Special: Buchtipp für Spieler (Sonstiges)

von Jörg Luibl



Buchtipp für Spieler
Sonstiges
Entwickler: 4Players
Publisher: -
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Spielinfo Bilder  
Wer sich mit dem Ursprung des Spielens beschäftigt, kommt um die Klassiker aus Antike und Mittelalter genauso wenig herum wie um das moderne Phänomen Brettspiel. Wie reichhaltig die Welt der Spiele ist, zeigt dieses sehr gut illustrierte sowie umfangreich recherchierte Buch von Erwin Glonegger.


"Der Nestor des Spiels"

Wir haben uns die überarbeitete Neuauflage aus dem Jahr 2009 angeschaut; Preis: 24,95 Euro.
Was hat der Mensch in der Antike gespielt? Wieso ist Pachisi der Vorläufer allen menschlichen Ärgers? Was verbindet Cäsar, Martin Luther und Backgammon? Und wieso haben deutsche Offiziere im Zweiten Weltkrieg das uralte Go gespielt? Wer ebenso informative wie überraschende Antworten finden und in die Geschichte des Spiels reisen möchte, stößt unweigerlich auf das reich bebilderte Standardwerk aus dem Jahr 1988: Das Spiele-Buch.

Erwin Glonnegger, der mit "Handel und Wandel" oder "Emil und die Detektive" selbst unterhaltsame Brettspiele erfunden hat, konnte schon vor knapp zwanzig Jahren aufgrund des ansehnlichen Layouts zahlreiche Preise gewinnen - und auch heute sticht die Aufmachung sofort ins Auge: Neben Holzschnitten und Kupferstichen, Collagen und Malereien finden sich Abbildungen kostbarer Spielerelikte aus international renommierten Museen; darunter das erste Monopoly aus dem Jahr 1936, Schachfiguren aus Burma oder jahrtausendealte Schlangenlaufspiele aus Ägypten.

Brett- und Legespiele aus aller Welt

Das Werk bietet einen leicht verständlichen, aber wissenschaftlich fundierten und überaus interessanten Überblick zu allen prägenden und bekannten Gesellschaftsspielen der Welt. Hat jemand gewusst, dass das 1957 in Frankreich erschienene Brettspiel Risiko tatsächlich in Deutschland auf den Index sollte? Erst als man aus dem jugendgefährdenden "Erobern" und "Vernichten" das politisch korrekte "Befreien" machte, durfte die Welteroberung mit Plastikarmeen auch hierzulande stattfinden - die deutsche Jugendschutzhysterie hat Tradition.

Die historischen Illustrationen und interessanten Geschichten laden zum Schmökern ein.
Das großformatige Buch (26,4 x 19,8 x 2,4 cm) ist nicht nur der ideale Schmöker, es ist das muttersprachliche Fundament in der historischen Betrachtung des Phänomens - und damit die ideale Einstiegslektüre für alle, die sich mit dem Thema näher beschäftigen wollen. Der mittlerweile 84-jährige Autor und Entwickler gilt nicht ohne Grund als der Grand Seigneur der deutschen Brettspielwelt. Glonnegger wurde für sein "herausragendes Engagement in der Öffentlichkeit für die Welt des Spiels" bereits mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.

Auszeichnung als "schönstes Buch"

Wir haben uns die Neubearbeitung des Klassikers aus dem Jahr 2009 angeschaut, die auf 288 Seiten ein großes historisches und inhaltliches Spektrum abdeckt - von den Ursprüngen des "Mensch ärgere dich!" in Indien über antike und mittelalterliche Spiele wie Mühle, Dame oder Schach bis hin zu neuzeitlichen Brettspielen wie Scotland Yard, Carcassonne, Die Siedler oder Rubiks Zauberwürfel. Nimmt man das Lexikon des Anhangs hinzu, wird man von A wie Abalone bis Z wie Zug um Zug auch in kleinen Artikeln fündig - abgerundet wird das Ganze von einem Personenregister und Literaturverzeichnis.

Das Besondere an der Lektüre: Das Buch ist sowohl Lexikon als auch Bilderreise und vor allem Anleitung für die eigene Spielerstellung. Glonnegger leitet die in Genre unterteilten Kapitel wie "Glück muss man haben" , "Belagern und Verteidigen"
Das Buch eignet sich auch dazu, klassische Spiele selbst zu erstellen - es gibt zig Regeln und Beschreibungen.
oder "Ziehen und Hüpfen" meist mit geistreichen Beschreibungen und historischen Rückblicken ein, bevor er einzelne Spiele analysiert und ihre Regeln schildert. Besonders interessant für Historiker: Es wird auch versucht, verschollene Regeln aus der Antike zu rekonstruieren - z.B. das orientalische Zwanzigfelderspiel, dem auch die Pharaonen zugeneigt waren. Und wer sich als deutscher Yakuza 3 -Spieler gerade darüber ärgert, dass Shogi nicht auf der PlayStation 3 dabei ist: Auf Seite 190 und 191 findet man die klassischen Regeln zum japanischen Schachspiel inklusive Figurentypen und Brettaufbau.

