Final Fantasy Tactics A2: Grimoire of the Rift20.06.2008, Jens Bischoff
Final Fantasy Tactics A2: Grimoire of the Rift

Im Test:

Nachdem PSP-Strategen bereits letzten Herbst von Square Enix bedient wurden, bekommt jetzt auch der DS sein taktisches Final Fantasy. Grimoire of the Rift ist im Gegensatz zu War of the Lions aber kein simples Remake, sondern eine echte Fortsetzung. Wir haben uns in Ivalice bereits unzählige Schlachten mit tapferen Kriegern, wilden Bestien oder machthungrigen Clans geliefert und wollten gar nicht mehr aufhören!

Schule statt Schlachtfeld?

Am Anfang war ich erst einmal überrascht, denn ich war kein Auserwählter, Rebellenführer, Racheengel oder was sich die Entwickler sonst üblicherweise einfallen lassen, um den Spieler im Kampf gegen das überall lauernde Böse zu schicken. Ich war ein Schüler! Und ich wurde kurz vor Beginn der Sommerferien zum Nachsitzen verdonnert. Es dauerte aber nicht lange, bis ich beim Aufräumdienst in der Bibliothek einen alten Schmöker fand, der nach Abenteuer roch. Kaum aufgeschlagen geschahen bereits merkwürdige Dinge und ehe ich mich versah, fand ich mich neu einkleidet in einem fremden Land wieder und hatte sofort Ärger am Hals: Ein riesiges Federvieh hatte gerade sein Frühstück gefunden - mich!

Nur gut, dass da noch andere komische Typen waren, die mir helfen wollten - allerdings nur, wenn ich ihrem Clan beiträte. Die hatten sogar einen Richter dabei, an dessen etwas willkürlich wirkende Kampfgesetze man sich halten musste, um sich bestimmte Vorteile und die Möglichkeit zur Wiederbelebung zu Nutze zu machen. Na ja, mir kam der ganze Haufen zunächst spanisch vor - vor allem der vermeintliche Anführer. Aber egal, ich hatte ohnehin nur die Wahl zwischen Freak-Clique und sicherem Tod. Also habe ich nicht lange überlegt und mich diesen militanten Gerichtsdienern angeschlossen, nicht ahnend auf was ich mich da letztendlich eingelassen habe...

Alles für den Clan

Wie sich später heraus stellte, waren diese komischen Gesetzesjünger eigentlich ganz okay und wollten mir sogar helfen wieder in meine Welt zurück zu gelangen. Der Schlüssel dazu sei das Buch, das mich hierher verfrachtet hat und mich nun als eine Art magisches Tagebuch begleitet, dessen Seiten sich bei bestimmten Heldentaten von allein füllen. Wenn meine Geschichte hier zu ende geschrieben sei, würde es mich wieder nach Hause bringen, hieß es. Keine Ahnung, ob das stimmt und warum es mich überhaupt hierher gebracht hat. 

Kaum im Spiel, werdet ihr schon von dieser aggressiven Gigatrice attackiert - zum Glück bietet euch ein zufällig anwesender Clan seine Hilfe an.
Aber wenn ich nun schon einmal da bin, will ich auch wissen, was hier los ist, mit diesem Clan Abenteuer bestreiten und vielleicht sogar ein echter Held werden. Jedenfalls klingt das wesentlich spannender als Nachsitzen; auch wenn hier am Ende womöglich nur wieder jemand nach Weltherrschaft strebt und ich derjenige bin, der diese Pläne durchkreuzen soll...

Doch neben knapp zwei Dutzend vorhersehbarer Story-Missionen, bei denen ihr u. a. auch alte Bekannte aus dem GBA-Vorgänger und Final Fantasy XII bzw. Revenant Wings wieder trefft, erwarten euch Hunderte von anderen Aufgaben, die vielleicht nicht im direkten Zusammenhang mit eurer Anwesenheit hier in Jylland, einem Teil Ivalices, stehen, aber dennoch jede Menge spannender Rundentaktik versprechen. Dabei wird nicht immer nur gekämpft. Auch Botengänge wollen absolviert, Interviews gehalten, Hilfsarbeiten geleistet oder seltene Gegenstände gefunden werden. Selbst abseits der in Tavernen aushängenden Aufträge aller Art, gibt es einiges zu tun: Im Laufe eures nach belieben gestaltbaren Abenteuers könnt ihr nämlich bis zu zwei Dutzend Weggefährten um euch scharen, die es auszurüsten, zu trainieren und taktisch klug einzusetzen gilt.

