ISS 315.06.2003, Jörg Luibl
ISS 3

Im Test:

Fußballverrückte und Importfans schwelgen derzeit im siebten GameCube-Himmel, denn der japanische Vorzeigekick Winning Eleven 6 Final Evolution stellt derzeit alles in den Schatten, was rollt und Richtung Tor fliegt. Aber was spielen Gelegenheitskicker und Genre-Fans, die auf Importe und Freeloader verzichten wollen? Mit ISS3 erscheint derzeit eine vielversprechende Arcade-Alternative. Ob sich der Kauf lohnt, klärt der Test!

Fußball ohne Grenzen

Die Spielmodi decken alle nötigen Bereiche ab - von Freundschaftsspielen über die Liga bis hin zu Pokalen. Mit einem Aufgebot von etwa 90 Mannschaften und FIFPro-Lizenz dürfte für jeden Hobbykicker ein Team dabei sein. Leider lassen sich die Spiele wieder nur auf maximal sieben Minuten einstellen.

Interessant ist noch der Missionsmodus, wo Ihr bestimmte Ziele bzw. Ergebnisse erreichen müsst, um mit fetten Punkten belohnt zu werden. Dafür lassen sich wiederum neue Trikots oder Stadien freispielen. Und wer aufs Ganze gehen will, kann seine Punkte auch in einer Wette einsetzen - für Langzeitmotivation ist also gesorgt.

Neue Zweikampfspannung

Kommen wir direkt zu einem Novum der ISS-Reihe, dem Zweikampf-Zoom: Sobald Ihr an den Flanken des gegnerischen Strafraums in ein Duell verwickelt werdet, erscheint eine Anzeige über dem Spieler. Drückt Ihr jetzt den entsprechenden Button, zoomt die Grafik in eine Totale und zeigt Euch sowie den Abwehrspieler stark vergrößert. Jetzt habt Ihr ein paar Sekunden Zeit, um Euch für eine Dribbling-Richtung zu entscheiden, danach zoomt die Kamera wieder in die normale Perspektive. __NEWCOL__Hat der Verteidiger sich falsch entschieden, seht Ihr, wie Euer Spieler an ihm vorbeizieht. Jetzt habt Ihr genug Freiraum für eine Flanke, weitere Dribblings oder einen Schuss - schöne Sache!

Dieser Zweikampf-Zoom ist sicher das innovativste Feature an ISS 3. Das Spiel gewinnt damit vor allem gegen menschliche Kontrahenten an Dramatik. Allerdings ziehen gewonnene Duelle nicht immer vielversprechende Situationen nach sich. Dadurch verliert das Ganze im weiteren Verlauf etwas an Reiz und man flankt und dribbelt z.B. auch einfach ohne den Zoom zu nutzen.

Arcade-Spaß pur?

In Sachen Steuerungsbelegung ähnelt ISS 3 dem großen Bruder <4PCODE cmd=DGFLink;name=Winning Eleven 6: Final Evolution;id=4024> Pass-, Schuss- und Dribblingtasten sind fast identisch, so dass man die Mechanismen des Spielaufbaus schnell verinnerlicht hat. Aber das war`s auch schon mit der Ähnlichkeit, denn das Spiel richtet sich an Arcade-Freunde, die einen schnellen Einstieg und spektakuläre Torerfolge suchen.

Das werdet Ihr auch finden, sogar auf einem ansprechenden Niveau, aber trotz des neuen Zweikampf-Features ohne den intuitiven Spielspaß-Kick, den Konkurrenten wie <4PCODE cmd=DGFLink;name=Red Card 20-03;id=2561> auf der PS2 oder gar <4PCODE cmd=DGFLink;name=Sega Soccer Slam;id=2310> sofort verströmen. Woran liegt das?

Hakeliger Spielaufbau

ISS 3 verlangt einfach zu viel Geduld im Spielaufbau. Vor allem die Flankenwechsel und Flanken an sich landen viel zu oft im Seitenaus oder weit weg vom Mitspieler. Bevor es zum Kopfball kommt, werden Eure Stürmer reihenweise ins Leere springen.

