Metroid Prime: Hunters19.05.2006, Jörg Luibl
Metroid Prime: Hunters

Im Test:

Bühne frei, Scheinwerfer an: Ms. Samus Aran ist erstmals in kompletter 3D-Pracht auf dem DS gelandet. Die Heldin par excellence gibt sich die Ehre im Miniformat und macht dabei erst gar keine Abstriche in Sachen Präsentation. Wir haben uns verblüfft durch futuristische Landschaften und Tunnelsysteme gescannt, gemorpht und gekämpft. Erreicht das Abenteuer die Perfektion der GameCube-Klassiker?

Ein Phallus muss fallen

Rechts zischt Vulkangas, links wabert Lava, vor mir leuchtet ein Portal. Einen Schuss später dringe ich in einen düsteren Tunnel, der von blau pulsierenden Adern durchzogen wird. Alles um mich herum scheint zu leben. Plötzlich ertönt seltsames Brummen. Ich drehe mich, aber sehe nichts. Ich scanne die Umgebung, suche alles ab … nichts. Dann, eine Sekunde später, naht der Feind: Zig Wachdronen schweben wie ein Schwarm Bienen aus der Ferne heran. Schnell eine fürs Archiv scannen, Waffe durchladen und Feuer frei!

Oben die Lava samt Feind, unten die Karte. Als Morphball kommt man hier besser durch...
Durchatmen, Finger lockern - denn das war noch gar nichts: Hinter der nächsten Tür lauert ein riesiger Wurm mit einem Dutzend Augen, der sich wie ein mutierter Phallus in die Höhe schraubt, geifert und zischt. Hinter mir werden die Türen verschlossen, vor mir schlagen die ersten Feuerbälle ein. Erst jetzt perlt der Schweiß. Erst jetzt kündigt der Bosskampf die alles entscheidende Primetime an. Das ist das wahre Metroid. Das ist genau die prickelnde SciFi-Spannung, die mich auch bei den großen Brüdern Metroid Prime und Metroid Prime 2: Echoes  auf dem GameCube so gnadenlos an der Motivationsgurgel gepackt hat.

DS rockt dritte Dimension

Grafisch beeindruckend, technisch hervorragend, atmosphärisch dicht: Metroid Prime: Hunters (ab 39,24€ bei kaufen) ist das bisher prächtigste DS-Abenteuer und das erste, dem die dritte Dimension wirklich verdammt gut steht. Kulisse, Menüs und vor allem die herrlichen Filme harmonieren wunderbar: Über beide Bildschirme laufen vor wichtigen Kämpfen imposante Filme, die Monster in Großaufnahme oder Szenen in Panoramaperspektive zeigen - herrlich! Wenn dieser Titel mit dieser Präsentation anno 1997 auf dem N64 herausgekommen wäre, hätte es kollektive Ohnmachtsanfälle gegeben. Vielleicht hätte Samus aber auch gar nicht auf's mickrige Modul gepasst…

Wie dem auch sei: Obwohl das Spielgefühl hervorragend ist, ist es nicht dasselbe wie auf dem GameCube. Und obwohl ich dieses Abenteuer jedem Metroid-Liebhaber wärmstens empfehle, ist es nicht ganz so perfekt wie seine großen GameCube- oder kleinen GBA-Geschwister. Im Vergleich zu Metroid Prime 2 liegt der Fokus hier eindeutig auf mehr Action. Das Scannen und Erkunden der Spielwelt ist zwar auch nötig, aber wurde deutlich zurückgeschraubt und nicht so gut in die Story integriert. Man hat das Gefühl, sehr viele kleine Puzzleteile zu sammeln, die jedoch selbst nach vielen Stunden nicht den großen Zusammenhang zeigen wie im letzten Licht- und Dunkelepos in der Welt der Luminoth.

Vom Jäger zum Gejagten

Apropos Story: Das Ganze spielt zeitlich zwischen Metroid Prime 1 und 2. Samus kommt den Artefakten der Alimbier auf die Schliche. Diese fast in Vergessenheit geratene Zivilisation schickt plötzlich eine mysteriöse telepathische Nachrichten an alle Völker: "Im alimbischen Cluster liegt das Geheimnis zur ultimativen Macht verborgen." Die Astralatombombe? Der universale Durchblick? Die Wunderwaffe? Keiner weiß es. Kein Wunder also, dass sich daraufhin nicht nur Samus Aran, sondern noch jede Menge andere dubiose Gestalten und Kämpfer auf den Weg machen, um das Geheimnis als Erste zu lüften. Immer wieder werdet ihr auf eurer Suche alarmiert, wenn einer der Jäger auf dem Planeten landet und dann heißt es: Showdown!

