James Cameron's Avatar - Das Spiel14.12.2009, Benjamin Schmädig
James Cameron's Avatar - Das Spiel

Im Test:

Das konnte ja nichts werden: Ubisoft steckt viel Geld in eine umwerfende Kulisse, gönnt der schönen Scheinwelt auf PS3, Xbox 360 und PC aber nur ein mittelprächtiges Fundament. Schwere Zeiten für den DS; immerhin gehört "Visuelle Glanzleistungen" nicht gerade zu den Haus- und Hofdisziplinen der Minikonsole. Doch wie will die Handheld-Version dann eine mäßige Spielebasis ausgleichen? Mit einem guten Spiel könnte dieser Ausgleich glatt gelingen...

Das kleine Drama

Es mutet ja irgendwie seltsam an, dass nur Jugendliche mit mindestens zwölf Jahresringen den Film sehen dürfen sehen - das Spiel sich aber an Kinder ab sechs richtet. Die DS-Variante des Okö-Dramas verzichtet dabei nicht nur auf die Darstellung von Gewalt, sondern spricht mit seiner in einfachen Worten erzählten Geschichte tatsächlich nur junge Spieler an. Und hier hat mich Ubisoft richtig überrascht: Der rote Faden um den Na'vi Nok und seinen Kampf gegen die menschlichen Invasoren zeichnet nämlich auf liebevolle Art und Weise Charaktere, die z.B. Böses tun, aber Gutes wollen. Die Dialoge nehmen Kids hingegen sehr gefühlvoll an die Hand, wenn sie ihnen Noks Heimatplaneten Pandora sowie seinen Konflikt mit den Menschen erklären. Hier wird der im Ansatz interessante Plot längst nicht so abgewatscht wie auf PS3, 360, PC und ganz besonders auf Wii - hier lernt man in kleinen Schritten eine Welt kennen, in der sich ein großes Drama abspielt. Nach dem lächerlich albernen Marvel Super Hero Squad tut es verdammt gut zu wissen, dass ein Spiel Kinder ernst nehmen kann!

Doch wer sind die Na'vi überhaupt? Was machen die Menschen auf Pandora? Und was sind Avatare? Die Handlung in Kurzform: Unsere Rasse errichtet hässliche Metallbasen in der ökologischen Idylle, weil es auf Pandora wertvolle Bodenschätze gibt.

Nok springt und rätselt auf seinem Heimatplaneten Pandora.
Avatare sind hingegen genetisch gezüchtete Versionen der Ureinwohner, der Na'vi, die erst dann zum Leben erwachen, wenn ein menschlicher Geist mit ihnen verschmilzt. Doch von alledem weiß Nok anfangs nichts. Vielmehr wird der Jungspund erst nach und nach in den Konflikt gezogen - u.a. deshalb, weil er von Pandora auserwählt scheint, seine Welt zu retten... Gut, dass man sich im Fall der DS-Version gegen viel Action entschieden hat. Gut, dass die Schulterperspektive der Ansicht von schräg oben weichen musste. Gut vor allem aber, dass Nok hauptsächlich seine grauen Zellen einsetzen muss, wenn er sich durch die verschlossenen Türen seines Planeten rätseln muss.

Der Auserkorene

Doch es sind nicht nur Türen, die sich erst nach Betätigen eines Hebels öffnen. Manchmal muss Nok auch Kisten aus dem Weg schieben, manchmal muss er im richtigen Moment auf sich bewegende Plattformen springen. Und manchmal bleibt ihm trotz viel Überlegung der Weg einfach versperrt. Dann benötigt er eine neue Fähigkeit, bevor er eine geheime Ecke erkunden darf - für den Hauptweg hat er dabei stets die benötigten Hilfsmittel zur Hand. So erhält der Draufgänger nach und nach eine Steinschleuder, die von Felswänden abprallt, so dass er versteckte Schalter betätigen kann. Er bekommt einen Helfer, der sich durch enge Zugänge quetschen kann sowie einen Hammer, mit dem er schwere Steine zertrümmert. Eywa, der Geist des Planeten, erlaubt ihm nach einigen bestandenen Prüfungen außerdem das Reisen zwischen verschiedenen Orten und hält später gar die bissigen Piranhas davon ab, Nok am Schwimmen zu hindern. So klappert der junge Held nicht nur einen Level nach dem nächsten ab, um seine Werkzeuge auf immer kniffligeren Lösungswegen einzusetzen. Wenn er Lust und Zeit hat, kehrt er auch an bereits besuchte Orte zurück, um zuvor verschlossene Areale zu erreichen.

