Dass bei mir auch hinsichtlich der über Icons ablaufenden Schiffssteuerung ähnliche Schwierigkeiten auftauchen, soll die Leistung von Keen Games nicht schmälern. Denn das Team hat es geschafft, die Komplexität der Rechenknecht-Variante in jeder Hinsicht zu vereinfachen, ohne dass das Spiel zu einem "einfachen" Erlebnis wird. Man muss immer noch verteufelt viel beachten und wird stets gefordert.
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Bei den eher unspektakulären Kämpfen habt ihr kaum Einflussmögichkeiten. Der Aufbau steht im Vordergrund. |
Aufbau statt Kampf
Das betrifft allerdings weniger kriegerische Auseinandersetzungen, die man zwar auch hier unter Umständen ausfechten muss, die aber hinter dem Aufbau und der Suche nach den idealen Wirtschaftskreisläufen nur die dritte Geige spielen.
Dementsprechend spartanisch laufen Invasionsversuche ab: Anstatt wie bei Age of Empires jederzeit die Kontrolle über eure Truppen zu haben und quasi auch überall auf der Karte kämpfen könnt, wird in Anno 1701 alles limitiert.
Ihr könnt Truppen zu bestimmten Einsatzpunkten schicken bzw. zur Verteidigung an diesen Punkten stationieren. Trefft ihr auf Feinde läuft der Kampf weitestgehend automatisch ab.
Zwar kann man darüber hinweg sehen, doch gerade hinsichtlich des Mehrspieler-Modus wird mit dem "Kampfsystem light" Potenzial verschenkt.
Wobei man generell auch hier wenig aussetzen kann: Bis zu vier Spieler können sich als Kolonialmeister beweisen und unter verschiedenen Siegbedingungen mit zahlreichen Grundoptionen bekriegen. Allerdings braucht jeder Teilnehmer ein eigenes Modul. Selbst ein kleines "Schnellsiedel"-Gamesharing-Modell hat keinen Platz mehr gefunden - schade!
Dazu kommt, dass Anno prinzipiell nicht für ein schnelles Spielchen zwischendurch geeignet ist. Selbst mit Ideal-Optionen ist man ein ganzes Weilchen beschäftigt, bis die eigene Siedlung so weit aufgebaut hat, dass eine Begegnung mit den anderen Spielern lohnt oder Erfolg verspricht.
Wer nicht so lange warten möchte, bzw. nicht immer mit drei Freunden um die Wette siedeln will, kann alternativ auch gegen die insgesamt zufrieden stellende, aber letztlich doch berechenbare KI in einem Endlosspiel sein Glück versuchen.
Hui oder pfui?
Dass es Keen Games nicht gelingen wird, die prächtige Kulisse der PC-Version des Namenskollegen auf den DS zu bringen, war klar. Dennoch war ich mir anfangs unschlüssig, ob ich die für Handheld-Kulisse verantwortlichen Grafiker jetzt beglückwünschen oder verdammen sollte.
Denn der erste Eindruck ist unspektakulär. Zweidimensional. Isometrisch. Es wirkt altbacken. Doch je länger ich gespielt habe, umso mehr habe ich mich in der handheldschen Anno 1701-Welt wohl gefühlt. Zum einen, weil die Kulisse insgesamt an den Anno-Urahn erinnert, der sich sehr lange auf meiner Festplatte breitgemacht hat. Zum anderen, weil man immer mehr Feinheiten wahrnimmt. Vor allem im etwas fortgeschrittenen Stadium kann man auf seiner Insel scrollen, wohin man will und überall bewegt sich etwas. Seien es nun die Fischer, die zum Angeln ablegen, die Transporteure, die Waren verteilen oder auch der Vulkan, der als eine von zahlreichen Katastrophen ansehnlich dafür sorgt, dass meine mühsam aufgebaute Stadt fast dem Erdboden gleich gemacht wird - ich hätte wohl eine bessere Brandbekämpfungs-Versorgung aufbauen müssen...
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Keine Videosequenzen: Die Zwischensequenzen werden in gezeichneten Standbildern präsentiert. |
Im Gegensatz zum vielleicht nicht pompösen, aber dennoch stimmigen Eindruck der Spielwelt, hinterlässt die übrige Präsentation zwiespältige Gefühle. Einerseits bekommt man bei z.B. bei den Beratern fein animierte Gesichter zu sehen. Andererseits wird die Geschichte in der Kampagne nur durch Standbilder erzählt. Dass diese zweifellos eine gehobene Qualitätsstufe besitzen, mindert die Enttäuschung zwar etwas. Doch auch Nintendos Handheld hat bereits unter Beweis gestellt, dass Videosequenzen kein Problem mehr sind.
Akustisch hat man sich vor allem hinsichtlich der bei den DS-Spezialisten von Shin´en entstandenen Musikuntermalung ins Zeug gelegt. Auf lange Sicht hätte Anno 1701 zwar ein paar Melodien mehr vertragen können, da man auf übliche Soundeffekte wie z.B. Holzfälleräxte oder Steinmetz-Gehämmer genauso verzichtet hat wie auf Sprachausgabe und man auf die Musik angewiesen ist, wenn man nicht komplett lautlos spielen möchte. Doch dafür orientieren sich die orchestralen Kompositionen an denen der PC-Serie und sorgen so für eine geruhsam angenehme und vor allem unaufdringliche Grundstimmung.