Sonic Chronicles: Die Dunkle Bruderschaft17.04.2008, Paul Kautz
Sonic Chronicles: Die Dunkle Bruderschaft

Vorschau:

Was Mario kann, das kann Sonic schon lang - Held eines Rollenspiels sein! Allerdings hat der blaue Flitzer ein As im Ärmel, mit dem er dem Klempner eine lange Nase drehen kann: Entwickelt wird sein Abenteuer von den legendären Kanadiern BioWare. Wir hatten die Gelegenheit, eine frühe Version von »Sonic Chronicles: The Dark Brotherhood« ausführlich zu spielen.

Des Sonics neue Kleider

Der Name »BioWare« hat unter Rollenspielern denselben geheiligten Klang wie »Miyamoto« unter Hüpffans. Wie groß daher gleichermaßen Freude und Überraschung, als Ende letzten Jahres verkündet wurde, dass das neue Projekt der Kanadier ein... Trommelwirbel... DS-Rollenspiel im Sonic-Universum sein würde! Skandal, Wahnsinn, her damit!

Den größten Teil des Spiels verbringt ihr auf der handgepinselten Übersichtskarte. Ihr steuert Sonic vollständig per Stylus, lasst ihn mit dem Stift rennen, springen und Puzzles lösen.
 Adel verpflichtet. Und so hat BioWare mit der Ankündigung auch gleich mal die Erwartungshaltung in enorme Höhen gekurbelt. Denn jetzt verlangen die Spieler nicht weniger als ein mobiles Epos mit tiefschürfendem Kampfsystem und noch tiefschürfenderer Story. Zäumen wir das Pferd mal von hinten auf: Was Storydetails betrifft, halten sich die Entwickler um die Herren Doktoren Zeschuk und Muzyka noch sehr bedeckt, ein paar Info-Schnipsel gibt es aber: Nach Jahren der Weltenrettung versucht Blaustachel Sonic mal ein paar entspannte Monate zu genießen. Mitten im Tequila Sunrise-Marathon erreicht ihn allerdings eine alarmierende Nachricht von Tails: Knuckles wurde entführt! Und zwar von einer Gruppe namens »Marauders«, die sich offensichtlich auch noch sechs der sieben Chaos-Diamanten unter den Nagel gerissen haben! Frechheit!

Dieser Ansatz führt euch im Laufe des Spiels durch zwei lange Akte: Der erste bietet das vertraute, bunte Bild im Design klassischer Levels wie »Green Hill Zone« und »Mystic Ruins«. Der zweite bleibt bislang mysteriös, soll er doch in einer düsteren Parallel-Dimension spielen. Kein Geheimnis allerdings ist, dass ihr nicht allein sein werdet: Neben Tails und Knuckles gesellen sich auch noch weitere Figuren aus dem Sonicversum an eure Seite - die Hammer schwingende Amy (die dauernd mit ihrem neuen Freund Dexter angibt), die verführerische Rouge, der dusselige Big the Cat. Und die Feindbilder sind scheinbar auch klar: Dr. Eggman, Vector und Shadow werden versuchen, der bunten Truppe Steine in den Weg zu werfen. Oder doch nicht? Denn »scheinbar« bedeutet, dass auch neue, bislang nicht näher definierte Parteien einen Auftritt haben werden - die mysteriöse Figur »Shade« sowie die Maschinenwesen »The Zoah«. Kurz gesagt: Da blühen uns noch einige Überraschungen.

Des Sonics neue Länder

Sonic ist blau, Sonic ist klein - und Sonic ist vor allem schnell! Wie passt das ins Konzept eines doch eher behäbigen Rollenspiels? Die Antwort ist ganz einfach: Wie schon bei den Sonic Adventures muss ein Kompromiss her. Der lautet in diesem Fall Übersicht und Taktik vor Speed - Ersteres auf der Karte, Letzteres bei den Kämpfen.

Das gesamte Spiel wird mit dem Stylus gesteuert: Sonic folgt brav jedem Tippser aufs Touchpad, je nach relativer Position des Stiftes zum Igel schleicht er gemächlich daher oder nimmt die Rotschuh-Beine in die Hand. Steht ihr vor einem Hügel, wird ein Icon eingeblendet, das Sonic zum Klettern veranlasst. Selbiges geschieht auch bei Loopings oder sonstigen Rennstrecken: Ein Tippser auf das entsprechende Icon und schon saust Sonic drauflos. Das Ganze geschieht aus der Iso-Perspektive, die wunderschöne, handgepinselte 2D-Landschaften zeigt. Hier gibt es keine dauernd wiederholten Umgebungselemente, die gesamte Umgebung ist gewissermaßen ein großes, liebevoll gepixeltes Gemälde, das von glitzernden Sonnenstrahlen durchflutet wird. Die Figuren hingegen sind 3D-Objekte: Sonic und Konsorten bestehen aus animierten Polygonen, die man besonders in den Kämpfen gut zu Gesicht bekommt.            

