Infinite Space16.04.2010, Jens Bischoff
Infinite Space

Im Test:

Infinite Space (ab 69,95€ bei kaufen) entführt in die Tiefen des Weltalls: Man besucht unbekannte Planeten, bastelt sich seine eigene Raumflotte zusammen, bestreitet gleißende Laser-Gefechte und erlebt zahlreiche Abenteuer. Schaffen es die Entwickler, klassisches Elite- oder Wing Commander-Feeling zu erzeugen oder erleidet das ambitionierte SciFi-Projekt vorzeitig Schiffbruch?

Auf zu den Sternen!

Die Story wird im Animestil erzählt - leider bleibt alles auf Englisch.
Eigentlich ist es der Bevölkerung von Ropesk strengstens verboten ihren Heimatplaneten zu verlassen. Protagonist Yuri hat aber genau davon schon immer geträumt, lange gespart und einen so genannten Launcher beauftragt, ihn an den wachsamen Sicherheitskräften vorbei ins Weltall zu schleusen. Yuris Ziel ist das im Zentrum seiner Heimatgalaxie gelegene Elgava, wo er als Mechaniker anheuern und eines Tages ein eigenes Schiff erwerben will. Doch schon zu Beginn läuft alles schief: Der Launcher erleidet Schiffbruch, Yuris Schwester wird als Druckmittel benutzt, um ihn zur Rückkehr nach Ropesk zu zwingen und ein mysteriöses Erbstück seines Vaters, dessen Geheimnis er ergründen wollte, fällt in fremde Hände. Doch Yuri gibt nicht auf, trotzt allen Schwierigkeiten und kommt seinem angestrebten Ziel immer näher.

Doch sobald er sein eigenes Schiff kommandiert, gehen die Probleme erst richtig los: Er muss sich mit Piraten herum schlagen, gerät zwischen die Fronten zweier schon lange im Clinch liegenden Nationen und erfährt von einer fremden Streitmacht, die eine groß angelegte Offensive gegen seine Heimatgalaxie plant. Zwar wirkt die Hintergrundgeschichte lange Zeit belanglos und nur mäßig spannend inszeniert, aber je weiter Yuri in die Tiefen des Weltalls vordringt, um so interessanter und intensiver wird das vorwiegend in Manga-Bildern und Dialogen erzählte Abenteuer. Die meisten Charaktere bleiben zwar relativ blass, aber dramaturgisch ziehen die Entwickler einige Register: Man muss Entscheidungen treffen, die das Abenteuer in verschiedene Richtungen lenken, man gerät in moralische Zwickmühlen, es kommt zu unerwarteten Schicksalsschlägen und aus dem naiven Teenager wird ein abgebrühter Haudegen, der gnadenlos Rache nimmt, gegen Gesetzte verstößt und zielstrebig seinen Weg geht.

Die Spielwelt besteht aus vielen einzelnen Sonnensystemen, die über Warp-Portale miteinander verbunden sind. Die Navigation zwischen einzelnen Planeten erfolgt über so genannte Sternenstraßen, die man teils erst durch Dialoge oder spezielle Ereignisse freischalten muss, um auf ihnen reisen zu können. Freies Umherfliegen ist nicht möglich. Man setzt seinen Kurs über entsprechende Wegpunkte, erteilt den Abflugbefehl und schaut passiv von der Brücke aus zu wie man seinem Ziel immer näher kommt. Die vollautomatischen Flugsequenzen lassen sich auf Knopfdruck beschleunigen. Kommt es zu einem zufälligen Feindkontakt, kann man in der Regel entscheiden, ob man sich auf einen Kampf einlassen oder lieber

Es dreht sich um epische Schlachten im Weltraum.
die Flucht ergreifen will. Blöd ist nur, dass während der Kampfanfrage der Zustand der eigenen Schiffe nicht angezeigt wird und man daher nicht weiß, wie stark diese momentan beschädigt und welche überhaupt einsatzfähig sind. Manchmal sind kämpferische Auseinandersetzungen jedoch unumgänglich und bei story-basierten Gefechten ist Rückzug sowieso keine Option.

