F1 Career Challenge10.07.2003, Mathias Oertel
F1 Career Challenge

Im Test:

Was Rennspiele betrifft, ist der GameCube nicht gerade eine Vorzeigekonsole. Unter Spielen wie Driven oder Speed Challenge, ganz zu schweigen von diversen -eher misslungenen- Rallye-Umsetzungen, konnte bislang nur EA mit seinen Formel Eins-Spielen überzeugen. Doch dieses Jahr stehen die Entwickler vor einem Problem: die Lizenz für die aktuelle Saison liegt bei Sony. Also griff man kurzerhand in die Trickkiste und präsentiert mit der F1 Career Challenge (ab 59,99€ bei kaufen) eine Formel Eins-Umsetzung, die auf den Lizenzen der letzten vier Jahre aufbaut. Wieso hier trotzdem nur selten der Verdacht aufkommt, dass man die Lizenz bis zum letzten Tropfen ausquetschen möchte, verrät Euch der Test.

Formel Eins Karriere

Obwohl das Spiel anfänglich den Eindruck erweckt, als ob wie beim PC quasi vier Spiele in eines gepackt wurden, um die Lizenz bis zum Letzten auszuschöpfen, wird man schnell eines Besseren belehrt - auch wenn dieser Eindruck bis zum Ende unterschwellig bestehen bleibt.

Denn im Gegensatz zu den Megahertz-Protzen, die den Spielern nur die Möglichkeit gaben, eine Saison nach der anderen ohne Zusammenhang zu spielen, hat EA für die Konsolen-Fassungen die namensgebende Karriere eingebaut. Dieser Ansatz ist zwar im Kern nicht neu und hat auch schon in Spielen wie V-Rally 3 bzw. DTM Race Driver Einzug gefunden, doch im Bereich Formel Eins ist die Integration des Kampfs um einen guten Ruf und Punkte für die Fahrerwertung bisher unbekannt und zudem noch gut umgesetzt.

Jeder fängt klein an

Doch am Anfang steht erst einmal der Erwerb der Fahrlizenz. Hierzu stehen leichte Fahrübungen auf dem Programm, die für Fortgeschrittene und Profis wenig mehr als ein notwendiges Übel darstellen dürften, Neueinsteigern jedoch die Möglichkeit geben, sich an die Steuerung und die Fahrphysik der Boliden zu gewöhnen.

Hat man die Prüfungen bestanden, stehen einem drei Teams zur Auswahl, für die man in der ersten Saison fahren kann. Ist die finale Entscheidung getroffen, geht es auch schon richtig los. Das erste von zahlreichen Rennwochenenden steht auf der Tagesordnung.

Doch EA hat sich nicht nur auf die Aneinanderreihung von Rennen verlassen und den Karrieremodus mit einigen Elementen aufgelockert.

Vor den Rennen beispielsweise habt Ihr die Möglichkeit ein Test-Szenario zu fahren. Dies ist zwar keine Pflicht, doch wenn Ihr es schafft, die stark unterschiedlichen Aufgaben zu bewältigen, habt Ihr leichte Vorteile im nächsten Rennen.

Stallorder

Weiterhin gibt Euch Euer Rennstall eine Position vor, die Ihr im anstehenden Rennen erreichen solltet. Schafft Ihr die Vorgabe, steigt nicht nur Eure Punktezahl (dazu später mehr), sondern vor allem Euer Ruf. Das ist extrem wichtig im Hinblick auf die folgenden Saisons. Denn mit einem guten Ruf erreichen Euch Angebote von Teams, die reelle Chancen auf einen Titelgewinn haben. Denn obwohl Ihr es auch mit den vermeintlich schwächeren Wagen schaffen könnt, an die Spitze zu fahren, steht die Chance mit einem Ferrari oder McLaren natürlich besser.

Solltet Ihr an der Stallorder scheitern, verschlechtert sich Euer Ruf dementsprechend, so dass Ihr Euch anstrengen müsst, in der nächsten Saison ein gutes Team zu finden.

