Layton's Mystery Journey: Katrielle und die Verschwörung der Millionäre06.10.2017, Jörg Luibl
Layton's Mystery Journey: Katrielle und die Verschwörung der Millionäre

Im Test: Tochter am Tatort

Dass Nintendo seine Strategie der systemischen Abgeschlossenheit ändert und sich dem lukrativem Smartphone-Markt öffnet, wurde spätestens im Dezember 2016 mit Super Mario Run (Wertung: 60%) deutlich, das speziell für mobile Systeme entwickelt wurde. Auch in der Terminpolitik setzen die Japaner neue Zeichen: Das von Level 5 konzipierte Puzzle-Adventure rund um Professor Laytons Tochter Katrielle wurde bereits am 20. Juli für iOS und Android veröffentlicht. Wie spielt es sich auf dem 3DS? Mehr dazu im Test.

Das Preisrätsel

Eigentlich gehe ich nie auf Preise ein, aber in diesem Fall ist es ja fast ein kleines Rätsel. Auf der einen Seite macht Nintendo mit seiner mobilen Strategie weiter ernst und veröffentlicht Layton's Mystery Journey: Katrielle und die Verschwörung der Millionäre (ab 98,99€ bei kaufen) zuerst für iOS und Android. Und zwar für 17,99 Euro. Das ist für alle App-Zocker so etwas wie ein Mondpreis, denn schon bei Titeln für knapp zehn Euro wird teilweise von Wucher gesprochen. Nintendo begründet das damit, dass es ein "vollwertiger Konsolentitel auf Mobilgeräten" sei.

Ein detektivisches Trio: Layton-Tochter Katrielle, Assistent Drowrig und JHund Sherl.
Okay, aber jetzt erscheint dasselbe Spiel für den ebenfalls mobilen 3DS und Nintendo verlangt dafür das Doppelte - also etwa 35 Euro. Wenn sich jemand zu Weihnachten das neue Layton wünscht, kauft man es für welches System? Alle haben doch ein Smartphone und da zahl ich nur die Hälfte! Also will Nintendo seinen 3DS gar nicht mehr stärken? Weil sie wissen, dass er spätestens ab 2019 keine Rolle mehr in der eigenen Entwicklung spielt? Ist Layton ein Fingerzeig dafür, dass man in Zukunft genau diese App-Preise etablieren will? Könnt ihr dieses Rätsel lösen? Ihr habt nur einen Versuch!

Sightseeing statt Storytelling

Auf jeden Fall schlüpfen alle Spieler in die Rolle von Katrielle, die als Tochter des berühmten Professors noch um ihren Ruf kämpfen muss. Also gründet sie in London eine Detektei und startet ihre investigative Laufbahn. Dabei wird sie von einem leicht schusseligen Assistenten

Keine Bange: Das Spiel ist komplett auf Deutsch erschienen.
namens Drowrig sowie dem sprechenden Hund Sherl unterstützt. Von Beginn an zieht einen die charmante Präsentation in ihren Bann: Wer etwas für Zeichentrickfilme alter Schule übrig hat, darf sich über hochwertig animierte Szenen freuen, die Figuren und Stadt auf gemütliche, liebenswerte sowie witzige Art lebendig werden lassen. Dabei findet die Regie zwar einen guten Rhythmus aus passiven Lese- und aktiven Spielphasen, aber viele Szenen, Figuren sowie Gespräche wiederholen sich in Belanglosigkeiten und man wird nicht gerade von der dahin plätschernden Story gefesselt.

Man vermisst manchmal den erzählerischen Zusammenhang, so dass man trotz des eleganten Comicflairs am liebsten nur die Rätsel durchgehen würde. Im Gegensatz zu früheren Titeln geht es nicht in erster Linie um ein Mysterium, sondern um viele unabhängige Fälle - sehr künstlich und banal werden übergreifende Hinweise dann in eine Form gepuzzelt. Immerhin sucht Katrielle ihren berühmten Vater, der scheinbar spurlos verschwunden ist: Während der eher humorvollen Inszenierung sorgt dieses Leitmotiv sowie eine Verschwörung zumindest im Ansatz für einen ernsteren Schatten im kunterbunten Alltag. Während man mit Katrielle über eine Karte von Ort zu Ort wandert oder mit dem Fahrrad fährt, entdeckt man nicht nur pittoreske Geschäfte und skurrile Charaktere, sondern ganz nebenbei die architektonisch authentischen Sehenswürdigkeiten vom Big Ben bis zum Tower.