Denn dann beginnt meist ein Wettlauf gegen die Zeit bis zum rettenden Raumschiff oder ein feuriges Katz- und Mausspiel, eine regelrechte Jagd um die Trophäe, die man gerade von einem alimbischen Boss erbeutet hat. Plötzlich verliert man das Artfefakt und muss es in einer Art Arenaduell wieder zurückgewinnen. Dabei steht man zunächst nur mit den klassischen Waffen Charge Beam, Morphball und Raketen coolen Kopfgeldjägern gegenüber, die alle nicht nur ganz eigene Fähigkeiten wie das Einfrieren, die Unsichtbarkeit oder die Sichtverzerrung besitzen, sondern sich auch verwandeln können: Weavel krabbelt mit Nahkampfklauen umher, während der Rest des Körpers als stationäres Geschütz ballert; Kanden wird zur schnellen Angriffslarve und Sylux hinterlässt ein zerstörerisches Bombentrio. Später kann man den Schergen mit sechs Spezialwaffen, darunter Mörser, Elektro-, Magma- Plasmawerfer sowie mit einem Scharfschützenlaser entgegen treten.         

Nicht ganz perfekte Steuerung

So gewinnt das Spiel neben den klassischen kleinen und großen Bosskämpfen noch einen rasanten Schuss Räuber-und-Gendarme-Flair. Aber neben der Tatsache, dass die Story angesichts all der Action etwas an epischer Kraft einbüßt, ist die Steuerung nicht intuitiv genug. Sie ist nicht schlecht, man gewöhnt sich mit der Zeit an sie und kann sie meistern, aber sie flutscht einfach nicht

Der WiFi-Modus läuft wunderbar, bietet Action pur und coole Spielvarianten.
perfekt. Auf den ersten Blick hat man alles richtig gemacht: Es gibt nicht nur eine separate Konfiguration für Linkshänder, sondern auch zwei allgemeine Varianten, die man in Sachen Feinheiten und Zielumkehrung noch anpassen kann - so weit, so komfortabel. Diese Alternativen bieten euch viel Freiraum zum Experimentieren.

Aber beide haben ihre eigenen kleinen und eine große gemeinsame Schwäche: es gibt keine automatische Fixierung des Gegners wie in den letzten großen Metroids. Warum nicht? Das führt dazu, dass man immer manuell zielen muss. Und das verlangt auf dem DS wesentlich mehr Konzentration als auf dem GameCube am großen Bildschirm, weil man sich in der Hitze des Gefechts noch um das Ausweichen, die Waffenwahl oder die Deckung kümmern muss. Es gibt selten Momente, in denen man in diesen sicheren Flow kommt, bei dem man sich nicht um die pixelgenaue Justierung des Fadenkreuzes, sondern nur um den Gegner kümmern muss.

Wählt man die Stylus-Ziel-Variante, hat man immerhin den Vorteil, dass man damit fast so perfekt wie mit einer Maus zielen kann - das sorgt mit etwas Übung für fast reibungslose Kämpfe. Allerdings ist das Schießen auf der linken Schultertaste und die gleichzeitige Bewegung über das Digikreuz wesentlich anstrengender als auf dem GameCube - zumal man springt, indem man doppelt auf den Touchscreen klickt. Wer fingerakrobatische Defizite hat oder Multitasking hasst, sollte erst ein Probespiel machen. Bis man eine optimale Griffposition gefunden hat, kann schon der ein oder andere Stift zu Boden fallen oder falsche Button gedrückt werden. Wählt man die Button-Ziel-Variante umgeht man zwar die Stifthaltung, kann auf Knopfdruck springen, aber das Zielen ist nicht mehr so punktgenau - sprich: ein Druck nach unten und das Fadenkreuz wandert zu weit runter.

