Polarium25.03.2005, Paul Kautz
Polarium

Im Test:

Momentan sprießen Handheld-Knobelspiele wie Pilze aus einem feuchten Waldboden: Zoo Keeper, It’s Mr. Pants – und nun Polarium (ab 9,94€ bei kaufen). Ein Spiel, das in Asien bereits als neues Tetris gefeiert wird. Kann der DS-Starttitel diesem Anspruch gerecht werden?

Ein neues Tetris?

Spiele für die Ewigkeit wachsen nicht einfach auf Bäumen, dazu braucht es schon sehr besonderer und sehr seltener Zutaten. Tetris demonstriert sehr schön, wie so etwas auszusehen hat: Ein ebenso einfaches wie fesselndes Bauklotzprinzip, welches nicht auf Technik, sondern auf Timing und Knobelspaß basiert. Eine wahre Flut von Klonen zeigt auf der anderen Seite ebenso klar, dass ein einfaches Kopieren bestehender Werke nicht zur Unsterblichkeit führt. Polarium ist ein Titel, der auf den ersten Blick wie ein Mitschwimmer auf der scheinbar nie abebben wollenden Klötze-Welle wirkt. Auf den zweiten Blick hingegen dämmert einem schnell, dass man es hier mit einem neuen Meilenstein zu tun haben könnte.

Der Taktik-Modus lässt eure grauen Zellen rauchen.
 Polarium ist in drei Spielvarianten unterteilt: »Aufgaben«, »Taktik« und »Kampf«. Ersterer erinnert am ehesten an das große russische Vorbild. Hier wie dort fallen Klotzblöcke unregelmäßig von oben hinab, die unten besser schnellsten aufgelöst werden sollten – denn stapelt sich die Bande bis ganz nach oben, ist das Spiel vorbei. Wie wird man die lästigen, zweifarbigen Steine los? Hier gilt es nicht nur Reihen zu bauen, sondern per Ausmalen so viele wie möglich auf einmal auszuradieren. Dazu malt ihr mit dem Stylus (das Spiel wird komplett per Touchpad gesteuert) die entweder schwarzen oder weißen Felder so aus, dass ganze Blöcke wegfallen. Ein letzter Druck auf den Schlusspunkt lässt das Gebilde wie von Zauberhand verschwinden. Das Geniale ist, dass man durch klugen Farbwechsel punkten kann, und dass der neutrale graue Rand dabei eine wichtige Rolle spielt: Ihr könnt über ihn nämlich clever Zickzack-Linien und Rahmen zeichnen. Was so einfach klingt, wird dank der unweigerlich aufkommenden Hektik schnell aufregend – zappt man anfangs nur kleine Klotzreihen weg, konzentriert man sich schon nach kurzer Zeit auf die dicken Felder.

Qualmende Gehirne

Der Taktik-Modus ist die Kopfraucher-Variante für Schachspieler: Hier sitzt kein Zeitdruck im Nacken, statt dessen müsst ihr vorgefertigte Puzzlefelder mit nur einem Zug abräumen. Auch hier beginnt das Spiel gemächlich, die Kopfnüsse ziehen aber nach einigen Runden erheblich ab. Oft genug sitzt man am Stylus kauend vor dem Screen, denkt sich »Wie zum Teufel soll das gehen? Das kann doch nie und nimmer funktionieren!!« und probiert wieder und wieder aus – doch hat man die Lösung schließlich gefunden, könnte man kaum zufriedener sein, jedenfalls bis zum nächsten Level. Dieser Spielmodus erinnert sehr an klassische Hirnverrenker wie »Kwirk« oder »Sokoban«, teilt sich aber auch deren Problem: Kennt man ein Mal die Lösung, stellen die Puzzles kein Hindernis  mehr dar. Aber man kann sich ja auch selbst das Leben schwer machen: Der integrierte

Im Mehrspielermodus kippt ihr den DS um 90° nach rechts, und schmeißt eurem Gegner Klötze entgegen.
Leveleditor erlaubt das kinderleichte Malen eigener Karten, die in einem langen Zahlencode gespeichert werden, und sich so auch an Freunde verteilen lassen.

Aber denen kann man ja auch im »Kampf« ans Leder: Der Wireless-Mehrspielermodus erfordert nur ein Polarium-Modul, und weckt erneut Erinnerungen an Tetris. Was ihr bei euch an Reihen abräumt, erscheint beim Gegner. Falls euer Kontrahent noch nichts mit dem Spiel anfangen kann, lasst ihr ihn entweder das umfassende Tutorial durchspielen, oder schickt ihm einfach eine Demo auf seinen DS – dann hat er, bis er seinen Handheld ausschaltet, nicht nur zehn Kopfnüsse, sondern auch die Anleitung bei sich.

Wolle Rose kaufe?

Grafisch ist Polarium ungefähr auf dem Stand eines Sinclair Spectrum: zweifarbige Felder, minimale Effekte, ein ausgesprochen hässlicher Font – nun gut, Tetris war ja auch noch nie eine Augenweide. Während euer Gehirn malträtiert wird, begleiten euch spacige, fast schon hypnotische Musik sowie spröde Effekte. Die Steuerung via Touchpad ist praktisch und gut – Digipad und Buttons werden nicht gebraucht. Das einzige wirklich misslungene an dem Spiel ist die Übersetzung: Der Editor heißt »Ändern«, ein gelungenes Puzzle wird mit »Level Gut!« quittiert – nun ja.        

Fazit

Ist Polarium ein zweites Tetris? Nein, wie auch - das hat ja nicht mal »Tetris 2« geschafft! Ist Polarium ein gelungenes Knobelspiel? Aber hallo! Wie oft passiert es wohl, dass gestandene Redakteure mit funkelnden Augen wie Geier um meinen Schreibtisch kreisen, und Bemerkungen wie »Sag mal, brauchst du den DS gerade noch?« oder »Du willst doch jetzt eigentlich etwas ganz anderes spielen, stimmt’s?« fallen lassen? Polarium ist ein Stundenfresser erster Kajüte, ein Gehirnverknoter klassischer Sorte – und ein überdeutlicher Beweis dafür, dass ein Game nicht gut aussehen muss, um fesselnd zu sein. Allerdings fehlt ihm die Zugänglichkeit eines Tetris oder Zoo Keeper: Hier ist nicht einfach so drauflos zocken angesagt, es gibt viele Feinheiten zu beachten – das prädestiniert Polarium mehr für den grübelnden Studenten als für den Gelegenheitsspieler. Doch egal welcher Gruppe ihr angehört: Gebt dem Game eine Chance, selbst wenn ihr normalerweise nur Grafikmonster spielt. Ihr werdet es nicht bereuen!

Pro

+ süchtig machendes Spielprinzip+ mehrere Spielvarianten+ einfache Steuerung+ atmosphärische Musik+ nur ein Modul für Mehrspielermodus benötigt+ Baukasten für eigene Puzzles beiliegend+ hoher Wiederspielwert+ umfassendes Tutorial+ beiliegende Demo zum Wireless-Versand

Kontra

- technisch sehr veraltet- Taktik-Modus nicht sehr langlebig- mäßige deutsche Texte- rapide ansteigender Schwierigkeitsgrad

Wertung

NDS

Intelligenter Gehirnverknoter mit antiquierter Optik.

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