Mario & Luigi: Zusammen durch die Zeit04.02.2006, Paul Kautz
Mario & Luigi: Zusammen durch die Zeit

Im Test:

Vor gut zwei Jahren brachen die berühmtesten Brüder der Videospielgeschichte zum dritten Mal in Rollenspielgefilde auf – diesmal aber nicht auf SNES oder N64, sondern dem GBA. Mario & Luigi: Superstar Saga schlug mit großartigem Humor, genialer Team-Kontrolle, einer liebevollen Präsentation und massig Abwechslung auch gleich ein wie eine Bombe. Ob das der DS-Nachfolger ebenfalls schafft?

Teamwork ist alles

UFOS!!! Vom Planeten Shroob! Lauter bösartige, lila Pilze fallen über das Pilzkönigreich her! Und das nicht hier, in der Gegenwart, sondern in der Vergangenheit, als Mario & Luigi gerade mal einen Mini-Hüpfer machen konnten und Prinzesschen Peach mehr mit Brüllen als mit Entführtwerden beschäftigt war. Doch jetzt überschlagen sich die Ereignisse: Zeitlöcher öffnen sich überall, die Invasoren verbreiten Chaos und Zerstörung,

Zwei Brüderpaare, zwei Bildschirme - ihr könnt die Gruppen trennen und separat steuern.
die Prinzessin ist natürlich wieder mal weg, Retter in der Not müssen her. Und sie sollten möglichst rot bzw. grün gewandet sein! Vorhang auf für Mario und Luigi: Die stürzen sich mehr oder weniger bedenkenlos in den nächstgelegenen Zeitspalt, packen ihre jüngeren Ichs huckepack und treten gegen die Wurzel allen Übels an: Oberbösewichtin Prinzessin Shroob.

Wer ein klassisches Rollenspiel alter Schule erwartet, könnte hier natürlich kaum falscher liegen: Stattdessen gibt es nicht nur rundenbasierte Kämpfe und Erfahrungsaufstieg, sondern auch clevere Puzzles, Plattformspringereien und sehr viele Dialoge. Bevor die Action losgeht, begegnet ihr noch dem fern des Stimmbruchs befindlichen Prinz Bowser, der eine gute Gelegenheit für ein Tutorial bietet. Denn während Kenner des ersten Teils keine Probleme mit dem timinglastigen Kampfsystem haben dürften, erfordert es von Neulingen etwas Gewöhnung. Grob gesagt kämpft ihr hier rundenweise nach dem Final Fantasy-System: Waffe wählen, Gegner oder Gegnergruppe markieren, angreifen – ganz einfach. Allerdings gibt es hier zwei Besonderheiten. Zum einen ist Echtzeit-Geschick gefordert: Ihr könnt eure Attacken durch punktgenaues Drücken der Angriffstaste verstärken und müsst gegnerischen Angriffen gut getimt ausweichen. Zum anderen habt ihr es hier nicht mit einer klassischen Viererparty zu tun, denn die doppelte Brüderladung kann sowohl einzeln als auch gemeinsam agieren: Jede Figur wird durch einen der vier DS-Buttons gesteuert. So könnt ihr einzeln oder gemeinsam auf Gegnerköpfe springen, sie später mit Hämmern plätten oder diverse Items nutzen. Das geht bei Feuerbällen los, die abwechselnd geworfen werden, geht über Schildkrötenpanzer oder »Pardauz-Eier« weiter, die die Brüder immer wieder abprallend auf Feinde kicken und findet in der dicken Kanone, die alle vier nacheinander auf ihre Widersacher poltern lässt noch lange nicht das Ende. Auch die Widersacher arbeiten teilweise miteinander, heilen und verstärken sich – immerhin zeigen fast

Die Spezialmanöver sorgen für schöne Effekte - zwar lacht der DS-Grafikchip darüber, nett anzusehen sind sie trotzdem.
alle Gegner direkt vor ihrem Angriff noch für einen Sekundenbruchteil subtil an, welchen der Brüder sie angreifen werden, so dass man effektiv ausweichen und kontern kann. Aller paar Stunden wartet natürlich der obligatorische Bossgegner auf seine Abreibung, der sich hier über beide Bildschirme erstreckt: Ihr führt dramatische und teilweise sehr lange Kämpfe gegen eine Giganto-Raupe, einen Lolli-lutschenden »Shrooboid-Lümmel« und natürlich Prinzessin Shroob. Zum Kampf wird ganz klassisch in eine schräge Seitenperspektive gewechselt, normalerweise tummelt ihr euch auf der isometrisch gezeigten Oberwelt, auf der sich die Feinde klar erkennbar tummeln – keine Zufallskämpfe weit und breit. Für jedes gewonnene Duell gibt es neben Erfahrung und gelegentlichen Items auch Münzen, die ihr in Shops in frische Ausrüstung investieren dürft.

