Fluch der Karibik 231.07.2006, Benjamin Schmädig
Fluch der Karibik 2

Im Test:

Licht aus, Vorhang auf, Auftritt Jonny Depp: Buena Vista Games präsentiert die Versoftung des Leinwanderfolgs Fluch der Karibik 2 und lässt euch in der Rolle von Jack Sparrow gegen untote Piraten den Säbel schwingen. Die PSP-Fassung will dabei mit einfallsreichen Kämpfen überzeugen. Erwartet euch hier einzigartiges Fechten oder wird es nach dem Säbelrasseln schnell wieder still?

... und 'ne Buddel voll Rum

Seemänner, runter mit den Krügen und ran an die Klingen, denn der ständig angetrunkene Meisterpirat Jack Sparrow alias Jonny Depp braucht eure Hilfe! Der sitzt hinter Schloss und Riegel und will zurück zu seinem Schiff, der Black Pearl. Natürlich stehen ihm dabei jede Menge untote Seemänner im Weg. Also stellt sich die Frage: What shall we do with the drunken sailor? – Was sollen wir mit dem betrunkenen Piraten nur machen? Ganz einfach: Ihr lasst ihn unzähligen Bösewichtern Metall zwischen die Rippen schieben und schlagt euch vom Gefängnis über exotische Inseln bis zum Endgegner durch. Das ist allerdings auch schon die ganze Handlung. Vom Flair des Films ist nicht viel übrig, denn ihr erlebt fast ausschließlich, wie er sich zwischen den im Kino gezeigten Szenen alleine durchschlägt.

Um die Untoten-Hatz interessant zu gestalten, setzt Amaze nicht auf das herkömmliche Rezept aus schnellen Schlägen, harten Hieben und vielfältigen Kombos. Stattdessen versuchen die Entwickler, glaubwürdige Duelle mit  einer Mischung aus vorgefertigten Abläufen und einer Art

Rätselarmut: Jack Sparrow schleppt ein Pulverfass vor die Tür und entzündet es. Später dann noch eins und noch eins und noch eins und...
Quicktime-Reactions zu inszenieren. Vor einem Schlag seht ihr über eurem Gegner die Taste, welche ihr drücken müsst, um einen Treffer zu landen – und zwar so oft, bis der alle Viere von sich streckt. Dadurch folgen die Kämpfe einem vorherbestimmten Ablauf, während ihr damit beschäftigt seid, schnell den richtigen Knopf zu drücken. Theoretisch ist das klasse, da vorgefertigte Bewegungen filmreife Abläufe ermöglichen und Reaktionsspiele trotzdem herausfordernd sind. Zuletzt haben God of War oder Fahrenheit gezeigt, wie cool das sein kann.

Verpufftes Säbelrasseln

Und tatsächlich macht Jacks Säbelschwingen eine gute Figur. Vor allem die Todeshiebe können überzeugen, wenn er z.B. seine Klinge in den Gegner rammt und anschließend den Fuß auf dessen Oberkörper stemmt, um das Eisen wieder aus dem Brustkorb zu ziehen. Der Protagonist könnte als Double von Jonny Depp durchgehen und den Widersachern steht die modrige Verwesung auf den Leib geschrieben. Nur die Schauplätze selbst sehen sowohl matschig als auch detailarm aus und lassen euch nicht weit blicken. Besonders in weitläufigen Höhlen könnt ihr entfernte Umrisse nur erahnen. Trotzdem ruckelt das Geschehen. Von der miserablen Kamera ganz zu schweigen: Die könnt ihr zwar meist selbst steuern (wobei mich stört, dass ich die linke und rechte Drehung nicht beliebig auf die Schultertasten verteilen kann), doch in der Hitze des Gefechts seht ihr statt des Geschehens oft nur die Wand oder Jack Sparrows Kopf.

Auch spielerisch verwirklicht Amaze seine Ideen nur im Ansatz. Statt immer neuer Kombinationen braucht ihr nur zwei Varianten: Ein paar mal Kreuz, dann ein paar mal Viereck. Oder ein paar mal Viereck, dann ein paar mal Kreuz. Nur selten wollen Widersacher mit Kreis und anschließender Vierecks-Kombo von den Socken geschlagen werden. Abwechslung gibt es kaum und damit versinkt das tolle Prinzip in einem plumpen Einheitsbrei. Ihr könnt die Gegner zwar kurzzeitig bewusstlos schlagen, doch das rettet den monotonen Ablauf nicht mehr. Ebensowenig tragen überall verstreute Zweitwaffen wie Pistolen, leere Flaschen oder Sprengsätze dazu bei, mit denen ihr vor allem auf die Entfernung für Ruhe sorgt. Blocken dürft ihr übrigens nicht; Falls ihr die falsche Angriffstaste drückt, landet der Gegner einen Treffer, so einfach und frustrierend ist das.

