Chrono Trigger20.02.2009, Jens Bischoff
Chrono Trigger

Im Test:

Chrono Trigger (ab 14,99€ bei kaufen) zählt für viele zu den besten Spielen aller Zeiten und das obwohl weder das SNES-Original von 1995 noch das wenige Jahre später veröffentlichte PlayStation-Remake jemals den Weg nach Europa fanden. Erst jetzt auf Nintendos DS kommt man auch ohne Importumwege in den Genuss des japanischen Rollenspiels. Was hat sich seit damals geändert und ist Chrono Trigger auch heute noch ein Ausnahmetitel?

Reise bis ans Ende der Zeit

Als Morgenmuffel Chrono endlich aufwacht, ist die Tausendjahrfeier auf dem örtlichen Marktplatz bereits voll im Gange. Doch neben Jahrmarktsbuden und Wettkämpfen interessieren sich Chrono und Marle vor allem für die neue Erfindung von Chronos Kindheitsfreundin Lucca und deren Vater, mit der man Objekte zwischen zwei Kabinen hin und her teleportieren kann.

Video: Hier seht ihr ein paar Spielszenen aus den neuen DS-exklusiven Bonuskapiteln.Natürlich bietet sich Chrono sofort als menschliches Versuchskaninchen an und begeistert damit das Publikum, als er plötzlich verschwindet und kurz darauf wenige Meter entfernt wieder auftaucht. Auch Marle möchte das unbedingt ausprobieren und steigt in den Teleporter. Doch dann passiert etwas Merkwürdiges: Ihr Amulett beginnt während der Aktivierung mysteriös zu blinken und sie verschwindet in einem gleißenden Licht. Nur ihre Halskette bleibt zurück, die Zielkabine leer...

Lucca glaubt, dass der Teleporter sie wegen des Amuletts einfach nur weiter weg befördert hat als geplant. Doch sie könnte dort vielleicht in Gefahr sein und so entschließt sich Chrono kurzerhand die Kette selbst anzulegen und Marle zu folgen - nicht ahnend, dass er nicht nur durch Raum, sondern auch durch die Zeit reisen wird. Anfangs scheint er sich einfach nur in einem Canyon vor seiner Heimatstadt zu befinden, doch bald wird klar, dass dies seine Heimat von vor vierhundert Jahren ist. Marle ist zum Glück heil auf, wird aber für eine Person gehalten, die sie nicht ist, was am Ende verheerende Auswirkungen auf die Zukunft hat, in der sie überhaupt nicht existiert und die Welt von Monstern beherrscht wird. Jetzt heißt es erstmal alles wieder ins Lot zu bringen. Doch während ihrer Anstrengungen entdecken Chrono, Marle und die inzwischen nachgereiste Lucca eine noch viel größere Bedrohung.

Es beginnt eine Odyssee durch Zeit und Raum, die sie von der Steinzeit über Gegenwart und Zukunft bis ans wortwörtliche Ende der Zeit führt. Die drei reisen durch offen gelegte Portale, finden weitere Weggefährten und versuchen mit ihren Aktionen in verschiedenen Zeitaltern, die Zukunft zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Auf dem Jahrmarkt verschwindet Marle plötzlich vor den Augen des Publikums in einem Portal.
Denn wenn ihnen das nicht gelingt, wird die Menschheit womöglich schon bald nicht mehr existieren. Die Verknüpfung der einzelnen Epochen und Auswirkungen von Handlungen in der Vergangenheit auf zukünftige Personen, Beziehungen und Ereignisse sorgt auch heute noch für fesselnde Stunden am DS, für den das Spiel um ein paar optionale Schauplätze, die sogar zu einem völlig neuen Endgegner und Spielausgang führen können, erweitert wurde.

