Contact22.01.2007, Benjamin Schmädig
Contact

Vorschau:

Killer 7 - wisst ihr noch? Man zieht als Mörder durch eine düstere Comicwelt, die kaum mehr Farben hat als die Zahl im Titel. Absurd, verstörend und politisch so falsch wie das Lachen ausgehungerter Mannequins. Killer 7, von Grasshopper Manufacture - dem gleichen Studio, das in zwei Wochen Contact (ab 29,00€ bei kaufen) veröffentlicht: Ein familienfreundliches Rollenspiel, in dem ihr während der Ladezeiten die Katze eures Auftraggebers kraulen dürft. Bitte was?

Im Namen der Wissenschaft?

Verwirrt? Ich war es jedenfalls, als vor einem knappen Jahr die offizielle Ankündigung eintrudelte. Aber es war von einer Revolution die Rede, die "eine völlig neue Generation von DS-Spielen" einleiten sollte. Also wartete ich gespannt. Die Beschreibung klang viel versprechend: Ihr übernehmt nicht zum x-tausendsten Mal die Rolle eines Helden, dessen Familie durch ein mysteriöses Dimensionstor verschleppt wurde, woraufhin in dessen Schicksalsbuch der Punkt "Weltrettung" hektisch aufblinkt. Vielmehr muss ein außerirdischer Professor auf eurem

Diese Fähigkeiten zieht ihr wie Abziehbilder vom Touchscreen und "klebt" sie auf das Ziel.
Planeten notlanden, wobei die Energieversorgung seines Schiffes auseinander fällt. Später werdet ihr die eigentlichen Absichten des alten Herren erfahren, aber zunächst rekrutiert er als Wiederbeschaffungsmaßnahme seiner Energiezellen einen Bub namens Terry.

Also schlüpft ihr in die Rolle des Jungen, um... Nein, das tut ihr nicht! Ihr seid ihr selbst. Der Spieler vor dem Touchscreen. Der Herr über den Stift. Bevor ihr startet, fragt euch der Professor deshalb über euren Namen, eure Lieblingsspeise und andere Eigenheiten aus. Somit leitet der (menschlich aussehende) Außerirdische nicht Terry durch das Abenteuer, sondern euch. Ihr wiederum übernehmt die Kontrolle über den Jungen und durchstreift auf dem unteren Bildschirm eine Welt, die an die Fantasy-Schauplätze herkömmlicher Rollenspiele erinnert. Auf dem oberen Schirm seht ihr den Professor, wie er in seinem Raumschiff werkelt und euch Hinweise gibt oder einfach nur das Geschehen kommentiert. Auch wenn sich die Sprüche schnell wiederholen: Er lockert die Stimmung immer wieder mit einem witzigen Kommentar auf.

Dröge Action

Das Raumschiff ist übrigens kein besserer Bildschirmschoner, denn ihr könnt die Zentrale mit Terry betreten - um zu schlafen (speichern), ein Bad zu nehmen (Gesundheit wieder herstellen) oder zu kochen. Letzteres dürft ihr erst, wenn ihr eine Schürze tragt. Mit dem Finden der entsprechenden Kleider "erlernt" ihr auch andere Berufe. Als Koch braut ihr z.B. Tränke, die eure Werte aufbessern. Oder ihr verfeinert aufgelesenes Obst und Gemüse, die dadurch mehr Wirkung zeigen als im Rohzustand. Wenn ihr Terry etwas zu Essen gebt, bessert sich sein Zustand übrigens nicht umgehend, sondern erst im Laufe der Verdauung. Was komplizierter klingt als es ist;  es dauert einfach

Die Wiederbeschaffung der Kristalle ist für den kleinen Terry ein großes Stück Arbeit.
eine Weile, bis er nach die Mahlzeit Wirkung zeigt. Pluspunkte sammelt bei mir dafür das Steigern der 30 Werte, weil sich Terrys Fähigkeiten nur dann verbessern, wenn ihr sie auch anwendet.

Wenig begeistert bin ich hingegen vom Kern des Abenteuers, dem eigentlichen Spiel. Denn so sehr ich als Spieler einbezogen werde, so wenig wirkt sich das spürbar aus. Ob ich nun selbst Terry sein soll oder der Lenker am DS ist mir egal - und so steuere ich den jungen Kerl durch eine Vielzahl von Höhlen, in denen besiegte Monster beim mehrmaligen Betreten der Räume wieder auferstehen, wälze mich von einem Zwischengegner zum nächsten, plappere im nächsten Ort mit den Bewohnern, um dann eine weitere Höhle zu durchforsten...

Das wäre zu verkraften, wenn wenigstens die Action (soweit man in dem niedlichen Rollenspiel davon sprechen kann) stimmen würde. Doch der egoistische Terry erledigt den besten Teil ja selbst! Ich bewege ihn vor einen Feind, gehe zum Angriff über und schon macht sich der Kerl über seinen Gegner her. Ich darf zwar noch Spezialattacken sowie Zaubersprüche einsetzen (nett: mit dem Stift wird eine Art Abziehbild aus dem Zauberbuch gelöst und genau so auf das Ziel aufgetragen), aber spätestens wenn Terry gegen etliche Scharen unbedeutender Widersacher seine Werte aufbessern muss, nur um irgendwann dem Boss gegenüber treten zu können, wird das Untätigsein zur drögen Farce.      

Ausblick

Ging es euch auch so? Zu Beginn klingt Contact nach einem außergewöhnlichen Abenteuer. Aber irgendwie fällt die Erwartungshaltung mit jedem weiteren Satz bzw. jeder weiteren Spielstunde ein Stück tiefer. So ging es mir jedenfalls als ich einen Blick auf Grasshoppers DS-Einstieg warf. Zugegeben, Rollenspiele gewinnen oft erst spät an Schwung und noch habe ich der Vorschau nur einige Stunden gewidmet. Diese konnten mich allerdings nicht begeistern. Die Vorfreude darauf, etwas Neues zu erleben, in eine neue Rolle zu schlüpfen, wich bald einer ernüchternden Einsicht: Contact trägt keine neuen Kleider, es versteckt sich lediglich hinter einem neuen Vorhang. Zieht man den zur Seite, entdeckt man – sobald sich die erste Enttäuschung gesetzt hat – ein gewohntes, aber trotzdem kurzweiliges Abenteuer. Viele Kämpfe, wenig Rätsel, schnelles Vorankommen. Es fordert zwar geradliniges Voranschreiten, belohnt dafür aber jedes Vorgehen mit der individuellen Entwicklung von Terrys Fähigkeiten. Dass die an mich gerichteten Kommentare des Professors mehr Charme versprühen als die meisten der herkömmlichen Dialoge, macht Contact sogar sympathisch. Da ich jetzt weiß, woran ich bin, will ich jedenfalls wissen, wie die witzig erzählte Geschichte weiter geht und was der Professor eigentlich im Schilde führt...

Ersteindruck: befriedigend

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