und Korridoren zaubert eine tolle Atmosphäre, die immer wieder zum Entdecken einlädt. Zusammen mit den witzigen Dialogen, der hervorragenden Lokalisierung und dem liebevollen Figurendesign entwickeln sich Raymans Abenteuer fast zum spielbaren Comic-Märchen - auch, wenn die Außenareale nicht die riesige Erkundungsfreiheit eines Mario Sunshine bieten. Bedenkt man jedoch die abwechslungsreichen Levels, die neuen Superkräfte und die fordernden Boss-Kämpfe, hätte es eigentlich zum Happy End mit Award kommen müssen. Aber vor allem ein technischer Spielverderber holt mich in die Realität zurück: die Kamera. Manchmal zu langsam, manchmal unglücklich und teilweise sogar so katastrophal positioniert, dass ich Rayman nicht mehr sehen kann, sorgt die vermurkste Perspektive hier und da für Frust. Auch die Zwischenrennen auf Neonröhren oder im Schnee können nicht begeistern und mutieren auf Dauer zum nervigen Pflichtprogramm, das bei Sonic noch für Begeisterung sorgte. So scheitert der sympathische Held zwar an unserer Award-Hürde, aber er hinterlässt trotzdem Jump`n Run-Spaß auf höchstem Niveau!

Pro

<li>klasse Figuren</li><li>witzige Dialoge</li><li>sehr gute Sprecher</li><li>schöne Lichteffekte</li><li>fordernde Bosskämpfe</li><li>neue Spezialfähigkeiten</li><li>bezaubernde Comic-Welt</li><li>abwechslungsreiche Levels</li><li>motivierendes Punktesystem</li><li>Mini-Spiele & Trickfilme freispielbar</li><li>Verknüpfung mit dem GBA möglich</li>

Kontra

<li>Kameraprobleme</li><li>nur fünf Superkräfte</li><li>nervige Zwischenrennen</li><li>teilweise recht kleine Außenlevels</li>

Wertung

GameCube

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.