Die Gilde DS08.04.2009, Bodo Naser
Die Gilde DS

Im Test:

Mit ihrem Aufwasch Die Gilde 2 inklusive lauwarmer Add-Ons hat JoWood die Fans des mittelalterlichen Treibens enttäuscht. RTL will diese nun auf dem DS wieder mit der Handelssimulation versöhnen, die bewusst auf alte Tugenden setzt. Obwohl man es bei Die Gilde DS nur mit virtuellen Gegnern zu tun hat, kommt man sich ein wenig wie beim Brettspiel vor.

Ein Räuber steht im Walde

Mist - jetzt haben mich die Räuber schon wieder am Wickel! Dieses Mal knöpft mir der Wegelagerer 3.500 Goldstücke und zwei Brote ab. Das ist um so ärgerlicher, weil ich gerade auf dem besten Wege war, die rund 37.000 Gulden für ein neues

Nur für Geübte! Wer auf einen Räuber trifft, sollte sich nicht aufs Kämpfen allein verlassen, da es einfachere Methoden gibt.  
Kontor zusammen zu sparen. Doch nun wurde ich zurück geworfen, so dass ich weiter Geld verdienen muss, bis es wieder reicht. Fast scheint es so, als würden die Räuber reiche Säcke eher überfallen, denn sie kommen immer genau dann, wenn man schwer beladen ist. Leider ist es nicht möglich, das eigene Geld sicher in einer Bank zu deponieren, da es keine gibt, was im Mittelalter aber durchaus der Fall war. Wenn nicht - dann doch zumindest eine Geldkassette im heimischen Sitz des Kaufmanns, die hier auch vermisst wird. So schleppt man seine Gulden stets mit sich rum und die Diebe freuen sich.

Man kann wenig gegen die Räuber unternehmen, denn dauerhaft sind sie nicht in die Schranken zu weisen. Ich kann zwar flüchten, verhandeln oder kämpfen, aber all die Mini-Spiele sind mit einem gewissen Risiko verbunden. Die Flucht gelingt nicht immer, weshalb das Verspotten die zweitbeste Möglichkeit ist, denn gelingt es, komme ich wie beim Fliehen ungeschoren davon. Das Feilschen wiederum führt nur dazu, dass der Räuber weniger mitnimmt. Und das Kämpfen ist nicht in den Griff zu bekommen, da es in ein hektisches Geklicke ausartet. Treffer sind dabei fast Glückssache, weshalb es zur effektiven Verteidigung ausfällt. Auch das Beschimpfen will gelernt sein, denn man braucht flinke Finger, um die Wortfetzen flugs zusammen zu puzzeln. Zusätzlich soll der Spruch noch treffend sein, was allerdings nicht immer gelingt: Wer nur über die Frisur des Kontrahenten lästert, macht hier keinen Stich.

Reich trotz Überfälle

Doch man kann auch versuchen, die Räuber auf die Gegner zu hetzen und sie damit zu persönlichen Zwecken auszunutzen: Zwar kann ich nicht wie bei JoWoods Die Gilde 2 aufrüsten, eine Schutztruppe anheuern oder besser kämpfen lernen, aber ich kann die Banditen anheuern. Dazu muss ich mich in die Höhle des Löwen begeben - in eines der großen Lager auf der schmucken Karte. Der Tod lauert dort zwar nicht, aber für 1.000 Gulden überfallen die Typen einen der vier Gegenspieler. Außerdem gibt es weniger Überfälle, wenn man sich dort aufhält, wo die anderen Händler sich tummeln; sie trifft es nämlich genauso. Weiterhin sollte man kurze Wege gehen, so dass man nicht auf der Straße übernachten muss, sondern sich innerhalb der schützenden Stadtmauern befindet, wenn die Runde zu Ende ist.

