Dark Void Zero17.03.2010, Paul Kautz
Dark Void Zero

Im Test:

Nintendos DSiWare-Kanal führt trotz aller Neuveröffentlichungen nach wie vor ein bedauernswertes Nischendasein: Obwohl Big N höchstselbst auf Wii vormacht, wie einfach und lohnenswert eine Virtual Console ist, kommt Vergleichbares auf DSi einfach nicht in die Gänge. Was also tun, wenn man keine alten Spiele unters Volk bringen kann? Man entwickelt ein neues und lässt es aussehen, als wäre es alt!

Prima Geblödel

Sieht aus wie ein NES-Spiel, klingt wie ein NES-Spiel, spielt sich wie ein NES-Spiel - ist aber wie MegaMan 9 ein komplett neu entwickeltes Jump-n-Run.
Och, das klingt doch nach Romantik der goldenen Videospieljahre: Vor mehr als 20 Jahren hatten Capcom-Entwickler das ultimative NES-Spiel in Arbeit - Dark Rift. Ein Plattformer, der so fortschrittlich sein wollte, dass ein ins Modul integrierter Zusatzchip für flackerfreie Grafik mit vielen gleichzeitig bewegten Sprites sorgen sollte. Zwei miteinander verkabelte Konsolen sollten sogar auf zwei Bildschirmen das Spiel und eine Weltkarte gleichzeitig darstellen - eine technische Sensation! Doch die Entwicklung war mühsam, die Zähne der Zeit mahlten stetig, und so wurde das zu zwei Dritteln fertige Spiel irgendwann aus Kostengründen aufgegeben. Nur wenige Exemplare der Vorabfassung wurden an ausgewählte Personen verteilt. Einige Jahrzehnte später gelangte der Ruf dieser Legende zurück ins Bewusstsein ambitionierter Entwickler, die ihre Forschungsarbeit aufnahmen und eines der letzten verbleibenden Exemplare ausgerechnet beim amerikanischen Komiker Jimmy Fallon fanden, dem damaligen Gewinner des Dark Rift-Wettbewerbs. Das Modul wurde aufwändig untersucht, der Inhalt per Reverse Engineering analysiert, das Spiel fertiggestellt und die dahinter liegende Story ganz nebenbei noch für ein weiteres Spiel genutzt - Dark Void .

Klingt zu abgefahren, um wahr zu sein? Ist natürlich auch Blödsinn, aber sehr elaborierter Blödsinn - ein Spaß der (modernen) Entwickler, der sich in Sachen Kreativität kaum vor Matt Hazard  und seiner konstruierten Historie verstecken muss. Dark Void Zero ist wie MegaMan 9 ein komplett neu entwickeltes Spiel, das aber absichtlich in Sachen Grafik und Spielprinzip auf steinalt getrimmt wurde. Das Wichtigste für alle Oldschool-Nerds ist ohnehin, dass man zu Spielbeginn erstmal schön ins DS-Mikro pusten muss, um das alte Modul vom Staub zu befreien. Ooooooch, genau wie damals...

Tesla, hilf mir!

Dark Void Zero (DVZ) ist ein Prequel zu Dark Void. Die Wächter haben gerade ein stabiles Portal zur Erde errichtet, die Invasion des blauen Planeten steht kurz bevor. Da kann nur noch einer helfen: Rusty, ein Testpilot, der im Dark Void aufgewachsen ist. Nee, Moment - nur zwei können helfen: Nikola Tesla ist natürlich ebenfalls an Bord und versorgt Rusty die ganze Zeit mit nützlichen Infos wie der Position von Schlüsselkarten. Mit denen kommt man durch sonst verschlossene Türen, in manchen Fällen hilft auch eine frische Waffe, um aus einer Widerstand leistenden Wand einen Batzen Brösel zu machen. Drei Welten gilt es zu durchforschen, bevor die Highscore-Liste naht - wenn man weiß, was man tut, ist man in gut einer Stunde durch. Wenn man das nicht weiß, und die Chancen dafür sind angesichts des altertümlichen Spieldesigns und des durchaus respektablen Schwierigkeitsgrades groß, dann zieht sich das entsprechend länger hin.

