Unsolved Crimes: Tatort New York11.11.2008, Bodo Naser
Unsolved Crimes: Tatort New York

Im Test:

Sex und Crime verkaufen sich ja immer. Kein Wunder also, dass Empire Interactive in seinem neuen DS-Krimi mit einem entführten Model lockt, das ihr als Polizist finden müsst. Aber in Unsolved Crimes warten noch sieben andere Fälle, bis ihr die Schönheit endlich suchen dürft. Ist der Weg ein spannendes Ziel?

Bis zum Abwinken

Die Crimewelle will einfach nicht verebben. Ständig gebiert sie neue Ableger, bei denen Verbrechen als technische Akte dargestellt werden, die man mit reiner Physik lösen kann. Für Dinge wie Persönlichkeit des Verbrechers, strafrechtliche Hintergründe oder soziale Umstände bleibt keine Zeit, weil schon der nächste Spezialeffekt dran ist. Die nächste Lungenarterie muss von einem Geschoss zerrissen, der nächste Eispickel ins Gehirn getrieben werden. Der Zuschauer ist hautnah dabei, wenn das Blut durch die Schläuche schießt. Bluteffekte unter dem Deckmäntelchen der Verbrechensaufklärung, die einzig dem Voyeurismus dienen. Anders ist es nicht zu erklären, dass solche Serien scheinbar auf allen Programmen laufen.

In Unsolved Crimes gibt es hingegen kaum Szenen, die aufstoßen, obwohl es fast immer um Mord geht. Selbst als eine zerstückelte Leiche gefunden wird, ist das nicht sonderlich gruselig Auch wenn ihr fast wie CSI den abgehackten Kopf, Arme und Beine im Inventar mitschleppt, zieht sich der aseptische Eindruck durchs ganze Spiel. Nicht einmal ein vermülltes Zimmer ist richtig abstoßend. Kein Wunder, denn das DS-Modul ist ab 12 Jahren freigegeben und kann daher auch nicht zu heftig rangehen.

Retro statt Hightech

Eines ist für die heutige Verbrechensaufklärung unerlässlich - Hightech. Seien es nun Spurenauswertung, Massengentests oder Rasterfahndung, alles moderne Technik. Anders bei Unsolved Crimes, das in den 70ern spielt, als noch gute alte

In New York ist ein Job bei der Mordkommission frei, bei dem es Schreibtischarbeit satt gibt. Die dicken Fälle kommen erst später.  
Polizeiarbeit gefragt war. Damals gab noch der Ermittler den Ton an und nicht der Kriminaltechniker. Durch die Auswertung von winzigen Hautschuppen kann heutzutage festgestellt werden, ob ein Verdächtiger am Tatort war oder nicht. Damals musste man den Typ ausquetschen, bis er es selbst zugab, oder jemanden finden, der ihn gesehen hatte bzw. sein Alibi zerstören, was ihm Spiel oft genug vorkommt.

Allerdings bietet Unsolved Crimes keine echte Retro-Atmosphäre. Vereinzelt gibt es mal Anleihen wie einen Ford Mustang oder die Musik von früher, die im Hintergrund dudelt. Aber es kommen keine machomäßigen Typen mit engen Schlaghosen wie bei Starsky & Hutch vor, die rauchen und fluchen, was das Zeug hält. Das liegt sicher auch daran, dass das Spiel weitgehend emotionslos ist. Nicht einmal, als die Schwester eurer Kollegin entführt wird, kommen große Gefühle auf - die Show muss weitergehen. Für die Charaktere, seien es Polizisten, Täter oder Opfer, bleibt wenig Zeit; sie bleiben an der Oberfläche und sind damit auswechselbar.

Stelle als Bulle

Ihr beginnt als kleiner Beamter in der New Yorker Mordkommission, der sich erst noch bewähren muss. Natürlich fängt alles mit kleineren Fällen an, wie etwa beim Tutorial, ohne gleich auf die Entführung einzugehen. Ihr klärt dabei, ob es wirklich ein Raubüberfall war, obwohl die Spuren was anderes sagen, und sucht den Mörder eines Spielsüchtigen, der scheinbar Selbstmord beging. Das ist oft recht einfach, denn schon zu Beginn der Fälle ist jeweils etwas faul. Ihr müsst euch auf einen Verdächtigen festlegen, was nicht sehr schwer ist, da es nur ein paar wenige gibt. Vernehmen dürft ihr die Leute nicht, das übernimmt der virtuelle Chef und ihr bekommt das Protokoll. Nach dem Fall erhaltet ihr eine Gesamtbewertung. Lagt ihr richtig? Dann gibt's ein 'A'. Hier liegt ein gewisser Wiederspielwert, da ihr ja besser als beim letzten Mal sein wollt.

Insgesamt sind es acht Fälle, die vom Mord bis zur Entführung reichen. Der Fokus liegt auf den Tötungen, aber es steckt immer mehr dahinter. So entpuppt sich ein Krankenhaus als eiskalte Versuchsanstalt, wo heimlich Arznei getestet wird. Die eigentlich spannende Handlung geht spät los, weshalb sich die ersten Fälle wie Kaugummi ziehen. Dabei wird ein bekanntes Model Betsy Blake entführt, das ihr finden müsst. Die Storyeinsprengsel sind eher dürftig, so seht ihr etwa, wie Betsy entführt wird. Dabei müsst ihr euch das Nummernschild merken, was eine der "Actionsequenzen" ist. Halb so wild, wenn ihr es nicht wisst, ladet ihr einfach neu, da ihr überall speichern könnt.