So viel Ärger die Räuber einem auch bereiten, schaffen sie es nicht, einen dauerhaft zu schwächen. Nach meinem obigen Zusammentreffen hat es nur ein paar Minuten gedauert, bis ich den Verlust wieder drin hatte. Runde für Runde wird man reicher, denn das Geldverdienen geht, obwohl man die ganze Zeit nur begrenze Kapazitäten hat, flott vonstatten. Es gibt nur wenig, was einen in dieser Hinsicht stoppen könnte. Wer die Orte von Kehlstadt bis Prahlheim kennt und weiß, auf welchem Markt man was billig erhält und wo es sich teuer verkaufen lässt, lässt sich durch nichts vom Aufstieg abhalten. Auch wenn die Räuber bisweilen geballt kommen und weder Flucht, Bestechung noch Beschimpfungen helfen, ärgern einen die virtuellen Gesellen zum Glück nie bis aufs Blut.

Drei Siegoptionen

Es gibt drei Sieg-Bedingungen, die sich vor allem gegen Spielende unterscheiden. Der Spieler kann die Händlervereinigungen in den zehn fiktiven Städten von sich überzeugen, Kurfürst werden oder alle virtuellen Gegner im Kampf besiegen. Da das mit dem Fechten so eine Sache ist, habe ich in der Vorschau versucht, den höchsten Titel zu kassieren. Ein paar Stunden braucht man schon, bis man den ersten Adelstitel eingeheimst hat, so dass es nichts für ungeduldige Naturen ist. Dieses Mal kümmere ich mich eher um die Überzeugung der Gilden, was im Grunde ähnlich beginnt: Bis ich nicht mindestens Graf bin, verhandelt niemand mit mir. Danach geht's dann wie beim Verspotten weiter, bis alle auf meiner Seite stehen. Leider gibt es keinen Mehrspieler-Modus, denn gerade hier würde das an ein Bettspiel erinnernde Spielprinzip zusätzlichen Reiz und weitere Langzeitmotivation spendieren.

Zwar läuft jede Partie etwas anders, aber der Beginn bleibt zumeist ähnlich. Mein Vater segnet das Zeitliche und ich als Erbe muss nun ohne großes Vorwissen in seine Fußstapfen treten. Ich werde Kaufmann, habe aber noch wenig Geld und keinerlei Landbesitz wie Kontore oder Produktionsstätten. Das Tutorial hilft mir, meinen Weg zu finden. Der Aufstieg ist verzahnt, so dass man ohne Kontore keine Titel bekommt und umgekehrt. Das sorgt dafür, dass man auch fremde Städte bereist, um dort weitere Kontore zu kaufen. Die Titel entsprechen in etwa dem, was man noch vom Ur-Gilde kennt. Für den Stadtherrn braucht man ein Kontor und einen Betrieb sowie 6.000 Gulden. Darüber hinaus gibt es zwölf Szenarien, in denen man innerhalb einer festen Zahl von Runden ein Ziel erreichen muss.

              

Warentausch - leicht gemacht

Obwohl der Handel im Vergleich zu den großen Versionen stark vereinfacht wurde, kann er auch langfristig für Unterhaltung sorgen. Alles konzentriert sich auf die fünf Waren Brot, Wurst, 

Obwohl es nur eine Handvoll Waren gibt, macht das Geldscheffeln Spaß. Man braucht die Gulden für den Aufstieg. 
Bier, Kleidung und Geschmeide, die man auf den Märkten der Städte handeln kann. Ich kaufe Brot in einer ländlichen Kleinstadt, lade es auf den Karren und bringen es in eine Großstadt, deren Festung sich über mehrere Hexfelder erstreckt. Dort verkaufe ich es mit gutem Gewinn weiter, da hier ein gesteigerter Bedarf zu sein scheint. Auf dem Land wollen sie hingegen Kleidung und Schmuck, während sie eher Lebensmittel produzieren - in der Stadt ist es umgekehrt. Leider habe ich die ganze Zeit über nur einen Karren zur Verfügung, was zwar der Übersicht dient, aber auf Dauer zu wenig ist. Dass man dennoch bei der Strange bleibt, liegt am ansonsten gelungenen und gut umgesetzten Prinzip.