Strategisches Glücksspiel

Das Kampfsystem wirkt auf den ersten Blick eher primitiv: Man kann seine im Spielverlauf auf bis zu fünf Schiffe anwachsende Flotte auf einer Art Lineal in Echtzeit kollektiv vor und zurück bewegen und bei entsprechend aufgeladenem Aktionsbalken Gegner in Waffenreichweite mit einzelnen Salven oder Dauerbeschuss belegen sowie Ausweichmanöver einleiten. Ordnet man Sperrfeuer an, kostet das zwar doppelt so viele Aktionspunkte, aber dafür erleidet der Gegner dreifachen Schaden. Weicht er jedoch aus, geht der Angriff ins Leere. Normaler Beschuss trifft hingegen immer und erzeugt bei Ausweichmanövern sogar zusätzlichen Schaden. Also eine Art Schere-Stein-Papier-Prinzip mit selbst bestimmbarem Risiko. Zwar wird auch der Aktionsbalken des Gegners farblich dargestellt, dessen nächste Aktion vorherzusagen ist aber meist reine Glückssache, taktisches Kalkül eigentlich nur beim Verändern der Entfernung, der Zielwahl oder dem Schusszeitpunkt gefragt.

Mit der Zeit nimmt das Aktionsrepertoire jedoch zu und man kann von Trägerschiffen aus Flugstaffeln in den Kampf schicken, die den Gegner vorübergehend manövrierunfähig machen, schiffs- und personenspezifische Spezialaktionen ausführen oder versuchen ein feindliches Schiff zu entern. Gelingt letzteres, wechselt das Geschehen in einen Nahkampfmodus, der noch deutlicher auf dem klassischen Schere-Stein-Papier-Prinzip beruht: Klingenangriffe schlagen Schussangriffe, Schussangriffe Anführerangriffe und Anführerangriffe wiederum Klingenangriffe. Darüber hinaus kann man einmalig eine vom Truppenführer unterstützte Angriffsart verstärken oder den Rückzug anordnen. Manche Gegner sind zwar leicht durchschaubar, eine höhere Kampfstärke oder zahlenmäßige Überlegenheit ein klarer Vorteil, aber auch hier steht Glück eindeutig im Vordergrund.   __NEWCOL__

Mir persönlich sind Glücksspielsysteme als grundlegende Kampfmechanismen eher suspekt, aber zumindest erzeugen sie Spannung und im Hinblick auf die Flottenkämpfe bleiben im Gegensatz zu den drögen Nahkämpfen wenigstens genug

Ein Fest für Statistiker: Jeder Teil der Flotte lässt sich begutachten.
strategische Komponenten, um auch langfristig Interesse zu schüren. Natürlich kehrt mit der Zeit eine gewisse Routine ein, aber manche Bossfights stellen wirklich ernsthafte Herausforderungen dar. Dem ein oder anderen dürfte der immer wieder stark schwankende Schwierigkeitsgrad zwar eher abschrecken, aber es kann auch ungemein motivierend sein, in mehreren Anläufen Schwachpunkte ausfindig zu machen, Formationen, Flottenzusammensetzungen und Schiffsausrüstungen zu wechseln, um selbst den übermächtigsten Kontrahenten letztendlich in die Knie zu zwingen. Dazwischen gibt's aber auch immer wieder stundenlang nur reines Kanonenfutter. Bei vielen und vor allem schnellen Gegnern kann es aber auch oft sehr hektisch und unübersichtlich werden. Die Touchscreen-Steuerung ist zwar sehr komfortabel und intuitiv, aber man vermisst Anzeigen für feindliche Waffensysteme, Reichweiten und Lebensenergien.

Wo muss ich hin?

Noch mehr vermisst man allerdings eine Art Logbuch mit aktuellen Missionsbeschreibungen und klaren Auftragszielen. Oft irrt man nach einer Konversation oder einem Briefing planlos umher ohne zu wissen was man eigentlich tun muss. Das Auslösen bestimmter Events, um mit der Story voranzuschreiten wirkt oft sehr willkürlich und undurchsichtig. Selbst wenn klar ist, wo man hin muss, kann es sein, dass es dort nicht weitergeht, nur weil man seinen Auftraggeber statt dreimal, nur zweimal angesprochen hat. Wer mal eine längere Pause einlegen muss, läuft sogar Gefahr das aktuelle Ziel komplett aus den Augen zu verlieren, weil man nirgends nachlesen kann, was man zuletzt gemacht hat oder was als nächstes ansteht.

