Bleach: The 3rd Phantom 04.03.2010, Jens Bischoff
Bleach: The 3rd Phantom

Im Test:

Die ersten Bleach -Spiele für den DS waren klassische 2D-Prügler. In Teil 3 versuchen die Anime-Helden hingegen im Revier von Final Fantasy Tactics , Fire Emblem und Konsorten zu wildern. Können sich Ichigo, Kisuke und Yamamoto dort behaupten oder hätten sie lieber an bewährten Traditionen festhalten sollen?

Der Kampf ums Seelenheil

Wie in der Manga- und Anime-Vorlage geht es auch in The 3rd Phantom um den Kampf zwischen der für den Schutz von Verstorbenen zuständigen Soul Society und den seelenhungrigen Hollows, die sowohl in der Welt der Menschen als auch ihrer eigenen Dimension im Clinch liegen.

Video: Wie man im Trailer sehen kann, wurde der Anime-Stil gut auf den DS übertragen.Die Geschichte, die erzählt wird, ist allerdings eine eigenständige. Im Mittelpunkt stehen die Zwillinge Fujimaru und Matsuri Kudo, die sich nach ihrer Aufnahme in die adligen Gefilde der Soul Society als Seelenschützer unter der Führung ihres Adoptivvaters verdingen. Ob man lieber in die Rolle des männlichen oder weiblichen Zwillings schlüpft, bleibt einem freigestellt. Auch die Namen kann man bei Bedarf ändern - schließlich handelt es sich bei den beiden nicht um bereits bekannte Figuren aus dem Bleach-Universum.

Vertraute Gesichter und Konstellationen gibt es jedoch genug - von Original-Protagonist Ichigo über Kompanieführer wie Kenpachi oder Yuruichi bis hin zu Kommandant Yamamoto. Auch viele Widersacher werden Fans der Vorlage wohl bekannt sein. Neueinsteiger brauchen jedoch keine Verständnisprobleme zu befürchten, da die Kudo-Zwillinge ja selbst neu sind und man quasi mit ihnen zusammen in das bestehende Umfeld eingeführt wird. Ohne Vorkenntnisse ist die über 20 Kapitel umfassende Story um Verlust, Verrat, Rache und eine übermächtige Bedrohung sogar deutlich spannender, da einige mit der Serie konform gehende Ereignisse dann einen entsprechenden Überraschungseffekt haben. Humor kommt während der gut 20-30 Stunden dauernden Kampagne auch nicht zu kurz: Künstlerfurie Kukaku oder das notgeile Stofftier Kon sind natürlich Klassiker, aber auch Neukreationen wie Tollpatsch Shiyo sorgen für einige Schmunzler.

Die dialoglastige Inszenierung der Handlung mit dynamischen Manga-Portraits und Anime-Standbildern kann sich jedenfalls sehen lassen.

Im Gegensatz zu den Vorgängern ist The 3rd Phantom nicht als Beat'em-Up, sondern als Taktikrollenspiel konzipiert, das trotz simplen Grundgerüsts interessante Elemente besitzt.
In den Kämpfen gibt es sogar animierte Sequenzen und etwas Sprachausgabe. Allerdings ist das Spiel komplett auf Englisch, auch Menüs und Untertitel. Die Soundkulisse nervt gelegentlich mit uninspiriertem Synthie-Gerocke, wirkt insgesamt aber gut an die jeweiligen Ereignisse angepasst, auch was die Sound-FX betrifft. Grafisch gibt es abgesehen von den relativ trostlosen Raster-Schlachtfeldern ohne jegliche Erkundungs- und Interaktionsmöglichkeiten eigentlich nichts zu kritisieren: Die Figuren wurden charmant und detailliert umgesetzt, Animationen und Effekte sind sehenswert. Lediglich die Vielfalt an Standardgegnern hätte etwas üppiger sein können, auch wenn sie im Gegensatz zu Story-Gegnern oft nur Kanonenfutter sind.

Eine Frage der Balance

Der Schwierigkeitsgrad ist aber auch allgemein eher harmlos. Es gibt zwar den ein oder anderen überraschenden Trial&Error-Stolperstein, aber anpassbare Stufen wären sicher nicht nur für Profis wünschenswert gewesen. Das liegt auch daran, dass das grundlegende Stärken- und Schwächensystem nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip nicht konsequent genug umgesetzt wurde. Auch wenn Figuren mit dem Attribut Technik, gegenüber solchen mit Kraft-Attribut theoretisch im Vorteil sind, schneiden sie in der Praxis oft sogar deutlich schlechter ab als Figuren mit Geschwindigkeitsattribut, die eigentlich gegen das Attribut Kraft anfällig sind. Das führt dazu, dass man irgendwann fast nur noch mit Kraft-Charakteren unterwegs ist und alles wahllos platt macht. Später kann man direkte Konfrontationen sogar fast gänzlich meiden und die meisten Gegner mit verheerenden Distanzangriffen aufreiben, bevor sie nennenswerte Gegenwehr leisten können.

