Custom Robo Arena16.06.2007, Jan Wöbbeking
Custom Robo Arena

Im Test:

Nippon und seine Roboter – eine besonders innige Liebesgeschichte. Der japanische Elektronik-Fan mag seinen humanoiden Plastikfreund beinah so gern wie der durchschnittliche Deutsche sein Auto. Doch nur ein kleiner Teil der zahlreichen Mech-Kampfspiele, wie etwa Segas Spielhallenklassiker Virtua On, schafften es in den hiesigen Kulturkreis. Nintendo wagt den Sprung und serviert mit Custom Robo Arena (ab 47,00€ bei kaufen) eine Mischung aus Pokemon und Roboterkämpfen.

Domo arigatou, Mister Roboto!

Im Mutterland des Genres gab es bereits einen Vorgänger auf dem N64. Jetzt dürfen auch deutsche Roboter-Fans ihre Schützlinge sammeln, pflegen, mit Waffen ausstatten, posieren lassen und sie natürlich in den Kampf schicken.

Videospiel oder abstraktes Kunstwerk? Keine Bange, in Bewegung schauen die Kämpfe ein wenig besser aus, denn die Polygone sind butterweich animiert.
Um die Wettkämpfe herum wurde eine relativ belanglose Story gebaut: Ihr seid neu in der Schule, freundet euch mit den erfolglosen Mitgliedern eines Custom-Robo-Teams an und avanciert zum neuen Wunderknaben, der einen Turniergegner nach dem anderen wegfegt. Die Charaktere waren mir von der ersten Sekunde an sympathisch. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Entwickler keine Experimente eingegangen sind.

Im Grunde handelt es sich um die gleichen Figuren wie in Pokémon: Ihr selbst seid der neue, aufstrebende Trainer. Eure Freunde Jan und Julia übernehmen die Rolle von Rocco und Misty. Beide stehen euch im Verlauf der Geschichte und bei den Kämpfen zur Seite und besitzen exakt die gleichen Charaktereigenschaften wie die Vorbilder aus Nintendos Kassenschlager. Jan ist im Grunde schüchtern. Aber wenn seine Hormone verrückt spielen, baggert er, wie Ash, jede Anime-Schönheit an, die ihm über den Weg läuft. Julia schließlich übernimmt den Part des vorlauten weiblichen Energiebündels. Custom Robos sind ihr Leben. Doch ihr fehlen die mentalen Fähigkeiten, um sich in die kleine Kampfroboter hineinzuversetzen und kann sie deshalb nicht im Kampf steuern. Also verwendet sie all ihre Kraft darauf, den jeweiligen Star im Team zu unterstützen: im Moment seid ihr das. Auch der geläuterte Schul-Rüpel Bull wird mit der Zeit immer freundlicher und unterstützt euch im Kampf gegen andere Schulteams.

Immer feste druff..

Aber genug der Story, die ist in Custom Robo Arena nur schmückendes Beiwerk. Worum es wirklich geht, sind die Kämpfe und die haben es in sich. Habt ihr einen Kontrahenten herausgefordert, stellen sich beide Parteien an einen Tisch, auf dem das Match stattfindet.

Euer Vater ist Experte für Custom Robos. Dank ihm dürft ihr im Labor die neuesten Prototypen ausprobieren.
Von diesen Holosseen gibt es unterschiedliche Varianten mit diversen beweglichen Hindernissen und Förderbändern. Die Kämpfe laufen so ähnlich ab wie in Powerstone 2. Allerdings sind die Arenen kleiner und ihr könnt euer Gegenüber nur mit euren Schusswaffen beharken, statt zuzuhauen. Außerdem läuft die Action noch schneller ab. Ihr benötigt gute Reflexe, um Schüssen auszuweichen, in Deckung zu gehen und über die beweglichen Barrieren zu springen.

Besonders viel Energie ziehen Kombos ab. Versetzt dem generischen Mini-Mech mit zwei Schuss-Salven aus eurer Laser-Wumme einen kurzzeitigen Shock und verpasst ihm dann mit dem Zielkreuz eine Bombe, um ihm noch mehr Schaden zuzufügen. Das dritte Waffensystem sind die so genannten Drohnen. Je nach Modell suchen sich die kleinen explosiven Helfer mehr oder weniger zielsicher euren Gegner, um dort zu explodieren. Mit der Zeit könnt ihr in diversen Geschäften immer wirkungsvollere Kanonen, Bomben und Drohnen kaufen. Beendet ist das Match, wenn die Energieleiste eines Roboters komplett erloschen ist. Seltsamerweise tragen die kleinen Techno-Gladiatoren keine Schäden aus ihren Kämpfen davon. Ihr müsst sie lediglich ab und zu auf dem Touchscreen mit einem Tuch sauber rubbeln, und schon sind sie wieder kampfbereit.            