Lobenswert ist hingegen das Speichersystem, das sich auf jedem Planeten nutzen lässt, und mit fünf freien Speicherplätzen genug Möglichkeiten bietet, um vorübergehende Storyverzweigungen zu ergründen und während nicht abbrechbarer Missionen, auf die man sich nicht angemessen vorbereitet hat, in frustrierende Sackgassen zu geraten. Darüber hinaus gibt es für Leute die das Speichern gern vergessen auch noch einen sechsten Speicherplatz, in dem die Fortschritte bei jedem Planetenwechsel auf Wunsch automatisch festgehalten werden, um nach einer unerwarteten Niederlage nicht zu weit zurückgeworfen zu werden. Eine Möglichkeit, verlorene Kämpfe direkt zu wiederholen, gibt es nämlich nicht. Dafür werden bei jeder Landung sämtliche Schäden automatisch und kostenlos repariert und sogar zerstörte Schiffe im Handumdrehen flott gemacht.

Es gibt zig Angaben zum Aufbau der Raumschiffe.
Schade ist nur, dass sich die einzelnen Planeten kaum voneinander unterscheiden und lediglich aus standardisierten Menüpunkten bestehen. Es gibt einen Hangar, wo man Veränderungen an Flotte und Crew vornehmen kann, die Möglichkeit Spielstände zu speichern oder zu laden sowie einen Kampfsimulator über den man sich drahtlose Multi-Karten-Duelle mit einem Freund liefern kann. Auf manchen Planeten gibt es auch Werften, in denen man neue Schiffe erstehen oder alte umbauen kann, wenn man die entsprechenden Blaupausen besitzt. Es gibt standardisierte Kneipen, in denen man sich mit Crewmitgliedern und anderen Besuchern unterhalten oder Aufträge an Land ziehen kann und manchmal gibt es auch spezielle Orte, die man erkunden kann. Diese Mini-Dungeons sind allerdings extrem mickrig und sehen alle gleich aus. Meistens gibt es auch nur einen Weg, an dessen Ende ein Nahkampf mit anschließender Belohnung wartet. Auch während der Story ist man gelegentlich in solchen Dungeons unterwegs, was erzählerisch durchaus Sinn macht, spielerisch aber völlig plump und überflüssig wirkt.

Motivierende Bastelstunde

Ein wahrer Segen ist hingegen das ungemein motivierende Crew- und Schiffsmanagement - ein echtes Dorado für Tüftler und Bastler, das wohlige Erinnerungen an Skies of Arcadia oder die Suikoden -Reihe wach ruft. Beim Zusammenstellen der Besatzung tut man sich anfangs zwar recht schwer, da die Auswirkungen nicht direkt angezeigt werden und erst umständlich über eine Hilfe-Datenbank zusammengereimt oder über Praxistests herausgefunden werden müssen. Zudem bleibt die Anzahl der Besatzungsmitglieder lange Zeit überschaubar, deren Einsatzgebiete meist klar vordefiniert, viele Positionen unbemannt. Später lässt sich hier aber jede Menge Feintuning betreiben, Crew-Mitglieder gewinnen durch Kampfeinsätze an Erfahrung, bringen individuelle Fertigkeiten mit ein und sorgen für permanente Verbesserungen am Flaggschiff der Flotte. Manche Gefährten schließen sich Yuri automatisch an, anderen begegnet er nur auf bestimmten Routen durchs Spiel und wieder andere setzen bestimmte Aktionen oder Gefälligkeiten voraus, bevor sie sich als Schützen, Piloten, Mechaniker, Ingenieure, Ärzte, Köche oder Sicherheitspersonal verpflichten lassen.

   

Noch interessanter ist jedoch das Hegen und Pflegen der eigenen Raumflotte. Neben Schiffskauf und Formationsbildung ist vor allem der Aus- und Umbau der Schiffe enorm motivierend. Jedes Schiff bietet ein individuelles Raumangebot aus kleinen quadratischen Rastern, die man mit unterschiedlichen Modularten, -formen und -stufen bestücken kann. Durch das

Ein ganzes Universum voller Planeten wartet auf geduldige Abenteurer.
begrenzte Platzangebot kann man nicht einfach alles in bestmöglicher Ausführung unterbringen, sondern muss Kompromisse eingehen, sich spezialisieren und am Ende ein passendes Gleichgewicht schaffen. Der Platz für Antriebsaggregat, Brücke und Katapultschleuder für Gleiterstaffeln ist meist vorgeschrieben, obwohl es auch hier unterschiedliche Größen und Modelle gibt. Beim Rest hat man hingegen freie Hand, was man wo installiert.

