Rune Factory: A Fantasy Harvest Moon05.03.2009, Jens Bischoff
Rune Factory: A Fantasy Harvest Moon

Im Test:

Der Harvest Moon -Bauernhof lädt mittlerweile schon seit über zwölf Jahren zu virtuellem Ackerbau und Viehzucht. Mit dem in Japan bereits seit 2006 erhältlichen Rune Factory hat man das digitale Landleben erstmals um Ausflüge in monsterverseuchte Dungeons erweitert. Eine willkommene Abwechslung zum alltäglichen Bauerndasein?

Landwirt mit Gedächtnisschwund

Hungrig, verwirrt und zerlumpt schleppt sich Raguna auf ein unbewirtschaftetes Gehöft vor den Toren einer Kleinstadt, wo er auf ein seltsames Mädchen trifft, das sich seiner annimmt. Als Gegenleistung für Kost und Logis soll der unter Amnesie leidende Fremde helfen, den Bauernhof auf Vordermann zu bringen.

Video: Der Trailer veranschaulicht wie Ragunas Bauern- und Heldenalltag in der Praxis aussieht.In der Hoffnung, sein Gedächtnis irgendwann wieder zu erlangen, willigt Raguna ein und kümmert sich fortan um die Bestellung der Felder. Er pflügt den Boden, jätet Unkraut, pflanzt, wässert und erntet saisonale Feldfrüchte und gliedert sich damit langsam in den Dorfalltag ein. Eines Tages gewährt ihm der Bürgermeister sogar Zutritt zu einer der Höhlen, die seit kurzem von aggressiven Monstern heimgesucht werden. Zur Verwunderung der Einheimischen gelingt es ihm sogar, die Quelle des Übels ausfindig und unschädlich zu machen.

Ihr braucht nützliche Spieletipps? Kein Problem:

Zum Charakter-GuideDieser heldenhafte Verdienst gewährt Raguna Schritt für Schritt Zugang zu weiteren Höhlen, in denen er nicht nur der merkwürdigen Monsterinvasion, sondern auch seiner Vergangenheit immer weiter auf die Spur kommt. Allerdings wird die Story sehr stiefmütterlich erzählt, der Protagonist bleibt blass, die anderen Charaktere oberflächlich und die Dialoge belanglos. Dennoch fügen sich die auflockernden Dungeon-Besuche harmonisch in den Farmalltag ein. In den Höhlen können dank unveränderlicher Witterung sogar unabhängig von der aktuellen Jahreszeit Felder angelegt und Ernten eingefahren werden, die im Freien nicht möglich wären. Die unterirdischen Anbauflächen dienen aber nicht nur zur Steigerung des Umsatzes, sondern liefern während der Erkundung der monsterverseuchten Gewölbe auch wichtige Energieauffrischungen und Heilkräuter.

Nur nicht übernehmen

Als Bauer und Abenteurer muss man mit seiner Energie gut haushalten. Jede Aktion, egal ob Feldarbeit, Kämpfe oder Magieeinsatz zehrt an Ragunas Ausdauer. Ist diese erschöpft, gehen weitere Tätigkeiten direkt auf Kosten der Lebensenergie und wenn auch diese aufgebraucht ist, wird man ohnmächtig, was zumindest bei Dungeon-Streifzügen den Tod bedeutet.

Tierisches Geleit: Gezähmte Monster springen als Kampfunterstützung oder Erntehelfer ein. 
Daher ist es ratsam, seine Expeditionen mit der Reifezeit unterirdischer Feldfrüchte abzustimmen, aufputschende Arzneimittel oder Ausrüstung mitzuführen und rechtzeitig seinen Schlafsack auszurollen. Im Gegensatz zum warmen Bauernbett oder einem Besuch im örtlichen Thermalbad regenerieren sich Ragunas Kräfte unter Tage allerdings nur geringfügig. Manchmal ist es daher besser, die Erkundung abzubrechen, sich mit einem Zauber zurück ans Tageslicht zu katapultieren und später einen neuen Versuch zu starten, ans Höhlenende zu gelangen, wo jeweils ein besonders starkes Monster lauert.