Rätsel ohne Ende

Auch wenn Nintendo mit einigen Personalisierungen für Kleidung und Büro sowie überflüssigen Souvenirs den sammelnden Zeitgeist bedient, stehen die Rätsel im Mittelpunkt - und davon gibt es mit 185 (plus jene, die man runterladen kann) so viele

Über 180 Rätsel diverser Art warten auf Knobefreunde.
wie in keinem anderen Layton. Die Vielfalt an Aufgaben ist enorm: Es gibt klassische Denk- und Logikaufgaben, man verschiebt und dreht geometrische Formen, muss Worte richtig deuten,  kleine und große Puzzles aller Art lösen, darunter neuerdings auch einige Minispiele, die Match-3-Mechaniken nutzen. Fünf Jahre ist das letzte Layton her und man hat das Gefühl, als hätte Level 5 in der Zeit alle Rätselformen der Welt archiviert, wobei allerdings nicht alle kreativ überzeugen und es große Qualitätsunterschiede gibt - manchmal muss man gar nicht knobeln, sondern nur so lange herumfummeln, bis es passt. Außerdem sind manche Beschreibungen vor dem Knobeln nicht deutlich genug, so dass man allein dadurch länger als nötig herum experimentiert.

Aber wer befürchtet hat, dass man sich angesichts der mobilen Strategie durch deutlich mehr Masse als Klasse knobeln muss, darf aufatmen: Das Rätseldesign ist über weite Strecken angenehm anspruchsvoll. Schon in den ersten Situationen werden die Gehirnzellen ebenso gefordert wie räumliches Denken. Steckt man fest, darf man auf Hilfen in mehreren Stufen zurückgreifen, indem man Münzen bezahlt, die man meist überall in der Umgebung findet - was recht ermüdend ist. Das ist aber immer noch ein sehr gutes System, weil es einem nicht nur schrittweise Hinweise vom Allgemeinen zum Besonderen liefert, sondern weil man für die Nutzung auch etwas verliert: nämlich Pikarat. Das ist die virtuelle Währung oder Belohung, die man je nach Schwierigkeit (es gibt fünf Stufen) des Rätsels für Lösungen bekommt, wobei man die maximale Anzahl nur ganz ohne Hinweise erhält. Wer genug Pikarat beisammen hat, kann auch weitere erzählerische Hintergründe freischalten.

Fazit

Wer gehofft hat, dass Level 5 nach etwa fünf Jahren Pause mit einem großartigen Layton zurückkehrt, das die Fähigkeiten des 3DS ausnutzt und die Serie zu neuen Höhen führt, wird enttäuscht. Das Spieldesign wurde ganz klar auf mobile Systeme mit Touchfunktion zugeschnitten, man erlebt eher pittoreskes Sightseeing statt mysteriöses Storytelling. Aber das klingt kritischer als es ist, denn Layton's Mystery Journey: Katrielle und die Verschwörung der Millionäre wird hochwertig präsentiert. Wer etwas für Zeichentrickfilme alter Schule übrig hat, darf sich auf gemütliche, liebenswerte sowie witzige Szenen freuen. Allerdings wiederholt sich vieles recht schnell und man vermisst den erzählerischen roten Faden zwischen all den Einzelfällen. Aber wer befürchtet hat, dass man sich angesichts der mobilen Strategie durch deutlich mehr Masse als Klasse knobeln muss, darf aufatmen: Das Rätseldesign ist über weite Strecken angenehm anspruchsvoll, auch wenn es einige sehr simple Minispiele gibt.

Pro

tolles Zeichentrickflair
charmante Figuren und Schauplätze
sehr gute und flüssige Steuerung
viele und weitgehend anspruchsvolle Rätsel
Logik, räumliches Denken und Geschick gefragt
Comic-Sightseeing in London mit bekannten Orten
sehr gutes Hilfesystem

Kontra

schwache Story, kein großes Mysterium
viele ähnliche Situationen & Dialoge
einige zu simple Minispielchen
einige schlecht erklärte Rätsel
banales Hinweis-Puzzeln
überflüssiger Sammel
& Accessoirekram
auf Dauer fade Musikuntermalung

Wertung

Android

Eher pittoreskes Sightseeing statt mysteriöses Storytelling, aber viele und weitgehend anspruchsvolle Rätsel. Kein Layton-Meilenstein, aber ein gutes Puzzle -Adventure.

3DS

Eher pittoreskes Sightseeing statt mysteriöses Storytelling, aber viele und weitgehend anspruchsvolle Rätsel. Kein Layton-Meilenstein, aber ein gutes Puzzle -Adventure.

iPhone

Eher pittoreskes Sightseeing statt mysteriöses Storytelling, aber viele und weitgehend anspruchsvolle Rätsel. Kein Layton-Meilenstein, aber ein gutes Puzzle -Adventure.

iPad

Eher pittoreskes Sightseeing statt mysteriöses Storytelling, aber viele und weitgehend anspruchsvolle Rätsel. Kein Layton-Meilenstein, aber ein gutes Puzzle -Adventure.

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