gc-Vorschau: Twilight Path (Adventure)

von Jan Wöbbeking



Twilight Path (Adventure) von Charm Games
Zauberhafte Puzzle-Reise durchs Jenseits
Entwickler:
Publisher: Charm Games
Release:
02.10.2018
02.10.2018
10.2020
02.10.2018
Spielinfo Bilder Videos
Entwickler Charm Games will erneut die Experimentierfreude von VR-Nutzern wecken: Ähnlich wie im faszinierenden Erstlingswerk FORM (zum Test) hantiert man auch in Twilight Path mit mysteriösen Maschinen, deren Geheimnis sich erst nach dem Einsatz von Zaubersprüchen offenbart. Wir werfen einen exklusiven Blick auf die Early-Alpha zur Gamescom.

Surreale Apparaturen

Ein rätselhaft glitzerndes Flugblatt, ein verwinkeltes altes Lager mit Zauber-Utensilien – und mittendrin der Spieler, der mit den Bewegungs-Controllern an Schlössern hantiert und ineinander verschachtelte Artefakte verdreht. Das kleine Team aus der kanadischen Metropole Vancouver versteht es auch in Twilight Path für Rift und Vive, auf Anhieb eine magische Atmosphäre aufzubauen, in der sich alles um die Aufmerksamkeit und Experimentierfreudigkeit des Spielers dreht. Es ist fast so, als sei man in eine VR-Version des Puzzle-Klassikers The Room hineingebeamt worden – nur dass hier inmitten bizarrer Apparate auch eine übernatürliche Komponente enträtselt werden will. Diesmal geht es in eine magische Fantasy-Welt zwischen den Lebenden und Toten: Ein Wächter am Brunnen der Seelenwanderung wurde korrumpiert und stürzte mit seiner Gier alles ins Chaos. Bei der Wiederherstellung der Balance spielt man offenbar eine wichtige Rolle. Als Vorbilder dienen Werke wie Michael Endes Unendliche Geschichte oder Shihiros Reise ins Zauberland.

Manche Objekte zieht man per Zauberkraft zu sich heran.
Manche Objekte zieht man mit Magie zu sich heran.
Der erzählerische Rahmen wird hier also deutlich früher abgesteckt als im rätselhaften Erstlingswerk des Studios, dessen Design sich primär an Licht-Kunstwerken aus dem Projection-Mapping-Bereich orientierte. „FORM war gewissermaßen ziemlich Hardcore. Diesmal wollen wir uns an ein etwas weiter gefächertes Publikum richten“ erläutert Creative-Director Derek Young uns in einem Skype-Interview. Meinem Entdeckungsdrang tat die leicht geänderte Ausrichtung keinen Abbruch: Nach dem kurzen Bilderbuch-Intro geben nur wenige Schriftstücke Hinweise darauf, wie sich die Puzzles lösen lassen. In welcher versteckten Ecke der Kiste verbirgt sich die fehlende Kurbel? Wie muss ich das räumlich verschachtelte glühenden 3D-Gebilde bewegen, das vor der mechanischen Wahrsagerin erschienen ist? Wie lege ich per Zauberspruch versteckte Hinweise offen oder lasse entfernte Objekte wie eine rätselhafte Maske zu mir schweben? Auf all das wird nur am Rande hingewiesen - der Spaß liegt schließlich am Greifen, Drehen, Abreißen störender Holzlatten und dem gezielten Einsatz von Magie.

Fast wie ein Sith-Lord

Relativ früh schlüpft man bereits in der Alpha-Demo in die surreale Zwischenwelt, in der man wie ein Jedi riesige Gesteinsbrocken übereinander türmt und massive Brücken repariert. Zwei untote Wesen danken mir prompt, dass ich ihnen den Weg freigemacht habe, schließlich wollten sie ihr Leben nach dem Tod nicht in diesem kargen Gebirge verbringen. Ihre charmanten kleinen Einwürfe machen bereits klar, dass das neue Projekt einen etwas humoristischeren Ton anschlägt. Kurz danach stehe ich bereits auf ihrem Vehikel und rolle langsam auf Schienen durch die sonderbare Welt, in der ich als nächstes mit Hilfe eines Schiebepuzzles ein großes Tor öffne.

