Test: Battalion Wars (Taktik & Strategie)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Nintendo
Release:
09.12.2005
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ab 89,99€
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Gemischte Truppenbildung?

Außerdem ist die Steuerung im Verband sehr gut gelungen - und die ist noch wichtiger als die Ein-Mann-Action: Über den gelben Stick kann man schnell zwischen den Truppentypen wechseln und sie auf Knopfdruck anweisen, einen Ort zu bewachen, zu folgen oder ein Ziel zu attackieren. Wer mit der kompletten Armee marschieren will, kann auch allen auf einmal Befehle erteilen. Das, was auf dem PC die Tab-, STRG- und F1-Tasten oder die Maus erledigen, wird hier vom Gamepad fast optimal ersetzt. Allerdings nur fast, denn es gibt leider keine dauerhafte gemischte Gruppenbildung: Wenn man auf einer Karte viele gegnerische Panzer sieht, kann man nicht schon vorher seine Bazookas und die eigenen Panzer in
Ihr könnt nicht nur Panzer, sondern auch Kampfflugzeuge steuern.
mehrere Gruppen packen, um sie dann von zwei oder drei Seiten auf die Stahlkolosse zu hetzen. Man kann lediglich über einen kleinen Trick eine gemischte Gruppe bilden: Man muss alle anderen Waffengattungen zur Bewachung verdonnern und z.B. nur Bazookas und Panzern den Folgen-Befehl geben.

Nach kurzer Eingewöhnung kann man seine Truppen dennoch komfortabel postieren. Man vermisst jedoch Formationen wie Linie oder Kreis sowie eine einheitliche Marschgeschwindigkeit, denn nach dem Folgen-Befehl dackeln eure Soldaten und Fahrzeuge in ungeordneter Linie statt organisiert hinter euch her. Auch Boni in bestimmtem Gelände wie etwa Verlangsamung im Sumpf oder erweiterte Reichweite auf Anhöhen haben wir nicht bemerkt. All diese offenen Wünsche werden aber eher Militärpuristen mit Simulationsanspruch stören und lassen sich gerade angesichts des Arcade-Charakters verschmerzen. Und dafür gibt es in der Defensive immerhin die Möglichkeit, Bunker und Türme zu besetzen, um Invasoren aufzuhalten.

Schere-Stein-Papier

Obwohl sich Battalion Wars in der Schulterperspektive wie ein Actionspiel anfühlt, in dem man ballernd und brennend unter dem Feind wüten kann, während man Heilpakete oder Benzintanks aufsammelt, wird man schnell bemerken, dass man ohne Taktik nicht weit kommt. Im Kampf entscheidet zwar auch, aber nicht in erster Linie die Ausweichrolle oder der schnelle Finger am Abzug über den Sieg: wichtiger ist das Schere-Stein-Papier-Prinzip. Und genau das erinnert wohltuend an die Taktik aus Advance Wars. Eine Brücke wird von MG-Nestern bewacht? Schickt Panzer hin. An einer Straße stehen Bazookas? Da helfen Gewehrschützen. Die Festung ist mit Infanterie besetzt? Lasst eure Flammenwerfer vorrücken. Panzer rollen an? Bazookas an die Front!

Die Wegfindung funktioniert im Großen und Ganzen gut und eure Truppen nehmen sogar eigenständig Heilpakete oder Benzinkanister auf - sehr gut! Trotzdem kann es im großen Tumult sehr hektisch und unübersichtlich werden, wenn sich mal ein Soldat verirrt oder der falsche Befehl für Unruhe sorgt, denn es gibt keine Befehlspause. Es kann jedoch helfen, wenn ihr kurz vor dem Gefecht noch mal selbst in die zur Front stürmende Einheit schlüpft, denn die meisten haben zwei Waffenmodi, die erst aufgeladen werden müssen: Mörser feuern weiter, man hat mehrere Raketen oder eine erhöhte Geschwindigkeit.

Aber Vorsicht: Das Schere-Stein-Papier wurde so konsequent in die Echtzeit übertragen, dass man mit einem Gewehrschützen stundenlanglang feuernd an Panzerstahl verzweifelt. Bevor man zum Angriff bläst, sollte man sich daher die 2D-Übersichtskarte anschauen: Das Spiel pausiert und man kann mit einer zoombaren Lupe über das Gelände streifen, um sich die Position und den Typ der Feinde anzuzeigen. Auch die Haupt- und Nebenaufgaben werden hier noch mal aufgelistet, so dass man immer weiß, was Sache ist.

