WWE WrestleMania 1907.10.2003, Mathias Oertel
WWE WrestleMania 19

Im Test:

Nintendo-Fans denken in punkto Wrestling wehmütig an das N64 zurück, das mit WWF No Mercy ein Spiel spendiert bekam, das bis heute bei vielen Wrestling-Anhängern ganz hoch in der Gunst steht. Daran konnte auch der letztjährige WWE-Einstand Wrestlemania X8 nichts ändern. Doch vielleicht stehen die Chancen für WWE Wrestlemania XIX besser. Im Test haben wir dem vermeintlichen Wrestling-Spektakel auf den Zahn gefühlt.

Mein ist die Rache

Nachdem die letztjährige Auflage zwar mit einer massiven Anzahl an Titelkämpfen, aber dafür auch durch die Abwesenheit jeglicher Story auffallen konnte, zieht man das Spiel dieses Jahr von einer komplett anderen und im Genre vollkommen neuen Seite auf.

Einen Story-Modus gab es zwar auch schon in WWF No Mercy, doch noch nie hat er so wilde und ungewohnte Blüten getrieben wie im GameCube-Wrestling dieses Jahres.

Der Einzelspieler wird sich vorrangig am so genannten Rache-Modus versuchen dürfen. Hier hat Euch Vince McMahon kurzerhand Eures Titelgürtels beraubt und aus der WWE geworfen.

Er hat seine Rechnung jedoch ohne seine Tochter Stephanie McMahon gemacht, die Euch kurzerhand halbwegs legal unter Vertrag nimmt und Euch die Möglichkeit gibt, bei Wrestlemania XIX, der größten jährlichen Veranstaltung der WWE, Rache zu nehmen.

Final Fight à la WWE

Und ab hier entfernt sich das Spiel etwas von den herkömmlichen Wegen. Denn anstatt Euch durch diverse Hinterhöfe oder ähnliches zu schicken, um Euch langsam wieder nach oben und ins Blickfeld des alles beherrschenden Bosses zu kämpfen, tretet Ihr beispielsweise in einer Mall oder einem Parkhaus an, um verschiedene Missionen zu erledigen.

Diese sind zwar manchmal an Wrestling-Matchtypen wie Käfigmatches angelehnt, gehen aber auf der anderen Seite auch weit über das hinaus, was man bisher im TV-Wrestling zu sehen bekam.

Mal gilt es, eine bestimmte Anzahl an Gegnern auszuknocken, ein anderes Mal müsst Ihr (Royal Rumble lässt grüßen) Eure Widersacher von einem hohen Gerüst werfen oder (Leitermatch hallo!) verhindern, dass die Feinde einen von der Decke baumelnden Aktenkoffer erreichen. Und obwohl man sich reichlich Mühe gegeben hat, unterschiedliche Anforderungen an die Spieler zu stellen, läuft fast alles auf die selbe Routine heraus, die im Kern nur noch die Bewegungsmöglichkeiten mit Wrestling-Spielen gemeinsam hat.

Denn zumeist ist man damit beschäftigt, den Gegner am Boden zu halten oder zumindest mit Schlägen so stark zu schwächen, dass man die Aufgabe lösen kann.

Rache mit Anlaufschwierigkeiten

Hört sich ja eigentlich alles recht nett und vor allem abwechslungsreich an. Leider gibt es aber ein paar kleine Probleme, die den Rache-Modus zu einer wahren Tortur machen: Da haben wir z.B. die Steuerung, die im Zusammenspiel mit der Kamera immer wieder für Verwirrung sorgt. Denn auch wenn ich meinen Wrestler per Knopfdruck auf einen bestimmten Gegner fixieren kann, kommt die Kamera nicht immer mit. Und die Zeit, die Kamera manuell nachzujustieren, ist in späteren Missionen einfach nicht gegeben. Dabei kann man nicht mal sagen, dass die späteren Missionen unheimlich schwer werden. Es kann Euch genau so gut passieren, dass Ihr Euch bei einer frühen Mission die Zähne ausbeißt und später mit einem Lächeln im Gesicht und ohne Probleme den Bosskampf erledigt. Etwas Feintuning in diesem Bereich wäre vonnöten gewesen.

Klasse Wrestling-Spiel

Natürlich kann man sich auch in normalen Wrestling-Kämpfen austoben. Und urplötzlich scheint wieder die Sonne in die Herzen der Wrestling-Fans. Mit knapp über vierzig Wrestlern ist der so genannte Roster zwar etwas klein ausgefallen und der eine oder andere Favorit ist nicht dabei (Spike Dudley z.B.), doch nahezu alles, was Rang und Namen hat, ist mit von der Partie.__NEWCOL__Wie beim Kollegen Raw 2 findet man zwar auch immer noch Hulk Hogan, während von den Basham Brothers weit und breit nichts zu sehen ist und auch Kain marschiert immer noch mit Maske zum Ring, doch dies sind Kleinigkeiten, die nur die absolute Hardcore-Fangemeinde stören werden.