Aber auch die eleganten Dribblings, die sehr ansehnliche Übersteiger und Drehungen bieten, tragen zum leicht nervösen Spielaufbau bei. Denn die Spieler bleiben automatisch einige Sekunden am Ball und lassen sich nicht punktgenau steuern - das nervt. Auch die Doppelpässe sind für meinen Geschmack nicht effektiv genug für ein Arcade-Spiel.

So ertappt man sich immer wieder dabei, wie man einfach Pässe in die Tiefe spielt oder zu Solis ansetzt, um dann einzunetzen. Das sorgt zwar für schnelle Torerfolge, befriedigt aber nicht den fußballerischen Spieltrieb.

Ein Arcade-Fußball hätte hier viel mehr Komfort und Leichtigkeit im Spielaufbau bieten müssen. Auf diese Weise kommt ISS 3 leider ein wenig in die Nähe des großen Bruders PES2, was sicher nicht vorteilhaft ist, denn er ist spielerisch in allen Belangen haushoch überlegen.

__NEWCOL__Üben, üben, üben

Geradlinig und intuitiv sind die bereits erwähnten Pässe in die Tiefe. Per Doppeldruck lassen sich zudem exakte hohe Anspiele zaubern, die die Stürmer gut bedienen. Das Schuss-System ist zwar nicht so schnell verinnerlicht wie im Vorgänger, bietet aber nach einigen Probespielen tolle Torerfolge, dann allerdings spektakulär und inklusive artistischer Fallrückzieher. Sehr einfach zu handhaben sind auch Freistöße und Ecken, die sich dank Pfeilgrafik hervorragend timen lassen.

Die auf der ersten Stufe wenig fordernde KI eignet sich hervorragend für ein Probespiel. Wer eine Herausforderung sucht, muss schon auf der höchsten Stufe spielen - hier sind die Gegner ausgesprochen aggressiv und torgefährlich. Dafür mangelt es der eigenen KI, insbesondere den Verteidigern, hier und da an Konsequenz. Und leider sorgt die übersensible Schiedsrichter-KI meist dafür, dass alles gepfiffen wird, was nach Grätsche riecht.

Sehr hilfreich ist übrigens der Trainingsmodus, der Euch nicht nur ein freies Spiel ermöglicht, sondern auch Freistöße und vor allem die Zweikampf-Duelle als Stürmer und Verteidiger proben lässt - sehr schön! Allerdings verbringt man für ein Arcade-Spiel viel zu viel Zeit auf dem Trainingsgelände.

Verspielte Grafik

Eines gleich vorweg: Der GameCube sieht im Vergleich zur PS2-Fassung trotz besserer Hardware nicht besser aus - egal ob Schatten, Animationen oder Stadien; Letztere flackerm übrigens schon beim Einlauf. Und warum der Ball auf dem Cube deutlich größer wirkt als auf der PS2, ist schon seltsam. Optisch kann der Kick ohnehin nicht begeistern, hat aber einige delikate Szenen auf Lager: Vor allem die Dribblings, Fallrückzieher und Kopfbälle bieten gute Animationskost. Auch das langsame Zurückziehen mit dem Ball und die Körpertäuschungen sind nett anzusehen.

Dafür hat man allerdings viel zu schnell alle Bewegungsmöglichkeiten gesehen - an die Vielfalt der Pro Evolution Soccer- oder FIFA-Reihe kommt ISS 3 nicht ran. Auch die Gesichter der Stars können nicht an die Texturdetails des Konami-Bruders oder den Porträtcharakter von <4PCODE cmd=DGFLink;name=FIFA 2003;id=3144> anknüpfen. Manche, wie z.B. Veron, sind gar nicht zu erkennen.

