Final Fantasy 4 (Handheld)12.09.2008, Paul Kautz
Final Fantasy 4 (Handheld)

Im Test:

Remakes sind ununterbrochen in, gerade Rollenspiel-Veteran Square Enix hat sich in den letzten Jahren als besonders begabter Ausquetscher vorhandener Marken entpuppt. Neben den nur leicht verbesserten Wiederveröffentlichungen von Final Fantasy 1 & 2 für PSP gab es aber auch eine neue Fassung vom dritten Teil, die generalüberholter kaum hätte sein können: Prachtvolle 3D-Grafik präsentierte den Klassiker in neuem Glanz, und das Ganze auch noch auf dem DS! Aufgrund des Erfolges dieses Spiels müssen sich die Entwickler etwas wie »Ha! Das können wir noch besser!« gedacht haben. Und in der Tat: Das können sie.

Seufzerschön, so soll es sein

Das Modul in den dafür vorgesehenen Schacht geschoben, den DS eingeschaltet, Spiel gestartet, geseufzt: Hach, das Renderintro ist mal wieder ein Schmachtfetzen erster Kajüte. Cool geschnitten über beide Bildschirme 

Teufel auch, das sieht gut aus: Final Fantasy 4 zeigt deutlich, was in Sachen 3D auf dem DS möglich ist. Das Spieldesign bleibt aber dem 17 Jahre alten Original treu.
verteilt und von der wunderschönen, aber leider krümelig komprimierten Musik aus der anbetungswürdigen Feder von Nobuo Uematsu begleitet - gefolgt vom obligatorisch hellen Hauptmenü, in dem, Tradition verpflichtet, das mittlerweile schon an japanischen Musikschulen gelehrte »Prelude«-Thema zum Träumen anregt. Ja, Square Enix weiß genau, was die Fans erwarten.

In diesem Fall erwarten sie ein Spiel, das innerhalb der Serie als Meilenstein gilt: Erstmals gab es eine tiefschürfende Story, die vom sonst ach so obligatorischen »From Zero to Hero«-Motto abkehrte. Ebenfalls erstmals gab es mit dem »Active Time Battle« (ATB) mit Echtzeit-Hektik versehene Rundenkämpfe. Banget nicht, Kenner des Originals (oder meinetwegen auch des 2006er GBA-Remakes), all das gibt's auch auf dem DS. Und mehr.

Weiche Schale, harter Kern

Beginnen wir mit der Story: Es geht um den Dunkelritter Cecil, der im Auftrag seines Königs nach einem mächtigen Kristall sucht - und dabei angewiesen ist, auch über Leichen zu gehen. Als sich Cecils Gewissen meldet, weil er mal eben ein unschuldiges Dorf ausradieren musste, wird er seines Amtes enthoben und auf eine scheinbar minderwertige Mission geschickt - die ihrerseits aber ebenfalls katastrophale Folgen hat. An dieser Stelle zieht Cecil einen Schlussstrich, erhebt sich offen gegen seinen König und versucht herauszufinden, woher die Gier nach Macht dieses Herrschers, der einst so gütig und verständnisvoll war, auf einmal kommt.

Bis dieses Wissen seinen behelmten (bzw. später blond behaarten) Schädel erreicht, vergehen locker 30 bis 40 Stunden voller beinharter Kämpfe, endlos scheinender Zufallsbegegnungen, langer Dialoge und Kopfschmerzen verursachender Taktik. Denn Spieler der GBA-Version sollten wissen, dass die DS-Fassung auf der Originalvariante für gestählte Japaner basiert - nicht auf der für waschlappige Langnasen abgeschwächten US-Fassung. Sprich: Der dezent sperrige Satz »Die Gruppe

Nichts für Sonntagsspieler: Die anspruchsvollen Kämpfe setzen Taktik und Ausnutzen gegnerischer Schwachstellen aus; nach einem laschen Beginn zieht der Schwierigkeitsgrad enorm an. Besonders die Bossmonster kennen keine Gnade.
wurde ausgelöscht« dürfte derjenige sein, der sich am ehesten auf den DS-Bildschirm einbrennt, denn ihn bekommt man verdammt häufig zu lesen. Das ist noch nicht mal unbedingt der Verdienst der beinharten Bossgegner, die immer wieder mal auftauchen, und die ohne die richtige Strategie nicht mal einen Kratzer kassieren. Sondern vielmehr auch der Standard-Widersacher, die zwar für den dringend benötigte Levelaufstieg wichtig, aber oft genug auch erstaunlich herausfordernd sind. Von den obligatorischen Square Enix-Todesfallen-Scherzen (Stichwort: Sandwurm) mal ganz zu schweigen, die zwischen zwei Blinzlern mal eben eine Dreiviertelstunde hartes Grinden zunichte machen können. Das Stichwort für den Final Fantasy-Erfolg lautet also nicht nur »Umsichtig kämpfen«, sondern auch »Speichern, wo es geht«. Wie beim dritten Teil habt ihr die Möglichkeit, auf der Oberwelt den Spielstand zu sichern. Dazu gibt es noch einen Quicksave, der grundsätzlich überall (außer im Kampf) genutzt werden kann, den Spieler aber direkt ins Hauptmenü zurückschleust und nur ein Mal geladen werden kann.