Zusätzlich könnt Ihr Euch durch Erfüllung bestimmter Aufgaben im Rennen wie z.B. Überholmanöver, exzellentes Kurvenfahren, dem Fahren in einer "Hot Zone" für eine festgelegte Zeit usw. noch zusätzliche Punkte einfahren.

Bei all der Simulationslast, die im Fahrmodell spürbar wird, kommt dieser Arcade-Ansatz gelegen, um das Geschehen aufzulockern. Denn die mühsam erworbenen Punkte könnt Ihr vor dem nächsten Rennen beispielsweise ausgeben, um im Qualifying oder im Rennen mit stärkeren Motoren oder Bremsen an den Start zu gehen, um Euch so einen weiteren kleinen Vorteil zu verschaffen.

Doch auch alltägliche Gebrauchsgegenstände wie neue Helme könnt Ihr mit den Punkten freischalten.

Auf der Strecke

Schaut man sich das Fahrmodell von F1 Career Challenge im Vergleich zu EAs F1-Spielen der Vergangenheit an, hat sich nicht all zu viel geändert. Die Steuerung reagiert gut und in Extremsituationen merkt man deutlich, dass die Entwickler mit einem ausgefeilten Fahrphysik-System arbeiten. Leider wird dies in den Tuning-Optionen nicht spürbar.__NEWCOL__Zwar wird auf dem Bildschirm schön angezeigt, welche Veränderungen die derzeitige Einstellung bewirkt, doch dafür ist die Auswahl an Einstellmöglichkeiten äußerst gering gehalten.

Hier haben die Entwickler deutlich die sich bietenden Möglichkeiten verschenkt. Denn im echten F1-Zirkus haben die Fahrer deutlich mehr Möglichkeiten, auf das Setup einzuwirken.

Was allerdings auf der Piste noch schwerer ins Gewicht fällt, ist die KI, die ihrerseits mit herben Qualitätsunterschieden zu kämpfen hat. Auf der einen Seite machen die CPU-gesteuerten Fahrer zwar auch Fehler und auch von Rudelbildung oder "Schienenfahren" ist selten etwas zu spüren, doch auf der anderen scheren sie sich einen Teufel, ob sie Euch bei einem Überholmanöver in die Seite fahren.

Und solltet Ihr z.B. mit einem verklemmten Gang in relativ langsamer Geschwindigkeit vor ihnen fahren, passiert es nicht selten, dass selbst die an der Spitze liegenden Fahrer Euch nicht überholen.

Flaggenregelwerk und Schadensmodell wurden ebenfalls gut umgesetzt, wobei Euer Fahrzeug jedoch (vermutlich mit Rücksicht auf die nicht optimale KI) deutlich mehr auszuhalten scheint als die Konkurrenz.

Bei den interaktiven Boxenstopps verlässt man sich auf das aus den letzten Jahren bewährte Prinzip leichter Reaktionstest, die im Falle des Scheiterns Probleme beim Betanken oder Reifenwechsel nach sich ziehen.

Ebenfalls aus den letzten Jahren übernommen hat man den Verzicht auf ein Pace-Car bei Unfällen, wodurch der Realitätsgrad wieder etwas abgeschwächt wird.

Die größte Enttäuschung bietet sich für Fans von Mehrspieler-Duellen. Zeitfahren und Splitscreenrennen machen zwar eine Zeit lang Laune, können aber den fehlenden Saison-Modus für interne Duelle nicht ersetzen.

Unter dem Strich bedient sich F1 Career Challenge äußerst interessant bei den Karriere-Elementen aus Spielen wie V-Rally 3, schafft es aber, mit den Arcade-Ansätzen genau den richtigen Kick heraufzubeschwören, der Formel Eins-Fans begeistern könnte. Allerdings sorgen fehlende Zufallsereignisse dafür, dass sich die Karriere auf Dauer relativ monoton spielt: Szenario, Qualifying, Rennen, Punkte ausgeben; und dann wieder von vorne. Doch trotz dieser Linearität wird genug Motivation aufgebaut, dass man das Pad am liebsten nicht eher hinlegen möchte, bis man endlich im Formel Eins-Olymp angekommen ist.