        

Quiz für Detektive

Die Polizeiarbeit könnte auch in jeder anderen Epoche spielen, da keine spezifische Ermittlung der 70er stattfindet. Ihr untersucht die Tatorte, tütet Beweismittel ein und vergleicht Aussagen von Verdächtigen miteinander, was ihr in jedem

Echte Rätsel und Action sind die Ausnahme. Meist läuft es auf ein Quiz hinaus, wo ihr den Fall zusammen fasst.
anderen Krimispiel auch macht. In bescheidenem Rahmen könnt ihr bestimmen, was ihr zuerst machen wollt, sonst läuft alles in eine Richtung. Einen breiten Raum nehmen die Fragen ein, die ihr fast wie im Fernsehen als Quiz beantwortet. Dabei könnt ihr zeigen, ob ihr auch alles verstanden habt, was den Fall betrifft. Hängt ihr fest, könnt ihr einen Hinweis beantragen, der euch weiterhilft.

Angesichts der Laborarbeit, der Suchorgien und des trockenen Aktenstudiums sind echte Rätsel selten. All Schaltjahr mal, müsst ihr zur Falllösung das tun, was ihr in anderen Adventure ständig macht: Schlüssel suchen, Tresore knacken oder Puzzleteile zusammensetzen. Dabei schaut ihr euch per Pen und Knöpfe um, was funktioniert. Insbesondere das Lesen der fehlerfrei übersetzten Akten ist unerlässlich, da ihr nur so wisst, worauf es im Fall ankommt. Ihr hängt also mehr mit der Nase in der übersichtlichen Fallakte, als handfest zu ermitteln.

Minidosis Action

Obwohl es ab und an Actioneinlagen gibt, ist diese die absolute Ausnahme. Zumal nicht alle das Action nennen würden, was die Macher teils unter dieser Hausnummer anbieten. Gerade die kurze Sequenz mit dem Autokennzeichen wird dort verortet, ebenso wie das Untersuchen eines Zimmers auf Zeit oder die Flucht durch ein Labyrinth. So etwas kommt in anderen Adventures auch vor, um ein wenig Abwechslung zu haben. Von Action ist dort aber nicht immer die Rede, eher schon von Rätseln außer der Reihe.

Waschechte Action wie Autorasen oder Schießen kommt erst spät ins Spiel, wobei gerade die Rennsequenz an einer schwammige Steuerung leidet. Ein virtuelles Lenkrad mittels des Pens zu bedienen, ist einfach nicht das Wahre. So braust der Verdächtige davon und ihr müsst neu laden. Die nüchterne Ermittlungsarbeit wird dadurch nicht wirklich aufgelockert, da das vereinzelt und nachdem Motto passiert: Muss man halt haben. Da sich die Passagen aber nicht umgehen lassen, dürften sie insbesondere Hardcore-Rätseler abschrecken, die eher Bewegungsmuffel sind.

   

Fazit

Unsolved Crimes bietet nicht viel mehr als vergleichbare Krimi-Adventures, da es sich ganz auf die Ermittlung konzentriert. Ihr durchsucht die überschaubaren Areale nach Hinweisen, macht euch Notizen mit dem Pen und steckt die Nase anschließend in die Akten. Dann werdet ihr ab und zu etwas gefragt und wenn ihr die Antwort parat habt, geht's weiter. Mal abgesehen davon, dass das vermutlich den drögen Polizeialltag darstellt, ist es zum Spielen nicht sehr spannend. Ganz selten müsst ihr mal etwas Außergewöhnliches unter Zeitdruck tun, durch ein Labyrinth hasten oder Auto fahren. Alles andere haben sich die Macher gespart: Gescheite Story, schöner Spannungsbogen oder Charaktere, die mehr sind als bloße Abziehbildchen. Wozu das alles, wenn es die vermeintliche Zielgruppe nicht braucht? Aber Retroatmosphäre wollen die Leute bestimmt, denn auch deshalb kaufen sie das Spiel. Aber die spezielle Stimmung der 70er-Jahre wird gerade mal angedeutet. Da hätte man mehr machen können, denn Themen gäbe es genug: Studentenproteste, Rassenunruhen oder Vietnamkrieg. Auch vom Tatort New York ist bis auf ein Polizeirevier, ein Hotelzimmer oder einen Park wenig zu sehen. Nicht einmal schockierende Ermittlungsatmosphäre kommt auf. So handelt es sich unterm Strich um ein austauschbares Krimispielchen ohne Eigenheiten - CSI lässt grüßen.

Pro

unterschiedliche Verbrechen
New York der 70er
gute alte Ermittlungsarbeit
Quiz der Vorgesetzten
Bewertung nach Lösun

Kontra

teils zu simpel
Entführungsstory beginnt spät
oberflächliche Charaktere
viel Aktenarbeit
viel Sucharbeit
wenig echte Rätsel
Action nicht der Rede we

Wertung

NDS

Kein echter Retrostil, kein New York-Flair und nur der übliche Krimikram, warum sollte man das kaufen?

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Kommentare

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