Der tänzelnde Dragoner

Einer der Gründe für den erhöhten Schwierigkeitsgrad ist das bereits eingangs erwähnte ATB-System, das die rundenweise ausgetragenen Kämpfe mit Echtzeit-Hektik würzt: Früher hattet ihr in einem Kampf alle Zeit der Welt, die Gegner warteten geduldig auf die Wahl eures Angriffs, Zaubers oder sonstigen Manövers. Damit ist Schluss, denn jedes Partymitglied hat einen Aktionsbalken, der nach jedem Angriff mehr oder weniger schnell neu lädt - währenddessen greifen die Feinde, die nach demselben Verfahren agieren, munter an. Die einzige Insel der Ruhe bietet das Inventar, denn während ihr darüber grübelt, ob ihr eure Gegner mit dem Schwert oder lieber mit einem Feuerzauber begrüßt, bleibt die Zeit stehen - wenn ihr das wollt. Ganz harte Hunde können diesen Luxus abstellen und sich in Quasi-Echtzeit die Haare vom Kopf fackeln lassen.          

Auf dem oberen Bildschirm wird die 3D-Ansicht gezeigt (hier die Oberwelt), auf dem unteren normalerweise eine nach und nach freigeschaltete Übersichtskarte.
Wie schon gesagt, steht Taktik an oberster Kampfstelle: Gegnerische Schwachstellen müssen gezielt attackiert werden, um eine Chance zu haben. Dazu gehört auch, dass ihr schnellstmöglich Zugriff auf die richtigen Zauber habt - gut, dass ihr das entsprechende Menü euren Vorlieben anpassen und darin wild hin- und her schieben dürft. Genau so habt ihr Einfluss auf die Formation eurer Party; schwächere Kämpfer (wie Weißmagier) sollten hinten stehen, wo sie weniger Schaden abbekommen. Und für den Fall, dass ihr so hochgezüchtet seid, dass ihr euch nicht mit mondänen Kämpfen gegen Wald- und Wiesen-Gegner selbst die Hände schmutzig machen wollt, könnt ihr auch »Auto Battle« einschalten, das automatisch stur draufloskämpft - gegen Bossmonster ist das allerdings nicht zu empfehlen.

Neu im DS-Kader ist das »Augment«-System: Im direkten Vorgänger gab es noch Jobs, die ihr erlernen konntet. Die wurden hier abgeschafft, grundsätzlich ist ein Weißmagier ein Weißmagier, ein Ninja ein Ninja, ein Dragoner bleibt auch abends ein Dragoner. Aber die Grenzen verwischen: Denn mittels Augment könnt ihr bestimmte Eigenschaften und Zauber dauerhaft einer Figur zuordnen - selbst wenn sie für sie normalerweise aufgrund der Klassenlimits unerreichbar sind. So lassen sich Multitalente heranzüchten, die das Beste aus mehreren Klassen in sich vereinen. Darüber hinaus beinhalten die Augments auch praktische Extras wie die automatische Nutzung von Heiltränken oder die Verdopplung des Effektes von Items. Nachteil: Sie sind logischerweise selten. Dafür könnt ihr verteilte Augments nach dem Durchspielen mit ins nächste Spiel retten - das Ganze nennt sich »New Game Plus«, und ist aus Spielen wie Eternal Sonata , Chrono Trigger oder The Legend of Zelda bekannt.