Immer wieder kommt es vor, dass man mit anderen Kaufleuten Handel treibt, wenn man sich auf dem Markt trifft. Außerdem gibt es Zufallsbegegnungen auf der Straße, bei denen man weiterziehen, angreifen oder wiederum handeln kann. Entscheide ich mich hier fürs Handeln, kann ich wie auf dem heimischen Markt kaufen und verkaufen. Man kann man auf Wunsch auch feilschen, was höhere Erträge bringt, aber von einem Minispiel abhängig ist. Hier gilt es, sein Gegenüber mit der Waage zu übertrumpfen, aber nicht zu viele Gewichte einzubüßen, denn sonst ist es schneller vorbei als gedacht. In der Vorschau wurde noch bemängelt, dass diese Zufallsbegegnungen zu viel Gewinn bringen, das ist nun nicht mehr der Fall. Die Preise gleichen nun eher den umliegenden Städten.

Kontor und Betrieb

Der Aufstieg geht nur schrittweise vonstatten, was ihn jedoch auf Dauer interessant macht. Immer wieder ist es notwendig, dass man ein Gebäude erwirbt, wobei hier Verhandlungen in jeglicher Form ausgeschlossen sind. Im Rathaus erfährt man, ob Betriebe und/oder Kontore vorhanden sind. Die Navigation durch die zweidimensionale Stadtansicht ist zwar einfach konzipiert aber nicht immer praktikabel umgesetzt, da die Gebäude schwer zu finden sind, wenn sie am Stadtrand stehen und zusätzlich unscheinbar aussehen. Im Kontor kann man Waren lagern, bis man sie verkaufen möchte. Da die Preise sich nur allmählich verändern, ist es aber nicht sonderlich lukrativ, Waren zu horten.

Der Kontor macht eigentlich nur Sinn, wenn man den passenden Betrieb dafür hat, der seine Waren dort einlagert. In den jeweiligen Betrieben werden Waren hergestellt, ohne dass es zusätzliche Kosten verursacht. Es gibt Bäckerei, Metzgerei oder Goldschmied, die man für noch mehr Geld als die Kontore kaufen kann. Sie kosten meist 50.000 Gulden, wofür ne alte Frau selbst auf dem DS lange stricken muss. Leider ist es kaum möglich, echte Warenströme aufzubauen, da dafür die Kapazitäten nicht reichen. Mit dem einen Karren ist nicht möglich, die hergestellten Waren rechtzeitig auf den Markt zu bringen. So sind die Lager oft voll, man ist aber gerade mit etwas anderem beschäftigt. Man könnte die Waren auch auf dem lokalen Markt verkaufen, was aber kaum lukrativ ist, da der Preis im Herstellungsort natürlich niedriger ist.

    

Gilde und Konkurrenten

Dies meisten Aktivitäten der Händlervereinigung spielen sich im Rathaus ab, das eines der wenigen Gebäude ist,

In den Städten geht's hübsch mittelalterlich zu. Man muss Kontrahenten ausschalten und die Gilde für sich gewinnen.  
die man per Stylus betreten kann. Es ist das prächtigste Haus am Platze, doch viel ist nicht los: Man kann Kontore, Betriebe und Titel erwerben, spenden und die anderen Kaufleute überzeugen. Da man einen Ruf zu verlieren hat, wenn man sich ungebührlich verhält, gibt es die Möglichkeit sich durch Geldzahlung rein zu waschen. Unehrenhaft ist es etwa, die anderen Händler oder gar Konkurrenten zu überfallen. Auf der Skala von gut bis böse rutscht man dann in den roten Bereich. Daraufhin geht man ins Rathaus und spendet ein paar Gulden für ein Dach oder ähnliches, um wieder gut da zu stehen. Die "weiße Weste" ist insofern wichtig, da nur ein ehrenwerter Mann Chancen hat, die Mitglieder für sich einzunehmen.

Obwohl man öfters auf die virtuelle Konkurrenz trifft, hat man nicht immer das Gefühl, es mit echten Gegnern zu tun zu haben. Die anderen Händler, die wie wild ihre Bahnen auf der Karte ziehen, wirken leider nicht wie Menschen. Sie reden nicht mit einem, überfallen einen auch nicht und außer dem Handel gibt es keinerlei Interaktions-Möglichkeit - außer im Fall von Auseinandersetzungen, falls man sich für diese Möglichkeit des Siegs entschieden hat. Obwohl man ihr Fortkommen im Menü ablesen kann und sie alle eine eigene Flagge haben, wirken sie unterm Strich schemenhaft. Hier hätte man definitiv mehr machen können, um ihnen Persönlichkeit einzuhauchen.