Der altbekannte Wahrsager-Automat wird mit einem dreidimensionalen Schwebe-Puzzle aufgepeppt, das schön von der Räumlichkeit profitiert.
Der altbekannte Wahrsager-Automat wird mit einem dreidimensionalen Schwebe-Puzzle aufgepeppt, das schön von der Räumlichkeit profitiert.
Spieler mit empfindlichen Mägen müssen sich offenbar keine Sorgen machen: Laut Managing Director Alan Jernigan zielt Charme Games auch diesmal auf eine komfortable Zugänglichkeit ohne Übelkeits-Potenzial oder schnelle Bewegungen. Die zwei Begleiter sollen einen an die Hand nehmen, da man sich als menschlicher Geist natürlich nicht in der surrealen Welt der Untoten auskennt. Später soll man noch auf weitere Figuren treffen. Sie dienen u.a. dazu, Abwechslung ins Spieltempo zu bringen. Schade, dass das Adventure bereits nach rund 90 bis 120 Minuten vorbei sein wird. „Wir wollen lieber etwas abliefern, das das Beste aus den Möglichkeiten von VR herauskitzelt. Wenn dann die Spielerbasis wächst und die Unterstützung für unsere Spiele wächst, dann bin ich mir sicher, dass wir in der Lage sein werden, längere Spiele zu machen.“

Pragmatische Kalkulationen treffen VR-Leidenschaft

Man habe allerdings das Privileg, in Vancouver arbeiten zu können, wo Entwickler einen reichhaltigen Zugriff auf finanzielle Förderung hätten, erläutert das Duo. Reich kann man damit offenbar noch nicht werden. Form habe sich in etwa so gut verkauft, dass man weitere Titel produzieren kann, so die knappe Einschätzung. Privat halten die beiden übrigens große Stücke auf Ready at Dawns Lone Echo, aufgrund der professionellen Umsetzung und der tollen Erzählung.

Die zwei Studiogründer Derek Young (links) und Alan Jernigan erklärten uns die Hintergründe ihrer surrealen VR-Puzzles.
Die beiden Studiogründer Derek Young (links) und Alan Jernigan erklärten uns die Hintergründe ihrer surrealen VR-Puzzles.
Jernigan erläutert: „Ich bin immer sehr aufgeregt, wenn ein – ich würde es nicht wirklich AAA-Spiel nennen – aber immer wenn ein Titel mit soliden Produktionsstandards erscheint,  dann bringt er meist irgendetwas Cooles mit sich, das man noch nicht gesehen hat. Und so etwas war für mich schon immer das Spannendste an VR!“ Eine PSVR-Version ist noch nicht angekündigt. Also sprachen wir Jernigan darauf an, ob das Team die Move-Controller überhaupt präzise genug für ein derart auf Bewegungen ausgelegtes Spiel halte. Er verriet uns, dass sie als leidenschaftliche Konsolenspieler durchaus Interesse an einer Umsetzung hätten: „Ich bin ein großer PSVR-Fan! Ich kann nachvollziehen, was du in Punkto Präzision angesprochen hast. Trotzdem glaube ich, dass man auf PSVR richtig gute Spiele machen kann! Als Studio ist unser Ziel, unsere Spiele auf PSVR zu bringen. Momentan kann ich leider nichts ankündigen, aber wir wollen das schon gerne erreichen!“
 

AUSBLICK



Bereits FORM gehörte zu den wenigen VR-Titeln, in denen ich mich völlig in eine andere Welt versetzt fühlte – und auch in Twilight Path merkt man bereits in der frühen Alpha, wie geschliffen und vereinnahmend das Abenteuer wirkt. Ich liebe solche mechanischen Puzzlespiele, in denen ich nicht nur altbekannte Aufgaben vorgesetzt bekomme, sondern auch die grundlegenden Regeln und der erzählerische Rahmen zum Mysterium werden. So kann ich selbst nach Herzenslust drehen, zaubern, hantieren, was mit Bewegungs-Controllern und einer derart zauberhaften Fantasy-Kulisse natürlich doppelt so viel Spaß macht. Sicher, manchmal stand ich auch kurz auf dem Schlauch. Nach ein paar Experimenten und  gewissenhaften Blicken in die Winkel der Kulisse kam ich kurz danach aber stets auf den passenden Einfall, zumal man diesmal auch ein wenig von sympathischen Untoten Figuren an die Hand genommen wird. Charm Games erläuterte uns im Gespräch, dass die ihre Spiele grundsätzlich relativ früh fertigstellen, um in der finalen Phase genügend Zeit für rigoroses Playtesting übrig zu haben und ein rundes Gesamtwerk abliefern zu können. Ich freue mich schon auf die Vollversion, für die es übrigens noch kein festes Datum gibt.

Einschätzung: sehr gut

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