In Unterzahl, unter Zeitdruck oder wenn mehrere Story-Gegenspieler gleichzeitig auf den Plan treten, wird das Ganze schon interessanter. Dann kommt es nämlich auch darauf an, in den rundenweisen Schlagabtauschen Team- und Unterstützungsangriffe abzustimmen oder mit der mentalen Energie, die man zum Aufwerten seiner Attacken oder zum Ausführen von Spezialangriffen aus unterschiedlich starken Umgebungsströmungen ziehen kann, zu haushalten. Man legt fest, wer mit wem als Team agiert, löst individuelle Verwandlungen und Beschwörungen aus und positioniert sich so, dass man aktive und passive Schützenhilfe benachbarter Figuren nutzen kann. Ob man einen Gegner von hinten, vorn oder der Seite angreift, spielt hingegen keine Rolle, auch Terrain- oder Höhenvorteile gibt es keine, ebenso wenig versteckte Fallen oder manipulierbare Umgebungsobjekte.       

Eine weitere Rüge muss sich Bleach auch in punkto Missionsdesign gefallen lassen.

Die Darstellung der Kämpfe erinnert an die beiden Vorgänger - durch geschicktes Stellungsspiel sind auch Teamattacken möglich.
In der Regel geht es immer nur darum einen bestimmten Widersacher oder sämtliche Feinde auszuschalten und selbst am Leben zu bleiben. Es gibt zwar hin und wieder interessante Auflockerungen wie das sichere Eskortieren eines Verletzten zu einem Fluchtpunkt, Dimensionsrisse, die immer stärkere Widersacher hervorbringen oder das rechtzeitige Erlösen von Seelen, bevor sich diese in Gegner verwandeln. Aber all das wird eingeführt und gleich darauf für den Rest des Spiels wieder eingemottet. Auf Dauer mangelt es den Einsätzen jedenfalls spürbar an Abwechslung, obwohl die Ideen dazu eigentlich vorhanden waren. Auch im Mehrspielermodus, später mehr dazu, hat man nur die Wahl, einen bestimmten oder sämtliche Feinde zu eliminieren.

Motivierendes Drumherum

Angenehm kreativ präsentiert sich hingegen der Spielverlauf abseits des Schlachtfelds. Die virtuelle Freizeit verbringt man regelmäßig damit aus einem Angebot an möglichen Ereignissen zu wählen, die unterschiedliche Mengen an verfügbaren Aktionspunkten verbrauchen. Klingt zunächst nicht sonderlich spannend, aber parallel zur Ereigniswahl marschiert Plüsch-Casanova Kon einen mit Boni und vorzeitigen Ausgängen gepflasterten Weg entlang, den man möglichst lange beschreiten sollte, um zusätzliche Aktionspunkte, Statusverbesserungen oder Item-Prämien zu erhalten. Sind alle Aktionspunkte verbraucht oder Kon auf einem der Ausgänge gelandet, kommt das Ereigniskarussell zum Stillstand und es geht mit dem Haupt-Plot weiter. Manchmal bringen sogar die Ereignisse selbst eine Belohnung ein: Es kann sein, dass man ein Geschenk erhält, einen neuen Mitstreiter rekrutiert, eine bestehende Freundschaft für spätere Teamattacken festigt, Charakterwerte steigen oder man sogar einen Bonuskampf bestreitet. Darüber hinaus erfährt man natürlich auch mehr über die einzelnen Charaktere und aktuellen Geschehnisse.

Spaß macht auch die individuelle Charakterentwicklung, die einem bei jedem Stufenanstieg Punkte auf Attribute wie maximale Lebensenergie, Angriffskraft oder Genauigkeit verteilen lässt. Alternativ kann man die Punkte auch in die Aufwertung der über das ganze Spiel hinweg verwendeten Waffe investieren, um sie mit elementaren Kräften aufzuladen, Resistenzen zu erhalten oder neue Fertigkeiten zu lernen.

Die Zeit zwischen den Kämpfen verbringt man oft mit geschicktem Aneinanderreihen von Ereignissen, um Belohnungen zu kassieren.
Wer das Ganze beschleunigen will oder sich zu schwach fühlt, kann vor jedem Story-Kampf beliebig viele Trainingskämpfe bestreiten, die neben Erfahrung auch nützliche Gegenstände für das individuell zusammenstellbare Schlachtgepäck einbringen - Geschäfte gibt es keine.

