Fortschritt und Vergangenheit
„Im Gegensatz zur Videospielindustrie hat sich klassisches Spielzeug in den letzten 30 Jahren kaum weiterentwickelt“, erklärt mir Hanns Tappeiner, einer der Mitgründer des Unternehmens Anki, das es sich zum Ziel gemacht hat, Unterhaltungs- und Robotik-Technologie miteinander zu verknüpfen. Und der aus Deutschland stammende Tüftler liegt mit dieser Aussage gar nicht falsch: Schaue ich mir ein Matchbox-Spielzeugauto von heute an und vergleiche es mit den Exemplaren von damals, hat sich bis auf die aktuellen Modelle fast gar nichts verändert. Und auch die allseits beliebte Barbie dürfte sich nicht sonderlich weiterentwickelt haben. Ganz anders dagegen die Welt der Videospiele: Vergleiche ich ein Spiel aus den Achtzigern mit aktuellen Vertretern, liegen dank des technischen Fortschritts Welten zwischen den beiden.
Genau dieses Ziel verfolgt man auch bei Anki, indem man versucht, sich an der Videospielindustrie zu orientieren und klassisches Spielzeug mit der Kombination des technischen Fortschritts zu modernisieren. Im Fall von Anki Drive und dem Nachfolger Anki Overdrive nahm man einfach die beliebte Carrera-Bahn als Basis, bereichert den Spielablauf aber mit Elementen eines rasanten Videospiels wie Mario Kart und stattet die kleinen Boliden zusätzlich mit einer beeindruckenden künstlichen Intelligenz aus.
Das clevere Auto
Die Flitzer haben verschiedene Vor- und Nachteile. Sie lassen sich außerdem mit (Software-)Upgrades verbessern.
Und die geht so weit, dass man mit dieser futuristischen Spielzeug-Bahn auch ganz alleine gegen automatisch gesteuerte Konkurrenten antreten darf. Dank eines integrierten 50 MHz Computers und eingebauter Kamera scannen die kleinen Flitzer ihre Umgebung etwa 500 Mal pro Sekunde und erkennen daher nicht nur den Streckenverlauf der neuerdings modular zusammengesteckten Pisten, bei denen man seiner Kreativität freien Lauf lassen kann. Nein, sie analysieren auch konstant das Umfeld und wissen daher, wann sie sich hinter, vor oder neben einem anderen Fahrzeug befinden. Es ist beeindruckend zu sehen, wie die Modelle selbstständig ihre Runden drehen und aufeinander reagieren. Zudem entwickeln sich die KI-Piloten mit zunehmender Spielzeit weiter, um auch fortgeschrittenen Spielern genug Paroli zu bieten.
Denn auch deren Wagen und Fähigkeiten werden mit zunehmender Spielpraxis und weiteren Upgrades immer besser. Denn hier werden nicht nur einfach Rennen gefahren. Die Flitzer sind bis an die Zähne bewaffnet und ballern sich gegenseitig mit Waffen wie Laserkanonen, EMP-Stößen oder anderen Gemeinheiten über den Haufen. Das alles wird selbstverständlich nur von der Software gesteuert, doch sieht man das Feedback auch an den Modellen, wenn z.B. die einschlagenden Kugelsalven mit blinkenden Lichteffekten visualisiert werden.
Handy als Controller
Anki Overdrive soll im September auch in Deutschland erscheinen. Der Preis für den deutschen Markt steht allerdings noch nicht fest. In den USA wird das Starterpaket mit zwei Wagen und zehn Streckenabschnitten für 150 Dollar angeboten. Erweiterungspakete kosten dort zwischen zehn und 30 Dollar. Die nötige App kann kostenlos über iTunes und Google Play bezogen werden.
Gesteuert werden die Flitzer nicht länger mit einem dazugehörigen (Kabel-)Controller, sondern mit Handy oder Tablet. Funktionierte der Vorgänger ausschließlich mit iOS-Geräten und der dort verwendeten, speziellen Bluetooth-Technologie, fungieren jetzt auch Android-Geräte als Steuerungseinheit, die alternativ auch via WLAN miteinander kommunizieren. Selbst die gleichzeitige Verwendung von Androiden und Äpfeln soll möglich sein. Ob man irgendwann auch Winphones unterstützen kann, wird derzeit noch untersucht.
Mit einem berührungsempfindlichen Schieberegler bestimmt man über das Display das Tempo. Gelenkt wird mit Hilfe der Bewegungssensoren, indem man das Gerät in die entsprechende Richtung neigt. Aber keine Sorge: Man muss bei dem mitunter wahnwitzigen Tempo die Karossen nicht in jeder Kurve manuell lenken. Die Funktion dient in erster Linie einer Mechanik, die sich am besten mit dem „Spurwechsel“ herkömmlicher Bahnen vergleichen lässt – mit dem Unterschied, dass es hier stufenlos funktioniert und man nicht nur Überholmanöver einleitet bzw. abblockt, sondern auch dem gegnerischen Beschuss ausweicht. Trotzdem fahren die Autos auch ohne Lenkbewegungen immer geradeaus und folgen dem Streckenverlauf, können bei zu hohem Tempo oder nach Rangeleien aber dennoch abfliegen. Außerdem haben die Entwickler im Gespräch bereits angedeutet, dass die Fahrhilfen mit der Zeit reduziert werden, um geübten Spielern weitere Herausforderungen zu bieten.