Insgesamt bevölkern sieben rekrutierbare Rassen Ivalice, die allesamt unterschiedliche Affinitäten zu den insgesamt 56 verfügbaren Jobklassen haben, die ihr nach und nach freispielen und euren Mitstreitern, sofern ihre Rasse damit harmoniert, lehren könnt. Je nach angelegter Ausrüstung werden dann verschiedene Fähigkeiten gelernt, die einmal gemeistert, auch nach einem jederzeit möglichen Jobwechsel genutzt werden können. Allerdings könnt ihr jedem Clan-Mitglied immer nur eine Hand voll aktiver und passiver Fertigkeiten zuweisen, was nicht nur taktisches Kalkül erfordert, sondern auch ein Heer aus klonartigen Alleskönnern verhindert.      

Viel zu tun

Um den Pool an Fertigkeiten zu erweitern, bedarf es natürlich immer wieder neuer Waffen, Rüstungen und Accessoires.

Ihr könnt bis zu 24 Mitstreiter in eure Reihen aufnehmen, ihre Entwicklung maßgebend mitbestimmen und sie auch wieder verstoßen.
Diese werden aber nicht einfach beim örtlichen Händler erstanden, sondern müssen wie im Vorgänger erst geschmiedet werden. Dazu braucht ihr wiederum bestimmte Rohstoffe, die ihr durch das Töten von Gegnern, Befolgen von Gesetzen oder Absolvieren von Aufträgen ergattern könnt. Einmal produziert, nehmen die Händler eure Erzeugnisse sogleich in ihr Sortiment auf, wo ihr sie - abgesehen von seltenen Spezialanfertigungen - jederzeit nachbestellen könnt. Das Experimentieren mit verschiedenen Rassen, Jobs, Ausrüstungsgegenständen und Fertigkeiten ist jedenfalls ungemein vielschichtig und motivierend - langweilig wird es einem bei der Clan-Betreuung nicht.

Noch spannender ist es aber natürlich, wenn ihr mit euren fürsorglich ausgestatteten und trainierten Helden in die Schlacht zieht. Zwar laufen die Kämpfe sehr traditionell ab, aber versteckte Fallen, vom Richter vorgegeben Kampfgesetze, für die Dauer eurer Gesetzestreue auswählbare Vorteile sowie Schatzkisten mit erfreulichem oder lästigem Inhalt sorgen für Abwechslung. Ansonsten bewegt ihr euch mit bis zu sechs ausgewählten Kombattanten auf einem quadratischen Raster über die aus einer leider weder dreh-, noch zoombaren Isometrie-Perspektive präsentierten und sehr kompakt gehaltenen Schlachtfelder, nutzt Höhen-, Terrain- und Stellungsvorteile und versucht in der Regel sämtlichen Widersachern den Garaus zu machen. Manchmal müsst ihr aber auch nur bestimmte Gegner eliminieren, Schutzbefohlene eskortieren, Fallen entschärfen, Stellungen halten oder vorgegebene Zielpunkte erreichen. Hin und wieder habt ihr auch selbstständig agierende Gäste zur Seite, bekommt es mit verschiedenen Fraktionen gleichzeitig zu tun und bestreitet den einen oder anderen Bossfight gegen mehrere Felder große Einheiten.

Wem die Auseinandersetzungen auf dem normalen Schwierigkeitsgrad nicht fordernd genug sind, der kann zu Beginn auch eine höhere Stufe wählen oder sich an den gestaffelten Clan-Prüfungen versuchen, die euch bei erfolgreicher Bewältigung neue Kampfvorteile bescheren und sich nicht nur im Hinblick auf die einzuhaltenden Gesetze in späteren Stufen durchaus anspruchsvoll gestalten. Gerade die teilweise recht willkürlichen oder abstrusen Gesetze können aber auch ziemlich nerven. Wenn man bestimmte Fähigkeiten nicht nutzen darf, kein Problem. Aber wenn man nicht neben anderen Einheiten zum Stehen kommen darf und das Gesetz sogar dann als gebrochen gilt, wenn sich ein Gegner neben euch stellt, hört der Spaß auf. Auch sonst gibt es einige extrem nervtötende Bedingungen, an die man sich zwar nicht halten muss, bei Nichtbeachtung aber durchaus wichtige Belohnungen wie seltene Rohstoffe oder Ausrüstungsgegenstände verpasst werden können...

Da geht noch mehr

Ein weiterer Kritikpunkt ist die starre Kamera, die oft trotz aktiver Späher, gefährliche Fallen hinter Umgebungsobjekten oder anderen Einheiten versteckt hält, flächendeckende Kampfhandlungen nur teilweise oder gar nicht einfängt und auch sonst nicht immer optimale Übersicht gewährleistet. Zum Glück sind solche Situationen nicht die Regel, aber wenn man darunter leidet, ist es einem eigentlich egal, ob es schon zehn Mal oder erst zwei Mal passiert ist.