Veteranen & Mehrspieler

Wer in die Welt von Metroid einsteigen will oder entspannende Action für zwischendurch sucht, sollte daher einen Bogen um dieses Spiel machen. Natürlich sind alle Ableger der Reihe anspruchsvoll -und das ist auch gut so-, aber hier wird aufgrund der Steuerung noch eine kleine Hürde aufgelegt. Auch die Karte bietet trotz der Tatsache, dass man sie drehen und zoomen kann, nicht immer die optimale Übersicht. Trotzdem muss man die Entwickler für diese Umsetzung loben: Die Übertragung von 3D-Spielwelten ins Handheldformat ist bisher nicht immer so gut geglückt wie hier - man denke an Splinter Cell: Chaos Theory  oder selbst Resident Evil Deadly Silence .

Hinzu kommt, dass der Multiplayermodus für bis zu vier Spieler hier ein glanzvolles Highlight ist. Erstens läuft das Ganze vollkommen ruckelfrei und butterweich. Zweitens gibt es die komfortable Kombination von Single- und Multipak-Modi. Sprich: Ihr könnt auch schon mit einem Modul eine Arena und einen Kopfgeldjäger wählen, um gegeneinander anzutreten. Hier stehen alle Gegner aus der Kampagne mit ihren einzigartigen Fähigkeiten zur Auswahl - allerdings nur im Kampfmodus. Viel interessanter ist es, wenn jeder ein Modul besitzt: Erst dann hat man Zugriff auf alle Varianten, darunter interessante Verteidigungs- oder Artefaktraubspiele. 

Last but not least gibt es die famose WiFi-Unterstützung über das Internet. Habt ihr einen PC oder befindet ihr euch an einem Internet-HotSpot, könnt ihr auch hier in wenigen Sekunden gegen bis zu vier Spieler im Netz antreten, im Rang aufsteigen und Freundeslisten pflegen. Die Arenen sind wunderbar designt, aufgrund ihrer Tunnel, Höhen und Schluchten sehr abwechslungsreich. Schon nach wenigen Sekunden findet man bereits zig neue Waffen und kann über Sprungpunkte in die Höhe schnellen - da kommt fast gute alte Unreal Tournament-Stimmung auf. Gratulation an Nintendo: So muss Multiplayeraction aussehen!

       

Fazit

Mit dem DS online Deathmatchluft schnuppern? Wie in alten UT-Zeiten in Arenen kämpfen? Mit Riesensprüngen und Headshots? Kein Problem: Metroid Prime: Hunters serviert euch nicht nur die beste Multiplayer-Action, die es bisher im Miniformat gibt, sondern auch die prächtigste. Bisher galt Nintendos Kleiner in Sachen 3D als hässliches Entlein, aber hier sorgt das Dreigestirn aus Menüs, Kulisse und Filmschnipseln für ein atmosphärisch dichtes und höchst ansehnliches Abenteuer. Man hat den futuristischen Nervenkitzel von Samus' Odyssee fast perfekt ins Miniformat übertragen. Fast deshalb, weil der Actionschwerpunkt die Erkundung, das Scannen und die Story etwas zur Seite gedrängt hat. Man erreicht nicht die epische Wucht der großen GameCube-Brüder. Außerdem fehlt der Steuerung trotz aller lobenswerter Linkshänder- und Zielalternativen die automatische Gegnerfixierung. Aber selbst, wenn ich mich immer wieder konzentrieren muss, um in den Flow von Deckung, Sprung und Schuss zu kommen: diese Artefaktjagd macht einen Heidenspaß!

Pro

fantastische Filme
klasse Atmosphäre
viele Spannungsmomente
erstklassiges Menüdesign
hervorragende 3D-Kulisse
interessante Spielmodi
sechs coole Kopfgeldjäger+ sehr gut designte Karten
neue Waffen & Verwandlungen
kompatibel mit dem Rumble-Pak
Steuerung für Rechts- & Linkshänder
sehr guter Multiplayerservice (WiFi, Single- & Multipak)

Kontra

unspektakuläre Story
weniger Scan-Erkundung
Steuerung erfordert viel Konzentration
keine automatische Gegnerfixierung
höchstens vier Spieler online

Wertung

NDS

Das prächtigste 3D-Actionspiel auf dem DS - diese Artefaktjagd macht einen Heidenspaß!

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