Konservatives Speichersystem

Das Missionsdesign und die Spielbalance wären fast vorbildlich zu nennen, denn die Aufträge sind erfrischend abwechslungsreich und die Karten angenehm groß: Man kann sich im Gelände richtig austoben, offene Flanken und neuralgische Punkte auskundschaften. Aber da ist dieses verflixt konservative Speichersystem: Obwohl die Missionen mit der Zeit immer umfangreicher werden, gibt es kein automatisches Sichern zwischendurch. Sprich: Scheitert ihr nach der Aushebung von drei MG-Nestern, zwei Türmen und einem schweren Panzer am vierten MG-Nest, dürft ihr alles noch mal von vorne angehen. Arrrgh - warum hat man hier nicht mehr Komfort eingebaut?

Nach ersten Übungen mit wenigen Einheiten gewinnt das Spiel natürlich Stück für Stück an Komplexität. Der Schwierigkeitsgrad steigt zwar sanft, aber nach zwei Stunden deutlich spürbar an. Muss man zu Beginn noch einzelne
Die Artillerie macht den Weg frei für eure Fußtruppen. Die hohe Sichtweite und die Landschaft können sich sehen lassen.
Stellungen überrennen, hat man es später mit zwei Fronten gleichzeitig oder der mehrstufigen Eroberung riesiger Festungen zu tun, die von schweren Panzern, Hubschraubern und Artillerie gesichert werden. Ähnlich wie in Battlefield 1942 gibt es dort meist wichtige Fahnenposten, die eure Infanterie einnehmen muss, um einen langen Zermürbungskrieg zu umgehen. Werden eure Fußtruppen aufgerieben, ist Game Over.

Kurzes Vergnügen

Leider sammeln eure Truppen keine Erfahrungspunkte und können nicht in die nächste Mission übernommen werden: Ihr bekommt vor dem Start immer ein frisches Kontingent vorgegeben. Das hat zwar Advance Wars-Tradition, aber dort kann man wenigstens zwischen Anführern wählen, die mit steigender Erfahrung für bessere Truppenboni sorgen. Hier ist man zwar auch Anführer, aber bleibt unsichtbar. Eine Belohnung gibt's trotzdem: Je nachdem, wie gut ihr den Feind geschwächt, wie effektiv ihr eure Einheiten beschützt und wie schnell ihr die Missionsziele erreicht habt, könnt ihr verschiedene Ränge bis hin zur Spezialauszeichnung erlangen.

Habt ihr innerhalb der vier Kampagnen einen bestimmten Schnitt erreicht, wird eine Bonus-Mission freigeschaltet. Das weckt zunächst den Ehrgeiz, aber etwas unglücklich ist dabei der hohe Stellenwert des Tempos: Wer seine Feldzüge in Ruhe plant und auf Sicherheit spielt, wird hier immer empfindliche Abzüge bekommen. Damit wird die schnelle Action auf Kosten der überlegten Taktik etwas zu stark in den Vordergrund gerückt.

Schade ist auch, dass der Krieg so schnell vorbei ist: Nach knapp zehn Stunden ist die Welt befriedet. Der geringe Umfang der Kampagnen wäre noch zu verschmerzen, wenn es danach wenigstens Zufallskarten oder einen Mehrspielermodus im Splitscreen geben würde - beides sucht man vergeblich. Und es zeigt sich wieder, dass Nintendo mit dem Verzicht auf eine breite Online-Unterstützung den falschen Weg gegangen ist: Battalion Wars wäre mit seiner kurzweiligen Action-Taktik nahezu prädestiniert für knackige Internetschlachten.
  
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Kommentare

Methabolica schrieb am
Ich habe es mir aus der Videothek ausgeliehen. Es macht wirklich Spaß, nur das Tempo-Spiel gefällt mir nicht. Missionen auf Zeit sind anfangs schwer zu planen. Kein Speichern während des Spiels ist frustrierend wie im Test beschrieben. Lohnt sich trotzdem!
Methabolica schrieb am
59? bei Karstadt in Berlin. *Vogelzeig*
Evin schrieb am
Ich mag kurze Spiele. :]
johndoe-freename-84270 schrieb am
Ohh nein man.
Das sollte wollte ich mir als nächstes Kaufen und jetzt sagt ihr dass es verdammt kurz ist!
Dann lohnt es sich bestimmt nicht 50? dafür hinzulegen.
schrieb am