Warum er das tun sollte? Weil er dort nicht nur neue Fähigkeiten findet, sondern auch so genannte Essenzen - die Währung, mit der er diese Fertigkeiten erst "kaufen" muss. Dabei darf er frei wählen, welche von den bislang gefundenen Attributen er lernen möchte. Auf diese Weise steigert Nok nicht nur seine maximale Gesundheit, sondern lernt auch stärkere Hiebe oder wie er mehr Schläge einstecken kann. Die Kämpfe verlaufen dabei meist zu harmlos: zwei-, dreimal auf pandorische Tiere oder menschliche Soldaten getippt und schon fallen sie um; gefährlich sind die Feinde nur als Gruppe. Nur gelegentlich ist Köpfchen gefragt, wenn zwei Mann hohe Roboter oder eine gigantische Bergbohrmaschine attackieren.

Besonders die leuchtende Flora ist eine traumhafte Kulisse.
Mit Gewalt ist dann nicht viel zu machen - vor jedem Hieb steht ein cleverer Trick, sonst heißt es bald "Neu laden!"

Unglück im Glück im Unglück

Trotz aller Kopfnüsse: Avatar ist leider viel zu einfach. Dass ein Abenteuer mit vertrackten Rätseln seine jungen Spieler langsam auf die kniffligen Aufgaben vorbereiten will, hätte ich verstanden. Nok muss hingegen auch später noch viel zu selten verschiedene Fähigkeiten kombinieren, um ein Puzzle zu knacken. Stattdessen liegt die Lösung meist schon auf der Hand - meist muss er nur noch die richtige Fähigkeit wählen und schon öffnet sich das Tor. Was ihm übrigens auch deshalb so gut gelingt, weil die perfekt auf den Stift abgestimmte Steuerung nahezu perfekt von der Hand geht. Nur im Kampf, wenn ich mir die Gegner mit einem Strich quer zu Noks Blickrichtung vom Leib halte, sie mit einem Strich von Nok direkt auf sie zu attackiere oder durch Antippen des Ziels einen normalen Angriff ausführe, ist mir der Toleranzbereich zu unnachgiebig. Will heißen, dass ich häufig daneben haue, obwohl ich für mein Empfinden genau genug aufs Ziel tippe.

Glück im Unglück: Die Kämpfe sind Nebensache - ein notwendiges Übel, aber schnell erledigt. Im Vordergrund steht das Erkunden einer schön gezeichneten Comicwelt, die das saftig-grüne Pandora ebenso stimmungsvoll einfängt wie die geheimnisvoll leuchtenden Pflanzen an spirituellen Orten oder die bedrohlichen Elektrozäune der menschlichen Forschungsstationen. Im Glück der Erkundung ist aber auch das Übel verwurzelt, das Nok schon allein deshalb oft nur zum Selbstzweck herumlaufen lässt, weil die Landkarte seine Umgebung zu unübersichtlich abbildet. Würde der frisch gebackene Held so lange an Rätseln knabbern wie er sie suchen müsste - Avatar wäre ein richtig, richtig gutes Spiel geworden! Weil es inhaltlich aber stets zu oberflächlich bleibt, sprang bei mir immer wieder mal dieser der Funke der echten Begeisterung über - verpuffte danach aber auch wieder.   

Fazit

Avatar ist nicht nur ein ausgesprochen hübsches und sympathisches Rätsel-Abenteuer, das sich vor allem mit seiner gut erzählten Geschichte von den seelenlosen Filmumsetzungen der Konsolen abhebt! Ubisoft erfinden das Epos nicht neu - die Franzosen zeigen aber, wie man junge Spieler gefühlvoll an ein ernstes Thema heranführt: Der Nachwuchs wird nicht von einem Actionfeuerwerk übermannt, sondern erkundet in Ruhe die exotischen Kulissen und löst knifflige Aufgaben. Schade nur, dass diese wichtigen Aufgaben nie so richtig die grauen Zellen fordern. Meist reicht die schnelle Erkenntnis, welches Werkzeug diese Tür öffnet und welche Kiste wohin geschoben werden muss. Selbst die einfallsreichen Kämpfe gegen mächtige Maschinen sind so problemlos erledigt, dass zu wenig Spannung aufkommt. Avatar ist abwechslungsreich, sehr stimmungsvoll und spricht auf liebevolle Art und Weise unerfahrene Helden an. Es vergisst nur leider, dass selbst die jüngsten Abenteurer irgendwann echte Helden sein wollen.

Pro

schöne Zeichentrick-Idylle
sehr abwechslungsreiche Rätsel
häppchenweises Erkunden der Welt
liebevoll erzählte Geschichte
einige interessante Bossgegner
durchdachte Steuerung per Stift
freies Aufwerten von Fähigkeiten/Eigenschaften

Kontra

Kämpfe und Rätsel durchgehend zu einfach
Steuerung im Kampf zu ungenau
Schwerpunkt auf Laufarbeit statt Puzzeln
Karte im Detail zu unübersichtlich

Wertung

NDS

Ein gelungenes Abenteuer, das junge Spieler ernst nimmt - das auf Dauer aber zu einfach bleibt.

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