Die einzelnen Module dürfen sich nur nicht überlappen oder aus den Rasterplätzen herausstehen. Das Ganze erinnert etwas an Tetris , nur dass die einzelnen Modulformen nicht herabfallen, sondern manuell platziert werden müssen ohne allerdings die Möglichkeit diese zu rotieren. Wer geschickt puzzelt und die Räume dicht macht, bekommt mehr Module unter. Man muss sich auch überlegen, ob der fette Schutzgenerator wirklich nötig ist oder ob man nicht lieber ein kleineres Reparaturmodul einbaut, um dann noch Platz für ein besseres Zielsystem zu haben. Auch die Lebensqualität sollte berücksichtigt werden, um auf längeren Flügen länger fit zu bleiben. Die Wahl des Flaggschiffs ist ebenfalls wichtig, da bestimmte Module nur hier wirksam sind. Neue Brückenmodule im Flaggschiff wirken sich sogar auf das Erscheinungsbild im Spiel aus. Ärgerlich ist nur, dass das Platzangebot bei Schiffskäufen nicht angezeigt wird und man quasi bei jeder Neuanschaffung die Katze im Sack kauft.  

Feuchte Augen, schmerzende Ohren

Die 3D-Grafik ist für DS-Verhältnisse jedenfalls recht ansehnlich, das Design der einzelnen Schiffstypen sehr abwechslungsreich und detailliert. Besonders die in Spielgrafik präsentierten Sequenzen können sich sehen lassen. Akustisch ist der epische Weltraumtrip eher durchwachsen: Die musikalische Untermalung ist teils wirklich grandios, manche Soundeffekte und Sprachsamples sind allerdings extrem verrauscht, während andere Effekte wiederum völlig sauber erklingen. Vor allem die Explosionen sind eine Beleidigung für jedes Ohr. Wie die seltene Sprachausgabe sind leider auch sämtliche Menüs und Texte komplett auf englisch.

Hinzu kommt, dass manche Texteinblendungen nicht manuell, sondern automatisch weiterlaufen und das teils extrem schnell, so dass man sogar mit guten Lese- und Englischkenntnisse nicht immer alles mitbekommt. Gewisse Infos lassen sich aber auch in einer praktischen Datenbank über Schiffe, Charaktere und Weltraumphänomene, denen man auf seinen Reisen begegnet ist, nachlesen. Gerade bei den Einträgen über feindliche Schiffe hätte ich mir allerdings etwas konkretere Angaben gewünscht und auch dass man, um auf die Datenbank zugreifen zu können, das Spiel erst beenden und dann wieder neu laden muss, ist nicht gerade komfortabel, auch wenn es primär nur Sammelalbum-Charakter hat.  

Fazit

Trotz zähen Einstiegs zieht einen Infinite Space langsam, aber gekonnt in seinen Bann. Die Erkundung des Weltalls über Portale und Sternenstraßen sorgt für intergalaktisches Freibeuter-Feeling, das Rekrutieren neuer Crew-Mitglieder sowie Aufbau und Pflege der eigenen Raumschiffflotte sind ungemein motivierend und auch die anfangs fast belanglos wirkende Story nimmt mit der Zeit spürbar an Fahrt auf, verzweigt sich und überrascht mit zeitlichen Sprüngen und wechselnden Fronten. Allerdings hat die mitunter an Skies of Arcadia , Star Ocean oder Suikoden erinnernde SciFi-Saga auch ein paar ärgerliche Schattenseiten: Das an sich originelle und intuitive Kampfsystem wirkt oft sehr hektisch und unübersichtlich, in meinen Augen spielt auch bloßes Glück eine zu dominante Rolle - vor allem bei den vergleichsweise öden Bodengefechten. Auch das einheitliche Design der spärlichen Mini-Dungeons sowie die sich kaum unterscheidenden Planeten hinterlassen einen faden Beigeschmack. Das Fehlen eines Auftrags- bzw. Logbuchs sorgt oft für planloses Umhergeirre und die Soundkulisse nervt trotz prächtiger Kompositionen mit stark verrauschten Effekten. Wer Probleme mit Englisch hat, wird zudem über die fehlende Lokalisierung und die teils viel zu schnellen Fließtexte fluchen. Wenn man es jedoch schafft, sich mit den Mängeln zu arrangieren, erwartet einen ein episches Weltraumabenteuer mit interessanter Spielmechanik, motivierender Flottenpflege und zahlreichen Herausforderungen.

Pro

interessante Weltraumschlachten
umfangreiches, verzweigtes Abenteuer
motivierendes Schiff- & Crew-Management

Kontra

zäher Einstieg
oft unklare Missionsziele
öde Dungeons & Nahkämpfe

Wertung

NDS

Trotz zähen Einstiegs zieht einen das Weltall langsam, aber gekonnt in seinen Bann.

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