Kleine Schönheitsfehler

Wer bei einem Scharmützel versagt, kann den Kampf übrigens nicht direkt wiederholen, sondern muss einen zuvor gesicherten Spielstand laden. Wer nur auf die automatische Speicheraufforderung vertraut, kann dadurch ziemlich weit zurück gesetzt werden und muss eventuell sogar vorausgegangene Kämpfe, Freizeitabschnitte und nicht abbrechbare Dialogsequenzen erneut bewältigen. Manuelles Zwischenspeichern ist also nie verkehrt.

Etwas mehr Komfort hätte auch bei der Kampfansicht nicht geschadet: Die halbschräg angesetzte Perspektive ist völlig starr und lässt sich weder drehen, zoomen, noch kippen. Zwar hilft eine symbolische Karte bei verdeckter Sicht oder Positionierungen auf engem Raum, aber eine Ideallösung ist das natürlich nicht. Zudem kann es bei Flächen- und Distanzangriffen passieren, dass der Bildausschnitt ungünstig zentriert wird und nicht alle Schäden angezeigt werden. Bei direkten Konfrontationen hat man hingegen alles im Blick, da hier eine separate Kampfanimation im Stil der Beat'em-Up-Vorgänger inklusive verursachter Schäden eingespielt wird.

Wer will, kann via Drahtlos-Link auch einen Freund herausfordern, allerdings müssen dazu beide Spieler ein eigenes Modul besitzen, obwohl sich neben den im Story-Modus trainierten Helden auch vorgefertigte Charaktere einsetzen lassen. Dafür bieten die Schlachten eine zusätzliche taktische Komponente, die einem bei jedem Tod eines Gruppenmitglieds die Möglichkeit gibt, Energien aufzufrischen oder Fertigkeitssperren zu verhängen, um selbst entschieden geglaubte Partien nochmals spannend zu machen. Doch auch Solisten werden nach der Kampagne mit einem Bonusturm mit immer stärkeren Gegnern und zusätzlichen Rekrutierungsmöglichkeiten gut bei Laune gehalten und selbst der Story-Modus bietet dank unterschiedlicher Protagonisten und Bonusereignisse einen gewissen Wiederspielwert.   

Fazit

Der Ausflug der Bleach-Helden in taktische Rollenspielgefilde ist durchaus gelungen. Zwar mangelt es den rundenbasierten Gefechten auf Dauer an strategischer Tiefe und Abwechslung, auch Balance und Übersicht hätten besser sein können - dafür überzeugen Ichigo und Co jedoch mit interessanten Ideen und individuellem Freiraum. Insgesamt gibt es über 50 spielbare Charaktere, die man nach eigenen Vorlieben entwickeln und einsetzen kann, auf den Schlachtfeldern gilt es Teambildungen und mentale Energieströme zu berücksichtigen und auch abseits der Kämpfe ist Taktik gefragt: Wer seine Freizeit vorausschauend plant, kann nämlich nicht nur neue Mitstreiter rekrutieren und Zuneigungen beeinflussen, sondern auch Charakterwerte verbessern, teils sehr amüsante Szenen beobachten oder praktische Geschenke absahnen. Die Kampagne ist recht umfangreich, die Inszenierung ansehnlich und selbst nach Spielende warten noch einige Herausforderungen. Es gibt sogar einen mit zusätzlichen Aktionsmöglichkeiten garnierten Zwei-Spieler-Modus - allerdings nur via drahtlosem Multi-Karten-Spiel. Schade allerdings, dass man sich eine Lokalisierung komplett gespart hat, die Schlachtfelder keine Interaktions- oder Erkundungsmöglichkeiten bieten und der unveränderbare Schwierigkeitsgrad kaum echte Herausforderungen bereit hält. Genrefans werden dennoch ordentlich unterhalten und auch wenn sich der nächste Teil schon wieder neuen Ufern zuwendet, hätte ich nichts dagegen, ein weiteres Mal rundenbasiert gegen die Hollows in die Schlacht zu ziehen.

Pro

hübsche Kampfanimationen
über 50 spielbare Charaktere
individuelle Freizeitgestaltung
interessante Energiekomponente
beeinflussbare Affinitäten & Teamangriffe
individuelle Charakter- & Waffenentwicklung

Kontra

wenig taktischer Tiefgang
unausgewogene Spielbalance
gelegentliche Übersichtsprobleme
abwechslungsarmes Missionsdesign

Wertung

NDS

Solide, wenn auch etwas simple Rundentaktik, die mit netten Details nicht nur Anime-Fans bei Laune hält.

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