Jagdfieber16.12.2006, Benjamin Schmädig
Jagdfieber

Im Test:

Jagdfieber (ab 8,30€ bei kaufen) ist Sonys erster Abend füllender Animationsstreifen und natürlich muss zu dem Leinwandwerk eine Versoftung her: Ubisoft kümmert sich um die Umsetzung, die sich mit ihrem geradlinigen, aber sympathischen Humor vor allem an jüngere Semester richtet. Sowohl auf Konsolen als auch am PC war das Abenteuer allerdings sehr schnell vorbei und konnte abseits des Story-Pfades nicht lange begeistern. Was erwartet euch auf PSP und NDS?

Zurück in die Garage

Auch wenn es technisch längst möglich wäre: Die PSP-Variante von Boogs und Elliots Abenteuer ist keine direkte Umsetzung ihrer Konsolen-Pendants, ist ihnen aber sehr ähnlich. Doch wieso müssen der Bär und sein Kumpel überhaupt auf den Handhelds durch den Wald ziehen? Immerhin ist gerade Jagdsaison und da bleiben  Tiere bekanntlich besser in der heimischen Garage! Leichter gesagt als getan,

Dr. Jones lässt grüßen: Boog und Elliot in der Lore.
denn eines Tages hilft der gutmütige Bär Boog dem quirligen Hirsch Elliot aus der Patsche. Das ungewollte Dankeschön: Elliot bringt sich und seinen Retter in Schwierigkeiten. Boogs Besitzerin bleibt nichts anderes übrig als sie im Wald auszusetzen - der lange Rückweg zum Städtchen Timberline kann beginnen.

So einfach wie das klingt, ist die Reise natürlich nicht, da zwischen Start und Ziel jede Menge Jäger (das sind die Bösewichte) auf der Suche nach Freiwild (das seid ihr) sind. Nun könnte der mächtige Bär natürlich einfach eine Schneise durch die schießwütigen Männer schlagen - wäre er nicht so handzahm wie ein stubenreines Meerschwein. Und gäbe es im Wald nicht noch andere Tiere, die den beiden unfreiwilligen Helden nicht mir-nichts-dir-nichts über den Weg trauen. Ihr müsst euch daher  nach und nach das Vertrauen von Enten, Bibern oder Stinktieren erarbeiten, bevor sie euch ihr Revier passieren lassen. So fordert es jedenfalls die PSP-Version der Geschichte.

Indys Lore

Und wie gelingt euch das Knüpfen der Freundschaftsbänder? Indem ihr den Waldbewohnern Gefallen tut. Ihr müsst z.B. von Jägern gefangene Familienmitglieder retten, verloren gegangene Freunde suchen, vermisste Angehörige finden oder verschollene Kameraden auftreiben. Richtig: Abwechslung wird so klein geschrieben, dass ich teilweise genervt war, immer das gleiche zu tun. Mitunter steht zwar auch die Zerstörung von Toilettenhäuschen, eine Fahrt in der Lore (die nicht nur vage an Indiana Jones erinnert, sondern auch verdammt danach aussieht) oder das Aufsammeln und In-Ihre-Löcher-Zurück-Werfen 

Die knuddeligen Eichhörnchen-Rennen sind das spannendste Minispiel.
von wilden Hasen aus, aber der Ablauf ist stets geradlinig, die Aufgaben meist uninteressant. Es reicht oft, alle Jäger zu vertreiben, um ans Ziel zu laufen.

Seinen Charme zieht Jagdfieber aus den witzigen Einfällen und hervorragenden deutschen Stimmen. Natürlich wiederholen sich Boogs und Elliots Sprüche am laufenden Band. Aber sie gehen nie auf den Senkel, sondern wirken spritzig und ungezwungen. Die leider nur schriftlich dargebrachten Dialoge mit den Waldbewohnern halten zwar keine Brüller parat, legen aber hin und wieder eine Reißleine an die Mundwinkel. Vor allem sind es die wunderbar idiotischen Ideen, welche bei jungen Spielern Jagdfieber verursachen. Schon allein der Ansatz ist schön blöd: Weil Boog keine Waffen bei sich trägt, grabscht er sich Elliot, um Jäger zu verhauen oder nutzt Stinktiere als Giftgas-Spritze. Falls ein Zaun den Weg versperrt, sind Eichhörnchen die Tiere der Wahl. Denn sobald er sich eins davon auf den Kopf setzt, kann es ihn als rennenden Rammbock lenken. Mitunter bekommt natürlich auch Elliot etwas zu tun: Schleudert euren Kumpel einfach gegen ein Hirsch-Schild und schon steuert ihr ihn für kurze Zeit auf abgelegenen Inseln oder hüpft auf hohe Vorsprünge.           

Standbild-Filme

Braucht ihr eine Pause von der Story, lockern eine Hand voll separater Minispiele den Ablauf - wahlweise über WiFi - für kurze Zeit auf. Das Wettrennen der Eichhörnchen ist z.B. wahnsinnig putzig. Zusammen mit den restlichen drei, weniger unterhaltsamen Minispielen hält sich der Spaß allerdings in Grenzen. Auch sonst gibt es neben der eigentlichen Geschichte kaum etwas zu entdecken, denn selbst die nach und nach freigespielten Filmsequenzen zeigen lediglich Standbilder der Leinwandszenen - das kurzweilige Abenteuer ist nach wenigen Stunden bereits vorüber. Vielleicht ist es ja besser so, denn das präzise Anvisieren der Jäger ist schwierig und Boog teilt nur zäh Schläge aus. Außerdem lässt sich die Kamera nicht drehen, worunter die Übersicht leidet. Die Nahkämpfe wirken insgesamt zu sperrig als dass sie fordern.

