Eragon08.12.2006, Paul Kautz
Eragon

Im Test:

Eragon (ab 7,95€ bei kaufen) ist der Harry Potter der Drachenwelten: Die höchst erfolgreichen Bücher haben den jungen Autor Christopher Paolini zum Shootingstar gemacht, der am 14. Dezember anlaufende Kinofilm ist ebenfalls ein potenzieller Blockbuster. Die Spiele auf PC und Konsolen waren zwar nicht übel, aber auch nicht der Brüller. Wie machen sich der junge Drachenreiter samt schuppigem Anhang auf PSP und DS?

The Legend of Eragon

Die DS-Fassung hat mit allen anderen Versionen nicht das Geringste zu tun, Entwickler Amaze Entertainment wählte für den Doppelscreener den Weg des Action-Adventures mit RPG-Einschlag - tatsächlich erinnern sowohl Spielprinzip als auch grafische Darstellung an den Klassiker »The Legend of Zelda: Ocarina of Time«. Ihr trabt mit eurem gut animierten, aber ziemlich grob gehauenen Protagonisten durch flüssig scrollende 3D-Dörfer, -Wälder und -Auen, führt Gespräche, erledigt Quests und liefert euch Echtzeit-Gefechte gegen allerlei Gegner. Alle Personen lassen sich, so sie euch nicht feindlich gesinnt sind, ansprechen: entweder haben sie eine Aufgabe für euch oder geben Blabla der Kategorie »I AM ERROR« (siehe »The Legend of Zelda 2«) von sich. Eure Aufträge

Ihr könnt mit allen Personen ein kurzes Schwätzchen führen, was euch u.a. neue Quests bringt.
sind meist sehr kurz und noch simpler; es gilt verlorene Gegenstände wiederzufinden, Stöckchen für den Drachenunterschlupf zu sammeln, Drachensnacks (Eichhörnchen) zu jagen oder eine bestimmte Menge Gegner zu erledigen - als Belohnung gibt es entweder nützliche Gegenstände, die euch Erfahrungspunkte bringen, oder Bilder, die ihr euch in der Galerie zu Gemüte führen dürft.

Geht es gegen Feinde, habt ihr Schwert und Bogen auf eurer Seite, außerdem könnt ihr kraftvoll treten und gegnerische Angriffe blocken. Am Anfang ist Eragon noch recht schwächlich, doch mit fortschreitendem Einsatz der Waffen gibt's mehr und mehr Erfahrungspunkte, was sich direkt auf neue Kampfmanöver auswirkt - dann gibt's auch mal eine Sechsfach-Kombo oder einen wilden Ausfallschritt mit gezücktem Schwert. Das macht den Kampf auf Dauer recht einfach, zumal die immergleichen Gegner mit immergleichen Manövern attackieren. Wie auch bei Zelda lohnt es übrigens auch hier, herumstehende Büsche niederzumähen - darunter befinden sich oftmals nützliche Boni. Interessant wird der Kampf vor allem mit dem Bogen: Ein Tippser aufs Touchpad schaltet euch in den Pfeil-und-Bogen-Modus, in dem ihr mit dem Stylus aus der Ego-Perspektive heraus Gegner oder sonstige potenzielle Opfer ins Visier nehmt. Darüber hinaus wirkt ihr auf dem Touchpad Zauber oder nutzt Heilkräuter, indem ihr bestimmte Muster zeichnet und kommuniziert auf ebendiese Weise mit eurer Drachin Sephira. Im »normalen« Spiel sind dort die Waffen, Items, das Inventar und die optionale Umgebungskarte eingeblendet - außerdem könnt ihr hier die normalerweise automatisch ausgerichtete Kamera manuell nachkorrigieren. Die nützliche Karte scheint den Entwicklern übrigens nicht so gefallen zu haben, denn sie wird ständig ausgeblendet: Nachdem ihr pausiert, mit einer Person sprecht, das Gebiet gewechselt oder ein Items aufgesammelt habt, ist die Übersicht fort und muss neu eingeblendet werden.