Oha, eine Zange! Die Gegner sind zwar alles andere als helle, aber ballerfreudig und wachsen ständig nach - Dark Void Zero ist ein anspruchsvoller Happen.
 »Altertümliches Spieldesign?« sehe ich die Frage in den Raum schweben, »Sowas wie MegaMan 9?« - ja, genau, sowas wie MegaMan 9. Entwickler Other Ocean ist sehr offensichtlich ein Fan von NES-Jump-n-Runs im Stile von Bionic Commando, Metroid oder eben MegaMan: Kleine Krümelsprites rennen, springen und schweben am Jetpack durch krude aufgebaute Levels, alles ist sehr simpel gehalten - ich hab jetzt nicht nachgezählt, aber ich würde mein karges Haupthaar darauf verwetten, dass nicht eine Farbe mehr als 16 verwendet wurde. Kurz gesagt: Alte Schule in Reinkultur! Das betrifft auch erwähnten Anspruch, der sich dadurch äußert, dass man standardmäßig drei Leben zur Verfügung hat; sind die weg, ist das Spiel vorbei. Danach gibt man seine dreistelligen Initialen in die Liste ein und versucht das Ganze nochmal von vorn. Eine Speichermöglichkeit gibt es nicht, DVZ ist einzig und allein auf das Erlebnis vom schnellen Highscore zwischendurch ausgelegt. Die (wie beim großen Dark Void) abwechslungsarmen Gegner sind an sich nicht irre anspruchsvoll, aber zwei Faktoren machen sie gefährlich: Erstens tauchen sie nach kurzer Zeit wieder auf, auch wenn man den Bildschirmabschnitt verlässt. Zweitens ist die Steuerung des Jetpacks nicht ganz ohne - hält man die Sprungtaste gedrückt, fliegt man; drückt man sie doppelt, schwebt man. Allerdings gibt es vor der Schwebe einen kurzen Absacker, der das Zielen knifflig macht. Was natürlich die Feinde nicht davon abhält, Rusty treffsicher ins Visier zu nehmen, während man noch versucht, sich auf sie auszurichten. Dazu kommt noch, dass Gegner durch Hindernisse hindurch feuern können, man selbst aber natürlich nicht.

Neben dem Jetpack gibt es noch weitere Upgrades: Neue Waffen wie Raketenwerfer oder Desintegrator, eine erhöhte Feuerrate oder -oooch, schon lange nicht mehr gesehen- Lebensenergie-Herzchen. Man kann immer nur eine Waffe mit sich führen, vor wichtigen Stellen bekommt man die passende Wumme aber auf jeden Fall aufgedrückt - wichtige Stellen wie z.B. Räume, in denen Bosskämpfe stattfinden. Technisch sollte man DVZ gehobenen NES-Standard erwarten, Megaman 9 und 10 liefern da ganz gute Anhaltspunkte. Und genau wie bei den beiden ist vor allem der Soundtrack erwähnenswert: Das wunderbar fiepsige Dedudel geht dem Retro-Freund direkt ins Bein.       

Fazit

Ich habe die erste Hälfte von Dark Void genossen und die zweite Hälfte verflucht - das ist mir bei Dark Void Zero nicht passiert, denn dafür ist es zu kurz. Was eine gute Sache ist, denn solche Spiele, die sich einen Scheißdreck um Hintergrundstory oder Schleichlevels kümmern und einzig und allein die Jagd nach dem schnellen und möglichst hohen Highscore in den Vordergrund stellen, gibt es kaum noch - außerdem mag ich den konstruierten Hintergrund der Spielentstehung. DVZ ist eine fröhliche Mischung aus Bionic Commando, MegaMan und Metroid, und kommt zwar in keiner Hinsicht an eines der drei Vorbilder ran, ist aber auch weit davon entfernt, ein seelenloser Mischmasch zu sein. Stattdessen ist es ein erfrischend veraltetes, anspruchsvolles Jump-n-Run, das gut für die nostalgische Viertelstunde zwischendurch geeignet ist. Für eine echte, fokussierte Retro-Herausforderung sind aber MegaMan 9 und 10 nicht zu schlagen.

Pro

wundervoll oldschoolig
cooler Soundtrack
knackiger Schwierigkeitsgrad

Kontra

gewöhnungsbedürftiger Genremix
sehr kurz
fummelige Jetpack-Steuerung

Wertung

NDS

Ein unterhaltsamer, anspruchsvoller Retro-Happen für zwischendurch, der allerdings ein paar Genres zu viel bedienen möchte.

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