Geschwätziger Koffer

Im Vorgänger wurden die Kräfte zwischen Mario & Luigi aufgeteilt, jetzt gibt es nochmal so viele Teilnehmer,  also werden auch die Würfel neu gemischt – meist zugunsten der Kleinen: die übernehmen jetzt das Hammerschwingen, das Hineinbohren in die Erde, das Volllaufenlassen mit Wasser und vieles mehr. Mario & Luigi Senior beschränken sich darauf, sich neuerdings wie Samus Aran zu einem Ball zu verknoten und so schneller voranzukommen bzw. die Kleinen flach zu klopfen, auf dass sie sonst unerreichbare Passagen überwinden können. Das Geniale des Spieldesigns ist auch hier wieder die Kooperation zwischen den Figuren. So könnt ihr die Gruppe jederzeit aufsplitten; die Kleinen landen auf dem oberen Bildschirm, die Großen bleiben auf dem unteren. Durch Druck auf die jeweilige Figurentaste übernehmt steuert ihr beide Gruppen unabhängig voneinander, was natürlich für Puzzles genutzt wird: So müssen die Großen den Kleinen z.B. eine Lichtquelle aktivieren, so dass sie eine gefährliche Passage überwinden können oder sie hüpfen auf einen Transporter, den die Kleinen aus der Weite fernbedienen.          

Die brillanten Bosskämpfe sorgen für einen stetig hohen Adrenalinspiegel.
Solcherlei Ideen sorgen immer wieder für Aaaah!- und Ooooh!-Momente, die auch zum Ende des Spiels nicht nachlassen. Lediglich die Kämpfe gegen Standard-Gegner, die kaum etwas einbringen, werden ab der zweiten Spielhälfte etwas lästig. Immerhin müsst ihr nicht immer alle Wege zurückrennen, wenn ihr die Gruppe wieder vereinen wollt: an allen wichtigen Punkten  stehen Warpröhren, die das fehlende Paar flugs herbefördern.

Wie auch der Vorgänger ist auch Mario & Luigi 2 sehr einsteigerfreundlich. Neben dem ausführlichen Tutorial bekommt ihr auch sehr viele hilfreiche Hinweise zum weiteren Vorgehen. Die Geschicklichkeitseinlagen und Puzzles sind nie übermäßig knifflig, so dass auch Neulinge kaum Frusterlebnisse haben dürften. Nichtsdestotrotz ist auch Zusammen durch die Zeit wieder ein Schwergewicht: 20 Stunden Spielzeit solltet ihr mindestens einplanen, haltet ihr die Augen nach allen versteckten Boni und Sondermissionen offen, klettert diese Zahl nochmal ordentlich nach oben. Denn ob königlicher Palast, Wald von Toadforst, Yoshi-Eiland, das Innere des gigantischen Robo-Yoshizillas »Yoob«, Schleifsand-Wüste oder Koopaseum, es gibt sehr viel zu erkunden. Viele Locations dürft ihr auch erst betreten, wenn ihr das entsprechende Item oder die benötigte Fähigkeit habt, so dass sich wiederholende Hin- und Her-Märsche immer wieder an der Tagesordnung sind. Orden und Klamotten, die hiesigen Pendants zu Rüstung und Schmuck, gibt es in speziellen Geschäften, dort dürft ihr auch euren Item-Vorrat aufstocken. Über all eure Errungenschaften behält euer herrlich klugschwätzend daherlabernder Inventarkoffer »Steckweg 08/20« den Überblick – er klärt euch auch automatisch über neue Erkenntnisse wie den Nutzen von Bohnen auf.