Drachiger Sprung vom DS zur PSP

Das Spiel ist insgesamt recht einfach - auch die mäßig intelligenten Gegner sind keine richtige Herausforderung.
 Amaze Entertainment, sonst nicht gerade technologischer Spitzenreiter auf dem DS, sorgt für anerkennend hochgezogene Augenbrauen beim kritischen Redakteur: Die 3D-Grafik, die Eragon auf die zwei Bildschirme zaubert, ist beeindruckend detailliert und flüssig: Kein Ruckler weit und breit, lediglich in offenen Gebieten gibt es unschöne Fade-Ins mittelnaher Objekte. Nichtsdestotrotz  - spätestens auf dem Rücken des Drachen (wo ihr mit Digipad, Buttons oder Touchpad steuern dürft) muss man beeindruckt nicken, auch, weil die leicht asiatisch angehauchte Musik angenehm aus den DS-Boxen klimpert! Ein automatisches Speichersystem, welches auch an bestimmten Punkten manuell unterstützt werden kann, sichert zuverlässig euren Spielstand, außerdem ist die DS-Fassung die einzige, die sich etwas mehr Mühe mit der Story gibt: Diese wird in schönen Standbildern auf dem oberen Screen erzählt, und rast nicht ganz so schnell spulend durch die Geschichte, wie die anderen Fassungen.      

Die PSP-Fassung schließlich ist ein ganz anderes Kaliber - in nahezu jeder Hinsicht. Zum einen kümmert sie sich ausschließlich um die sonst so vernachlässigte Perspektive von Saphira, und füllt damit die Drachenlücken, die die anderen Versionen hinterlassen haben. Doch auf der anderen Seite rast sie noch schneller durch die Story als alle anderen Fassungen; die erste Spielminute umfasst etwa der erste Viertel des Buches.

Die PSP-Fassung von Eragon konzentriert sich ganz auf das Drachenweibchen Sephira.
Zum anderen ist auch diese Fassung spielerisch völlig von den anderen gelöst, denn hier handelt es sich um einen »Drachenflugsimulator«: Mit Saphira könnt ihr durch grün-braune Schluchten, über saftige Weiden und dichte Wälder fliegen - und natürlich alles abfackeln, was brennbar ist! Allerdings gehört dazu einiges Geschick an Analogstick, denn die Steuerung ist nicht ohne: Neben dem normalen Flug könnt ihr auch kurz Gas geben, eine schnelle 180°-Kehre fliegen, in alle Richtungen (auch schräg) strafen, Feuer und Feuerbälle spucken sowie kleinere Gegenstände greifen - und im Falle von Lebewesen wie Ziegen oder Urugals zwecks Regenerierung der Lebensenergie auch verspeisen. Witzigerweise dürft ihr mit euren stabilen Klauen auch solide Objekte (z.B. einen praktischen Felsbrocken) packen und damit nach weniger soliden Objekten (wie Wolfsrudeln) schmeißen - auch aus einer Art Bombenschacht-Modus heraus, in dem ihr mit einem Fadenkreuz auf den Boden zielt. All das klingt cool, und das ist es auch - allerdings bewirkt die Vielfalt der Möglichkeiten, dass die Kontrolle nicht eben intuitiv aufgebaut ist. Für komplexere Manöver müsst ihr z.B. zwei Knöpfe gut getimt zusammen mit dem Analogstick bedienen, was gerade in ungemütlicheren Schlachten ein Kunststück ist. Auch das Beflammen und vor allem Befeuerballen von Zielen ist alles andere als einfach, ein etwas großzügigeres Autotargeting hätte da Wunder gewirkt.

Vier Drachen auf einmal!

