Nervous Brickdown24.09.2007, Jan Wöbbeking
Nervous Brickdown

Im Test:

Ein Touchscreen, ein Stylus – klingt nach den perfekten Werkzeugen, um einen Breakout-Schläger genau dorthin zu bewegen, wo der Ball gerade ins Aus zu fliegen droht. Das haben offenbar auch die Entwickler von Arkedo erkannt. Doch statt nur ein altes Prinzip aufzuwärmen, haben die Franzosen allerlei frische Zutaten hinzu gemischt und mit der coolsten Grafik seit Loco Roco angereichert. Guten Appetit!

Überraschung!

In der Retro-Welt steuert ihr zwei Breakout-Schläger gleichzeitig und passt auf, dass der Kopffüßer auf dem oberen Bildschirm keine Bekanntschaft mit Gegnern oder Stacheln macht.
Das Coverbild auf der Spielverpackung - in meiner Kindheit war dieses optische Lockmittel noch das maßgebliche Kriterium beim Einkauf. Je mehr explodierende Fahrzeuge oder futuristisch glühende Laserstrahlen auf der Hülle zu sehen waren, desto höher stieg die Wahrscheinlichkeit, dass ich mein mühsam gespartes Taschengeld in das dazugehörige Spiel investierte. Würde ich heute noch genauso vorgehen, würde ich Nervous Brickdown (ab 12,99€ bei kaufen) in einem Ladenregal vermutlich nie entdecken. Die zusammen gewürfelten bunten Bildchen auf der Verpackung erinnern spontan an simpelste Casual-Games-Sammlungen im Stil von Pogo Island. Doch hat man die hässliche »Muschel« erst einmal geöffnet, kommt eine echte Perle zum Vorschein!

Zugegeben: Auch Nervous Brickdown ist kein Spiel für die Ewigkeit, sondern nur ein relativ simpler Breakout-Klon für zwischendurch. Im Prinzip steuert ihr immer noch einen Schläger am unteren Bildrand - was dank Touchscreen übrigens ausgezeichnet funktioniert - um mit dem abprallenden Ball eine Mauer weiter oben zu zerstören. Doch das neu gegründete Pariser Team Arkedo hat dem Remake ein unheimlich stylisches Design verpasst und derart viele nette Ideen einfließen lassen, dass sich auch altgediente Profi-Zocker der Faszination des Spiels nicht entziehen können. In der Papier-Welt dürft ihr euren Schläger z.B. selbst zeichnen. Ist er nach oben gebogen wie eine Banane, könnt ihr den Ball besonders gut schräg abprallen lassen. Zeichnet ihr einen kleinen, nach unten gewölbten Kelch, lässt sich die Murmel sicher auffangen und wieder nach oben schleudern.

Zielprobleme

In manchen Welten dürft ihr den Schläger mit eurem Stylus nämlich über den kompletten Touchscreen bewegen, um die Ziele auf dem oberen Bildschirm zu treffen. Leider gibt es keinen unsichtbaren Übergangsbereich zwischen den beiden Screens wie in Metroid Prime Pinball. Stattdessen erscheint die Kugel sofort auf dem oberen Bildschirm, sobald sie den Touchscreen verlässt, was das Zielen ein wenig unpräziser macht.

Doch in manchen Levels spielt das gar keine Rolle, weil sich auf dem oberen Bildschirm ganz etwas anderes abspielt als unten. In der Retro-Welt z.B. werden eure Multitasking-Fähigkeiten auf eine harte Probe gestellt: Auf dem Touchscreen müsst ihr in gleich zwei Spielfeldern gleichzeitig aufpassen, dass der Ball nicht ins Aus geht.

Am Ende jeder Welt erwartet euch ein knackiger Bosskampf. Malträtiert den Obermotz mit eurer Kugel und den eingesammelten Bonus-Waffen.

Als ob das noch nicht reichen würde, läuft auf dem oberen Bildschirm währenddessen ein simplifiziertes Jump'n'Run ab. Wenn ihr nicht im richtigen Moment auf die Sprungtaste drückt, fällt euer Männchen in die Grube oder wird von einem Feind erwischt. Immerhin bekommt ihr dann einen der absichtlich besonders billig klingenden Lo-Fi-Soundeffekte zu hören. Auch die monotone Sägezahn-Melodie im Stil alter Sid-Tunes jagt Retro-Fans wie mir einen wohligen Schauer über den Rücken.