Grafik mit Haken und Ösen

Spielerisch auf einem Level mit den anderen beiden Fassungen, ist es höchst bedauerlich, dass die Grafikabteilung den GameCube mehr als stiefmütterlich behandelt.

Zwar finden sich auch auf dem Cube die Spezialeffekte wie optisch korrektes Environmental Mapping auf Fahrzeugen und Helm über gleißendes Sonnenlicht bis hin zu den tatsächlich funktionierenden Rückspiegeln und auch das allgemeine Geschwindigkeitsgefühl ist gut, doch dafür hat der Würfel immer wieder mit Rucklern zu kämpfen, die es sogar schaffen, den Spielspaß ein wenig zu dämpfen.

Allerdings nie so weit, dass man nicht mehr den schön eingesetzten Motion Blur-Effekt genießen kann, der einem beim Fahren über Kurbs oder in schnellen Kurven sehr schön die auf den Fahrer wirkenden Erschütterungen und Fliehkräfte suggeriert.

Bei den in den Boxenstopps und Siegerehrungen auftauchenden Figuren hätte man allerdings durchaus mehr Liebe zum Detail zeigen können, denn im Vergleich zu den aufwändig gestalteten Fahrzeugen, deren Veränderungen über den Lauf der Jahre ebenfall deutlich sichtbar sind und den kleinen Feinheiten wie dem deutlich sichtbaren Profil der Regenreifen, stehen die groben Figuren sehr stark zurück.

Boxenfunk und PS-Rausch

Wie schon in den Vorgängern befindet sich die Akustik-Kulisse auf einem sehr hohen Niveau. Zwar gibt es während der Rennen keinen Kommentar, doch der gut funktionierende Boxenfunk, der nur hin und wieder an Abnutzungserscheinungen leidet, klärt Euch über Eure Position, eventuelle Unfälle und den anstehenden Boxenstopp auf.

Großes Lob gebührt auch dem Feld der Motorensounds. Die Kraft, die den Antriebsaggregaten entspringt, wird nahezu perfekt durch die Sounds transportiert und steht den Fernsehübertragungen in nichts nach.

Einzig die musikalische Untermalung, die Euch in den Menüs erwartet, ist wenig aussagekräftig und scheint in keinem Zusammenhang mit dem Spiel zu stehen.

Fazit


Während die GameCube-Version spielerisch auf einer Höhe mit den Xbox- und PS2-Fassungen steht und mit dem motivierenden Karriere-Modus durchaus für Spaß sorgen kann, bleibt die Technik erstaunlicherweise hinter den anderen beiden Versionen zurück. Die Spielgeschwindigkeit stimmt zwar weitestgehend, doch die Grafik-Ruckler machen die Optik immer wieder zu einem zweifelhaften Vergnügen. Da hilft es auch nicht mehr, dass sämtliche Spezialeffekte gut eingesetzt werden. Zudem hätten -wie in den anderen Fassungen auch- Zufallsereignisse und erweiterte Tuning-Optionen sicherlich nicht geschadet. Doch angesichts der fehlenden Rennspiel-Konkurrenz auf dem Cube finden F1-Fans, die über die grafischen Schwächen hinweg sehen können, ein motivierendes Spiel zur Königsklasse im Motorsport, das allerdings immer wieder ein Gefühl von Lizenzaufarbeitung verströmt.

Pro

<li>Daten, Strecken und Fahrer aus vier Jahren</li><li>spannender Karriere-Modus</li><li>gelungene Arcade-Einschläge</li><li>gute Steuerung</li><li>schöne Grafik-Effekte</li><li>passende Motorensounds</li><li>gutes Windschattenmodell</li>

Kontra

<li>problematische KI</li><li>Gameplay mit wenig Abwechslung</li><li>teils herbe Grafikruckler</li><li>wenig Tuning-Optionen</li><li>Karriere nicht für Multiplayer</li><li>kein Kommentar während der Rennen</li>

Wertung

GameCube

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