Drawn to Life: Mal-Held sein11.09.2007, Paul Kautz
Drawn to Life: Mal-Held sein

Im Test:

Das Schöne am Leben als Kritiker ist, dass man dafür bezahlt wird zu kritisieren. Den wachsamen Augen eines gefuchsten Redakteurs entgeht kein Ruckeln, keine Schlammtextur und kein lieblos zusammengewurschteltes Leveldesign. Natürlich muss man sich dafür immer wieder mal Vorwürfe à la »Ha, mach's doch besser!« anhören, die man bisher kalt lächelnd abweisen konnte. Nicht so in Drawn To Life - wer hier nicht selbst Hand anlegt, hat nur ein halbes Spiel vor sich. Das Schöne dabei: Mini-Entwickler sein macht Spaß!

Mal mich, ich bin dein Held!

Drawn To Life - oder »Mal-Held sein«, wie es im Untertitel heißt - besteht eigentlich aus zwei Spielen: Das erste ist ein Action-Adventure, das seinerseits ebenfalls aus zwei Teilen zusammengesetzt ist. Der eine wird ganz klassisch wie bei einem Oldschool-Rollenspiel aus einer steilen Vogelperspektive gezeigt. Ihr bewegt euch durch eure Stadt, schwätzt mit den nach und nach immer zahlreicheren Einwohnern, kauft Items und nehmt Aufträge entgegen. Der andere ist weitaus umfangreicher, wird aus der Seitenansicht

Die Präsentation ist putzig und voller liebenswerter Details - aber im Vergleich zu anderen Jump-n-Runs doch recht simpel.
präsentiert und ist ein schnörkelloses, geradliniges Jump-n-Run! Das »zweite Spiel« ist ein simpler Malkasten, der aber mächtigen Einfluss auf das Design hat, schließlich dürft ihr verdammt viel selbst malen: Euren Helden, die Wolken, eine Sonne, große Eiswürfel, eure Waffe - ihr seid, Bibelfans bitte schnell weglesen, DER SCHÖPFER!

Und als solcher habt ihr viel Verantwortung, denn schließlich hat der mies gelaunte Wilfre, der aussieht wie eine schwarze Wolke auf Beinen, alle Seiten aus dem Buch des Lebens gerissen und über die Welt verteilt. Die ewige Flamme erlischt, die Dunkelheit zieht ein, die Raposas (die Bewohner der Welt) sind verzweifelt - nur ein junges Mädchen hat noch Hoffnung und ruft den Schöpfer, dass er ihr einen Helden schicke. Dieser kann, spitzer Stylus sei Dank, nun jede beliebige Form annehmen. Zwar habt ihr diverse Schablonen zur Hand, aus denen ihr einen fertigen Strahlemann durchpausen dürft, aber viel mehr Spaß macht es doch, mit einem ganz eigenen Wackermann die Welt vom Dunkel zu befreien! Ob Strichmännchen, Skelett, lange Ente, Sonic oder zweifüßiger Baumosaurus, alles lässt sich verwirklichen. Ihr müsst nur innerhalb gewisser Rahmen bleiben, damit das Programm die Animationen einigermaßen sinnvoll hinbekommt - falls ihr mit eurem Helden nicht glücklich seid, könnt ihr ihn auch jederzeit wieder umpinseln. Da er auf einer Holzpuppe basiert, hat sich Entwickler 5th Cell etwas Witziges anstelle einer Lebensenergieanzeige ausgedacht: Ähnlich Ritter Arthur aus Ultimate Ghosts'n Goblins  verliert ihr bei jedem Gegnerkontakt mehr und mehr Klamotten - bis schlussendlich nur noch das Puppen-Äußere und damit der nahende Tod bleibt, den ihr mit dem Aufsammeln von Herzen verzögern könnt. Nettes, aber dezent sinnloses Extra: Wenn ihr Wert darauf legt, 40 Euro in den Sand zu setzen, solltet ihr gleich am Anfang auf den Hilferuf »Ich werde nicht helfen!« antworten - danach ist das Spiel spontan vorbei.