Als Solo-Drache habt ihr allerhand zu tun: Händlerwagen angreifende Urugals unter Zeitdruck verbrutzeln, bevor sie alles zu Klump hauen, so schnell wie möglich an bestimmte Punkte gelangen oder immer wieder Eragon befreien, der wie Kim Bauer von einem Ärger in den nächsten taumelt. Auf eurem linearen Pfad zum Storyende habt ihr immer wieder auch mal die Wahl einer »Herausforderung«-Nebenmission: Das sind kompakte Arenen, in denen Deathmatch- bzw. Last Drache Standing-ähnliche Spielvarianten gegen die kompetent arbeitende KI auszufechten sind - das erinnert start an den Mehrspielermodus des Klassikers »Drakan - Order of the Flame« oder das Pterodon-Spiel »Flying Heroes«.

Und weil das Ganze so schön mehrspielerkompatibel ist, könnt ihr es auch gegen bis zu drei menschliche Drachenscheucher ausprobieren: Euch erwarten satte neun Mehrspielermodi mit rumreichen Namen wie »Rescue the Maidens«, »Ruler of Alagaesia« oder »Demented Doves« - gute Tarnungen für DM-, CTF- oder Domination-Varianten. Netterweise werden für das Multiplayervergnügen nicht mal mehrere

Im Mehrspielermodus könnt ihr euch Luftgefechte gegen bis zu drei weitere Drachenreiter liefern - mit nur einer UMD!
UMDs benötigt, Gamesharing sei Dank - allerdings werden in diesem Fall die ohnehin beachtlich langen Ladezeiten in fast schon unerträgliche Minutenbereiche gekurbelt. Darüber hinaus kommen hier die Steuerungsdefizite erheblich stärker zum Tragen als im eher gemütlichen Einzelspielermodus: Einen Gegner im Fokus zu halten ist aufgrund der übersensiblen Analogsteuerung kaum möglich, Frags gibt's meist eher durch Zufall denn durch gezielte Angriffe.

Immerhin gibt es optisch nur wenig Grund zur Klage: Die ansehnlichen Welten ziehen flott über den Bildschirm, nur selten (hauptsächlich im gut gefüllten Mehrspielermodus) wird's etwas langsamer. Saphira und ihre Artgenossen sind schön animiert, der Rest der Figuren besteht aus kleinen, wenigfarbigen Polygonhäufchen - allerdings ist das Fluggefühl genauso schön rasant wie die dazu passend rummsende Musik aus zischenden Streichern und dröhnenden Hörnern!   

Fazit

Die Handheld-Eragons haben mich eiskalt erwischt: Nachdem Amaze Entertainment zuletzt mit den zweiten verfluchten Karibikpiraten ganz tief ins Gamedesign-Klo gegriffen haben, wurde hier saubere Arbeit abgeliefert. Besonders die DS-Fassung ist erstaunlich gelungen – schöne 3D-Grafik, nette RPG-Elemente, simple Quests, leichte Kämpfe und schöne Storyführung bilden summa summarum ein feines Action-Adventure, das seinen Zelda-Einschlag kaum verleugnen kann. Die PSP-Fassung ist prinzipiell auch eine prima Sache, ist sie doch keine einfache Konvertierung der großen Versionen, sondern widmet sich der sonst so vernachlässigten Drachen-Perspektive von Eragon und liefert eine schöne Kulisse. Allerdings steht die fummelige Steuerung einen flüssigen Spielvergnügen stur im Wege, auch das abwechslungsarme Spieldesign, das im Grunde nur aus »Flamme hier alles zugrunde« und »Wirf hier einen dicken Stein hin« vermag nicht längerfristig an den Handheld zu fesseln.

Pro

schöne Grafik
gute Drachen-Animationen
toller Soundtrack
umfangreicher Mehrspielermodus inkl. Gamesharing (PSP)
einfache Steuerung (DS)
nette RPG-Elemente (DS)
schöne Story (DS)
intelligente Touchpadnutzung (DS)

Kontra

komplizierte Steuerung (PSP)
lange Ladezeiten (PSP)
abwechslungsarme Missionen (PSP)
dünne Story (PSP)
unschöne Fade-Ins (DS)
blockige Figuren (DS)
simple Missionen (DS)

Wertung

PSP

NDS

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.