Kugelvorhang voraus!

In der Shooter-Welt sind ebenfalls gute Reflexe gefragt. Statt lediglich die Kugel im Spiel zu halten, müsst ihr hier außerdem dem Projektilhagel der klassischen Vertikal-Shooter-Gegner ausweichen. Schafft ihr es trotzdem, ein paar Sekunden lang auf einer Stelle zu verharren, bekommt ihr als Bonus einen Gefrierstahl spendiert, der eure Gegner für kurze Zeit außer Gefecht setzt. Oder ihr sammelt scharfe Munition ein und bringt den nervigen Kampfjet gleich dauerhaft zum Schweigen.

In dieser Welt spielt sich die zweidimensionale Action übrigens vor netten 3D-Hintergünden ab. Die anderen Kulissen erinnern mit ihrem Comic-Stil und ihren wenigen Animationen zwar eher an Flash-Games, sehen aber dank des gelungenen Designs trotzdem prima aus. Ein weiteres Highlight ist übrigens das im Stil von Tron und Rez gehaltene Cyberspace-Welt, natürlich stilecht mit flotten Elektro- und Techno-Beats unterlegt. Am Ende jeder Welt müsst ihr übrigens einen dicken Bossgegner mit der Kugel zerdeppern. Damit zwischendurch nicht zu viel Frust aufkommt, haben die Entwickler in jeder Welt drei sinnvoll platzierte Checkpoints eingebaut. Neben dem Solo-Spiel gibt es übrigens eine Kooperativ-Variante, in dem ihr mit einem Freund den Highscore in die Höhe treiben könnt. Dazu benötigt ihr insgesamt nur ein Modul.    

Fazit

Wow - wer hätte gedacht, dass in solch einer unscheinbaren Verpackung so viel Spaß steckt? Nervous Brickdown ist zwar »nur« ein Breakout-Klon, dafür aber der mit Abstand coolste, der mir je untergekommen ist. Das Design ist derart genial, dass ich gar nicht weiß, wovon ich zuerst schwärmen soll. Die putzige Grafik von Kinderbuch-Illustrator Aurélien Regard, die albernen Soundeffekte, die an Sid-Tunes erinnernde Musik - all das ist derart liebenswert, dass man das Dauergrinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht bekommt. Außerdem stecken so viele gute Ideen in Nervous Brickdown, dass man eigentlich gleich mehrere Spiele daraus hätte machen können. Jede der zehn Welten hat sein eigenes Grafikthema und seine eigenen spielerischen Besonderheiten. Mal wird das klassische Mauer-Zerlegen z.B. mit einem Vertikal-Shooter gekreuzt, ein anderes mal dürft ihr euren Schläger selbst zeichnen. Dank des Touchscreens lässt sich euer individuell geformtes Kunstwerk sogar genauer bewegen als mit den Drehknöpfen des Original-Breakout-Automaten. Trotz ganzer 135 Levels bleibt das Spiel aber ein kurzes Vergnügen: Nach rund vier Stunden habt ihr alles gesehen. Immerhin könnt ihr danach noch diverse Erfolge und Gimmicks in den Welten freispielen.

Pro

klassischer Arcade-Spaß mit vielen neuen Ideen
jede Welt hat ihre Besonderheiten
spannende Bosskämpfe
geniales Design
lustige Soundeffekte
Ohrwurm-Melodien
einfache Bedienung und Menüführung+ Zwei-Spieler-Variante mit einem Modul

Kontra

wenige Spielmodi
trotz 135 Levels schnell durchgespielt
schlecht gelöster Übergang zwischen den Bildschirmen
in der Hektik trifft man die Icons auf dem Touchscreen nicht immer ideal

Wertung

NDS

Massenhaft frische Ideen und ein Grafikstil zum Verlieben machen Nervous Brickdown zum spaßigsten Breakout-Spiel aller Zeiten.

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