Kritik und Kleinigkeiten

Gibt es etwas zu meckern? Nur wenn man genau hinschaut und das Buch aus einer moderneren Perspektive betrachtet: Hier und da haben sich ein paar Fehler eingeschlichen wie etwa die falsche Figurenanzahl für Gala auf S. 193, aber das sind angesichts des Umfangs sowie des durchweg guten sprachlichen Stils nur orthografische Peanuts. Schade ist jedoch, dass es manche moderne Entwicklungen der Brettspielwelt nicht in das Lexikon geschafft haben: Zum einen sucht man Begriffe wie Pen&Paper, Hero Quest, Midgard, Das Schwarze Auge, Talisman oder auch eine Würdigung der wichtigsten Rollenspiele im Allgemeinen vergeblich - und das, obwohl diese auch zur Familie der Brettspiele gehören und diese geprägt haben. Lediglich ein kleiner Artikel zum Thema "Roleplaying" ist dabei.

Außerdem hat man leider den kreativen Shootingstar der Brettspielwelt vergessen: Vlaada Chvatil. Der Tscheche
Die Magie des Würfels hat auch schon vor Jahrhunderten für so manchen Zeitvertreib gesorgt.
veröffentlicht seit einigen Jahren ein Meisterwerk nach dem anderen und bricht dabei mit Konventionen - Spiele wie Galaxy Trucker, Space Alert oder Im Wandel der Zeit werden derzeit von Kritikern in aller Welt hoch gelobt. Schade ist in diesem Zusammenhang auch, dass man dem Verfasser die Distanz zu Computer- und Videospielen anmerkt, werden sie doch nur in negativen Randnotizen abgehandelt.

Statt auf die vielen kreativen Schnittstellen der beiden Spielarten aufmerksam zu machen, die es vor allem im Strategiebereich, aber auch hinsichtlich des Phänomens der Immersion gibt, liest man hier in kleinen Artikeln von "Killerspielen" und "Verkaufsstopp" und "Spielsucht". Allerdings darf man nicht vergessen, dass Erwin Glonnegger, Jahrgang 1925 und Wehrmachtssoldat mit Fronteinsatz, auch auf dem Brett nie einen Draht zu Kriegsspielen im Allgemeinen oder Tabletop und Cosims im Besonderen gefunden hat. Selbst ein Klassiker wie "Risiko" wird nur kurz unter der Erwähnung der damalig geplanten Indizierung besprochen.

Dieses Buch darf in keiner Sammlung eines Spieleliebhabers fehlen! Auf 288 wunderbar illustrierten Seiten wird man nicht nur ohne wissenschaftliche Verklausulierungen über die spannende Geschichte des Spiels informiert, man bekommt auch noch richtig Lust auf das Spielen. Es hat Spaß gemacht, sich durch die bewegte Historie zu blättern und in rekonstruierten Regeln ägyptischer Brettspiele zu schmökern. Nicht nur aufgrund der vielen Regelwerke zeitloser Klassiker ist das ein Buch, das man als leidenschaftlicher Würfler, Stratege und Glücksritter auf eine einsame Insel mitnehmen sollte - immerhin kann man sich einen Taktikklassiker wie "Hex" oder das exotische "Ashtapada" schnell selber basteln. Es ist zwar schade, dass einige moderne Phänomene der Brettspielwelt fehlen und dass man dem Autor die Abneigung gegenüber Kriegs- und Videospielen anmerkt, aber als Nachschlagewerk und Einstieg zu weiter führender Recherche ist dieses Buch ein Schatz.

Kommentare

zockaholic schrieb am
Blöd, dass das Buch so groß ist.
Ich lese eigentlich nur im Zug, da ich zu Hause mit einem Rechner in der Nähe irgendwie andere Dinge im Kopf habe....
Und bei der Größe lässt sich das schlecht die ganze Zeit mitrumschleppen.
Aber trotzdem eine gute Anregung. :wink:
eichholz schrieb am
Hat jemand gewusst, dass das 1957 in Frankreich erschienene Brettspiel Risiko tatsächlich in Deutschland auf den Index sollte? Erst als man aus dem jugendgefährdenden "Erobern" und "Vernichten" das politisch korrekte "Befreien" machte, durfte die Welteroberung mit Plastikarmeen auch hierzulande stattfinden - die deutsche Jugendschutzhysterie hat Tradition.
Klar, das gab damals in den 80ern doch lange Debatten mit den Eltern, "Kriegspiele" zu spielen. Dabei waren die nicht mal friedensbewegt, aber haben Weltkrieg als Kinder halt noch selbst erlebt.
Mit welcher Leichtigkeit in Rezensionen über das virtuelle Töten geschrieben wird, hätten wir uns alle damals nicht im Traum einfallen lassen. Damals waren auch noch die Russen in Afghanistan und nicht die Bundeswehr.
psyemi schrieb am
bücher zu spielen ist in etwas genauso sinnvoll wie zu architektur zu tanzen ;)
M_Coaster schrieb am
TheInfamousBoss hat geschrieben:Super Idee für Leser!
Ich selbst allerdings hasse Bücher und habe nicht mal in der Schule eins zu Ende gelesen. Nur mal ein "Robin Hood"-Buch, das aus mehr Bildern als Wörtern bestand. Einfach keine Geduld für sowas. ^^
HILFE!!! Ich hoffe das war Ironie... da wird einem immer bewusst, wie komisch es ist ein Hobby zu haben das "6 bis 66" jährige haben...
JohnnyJustice schrieb am
Super Idee. Bin wahrscheinlich der einzige Buchhändler Deutschlands der weiss wie man ein Gamepad korrekt benutzt. ;-)
schrieb am