Insgesamt gibt es acht verschiedene Dungeons, die aber trotz teils mehrerer Stockwerke nicht sehr umfangreich sind. Das Fehlen einer Kartenfunktion ist daher zu verschmerzen. Müsste man bei der Erforschung der mickrigen Labyrinthe nicht auf seine Ausdauer achten, könnte man sich trotz Monstergeneratoren jedes Mal in nur wenigen Minuten bis ans Ziel vorkämpfen, wobei sich der Bossgegner erst zeigt, wenn alle Generatoren, die beim Verlassen der Höhle stets wieder entstehen, zerstört sind. Das Kampfsystem ist auf simples Hack'n'Slay in Echtzeit ausgelegt. Zwar gibt es eine Vielzahl an Waffen mit unterschiedlicher Elementarladung, Durchschlagskraft, Reichweite, Schnelligkeit, Kombofähigkeit sowie eine Reihe an Zaubern, aber hat man sich passend ausgerüstet und genügend Energiereserven, sind die Auseinandersetzungen abseits der Bossduelle kaum mehr als stupides Tastenhämmern.      

Immerhin kann man seine Widersacher nicht nur niederknüppeln, sondern auch mutig streicheln, um ihr Vertrauen zu gewinnen und sie anschließend als Mitstreiter oder Erntehelfer einzusetzen. 

Das Menü gibt Auskunft über mitgeführte Gegenstände und andere Errungenschaften.
Manche Gegner entpuppen sich sogar als nützliche Eierleger, Milchgeber, Wolllieferanten oder Lasttiere. Doch auch Raguna selbst kann weit mehr als nur kämpfen und Felder bestellen. Mit einer Angelrute kann man Fischfang betreiben, mit einer Axt Holzvorräte für den Ausbau seines Hofes oder das Errichten von Monsterstallungen anlegen oder mit einem Hammer erzhaltiges Gestein abtragen. Wenn man seinen Bauernhof entsprechend ausstattet, kann man sich später auch als Koch, Apotheker oder Schmied versuchen. Natürlich fällt auch hier kein Meister vom Himmel. Doch durch beharrliches Trainieren und Studieren entsprechender Bücher kreiert man mit der Zeit immer hochwertigere Produkte und kann sein Geschick auch bei Wettbewerben unter Beweis stellen.

Pixelalarm im Bilderbuch

Grafisch setzt Rune Factory auf einen Mix aus malerischen 2D-Kulissen und dreidimensionalen Polygonfiguren, was aber nicht so recht miteinander harmonieren will. Die Figuren wirken aufgrund ihrer geringen Größe teils sehr verpixelt und haben nicht viel Ähnlichkeit mit ihren handgezeichneten Anime-Portraits. Manchmal weiß man erst nach dem Start eines bebilderten Gesprächs, wen man eigentlich vor sich hat. Das ist zwar nicht weiter tragisch, hätte aber sicher auch besser gelöst werden können. Die Spielumgebungen sind jedenfalls trotz ihrer Rasterstruktur recht ansehnlich und das, obwohl sie eigentlich schon mehrere Jahre auf dem Buckel haben.

Man kann besondere Ereignisse oder Situationen auch als Screenshots festhalten, sie in einem integrierten Malprogramm bearbeiten und dann an Freunde schicken. Auch Gegenstände lassen sich per WiFi mit anderen Spielern tauschen. Landwirtschaftliche Teamarbeit oder direkte Wettkämpfe sind aber leider nicht möglich. Dafür kann man freundschaftliche Beziehungen mit den Dorfbewohnern pflegen oder die Zuneigung gezähmter Monster verbessern, indem man sie immer wieder striegelt. Der Touchscreen bleibt die meiste Zeit allerdings ungenutzt. Natürlich sucht Bauer auch nach wie vor Frau: Die einheimischen Mädels haben alle unterschiedliche Vorlieben und bekommen gern Geschenke. Wer seiner Auserwählten mit den richtigen Mitteln den Hof macht, kann sie irgendwann ehelichen und eine Familie gründen.