Der Spieler entscheidet

Insgesamt erwarten einen über ein Dutzend verschiedener Spielenden, von denen sich aber manche erst in einem zweiten Durchgang, bei dem man seine finalen Charaktere samt Ausrüstung behalten darf, offenbaren. Zudem gibt es eine ganze Reihe an Aufgaben und Orten, denen man sich über das gut zwanzigstündige Abenteuer hinaus widmen kann, was die Spielzeit locker verdoppelt. Die DS-exklusiven Areale sind zwar nicht besonders kreativ, fügen sich aber zumindest harmonisch ins eigentliche Spielgeschehen ein und können bei Bedarf auch komplett außer Acht gelassen werden. Die zusätzliche Arena, in der man sich um die Betreuung und Wettkämpfe individueller Monsterzüchtungen kümmert, die via WiFi auch gegen die eines Freundes antreten können, dürfte wohl vor allem für Pokémon -Fans interessant sein. Die bereits aus dem PlayStation-Remake bekannten Extras wie Schatzkarten, Fertigkeitslisten, Gegner- und Item-Enzyklopädien sowie Film-, Musik- und Artwork-Galerien sorgen hingegen generell für einen willkommenen Mehrwert.  

DS-Spieler dürfen sich sogar entscheiden, wie die beiden Bildschirme des Handhelds im Kampf genutzt werden sollen. Neben einer klassischen Ansicht gibt es auch eine übersichtlichere Variante, die sämtliche Menüs auf den unteren Teil verbannt, wo man sie wahlweise via Steuerkreuz und Tasten oder Stylus bedienen kann. Ansonsten fungiert der untere Bildschirm als praktische Automap oder Gesamtkarte, über die man sich ebenfalls per Touchscreen bewegen kann. Da damals wie heute allerdings keine diagonalen Bewegungen möglich sind, steuert es sich per D-Pad deutlich einfacher und präziser, so dass man auch in Kämpfen nicht extra den Stylus heraus kramt. Stets zwischen beiden Methoden wählen und diese sogar kombinieren zu können, ist aber genauso lobenswert wie die individuelle Anpassung des Kampfsystems.

Zeitlos gut

Chrono Trigger fußt wie viele frühere Final Fantasy -Episoden auf dem so genannten Active-Time-Battle-System (ATB), bei dem sich abhängig von der Schnelligkeit eines Charakters nach einer Aktion ein Balken auflädt, welcher der entsprechenden Figur erst wieder bei kompletter Füllung eine weitere Handlung erlaubt. 

Zufallskämpfe gibt es keine, abgesehen von Hinterhalten sind potentielle Gegner stets sichtbar.
Man kann jedoch in mehreren Stufen festlegen, wie schnell die Zeit vergeht und ob das Kampfgeschehen auch bei der Auswahl von Items oder Spezialangriffen weiterläuft oder beim Zugriff auf die entsprechenden Menüs pausiert wird. Stressige Action oder gemütliches Taktieren - die Entscheidung für eins der beiden Extreme oder irgendeine Form dazwischen liegt beim Spieler - klasse!

Sehr angenehm ist auch die Tatsache, dass Chrono Trigger bereits zu einer Zeit als das Genre noch von nervigen Zufallskämpfen dominiert wurde, auf sichtbare Gegner setzte, die es einem ermöglichte, sie zu umgehen oder sich noch vor dem Schlachtbeginn auf sie vorzubereiten. Natürlich gibt es auch in Chrono Trigger Überraschungsangriffe, die einem Letzteres nicht erlauben, weil die Widersacher plötzlich aus irgendwelchen Büschen oder Schluchten springen. Aber die Mischung geht wunderbar auf. Es gibt sogar Situationen, in denen Hinterhalte erkannt werden können - einmal kann man den Gegner sogar vorzeitig stellen, aber der weist die Gegenoffensive galant zurück, weil ja er derjenige sei, der einen Hinterhalt plane. Humor kommt also auch nicht zu kurz.

Kanonenfutter, nein danke!

Das Gegnerdesign ist auch heute noch grandios: Man erhält immer wieder Hinweise wie bestimmte Bestien einfach auszuschalten sind, indem man z. B. mit einem Feuerangriff ihre sonst schweren Schaden anrichtenden Holzknüppel abfackelt, mit einem Wasserzauber ihre erdige Panzerung verflüssig oder mit einer Windklinge gefährliche Tornado-Attacken weg pustet. Hin und wieder kann man auch bestimmte Körperteile aufs Korn nehmen, was entweder für den Gegner oder einen selbst verheerende Folgen haben kann. Manchmal bekriegen sich unterschiedliche Kontrahenten auch gegenseitig oder sie verschmelzen zu noch gefährlicheren Bestien. Gelegentlich wird man gar mit heftigen Team-Aktionen sich besonders gut verstehender Kreaturen attackiert, wenn man die Gruppe nicht rechtzeitig auseinander reißt.