Multikanoniere

Außerdem hätten die Entwickler den Schwerpunkt auf ausgewogene Duelle gegen wenige Piraten legen sollen, statt mich mit Tsunamis von Untoten zu überfluten. Ganz abgesehen davon, dass

Das Klingenwetzen ist nett anzusehen. Spielerisch ist es wertlos.
denen offenbar das Gehirn vertrocknet ist: Wer ohne mein Zutun in einen Abgrund rennt oder schnurstracks ins Feuer läuft, schafft wahrscheinlich nicht einmal den  Klick zum IQ-Test. Schon das dämliche Grunzen der Feinde zeugt vom Entwicklungsstand ihrer Intelligenz.

Denn so toll ihr die Säbel auch rasseln hört, so deutlich verschafft sich die Blödheit mit nervigen "Urghl"s und "Naaaarg"s Gehör. Da kann auch die hervorragende Sprachausgabe sowohl in Englisch als auch in Deutsch nichts retten. Dabei sind allein Jack Sparrows Sprüche echte Hinhörer. Die originale Filmmusik dröhnt allerdings nur selten aus den Boxen. Oft beschränkt sich der Soundtrack auf ein uninspiriertes Gewimmer im Hintergrund, um die düsteren Szenarien zu untermalen – mitunter fehlt er sogar völlig. Das sorgt aber nicht für Stimmung, sondern erzeugt Langeweile.

Noch Fragen?

Wenn ihr bis zu viert gegeneinander antretet, zeigt sich übrigens ein ganz anderes Bild, denn dann geht es in verschiedenen Schiffen zum Deathmatch auf hoher See – Psygnosis’ altes Overboard lässt grüßen. Das spielt sich spritzig, eignet sich aber nur als witzige Ablenkung für wenige Minuten. Immerhin könnt ihr zwischen den Kämpfen sogar die Werte eures Schiffs aufstocken und euch reicht eine einzelne UMD für die Kanonenschlacht.

Nach vier Stunden ist das eintönige Gemetzel dann vorbei und wer so klug war, darauf zu verzichten, wird auch die müden Rätsel sowie die völlig überflüssigen Bonuslevel nicht vermissen. Dort haltet ihr euch nämlich einfach fünf Wellen von Untoten vom Hals, das war's. Überflüssig sind die Abschnitte aber nicht, denn ihr müsst sie erledigen, wenn ihr dem finalen und einzigen Boss gegenübertreten wollt. Ihr erhaltet allerdings nicht einmal praktische Extras oder Ähnliches. Und die Rätsel? "Trage Pulverfass vor Tür, nimm Fackel, entzünde Fass" oder "Lege vier Schalter in einer bestimmten Reihenfolge um." Noch Fragen?    

Fazit

Was macht man nun mit dem betrunkenen Seemann? Er schlägt sich ja in ansehnlicher Manier durch sein knappes Abenteuer und hat ein paar lockere Sprüche auf den Lippen. Die Säbel klirren ordentlich und auf dem Bildschirm finden ansehnliche Kämpfe statt. Die Idee mit den Reaktionsspielen ist zudem klasse und funktioniert in den ersten Minuten auch. Doch spätestens wenn ihr zum hundertsten Mal die zwei stets gleichen Kombinationen gedrückt habt, macht sich Langeweile breit. Und mehr hat Amaze leider nicht auf Lager. Spielerisch und auch erzählerisch ist die PSP-Umsetzung in etwa so spannend wie Walfischsuche auf dem Festland. Dazu kommt ein ständiges Ruckeln, lieblos reingeworfene Soundtrack-Fetzen und eine unübersichtliche Kameraführung. Lasst den angetrunkenen Seemann im Regal stehen. In seinem Zustand taugt er nicht einmal zum Deckschrubben.

Pro

Schwerter klirren schön
anschauliche Duelle
witziger Mehrspielermodus
gut aussehende Chaktere
lockere Sprüche von Jack

Kontra

schreckliche Kameraführung
langweilige Duelle
ruckeliges Geschehen
uninspirierte Rätsel
nervig grunzende Gegner
selbstmörderische Untote- selten gute Musik
extrem kurze Spielzeit
belanglose Geschichte
langweilige Bonuslevel
Steuerung nicht einstellbar
kaum Unterschiede zwischen Extrawaffen
nur Angriffe, keine Blöcke

Wertung

PSP

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