Motivierende Routine

Trotz zahlreicher Betätigungsmöglichkeiten und motivierender Rollenspielelemente macht sich bei den Aufgaben mit der Zeit eine gewisse Routine bemerkbar.

Eine Karte gibt es leider nur für die Oberwelt, die Dungeons sind aber nicht sehr komplex.
Harvest Moon -Fans kennen das, aber viele verschmähen das virtuelle Bauerndasein genau aus diesem Grund. Auch Rune Factory kann trotz auflockernder Monsterjagd und Dungeon-Erkundung nicht leugnen, ein trotz Jahreszeitenwechsels, Dorffeste und wachsenden Privatzoos immer gleiches Pflichtprogramm abzuspulen, das sicher nicht jedermanns Sache ist.

Doch auch wenn ich alles andere als ein Harvest Moon-Jünger bin, muss ich gestehen, dass ich Hacke, Gießkanne und Schwert trotz aller Eintönigkeit nur schwer aus den Händen legen konnte. Man verspürt einfach eine Verpflichtung gegenüber seiner virtuellen Arbeit, die einen immer weiter treibt. Grund dafür sind auch die sich stetig verbessernden Fertigkeiten und Werkzeuge, mit denen man immer neue Dinge anstellen kann. Rune Factory ist sicher kein Ausnahmetitel, aber was es macht, macht es gewohnt gut und unterhaltsam, obwohl ich mir für das neue Abenteurerdasein mehr Spannung und Tiefgang gewünscht hätte. Unterm Strich haben die Entwickler die Erweiterung des Farmalltags durch Dungeon-Besuche und Monsterzucht aber gut gelöst und stimmig miteinander verknüpft. Jetzt muss man die neue Basis nur noch entsprechend ausbauen.  

Fazit

Während sich Japaner und Amerikaner bereits seit letztem Jahr mit Rune Factory 2 vergnügen, kommen Europäer jetzt erst in den Genuss des ersten Teils. Nichtsdestotrotz macht die Mischung aus Feldarbeit und Dungeon-Erkundung nach wie vor eine gute Figur und das jetzt auch auf Deutsch. Echten Rollenspielhelden macht der Klingen schwingende Bauer natürlich keine Konkurrenz, aber das neue Betätigungsfeld fügt sich erstaunlich harmonisch in den Landwirtschaftsalltag ein und sorgt zudem für angenehme Abwechslung. Man kann sich sogar mit Monstern anfreunden und sie einem auf dem Bauernhof zur Hand gehen lassen oder sie als Kampfgefährten ins Schlepptau nehmen. Wem Harvest Moon allerdings schon immer zu langweilig war, wird auch von Rune Factory nicht bekehrt werden. Dazu sind die Kämpfe einfach zu simpel gestrickt, das Leveldesign zu altbacken und die Story zu belanglos. Zudem gibt es gerade mal acht mehrstöckige, aber äußerst kompakte Dungeons zu erkunden. Es gibt zwar viel zu tun, aber es macht sich auch schnell eine gewisse Routine bemerkbar. Dennoch versprüht der Titel diese unerklärliche Motivation jeden Tag auf Neue die Felder zu bestellen, Besorgungen zu erledigen, Angeln zu gehen, die weiblichen Dorfbewohner zu becircen sowie sich als Koch, Schmied, Apotheker oder Monsterjäger zu betätigen, seinen Hof auszubauen und eine Familie zu gründen. Wer die Muse hat, kann hier wochenlang den heldenhaften Bauern mimen, ein packendes Abenteuer vor ländlicher Kulisse dürft ihr allerdings nicht erwarten.

Pro

motivierende Aufbaustrategie
auflockernde Dungeon-Besuche
zahlreiche Aktionsmöglichkeiten

Kontra

belanglose Story
viel lästige Routine
nur wenige Dungeons

Wertung

NDS

Unterhaltsame, aber auf Dauer etwas eintönige Mischung aus Bauern- und Heldendasein.

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