Die Welt ist schwarz

Neben dem Helden gibt es noch viele andere Spielteile zu pinseln: Sprungfedern, Reben, U-Boote - all diese Elemente werden danach wie ganz normale Levelbausteine benutzt, die Ränder sind klar definiert. Auch wenn ihr also über keinerlei zeichnerisches Talent verfügt, könnt ihr Drawn to Life ganz normal spielen. Im Adventure-Teil habt ihr nicht viel zu tun, im Gegensatz zum Jump-n-Run: Laufen, springen, Münzen sammeln, eingekerkerte Figuren befreien, herausgerissene Seiten aus DEM BUCH aufsammeln, Gegner entweder per gut gezieltem Kopfhopser oder Schuss aus der Schneekanone erledigen - und »Schattenschmiere« entfernen. Das sind schwarze Flecken in der Landschaft, die ihr 

Mal mal wieder: Ein beachtlicher Teil der Leveleinrichtung entspringt eurem Stylus - eurer Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt!
schnellstmöglich wegrubbeln müsst, denn sie gebiert »Schattenläufer« - gut austeilende Tintenkleckse, die immer nachwachsen, so lange Schattenschmiere auf dem Bildschirm zu sehen ist. Neben denen erwarten euch noch diverse Pinguine, Fledermäuse, Lawinen und Schneemänner in mannigfaltiger Größe, alles im putzigen Comicstil, aber dennoch leicht nervend - schließlich wachsen sie sofort nach, wenn man den Bildschirmbereich verlässt. Die Schattenschmiere ist auch der Grund dafür, warum ihr den Stylus nach den Malereien nicht sofort wegpacken solltet, es sei denn, ihr möchtet lieben mit dem Fingernagel auf dem Touchpad herumschrubben - der stete Wechsel zwischen Digital- und Analogsteuerung ist etwas umständlich, besonders, wenn man einen Abschnitt vom schwarzen Matsch befreien und gleichzeitig heranschleimende Gegner erledigen muss.

Der liebenswerte, aber simple Comiclook zieht sich durch das gesamte Spiel: Es ist knuddelig, aber harmlos - nicht ganz so krass wie z.B. Boogie, aber spürbar für eine eher jüngere Zielgruppe entwickelt. Die Action befindet sich in Sachen Herausforderung auf dem Niveau von Super Princess Peach - einfach designte Levels, fair verteilte Gegner, simple Hüpfeinlagen. Die Lernkurve ist sehr flach, dafür ist der Umfang bemerkenswert - euch erwarten 15 lange Levels, die in mehrere Abschnitte unterteilt sind, und euch ungefähr acht Stunden beschäftigt halten sollten. Einen Teil zu dieser für ein Jump-n-Run verhältnismäßig langen Spielzeit trägt das missratene Speichersystem bei: Frei den Spielstand sichern ist nicht möglich, es wird grundsätzlich nur im Dorf gespeichert, von dem aus ihr zu den einzelnen Missionen aufbrecht - seid ihr also mitten im dritten Abschnitt eines langen Levels, müsst ihr bis zum bitteren Ende spielen oder den DS zuklappen, wenn ihr unterbrechen, aber nächstes Mal nicht wieder von vorn anfangen wollt. Immerhin gibt es dazu einen putzigen Soundeffekt, der sich harmonisch zum Rest der Akustik gesellt: Fröhliche Klimperklänge begleiten den Spieler gut gelaunt durch die Welten.    

Fazit

Schau einer an, so hat man sich also eine simple Variante von »Game 2.0« vorzustellen - interessant. Ob das jetzt Anlass sein sollte, den Entwicklern Faulheit vorzuwerfen, ist nicht meine Entscheidung, ich finde es aber sehr cool, meinen ganz persönlichen Teil zum Leveldesign beizutragen - und das, obwohl sich meine zeichnerische Begabung ungefähr auf dem Niveau eines betrunkenen Pavians bewegt. Das Spiel ist liebevoll designt, bietet viele putzige Extras (das bemalbare Titelbild und die ausdrucksstarken Denkblasen der Figuren sind nur zwei Beispiele) und einen bemerkenswerten Umfang. Allerdings ist es für erfahrene Spieler kaum eine Herausforderung, Level- und allgemeines Design richten sich eher an Jump-n-Run-Einsteiger. Und der ständige Wechsel zwischen Digi- und Touchpad geht auf Dauer dezent auf die Nerven. Nichtsdestotrotz: Ein fröhliches Abenteuer voller frischer Ideen, das man gerne immer wieder rauskramt, um die eine oder andere angenehme Viertelstunde zu verbringen.

Pro

coole Idee
einfache Steuerung
einfaches Mal-System
fröhliche Soundkulisse
bemerkenswerter Umfang

Kontra

minimalistischer Grafikstil
sehr einfacher Spielverlauf
umständlicher Wechsel zwischen Digital
und Touchpadsteuerung
unausgereiftes Speichersystem

Wertung

NDS

Ein fröhliches Abenteuer voller frischer Ideen und coolem Selbstmal-Feature!

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