Urige Aufmachung

Den Machern gelingt es ein beachtliches mittelalterliches Flair auf die kleinen Bildschirme zu zaubern, das viel eher ans erste Gildenspiel oder an Patrizier erinnert als an die umstrittene 3D-Grafik von Gilde 2. In den Städten gibt es stilechte Gebäude wie Burgmauern, Kräne oder Fachwerkgebäude, die sogar von passender Musik untermalt werden. Geräusche wie flatternde Zeltplanen oder Karren klingen zusätzlich urig. Schade ist allerdings, dass ich beim Durchscrollen nur eine Handvoll Häuser betreten kann. Immerhin gibt es die Möglichkeit, in der Spelunke etwas zu trinken, wobei ich Tipps für lukrative Routen bekomme. Der Wirt kennt zwar alle Preise, aber sonst macht er nicht den Mund auf. Hier hätte man noch mehr machen können, indem man noch mehr Möglichkeiten für die Interaktion schafft.

Das hätte etwa gut ihm Rahmen einer Nebenhandlung funktioniert, wofür es jede Menge Optionen gäbe: Eine Heirat vielleicht oder ein profitables Angebot eines Fürsten. Doch das Spiel konzentriert sich komplett auf die Handelsfunktionen, was sich u.a. darin zeigt, dass die Kleinigkeiten wie Vertragsabschluss per Siegelring oder Feilschen mit Liebe zum Detail dargestellt werden. Das Leben der Spielfigur bleibt dabei leider auf der Strecke, denn außer in der Einführung wird nirgends etwas darüber erzählt. Filme sucht man vergebens. Ein Schuss mehr Story wie bei Pirates! wäre wünschenswert gewesen, da das Spiel eigentlich dafür geschaffen ist, eine dynastische Geschichte zu erzählen.

     

Fazit

Die Gilde DS ist eine gelungene Umsetzung der altertümlichen Handelssimulation für Nintendos Handheld. Zwar könnte das leicht zugängliche Spiel noch weit besser sein, wenn es komplexer wäre, man echte Produktionsketten aufbauen könnte und die Kämpfe leichter von der Hand gehen würden, aber auch so macht es großen Spaß. Man ist ohnehin mehr mit Scheffeln von Geld, dem Erkunden neuer Märkte und dem persönlichen Aufstieg beschäftigt als mit dem schwer beherrschbaren Schwertkampf, den man letztlich auch umgehen kann. Einzig wenn man wieder mal einen Räuber trifft, wünscht man sich bisweilen, dass sich der Dolch besser führe ließe. Einstweilen hält man sich die zudringlichen Mordgesellen mit Beschimpfen, Verhandeln oder Flucht vom Leibe. Trotz Handel light wird man Wagenladung um Wagenladung immer reicher, so dass bald ein neuer Titel fällig ist. Man hat zwar nur eine Karre, aber zum Aufstieg braucht man Kontore und Betriebe, die Unsummen kosten, jedoch sonst keine große Funktion besitzen. Inhaltlich hätte man trotz aller Vorzüge aber wesentlich mehr anbieten können. Im Gegenzug bleibt Die Gilde auf dem Doppelscreen aber durch die eingeschränkte Komplexität zumeist sehr übersichtlich. Zu loben ist ferner, wie viel Mühe sich die deutschen Macher Independent Arts dabei gaben, waschechten Zeitkolorit einfließen zu lassen. Auch wenn vielleicht nicht alles bis in letzte Detail historisch korrekt ist, wird man durch idyllische Städte, mittelalterliche Gebräuche und viel urige Stimmung überrascht.

Pro

erinnert an Brettspiel
drei verschiedene Siegoptionen
Geldscheffeln und Aufstieg
Handeln, Feilschen und Verspotten
gegen Räuber bestehen
spannende Minispiele

Kontra

kaum Kontore und Betriebe
Kämpfe schwer zu meistern
reich werden zu einfach
wenig komplex
nur fünf Waren
nur ein Karren
Konkurrenten ohne Persönlichkeit

Wertung

NDS

Trotz Vereinfachung und ein paar Mängeln unterm Strich eine gelungene Umsetzung.

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