Auch in punkto Matchtypen gibt es keinen Grund zur Klage. Alles, was zum guten Ton gehört, ist mit von der Partie: Angefangen von "normalen" Auseinandersetzungen über Hardcore, Käfig, Hell in a Cell bis hin zum King of the Ring, Ironman Match und der Option "First Blood" findet man genügend Matchtypen für gute Unterhaltung.

Und bei den Matches abseits der Rache macht auch die Steuerung einen guten Eindruck. Denn hier hat man sich ganz offensichtlich an den N64-Klassikern orientiert und gibt Euch die Möglichkeit, leichte oder schwere Angriffe zu starten, die dann wiederum neue Möglichkeiten zur Attacke eröffnen.

Das Problem ist jedoch, dass die ganzen diversen Kampfoptionen für Einzelspieler nahezu bedeutungslos verpuffen, da man irgendwann nicht mehr zufrieden ist, sich nur einem Match nach dem anderen hinzugeben.

Ganz anders sieht die Situation aus, wenn man Gleichgesinnte zu Besuch hat. Ein Match jagt das andere, man stellt immer neue der so genannten "Stipulations" (Siegbedingungen) auf und möchte am liebsten gar nicht mehr aufhören.

Wenn man jetzt noch für die nächstjährige Auflage eine Möglichkeit findet, diesen Motivationsschub auch für das normale Einzelspieler-Erlebnis zu schaffen, könnte die Smackdown-Serie ernsthaft Gefahr laufen, ihre Vormachtstellung abzugeben.

Doch so muss sich Wrestlemania XIX im konsolenübergreifenden WWE-Vergleich dieses Jahr auch noch Raw 2 geschlagen geben. Zwar schneller und von der Steuerung eingängiger als auf der Xbox, haben Einzelspieler mit der Simulations-Variante auf der Microsoft-Konsole deutlich mehr Spaß.

Ab in die Shopzone

Mittlerweile gehört der Editor zum guten Ton in einem Wrestlingspiel. Und der kann bei Wrestlemania XIX im Rahmen der Hardware-Möglichkeiten überzeugen. Bei den Einmärschen kann man zwar nicht so viele Optionen verstellen wie auf der Xbox, doch zusammen mit den gut ausgebauten Möglichkeiten der Charakter-Erstellung kommt man immer wieder auf zufrieden stellende Resultate. Vom letztjährigen Smackdown hat man beispielsweise die Möglichkeit übernommen, Körperpartien und -formen per Schieberegler zu verstellen, so dass geübte Bastler keine Schwierigkeiten haben werden, den Roster mit fehlenden Wrestlern oder gewagten Eigenkreationen zu ergänzen.

__NEWCOL__Leider hat man jedoch nur selten Motivation, die selbst erstellten Recken aus der Memory Card in den Ring zu führen, da sie zum Beispiel durch ihre anfänglich niedrigen Eigenschaftswerte im Arcade-Modus kaum eine Chance haben. Und sich nur für ein normales Match stundenlang hinzusetzen und sein Alter Ego bis ins kleinste Detail auszuarbeiten, ist sicherlich nicht jedermanns Sache.

Man kann zwar in der Shopzone neue Items, Kleidungs- und Ausrüstungsgegenstände sowie Eigenschaftspunkte kaufen, doch das Geld für dieses kostspielige Unterfangen bekommt man größtenteils im Rache-Modus. Ein böser Teufelskreis, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt.

Technik mit alten Problemen

Dass die Wrestler leicht überproportioniert wirken und zudem einen leichten Comic-Touch vermitteln, kann man leicht verzeihen. Das Arcade-Element wird dadurch passend verstärkt, wobei die Figuren jedoch nicht den Bezug zu ihren realen Vorbildern verlieren und deutlich erkennbar sind. Jedes Tattoo sitzt an der richtigen Stelle und auch die verschiedenen Verhaltensweisen, die vor allem bei den gut gelungenen Einmärschen deutlich werden, sind ebenfalls nah am Original.

Animationen und Kollisionsabfrage sind ebenfalls größtenteils makellos - die kleinen Fehler, die sich eingeschlichen haben, nimmt man angesichts des dynamischen Gameplays stillschweigend in Kauf.

Weniger schön sind hingegen die immer noch vorhandenen Clipping-Fehler, die sich dieses Mal weniger auf die Ringseile, sondern eher auf die miteinander verschmelzenden Körperteile beziehen.