Allerdings darf man auch selbst Teamwork anwenden und je nach Konstellation und Ausrüstung der bis zu dreiköpfigen Party auf verschiedene Duo- und Trio-Manöver zurückgreifen. Bei manchen Angriffen muss man jedoch darauf achten, dass die Gegner günstig stehen. Neben Bildschirm füllenden Blitzgewittern gibt es nämlich auch Techniken, die sich nur auf einen schmalen Streifen, eine kleine Zielfläche oder die direkte Umgebung des Initiators auswirken. Jedenfalls sind die Kämpfe trotz ihrer simplen Grundstruktur und einfachen Handhabung alles andere als langweilig und man experimentiert immer wieder gern mit neu zusammengesetzter Heldentruppe herum, um weitere Angriffe zu entdecken und zu verfeinern.

Immer was zu tun

Während man aus der Vogelperspektive mit seinen aktiven Begleitern im Schlepptau von Ort zu Ort zieht,  bleibt man von gegnerischen Attacken übrigens komplett verschont und kann jederzeit seinen Spielstand sichern. In den kompakt, aber abwechslungsreich designten Dungeons darf hingegen nur an bestimmten Stellen gespeichert werden. Hier glänzt Chrono Trigger fast mit Action-Adventure-Qualitäten, da es nicht nur jede Menge zu entdecken, sondern auch viele auflockernde Rätsel und Interaktionsmöglichkeiten gibt. Mal muss man einfach nur Knöpfe drücken oder Schalter kombinieren, mal Stromkreise überbrücken oder Hindernisse verschieben, ein andermal einen Handwerker bitten, brüchige Böden zu reparieren oder andere Dinge in der Vergangenheit veranlassen, um später nicht vor einem unüberwindbaren Hindernis zu stehen. Auch diverse Fortbewegungsmittel und kleinere Geschicklichkeitseinlagen sind mit von der Partie.

Nur an die lediglich horizontal

Im DS-optimierten Bildschirmlayout dient der Touchscreen auf Wunsch als Menü und Navi.
oder vertikal möglichen Bewegungen in zweierlei Schritttempi muss man sich erst (wieder) gewöhnen, aber wirklich hakelige Stellen sind zum Glück selten, obwohl man manchmal durchaus Schwierigkeiten hat, enge Stellen zu passieren oder bei starkem Wind die Spur zu halten. Jedenfalls gibt es viel zu tun, wenn man sich nur darauf einlässt. Schon zu Beginn kann man sich auf dem Jahrmarkt diversen Minispielen hingeben. Später kann man dann auch futuristische Wettrennen bestreiten, sich als Katzenzüchter versuchen oder sich auf die Suche nach seltenen Schatztruhen machen, die, wenn man ihren Inhalt nicht vorzeitig raubt, bei späteren Besuchen noch ausgereiftere Items enthalten. Wer in der Steinzeit auf Shoppingtour gehen will, muss sogar daran denken passende Tauschobjekte aufzutreiben, denn Geld interessiert Neandertaler reichlich wenig. Aber gerade solche Kleinigkeiten sind es, die Chrono Trigger immer wieder auszeichnen - den Ehrgeiz etwas Besonderes zu schaffen, merkt man dem Spiel einfach immer wieder an.