Online-Kracher

Zu Beginn des Spiels putzt ihr so gut wie jeden Konkurrenten mit links weg. Das macht die ersten Spielstunden ein wenig langweilig. Ihr könnt die Zeit aber nutzen, indem ihr mit den vielen unterschiedlichen Waffen herum experimentiert. Erst ab dem zweiten Turnier, und wenn ihr mit einem Polizist auf Streife geht, kreuzen die ersten ernst zu nehmenden KI-Gegner auf. 

Jeder Robo besitzt individuelle Stärken und Schwächen. Englisch-Kenntnisse benötigt ihr übrigens nicht. Die hiesige Fassung des Spiels wurde komplett eingedeutscht.
Ganz anders im Online-Kampf: Wie bei diversen Xbox Live-Spielen solltet ihr euch darauf einstellen, erst einmal ordentlich einzustecken. Eure Gegner haben sich in der Regel genau die richtigen Waffen für ihre Angriffs-Taktik zusammengestellt und lassen euch das ausgiebig spüren.

Freundlicherweise haben die Entwickler aber einen Modus implementiert, der euch einen Kontrahenten mit ähnlichem Rang heraussucht. Habt ihr ein ebenbürtiges Gegenüber gefunden, dürft ihr seinen Namen in einer Rivalen-Liste speichern und ihn zu einem Match einladen. Auch das Spiel gegen einen Bekannten mit Freundes-Code ist möglich. Selbstverständlich könnt ihr auch offline gegen einen Freund mit einem DS antreten. Das funktioniert sogar, wenn er sich Custom Robo Arena nicht gekauft hat. Dann steht euch allerdings nur eine eingeschränkte Zahl an Waffen und Zubehör zur Verfügung.

Zurück in die Vergangenheit

Grafisch reißt Custom Robo keine Bäume aus: Die 2D-Kulissen wären auch zu alten 16-Bit-Zeiten kein Hingucker gewesen. Zum Glück werden während der Gespräche große Portraits der Charaktere eingeblendet, so dass sie trotzdem ihre Persönlichkeit entfalten können. Auch die Kämpfe in den 3D-Arenen sind kein Augenschmaus. Manche der Roboter gucken mit ihren menschenähnlichen Augen ziemlich seltsam aus der Wäsche. Außerdem besitzen die Kampfzwerge kaum Texturen und wirken allgemein ein wenig grob und kantig. Was aber viel wichtiger ist: Die blitzschnellen Auseinandersetzungen laufen stets absolut sauber, flüssig und mit hoher Bildrate ab. Der flotte japanische Gitarren-Pop wirkt für europäische Ohren zuerst ein wenig trashig, passt aber gut zur schnellen Action. Habt ihr euch erst einmal daran gewöhnt, kriegt ihr die Ohrwurm-Melodien nicht mehr aus dem Kopf.     

Fazit

Jawoll, Custom Robo Arena ist ein Sammelspiel, wie ich es mir wünsche! Statt nur beim Kampf zuzuschauen wie bei Pokémon, steuere ich hier meinen Mech höchstpersönlich und lasse mein Geschick über Sieg und Niederlage entscheiden. Die Wettkämpfe sind deutlich dynamischer geraten als das etwas träge Kampfsystem beim Konkurrenztitel Spectrobes. Leider müsst ihr wegen des niedrigen Schwierigkeitsgrades die ersten Stunden über viele langweilige Matches gegen den Computer über euch ergehen lassen, bevor die härteren Gegner auftauchen. Ganz anders im Online-Modus: Dort zeigt das Spiel schon von Beginn an, wo es langgeht. Nur wer seinen Mech mit den passenden Waffen ausstattet und seine Kampftechnik verfeinert, hat eine Chance. Damit kein Frust aufkommt, könnt ihr euch zu Beginn aber einen Anfänger vermitteln lassen. Minuspunkte sind die altbacken wirkenden, gezeichneten Kulissen sowie die klobigen Robotermodelle. Auch die dünne Story könnte Rollenspiel-Fans abschrecken. Andererseits laufen die Kämpfe jederzeit flüssig über den Bildschirm. Und Custom Robo-Arena setzt seinen Schwerpunkt eben auf rasante Duelle - und die rocken!

Pro

blitzschnelle, ausgefeilte Arena-Kämpfe
flüssige Animationen und schnelle Bildrate
opulenter Online-Modus, der bestens funktioniert
Duelle mit nur einem Spielmodul möglich
viele Robo- und Waffentypen
süchtig machendes Sammelprinzip
sympathische Charaktere

Kontra

einfallslose Story
die ersten Kämpfe sind zu einfach zu gewinnen
3D-Kampfarenen und Roboter wirken detailarm und klobig
die gezeichnete Grafik macht bis auf die Charakter-Portraits einen sehr altbackenen Eindruck

Wertung

NDS

Blitzschnelle Kämpfe, viele Waffen und ein toller Online-Modus machen Custom Robo Arena zu einem gelungenen Robo-Klopp.

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