Das neue Auktionsfeature lockert den Kampfalltag gelungen auf und belohnt euch mit zusätzlichen Ereignissen sowie seltenen Items.
Dabei wäre es technisch sicher kein Problem gewesen, zumindest ein manuelles Kippen oder Drehen der Spielansicht zu erlauben. Grafisch sind die Spielumgebungen nett, aber nicht herausragend, während die charmant animierten Spielfiguren für ihre Größe sehr detailliert wirken. Bei Zaubern und Spezialattacken gibt es vorberechnete Effekte, Zwischensequenzen werden direkt auf den Schlachtfeldern in Spielgrafik präsentiert und mit vorbildlich eingedeutschten Dialogen begleitet, die auch Sprachfehler, Reime u. ä. gekonnt wiedergeben. Sprachausgabe gibt es hingegen leider keine. Ansonsten ist die Soundkulisse aber sehr gelungen - die stimmungsvollen Kompositionen Hitoshi Sakimotos können trotz Speicherknappheit durchaus mit denen der großen Final Fantasy-Episoden mithalten, auch wenn es häufiger zu thematischen Wiederholungen kommt.

Wer sich mit seinem DS in der Nähe von anderen Tactics-Zockern befindet, kann sogar drahtlos Items tauschen - Multiplayer-Duelle sind hingegen leider nicht möglich. Dafür könnt ihr das Spiel je nach persönlicher Vorliebe entweder per Touchscreen- oder Tastensteuerung bedienen - auch eine Kombination aus beidem ist möglich. Die Kämpfe dauern aufgrund der eher kompakten Schauplätze und überschaubaren Figurenanzahlen nur selten länger als zehn bis 20 Minuten; trotzdem könnt ihr den Spielstand auch während einer Schlacht sichern. Bei Reaktivierung wird dieser allerdings umgehend gelöscht, wohl um zu verhindern Status verändernde Angriffe mit niedriger Wahrscheinlichkeit o. ä. durch ständiges Neuladen und Wiederholen zu erzwingen. Ansonsten kann immer und überall gespeichert werden - allerdings stehen euch dafür lediglich zwei Slots zur Verfügung. Das reicht aber aus, denn durch falsches Speichern irgendetwas verpassen kann man eigentlich kaum, da die meisten Missionen beliebig oft wiederholt werden können. Neuerdings dürft ihr sogar an Auktionen teilnehmen, wo ihr die Kontrolle über Ländereien erlangen könnt, um bei Stippvisiten zusätzliche Kämpfe und Events auszulösen. Später könnt ihr sogar seltene Waffen und Rüstungen ersteigern, wenn ihr mit etwas Fingerspitzengefühl und Beobachtungsgabe ganze Regionen unter eure Kontrolle gebracht habt - ein genauso kurzweiliges wie interessantes Feature, das für einen möglichen Nachfolger sicher noch ausbaubar ist.    

Fazit

Grimoire of the Rift erfindet die Rundentaktik wahrlich nicht neu. Selbst im Gegensatz zum fünf Jahre alten GBA-Vorgänger hat sich nur wenig geändert. Trotzdem zogen mich die traditionellen Fantasy-Schlachten sofort in ihren Bann. Über eine Woche konnte ich mich nur schwer vom DS loseisen - und das obwohl die Story reichlich mau und die meisten Charaktere völlig uninteressant waren. Doch was kümmern mich abgedroschene Machtbestrebungen und Helden, wenn ich mich mit zwei Dutzend Kampfwilligen und über 50 Jobklassen in Hunderten von Missionen austoben, Unmengen an Ausrüstungsgegenständen und Fertigkeiten ausprobieren, an fordernden Clan-Prüfungen teilnehmen und spannende Auktionen bestreiten kann? Man hegt und pflegt, taktiert, experimentiert und sagt sich selbst um vier Uhr morgens noch: "Los, eine Mission geht noch!", "Jetzt noch schnell die nächste Clanprüfung", oder "Nur noch diese eine Fähigkeit meistern..." Und ehe man's merkt, wird es draußen schon wieder hell - das haben bei mir bisher nur wenige Spiele geschafft. Dass ich dennoch kein Platin verleihe, liegt neben der ausgelutschten Story und den austauschbaren Protagonisten auch an ärgerlichen Kleinigkeiten wie der aufgrund der starren Perspektive nicht immer optimalen Übersicht und teils völlig abstrusen Kampfgesetzen. Hobbystrategen können dennoch bedenkenlos ihr Ticket nach Ivalice buchen und sich die nächsten Wochen am besten gleich auch noch beurlauben lassen.

Pro

üppige Jobvielfalt
einfache Handhabung
auflockernde Auktionen
fordernde Clanprüfungen
stimmungsvolle Soundkulisse
charmantes Charakterdesign
motivierende Item-Erzeugung
gigantisches Missionsangebot

Kontra

laue Story
kaum markante Figuren
sehr traditionelle Spielmechanik

Wertung

NDS

Erzählerisch laue, aber spielerisch ungemein motivierende Rundentaktik alter Schule.

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