Verblasste Schönheit

Auch grafisch war Chrono Trigger seiner Zeit eine Wucht. Inzwischen dürften bei der pixeligen 2D-Optik aber wohl nur noch Nostalgikerherzen höher schlagen. Nichtsdestotrotz bezaubern die Figuren und Umgebungen mit viel Liebe zum Detail. Die Animationen mögen primitiv wirken, sind aber nach wie vor ungemein charmant. Wenn Marle einen Wutschrei ablässt, muss man auch heute noch schmunzeln. Aber auch die tragischen Momente kommen noch immer passend rüber, ungewollte Komik gibt es keine. Auch wenn man mittlerweile natürlich wesentlich dramatischere Inszenierungen gewohnt ist. Immerhin bekommt man auch auf dem DS die damals für das PlayStation-Remake kreierten Anime-Sequenzen zu sehen, die sich überraschend gut ins Spielgeschehen einfügen und manche Szenen deutlich aufwerten. Schade nur, dass die kurzen Filmchen wie auch das übrige Spiel keinerlei Sprachausgabe bieten. Dafür wurde aber die englische Übersetzung nochmals überarbeitet, um dem japanischen Original sowie dem Verständnis mancher Passagen gerechter zu werden.

Franzosen dürfen sich sogar über eine eigene Lokalisierung freuen, wenn der DS auf Französisch gestellt ist. Bei deutscher, italienischer oder spanischer Systemsprache bleibt das Spiel aber leider englisch, was umso ärgerlicher ist, da Square Enix und Koch Media ja selbst bei den zuletzt erschienenen Dragon Quest -Remakes bewiesen haben, dass eine rasche und vernünftige Eindeutschung kein Ding der Unmöglichkeit ist. Aber sei's drum, auch wer mit Englisch und Französisch auf dem Kriegsfuß steht, sollte sich Chrono Trigger keinesfalls entgehen lassen, sofern er einer der beiden Sprachen nur halbwegs mächtig ist. Auch den grandiosen Soundtrack sollte man gehört haben, obwohl die Klangqualität heutigen Ansprüchen alles andere gerecht wird. Aber die Kompositionen von Yasunori Mitsuda und Nobuo Uematsu sind auch heute noch absolut hörenswert, was man von den teils steinzeitlich anmutenden Soundeffekten leider nicht behaupten kann...   

Fazit

Chrono Trigger ist auch heute noch ein absolutes Meisterwerk. Die Zeitreisen von Chronos Truppe und deren Folgen, die sogar zu einer ganzen Reihe verschiedener Enden führen, haben kaum an Faszination verloren. Das Kampfsystem war schon damals seiner Zeit voraus und vom ausgeklügelten Gegner- und Leveldesign könnten sich auch aktuelle Rollenspiele eine Scheibe abschneiden. Gut, die zum Ende der 16Bit-Ära geradezu bombastische Optik wirkt mittlerweile ziemlich unspektakulär, aber nach wie vor charmant. Die Soundeffekte sind mitunter sogar eine regelrechte Qual, doch der exzellente Soundtrack ist trotz angestaubter Klangqualität auch heute noch ein Meisterstück. Die gut eingeflochtenen, aber leider stummen Anime-Sequenzen kennt man bereits aus dem PlayStation-Remake, genauso wie das reichhaltige Extras-Menü mit Schatzkarten, Item- und Gegnerlexikon, Artwork-Galerie & Co. Darüber hinaus gibt es aber auch ein paar DS-exklusive Boni wie zusätzliche Schauplätze und eine Arena, in der man Monster züchten und kämpfen lassen kann - per WiFi sogar gegen die von Freunden. Auch Touch- und Dualscreen-Nutzung sind gut gelungen. Ob sich deswegen eine Neuanschaffung für Kenner des Originals lohnt, ist schwer zu sagen, aber auf dem DS bietet Chrono Trigger definitiv das umfangreichste Spielerlebnis. Es gibt sogar ein neues Ende und eine bessere englische Übersetzung. Kleiner Wermutstropfen: Eine zusätzliche Lokalisierung wie in Frankreich hat man sich hierzulande gespart. Trotzdem sollte sich kein Rollenspielfan dieses Kunstwerk entgehen lassen - man würde eines der besten Spiele, die es je gab, verpassen!

Pro

charmante Charaktere
folgenreiche Zeitreisen
erstklassiges Kampfsystem
stimmungsvoller Soundtrack
grandioses Gegner- & Leveldesign
reichhaltige Extras & Nebenaufgaben
Party-abhängige Fertigkeiten & Ereignisse

Kontra

antiquierte Grafik & Sound-FX

Wertung

NDS

Leicht erweitertes, aber sonst unverändertes Remake eines auch heute noch genialen Rollenspielklassikers.

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