Auch die Zuschauer sind wieder einmal misslungen: Denn im Gegensatz zu Raw 2 und Smackdown 5 hat man sich gar nicht erst die Mühe gemacht, wenigstens die Ringplätze mit Polygon-Figuren zu versehen oder zumindest die Sprite-Pappkameraden am Ring etwas hochauflösender zu gestalten. Zwar hatten wir bei Raw 2 die mindere Qualität der Polygon-Zuschauer bemängelt, doch im direkten Vergleich sehen die Fans auf der Xbox um einiges besser aus.

Die diversen Arenen und Arcade-Stages sind gut gelungen, bieten aber im Endeffekt wenig Grund zu überschwänglichem Jubel. Es passt, ohne irgendwie außergewöhnlich zu sein.

Die Rendervideos, die Ihr im Rachemodus gezeigt bekommt, haben ein gerade mal durchschnittliches Niveau und daher ebenfalls gerade mal zweckmäßig. Außerdem hat man Schwierigkeiten, Stephanie McMahon eindeutig zu identifizieren, was sicherlich zu vermeiden gewesen wäre.

Da fehlt doch was

Auf der akustischen Seite findet man weitestgehend bekannte Kost. Die Einmarschmusiken stimmen größtenteils und die paar Melodien, die nicht zu passen scheinen sind wie beim Kollegen Raw 2 die Original-Einmärsche minus Gesangstrack (z.B. Rob van Dam).

Die Sprachausgabe wird beim Gameplay auf ein Minimum reduziert. In den Arcade-Stages versucht Euch eine euphorische Stimme mit gut gemeinten Ansagen davon zu überzeugen, trotz aller spielerischen Mankos weiterzumachen. Während der normalen Kämpfe hingegen gibt es nur einen Ansager für Pinfalls, Breaks und Ähnliches. Auf einen Ringsprecher, der die einmarschierenden Athleten ankündigt, muss man verzichten.

Dafür allerdings hat sich Al Snow zur Verfügung gestellt, um das gute Tutorial mit seiner Stimme zu begleiten. Und zu guter Letzt verbreiten die Zuschauer in den prall gefüllten Arenen eine gute und lautstarke Stimmung.

Fazit


Auch wenn die Idee durchaus lobenswert ist, mit dem Revenge-Modus ein zumindest in diesem Genre vollkommen neues Element einzubauen, lässt die Ausführung zu wünschen übrig: Zu eintönig gestalten sich die Aufgaben, zu penibel die Steuerung und zu unausgegoren der Schwierigkeitsgrad. Doch da dies die hauptsächliche Einnahmequelle für harte Währung ist, um in der Shopzone Punkte und Items für die selbst erstellten Wrestler sowie einige andere Goodies einzukaufen, muss man sich wohl oder übel durch die Arcade-Prügeleien plagen. Ganz anders die Matches im Ring, die vorzugsweise mit mehreren Spielern einen Heidenspaß bringen. Wrestler sind genug dabei, auch wenn man nicht die immense Auswahl eines Raw 2 erreicht. Matchtypen sind ebenfalls genug vorhanden und die in den Arcade-Elementen zu penibel reagierende Steuerung funktioniert bei normalen Kämpfen wunderbar und erinnert immer wieder wohlig an vergangene N64-Zeiten. Auch die spürbar unterschiedlichen Eigenschaften der Wrestler sorgen für viel Vergnügen. Die üblichen Clipping-Probleme und die ebenfalls bekannten Pappkameraden-Zuschauer mal beiseite gelassen, kann Wrestlemania XIX grafisch im Vergleich zur Vorjahresversion ebenfalls zulegen. Doch wem kann man den diesjährigen Wrestling-Ausflug auf dem GameCube empfehlen? Wer hauptsächlich mit Freunden spielt, dürfte an Wrestlemania XIX seine wahre Freude haben. Wer jedoch hauptsächlich alleine in den Ring steigt, sollte Hardcore-Fan sein, da der Arcade-Modus an sich zu wenig Substanz bietet, um langfristig zu motivieren.

Pro

<li>über 40 Wrestler mit spürbar unterschiedlichen Eigenschaften</li><li>interessanter Story-Modus</li><li>Arcade-Ansätze</li><li>schöne Animationen</li><li>Steuerung an No Mercy angelehnt</li><li>passabler Editor</li><li>zahlreiche Matchtypen</li><li>Blut inklusive</li><li>zahlreiche Items und Goodies in der Shopzone freizukaufen</li><li>feiner Multiplayer-Spaß</li>

Kontra

<li>penible Steuerung und Kollisionsabfrage im Rache-Modus</li><li>unausgewogener Schwierigkeitsgrad im Rache-Modus</li><li>unglückliche Kameraführung im Rache-Modus</li><li>gewöhnungsbedürftige Mischung aus Arcade und Wrestling</li><li>madige Sprite-Zuschauer</li><li>keine Ringsprecher</li>

Wertung

GameCube

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