Mein kleiner weißer Kumpel

 Schon der Vorgänger war eines der bestaussehendsten DS-Spiele, Final Fantasy 4 legt in dieser Hinsicht noch eine Kohle drauf: Die gesamte Welt besteht aus schön texturierten 3D-Objekten, alle Figuren (große Köpfe, noch größere Augen - offensichtlich ein Japano-Rollenspiel) sind toll designt und gut animiert. Okay, vielleicht etwas eckig, aber diesen Malus machen die fabelhaften Effekte in den 3D-Kämpfen sowie die großartigen Bossmonster locker wieder wett. Die beiden Bildschirme werden optimal genutzt; oben steigt die Action, unten findet sich je nach Situation etwas anderes: Innerhalb von Städten gibt's eine Komplettübersicht inkl. aller wichtiger Stationen wie Magie- oder Waffengeschäfte. Auf der Oberwelt, die ihrerseits detailliert in alle Richtungen scrollt, wird auf dem zweiten Screen nach und nach ebenfalls eine Übersicht aufgedeckt, genau wie innerhalb von Dungeons. Hier kommt allerdings noch ein Bonus für Forschernaturen dazu: Schafft ihr es, eine Höhle zu 100% zu erkunden (eine rechts unten eingeblendete Anzeige hält euch über den Fortschritt auf dem Laufenden), gibt es eine Belohnung in Form von einem Batzen Items. 

Euer Whyt wird mittels Minigames zur Kampfmaschine herangezüchtet.
Bleibt noch der Kampf: Oben wird heftig gerungen, unten alle Statusinformationen. Und nach dem Fight erwarten euch nicht nur die von euphorischer Musik begleitete heroische Pose, sondern auch alle Infos über gewonnene XP, Gil, Items sowie den Levelaufstieg. Sehr praktisch ist übrigens Folgendes: Pausiert ihr das Spiel, seht ihr eure Figuren auf dem oberen Bildschirm, die einen Kommentar zur aktuellen Spielsituation in Form einer Sprechblase zum Besten geben - mal persönliche Gedanken, mal einen Hinweis, wie es weiter gehen könnte. Apropos: Abgesehen vom Intro-Renderfilm wird die Story nicht nur innerhalb von Dialogen, sondern des Öfteren auch in Echtzeit-Zwischensequenzen weitergeführt, von denen die meisten mit qualitativ bemerkenswert hochwertiger englischer Sprachausgabe unterlegt sind - dazu gibt es wahlweise deutsche Untertitel.

Allen optischen Verbesserungen zum Trotz bleibt FF4 ein Remake. Sprich: Das Leveldesign ist über weite Teile identisch, die Gegner sind bekannt - wenn auch das Balancing verändert wurde. Der größte Teil der Neuerungen hängt mit »Whyt« zusammen: Das ist der geisterhafte Begleiter von Beschwörerin Rydia, den ihr für eure Zwecke nutzen könnt. Dazu müsst ihr nur den bekannten fetten Chocobo suchen und mit ihm reden. Das gelbe Vieh dient mittlerweile nicht mehr als externer Inventar-Vergrößerer (mittlerweile könnt ihr so viel herumschleppen, wie ihr wollt), sondern als Whyt-Zuchtstation. Hier könnt ihr eurem weißen Kumpel per Stylus ein freundliches oder fieses Gesicht verpassen - und ihn trainieren. Innerhalb kleiner Minigames steigert ihr wie bei einem Pokemon seine Kampfwerte, die er dann in der eigentlichen Action nutzen kann -nett, aber tatsächlich nicht irre nützlich.     

Fazit

Final Fantasy 4 ist ein wunderschönes Spiel: Die Kulisse gehört zum Besten, was auf dem DS möglich ist, der Uematsu-Soundtrack ist in Noten gepresstes Gold. Aber man darf sich vom Äußeren nicht blenden lassen: Unter all den Kulleraugen und tapsig animierten Figuren versteckt sich ein beinhartes Rollenspiel ganz japanischer Schule, das jeden Fehler in der Kampfstrategie gnadenlos bestraft. Am 17 Jahre alten Spieldesign wurde nur mit einer Daunenfeder herumgefeilt, die Zufallskämpfe nerven wie eh und je, moderne Komfort-Features wie intelligente Speicherpunkte gibt es hier nicht - Game Over heißt Game Over. Dafür gibt es eine bemerkenswerte Tiefe sowie eine toll präsentierte, für ein so »altes« Spiel bemerkenswert erwachsene Story, eine einfache Bedienung sowie packende Gefechte. Final Fantasy 4 wurde im Laufe der letzten 17 Jahre schon des Öfteren wiederveröffentlicht und umgearbeitet - aber das ist die bislang beste Version dieses RPG-Klassikers!

Pro

wunderschöne 3D-Grafik
herausfordernde Gefechte
sehr umfangreich
einfache Steuerung
toller Soundtrack
enorme Spieldauer

Kontra

veraltetes Spieldesign
nervend viele Zufallskämpfe
steil ansteigender Schwierigkeitsgrad

Wertung

NDS

Ein spielerisch und technisch prächtiges Rollenspiel alter Schule, unter dessen knuddeliger Hülle ein beinharter Kern steckt.

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