Verliebt in Pixelin

Technikfreunde, bitte festhalten: Zusammen durch die Zeit sieht kaum besser aus als sein GBA-Vorläufer! Okay, die Figuren sind etwas größer; klar, der zweite Screen wird in den Puzzles clever genutzt und zeigt sonst die Umgebungskarte mit allen relevanten Punkten an. Das Touchpad wird in geschätzt einem Promill  des Games (genauer: exakt ein Mal) genutzt, während der Kämpfe gibt es einige 

Die herrlich schräge Story wird durch alberne Dialoge und bemerkenswerte Mimik/Gestik fortgeführt.
nette Effekte. Aber sonst? Komplett 2D, nichts, was der GBA nicht auch geschafft hätte. Aber wisst ihr was? Das ist vollkommen wurscht, denn das Gezeigte strotzt nur so vor Liebe und klitzekleiner cooler Details: Es gibt leuchtende, farbenfrohe, witzige und dieses Mal auch oft animierte Hintergründe. Die in einem eigenwilligen, fast schon skurrilen Comicstil designten Figuren und Gegner sind fabelhaft animiert, besonders Mario & Luigi bestechen durch eine wundervolle Mimik und Gestik. Der einzigartige Grafikstil, der etwas an Paper Mario, erinnert mag simpel sein, aber er ist jede Sekunde lang liebenswert! Und was noch viel besser ist: Das Spiel ist wundervoll bekloppt! Der Humor ist fast so brillant wie beim Vorgänger, die Mono- und Dialoge strotzen vor Wortwitz, das Spiel nimmt sich selbst und den Vorgänger keine Sekunde ernst: so wird z.B. von einem verschwörerisch tuenden Pilz das »große Mysterium« um die Bartpunkte gelöst; zusammen mit dem eindringlichen Hinweis, dass die wichtig seien und bitte nicht ignoriert werden sollten! Natürlich gibt es auch jede Menge Insiderwitze, so ist z.B. der Cameo-Auftritt von Krankfried ein köstliches Highlight.

Die deutschen Texte sind sehr gelungen, Freunde von Originalversionen können auch auf die englische Version umschalten – allerdings nicht mehr direkt im Spiel, sondern nur indirekt durch die DS-Sprachwahl. Das hat übrigens keine Auswirkungen auf die »Sprachausgabe«, die wie gehabt aus einem Sims-ähnlichen Kauderwelsch, vermischt mit einigen italienischen und englischen Wortfetzen besteht und ebenfalls ihren Teil zum breit grinsenden Spielergesicht beiträgt. Fröhlich-flotte Musik, bestehend aus frisch eingespielten Mario-Themen sowie vielen neuen Stücken sorgt für beschwingte Stimmung am DS. Und die immer wieder laut drauflosplärrenden Babies sorgen für den schnellen Griff zum Lautstärkeregler, während Mario und Luigi beschwichtigend winkend vor den Brüllgeistern hin- und herwackeln.       

Fazit

Mario & Luigi: Superstar Saga ist für mich nach wie vor eines der besten GBA-Spiele aller Zeiten: Was dieses kleine Modul an Ideen, Witz und spielerischer Brillanz auf den Screen brachte, steckt auch heute noch das Gros der »großen« Action-RPGs mit links in die Tasche. Und ramtatadaaaaa: Der zweite Teil hat all das und noch mehr! Okay, der Witz ist nicht mehr ganz so großartig wie gehabt. Und rein optisch hat sich seit GBA-Tagen kaum was getan. Aber die Spielbarkeit! Der Einfallsreichtum! Das herrlich abgefahrene Design! Mario & Luigi 2 gehört ebenso unbedingt in den DS-Modulschacht wie GTA Liberty City Stories in die PSP: ein Must-Have wie es im Buche steht! Nur schade, dass der Spaß auch dieses Mal ausschließlich Solisten vorbehalten bleibt – wie wäre es für den dritten Teil mit einem Kooperativ-Modus?

Pro

knuddelige Grafik
beschwingte Musik
großartiger Humor
intelligente Nutzung beider Bildschirme
tolle Team-Puzzles
sehr einsteigerfreundlich
ziemlich umfangreich
dramatische Bosskämpfe
abwechslungsreiche Gefechte
durchdachte Steuerung

Kontra

gelegentlich perspektivische Probleme
langwierige Standardkämpfe
teils weit auseinander liegende Speicherpunkte
gewöhnungsbedürftige Gruppen-Kontrolle

Wertung

NDS

Herrlich abwechslungsreiches, witzig präsentiertes Action-RPG.

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