Des Sonics neue Schuhe

Diese erfolgen in alter BioWare-Tradition rundenweise: Auf der Übersichtskarte laufen Gegner gut sichtbar herum, die ihr angreifen oder meiden könnt - nur gelegentlich nimmt euch das Programm diese Entscheidung ab. Kommt es zum Kampf, seht ihr eure Party, die aus bis zu vier Mitgliedern bestehen kann, auf dem unteren Bildschirm von hinten, den Gegnern gegenüber stehend. Der obere Screen wird für die Energie- und Punktanzeigen aller Kämpfer genutzt. Jetzt habt

Die Kämpfe finden rundenweise im Final Fantasy-Stil statt: In aller Ruhe plant ihr eure Attacke, bevor es den Gegnern an den Kragen geht.
ihr alle Zeit der Welt, euren Angriff zu planen: Im Final Fantasy-Stil wählt ihr für jede Figur aus, ob ihr attackieren, verteidigen oder ein Item einsetzen wollt - erst wenn eure Planung abgeschlossen ist, beginnt der eigentliche Kampf. Jede Figur hat neben der Standard-Attacke (wie Sonics Wirbelangriff oder Amys übergroßer Hammer) auch mehrere Spezialangriffe, die zum größten Teil erst freigeschaltet werden müssen, und deren Ausführung nicht nur »Angriffspunkte« kostet, sondern auch aktiv von euch unterstützt werden muss: Wie bei Elite Beat Agents müsst ihr schnell auf ein eingeblendetes Icon tippen oder eine bestimmte Bewegung mit dem Stylus machen, um dem Spezialangriff zu perfektionieren.

Jede Figur hat logischerweise Vor- und Nachteile: Sonic ist z.B. schnell, aber nicht sehr stark, Knuckles das genaue Gegenteil, Tails eher Support als Angreifer. Ihr seid nicht auf eine feste Party angewiesen, sondern könnt sie jederzeit nach Gutdünken umstellen. Das hat auch Einfluss auf die Teamattacken, von denen es mehr als 40 geben soll, die sich aber nur auslösen lassen, wenn die dazu gehörigen Figuren in der Party aktiv sind - Experimentierfreude ist angesagt. Gewonnene Gefechte geben euch nicht nur frische Items, sondern logischerweise auch Erfahrung, welche ihr frei in den Ausbau eurer Spezialangriffe sowie der generellen Figurenwerte investieren dürft. Dadurch lassen sich die Nachteile einer bestimmten Spielfigur zum Teil ausgleichen, ihr könnt allerdings natürlich auch ihre Vorteile weiter ausbauen. Zusätzliche Items (wie Handschuhe, Amulette, Scanner, Heiltränke oder Gegengifte) gibt es in den vielen Shops auf der Übersichtskarte, die natürlich Geld kosten. Und damit löst BioWare eines der größten Rätsel der Videospielgeschichte: Was macht Sonic eigentlich mit den ganzen Ringen? Ganz einfach: Er kauft sich neue Schuhe.

Des Sonics neue Freunde

BioWare wäre nicht BioWare, wenn es nicht verdammt viele Dialoge gäbe: Comicbilder illustrieren die Gesprächsteilnehmer, die sich teilweise in Multiple Choice-Dialogen unterhalten. Ihr habt dabei immer wieder die Möglichkeit, ein Gespräch schnell auf den Punkt zu bringen oder Details nachzuhaken. Auf diese Weise bekommt ihr von NPCs auch immer wieder Nebenmissionen - in denen z.B. eine lästige Wespenarmee vertreiben oder Amok laufende Roboter erledigen müsst. Und natürlich gibt es vielerlei Rätsel, für die ihr zum Teil die Gruppe aufteilen müsst: In einem Fall stand ich vor einem kaputten Rohr, es ging nicht weiter. Ein Kran stand bereit, um das Problem zu lösen, aber der musste erst von außen aktiviert werden. Also schickte ich Sonic und Rouge zu den zwei ein paar Meter entfernten Aktivierungsschaltern, woraufhin der Kran zum Leben erwachte. Tails ließ ich schließlich den Hebel bedienen, was dazu führte, dass automatisch nach dem Ersatzstück gefischt wurde - zack, Problem gelöst, weiter ging's.   

Ausblick

»Sonic« und »Rollenspiel«, das klingt wie »id Software« und »Gehirnjogging« - eigentlich ein Widerspruch in sich. Denkste! Wenn einer das Unmögliche möglich machen kann, dann BioWare: Sonic Chronicles sieht gut aus, spielt sich einfach und flüssig, die Stylus-Bedienung geht flott und präzise von der Hand. Es ist nicht schnell, aber es ist ja auch kein Jump-n-Run - dafür aber ein vollwertiges Rollenspiel, an dem speziell Final Fantasy-Jünger ihre helle Freude haben werden! Die von uns gespielte Version hatte zwar entwicklungsbedingt noch einige technische Macken, aber der erfrischende Geist des Neuen war bereits überdeutlich spür- und spielbar: Sonic geht in eine interessante neue Richtung. Und das kann der dezent eingerosteten Serie nur gut tun.

Ersteindruck: gut

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