Ihr bekommt unterm Strich eine solide, leicht verspielte Grafik, die immer wieder mit netten Zwischensequenzen wie z.B. ausgeflippte Trainer auf sich aufmerksam macht. Aber insgesamt wirkt der Kick trotzdem etwas detail- und polygonarm. Da wäre gerade auf dem GameCube mehr drin gewesen.

__NEWCOL__Kommentare oder Realsatire?

Schon letztes Jahr haben die flachen und meist unpassenden Kommentare von Bernd Schuster & Co für Ohrenschmerzen gesorgt. Dieser Tradition bleibt Konami leider treu und richtet auch dieses Jahr seine übelsten Akustik-Geschütze auf Euch: Der ehemalige Nationalspieler hat vielleicht einen großen Namen, aber einen Sprachrhythmus zum Einschlafen - ganz zu schweigen von kreativen Sprüchen.

Da fehlt die Begeisterung, da fehlt der Witz, da fehlen die Emotionen. Wenn die nüchternen Dialoge wenigstens zum Geschehen auf dem Platz passen würden, aber auch hier Fehlanzeige: eine unsinnige Bemerkung jagt die nächste. Wie gut Kommentare fachlich sein können und wie gut sie die Atmosphäre unterstützen, zeigt die Konkurrenz aus dem Hause EA.

Fangesänge

Die Stadionatmosphäre ist dagegen überaus gelungen: Das Publikum fiebert wesentlich besser mit als in Pro Evolution Soccer 2 und bietet teilweise klasse Fangesänge, die dem Spiel einen zusätzlichen Schuss Dramatik verleihen. Letztendlich kann es aber nicht den Nervenkitzel der FIFA-Kulisse erzeugen. Optisch bieten Stadien und Zuschauer ansprechende Kost, ohne jedoch zu begeistern.

Fazit


Auch auf dem GameCube kann ISS3 keine Fußball-Euphorie entfachen. Der Kick von Konami Osaka hatte sicher das Potenzial zu mehr Spielspaß. Denn Ihr bekommt tolle Fangesänge, ansehnliche Animationen, einen motivierenden Missions-Modus und ein spannendes Zweikampf-Feature, das frischen Wind ins Genre bringt. Hätte Konami den Spielaufbau etwas flüssiger gestaltet, hätte ISS3 richtig Spaß machen können. Aber das gewöhnungsbedürftige Flanken- und Dribblingsystem bringt zu viele Frustmomente ins Spiel, um langfristig zu begeistern. Ingesamt ist der Spielaufbau einfach zu nervös und zu wenig komfortabel. Ich hatte sogar das Gefühl, dass sich die GameCube-Fassung etwas schlechter spielt als das PS2-Pendant: der größere Ball, die schwammigere Steuerung. Und die Kommentare gehören zum Schlechtesten, was ich seit langer Zeit gehört habe. Unterm Strich hat sich Konami gegenüber dem Vorjahr jedoch leicht verbessert und ist auf dem richtigen Weg. Man sollte sich nur entscheiden, ob man Arcade-Spaß oder Simulationstiefe vermitteln will, denn dazwischen wird man von viel zu guten Titeln zu Mittelmaß zermalmt. Und bitte nächstes Jahr ohne Bernd Schuster...

Pro

<li>90 Teams</li><li>Cups & Ligen</li><li>FIFPro-Lizenz</li><li>gute Fanakustik</li><li>guter Trainingsmodus</li><li>ansehnliche Dribblings</li><li>innovativer Zweikampf-Zoom</li><li>freispielbare Trikots & Stadien</li>

Kontra

<li>wenig Spielzeit</li><li>nervöser Spielaufbau</li><li>wenig Animationsvielfalt</li><li>grottenschlechte Kommentare</li><li>keine punktgenauen Dribblings</li><li>zu viel Frustmomente für Arcade-Fußball</li><li>gewöhnungsbedürftiges Flankensystem</li><li>keine befriedigende Kameraperspektive</li>

Wertung

GameCube

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