Die kurze Lebensdauer erwartet auch DS-Besitzer, wobei unerfahrene Kinder wahrscheinlich etwas länger an knobeln müssen. Denn im Gegensatz zu den restlichen Versoftungen legt Ubisoft den Schwerpunkt hier auf knifflige Puzzles, in denen ihr Boog und Elliot gezielt als Team einsetzen müsst. Dabei bedient sich die Umsetzung bei den gleichen Ideen wie ihre Verwandten auf Konsole, PC sowie PSP: Boog schnappt sich Elliot oder Kaninchen, um sie gegen angreifenden Jäger oder Eichhörnchen zu schmeißen, wirft den Hirsch in für ihn unerreichbares Gebiet und 

Gut gebrüllt, Bär: Entweder schlagt ihr abwechselnd die runden Felder auf dem Touchpad oder knurrt selbst ins Mikrofon.
bringt seine Widersacher mit einem kräftigen Brüllen der Ohnmacht nahe. Sein Hirsch-Kumpel kann zwar weder Brüllen noch den Bären werfen, springt aber über Hindernisse und wenn ihr abwechselnd mit zwei Fingern auf den Touchscreen hämmert, prescht er durch Zäune oder macht aus Fässern mit lebensrettenden Schokoriegeln Kleinholz. Das bärische Brüllen funktioniert auf die gleiche Weise - es sei denn ihr entscheidet euch für die U-Bahn-unfreundliche Variante: Knurrt verbissen ins Mikro und Boog tut es euch gleich. Ansonsten nutzt Ubisoft die Möglichkeiten des DS nur verhalten aus; in einem Minispiel müsst ihr durch sanftes Pusten einen Hubschrauber abfangen, viel mehr gibt es nicht. Apropos Minispiel: Ihr dürft in gerade mal einem Spiel gegen einen Kumpel antreten - immerhin über Internet sowie WiFi...

Stachelschwein-Schütteln

Wie gesagt ist das Beseitigen tierunfreundlicher Jäger oder Eichhörnchen hier nicht eure Hauptaufgabe und so rätselt ihr euch den Weg frei, indem ihr den richtigen Charakter wählt (auf DS könnt ihr jederzeit zwischen den zwei Helden wechseln) und - teilweise buchstäblich - den richtigen Hebel umlegt. Elliot muss z.B. Jäger ablenken, indem er Faxen anstellt oder er wirft Karnickel auf eine Zielschiebe, die eine Lore in Bewegung setzt oder springt über einen Felsen, den Boog nicht überwinden kann. Der Bär kann dafür Steine schleppen und als Treppenabsatz verwenden oder seinen Begleiter über einen Abgrund katapultieren.

Ich war ehrlich gesagt überrascht, wie lange mich die auf den ersten Blick unscheinbaren Knobeleien bei der Stange halten, zudem sich viele Schauplätze etliche Male wiederholen. Aber die Vertracktheit der Rätsel und damit die Spannung ziehen stetig an ohne jemals zu frustrieren. Außerdem bringt es einfach gute Laune, mit den beiden Filmhelden unterwegs zu sein: Egal ob PSP oder DS, sie bewegen sich im flüssigen Comicstil, tollen besonders auf PSP durch einen lebendigen Wald und was ich besonders klasse finde: Wenn sich ein Stachelschwein an Boogs Hintern einhakt, müsst ihr den anhänglichen Begleiter durch Po-Wackeln mit dem Analogstick loswerden - köstlich! Bei der naiv-süßen Stimmung ist es allerdings umso bedauerlicher, dass ein kurzes Einfrieren von Bild und Ton viel zu häufig vom Zugriff auf die UMD kündet.         

Fazit

Tja, schade. In Jagdfieber stecken viele tolle Einfälle, aber nur wenig Spaß. Für die Augen gibt’s auf PSP wunderschöne Schauplätze, für die Ohren tolle deutsche Sprachausgabe und es ist eine Freude, den Tieren zuzuschauen. Letzteres gilt auch für den DS, der ansonsten natürlich unter der detailärmeren Darstellung leidet. Trotzdem überzeugt der Comic-Look mit schön gezeichneten Einsatzgebieten, wobei sich diese viel zu häufig wiederholen. Letztendlich hat Nintendos Handheld deshalb die Nase vorn, weil seine kniffligen Rätsel graue Zellen rauchen lassen ohne den flotten Ablauf einzufrieren. Dagegen wirken besonders die actionreichen Momente der PSP-Fassung unglücklich, denn die zähe Steuerung erlaubt weder präzise noch flotte Manöver. Falls euer Herz einen Platz für naiven Unsinn hat, wird euch die Versoftung charmant unterhalten. Allein die Tatsache, dass Boog statt explosiver Geschosse die Tiere des Waldes als Munition benutzt ist klasse. Dass die Geschichte nach einigen Stunden schon vorüber ist und abseits der Handlung kaum Extras bietet, lässt sie hingegen schnell wieder aus Gedächtnis und Laufwerk verschwinden.

Pro

schön gezeichnete Umgebung
tolle Animationen
witzige Sprüche
witziges Tiere-Werfen
großartige Sprachausgabe (PSP)
fordernde Puzzle (DS)

Kontra

sehr kurze Spieldauer
kaum Abwechslung
sperrige Kämpfe (PSP)
ständige Pausen beim Nachladen (PSP)
nur ein Multiplayer-Spiel (DS)
sich oft wiederholende Schauplätze (DS)

Wertung

PSP

NDS

Witzige, aber sehr kurze Filmadaption für kleine Hirsch- und Bärenfreunde.

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