Ein Vampir in London
Vor dem Hintergrund einer seltsamen Mordserie und einer um sich greifenden Krankheit wacht Dr. Jonathan Reid in den schattenumwobenen Gassen der Großstadt auf. Getrieben von einem wahnsinnigen Durst nach Blut entsteigt er einem Massengrab, packt im Delirium die nächstbeste Frischblutquelle und beißt herzhaft zu. Während das Leben langsam aus dem Opfer weicht, gewinnt Jonathan an Stärke. Allerdings ist er bei seiner Bluttat nicht alleine. Er wird in flagranti erwischt und flieht vor den selbsternannten Vampirjägern quer durch London.
Dr. Reid, der sowohl den Ersten Weltkrieg als auch die Spanische Grippe überlebt hat, versucht nun erstmal einen sicheren Unterschlupf zu finden und macht sich danach auf die Suche nach der Person, die ihn gegen seinen Willen in einen Vampir verwandelt hat.
In den düsteren Gassen von London trifft man auf zwielichtige Gestalten, Amateur-Vampirjäger und andere Kreaturen aus dem Untergrund.
Dazu muss der aus der Verfolgerperspektive (Third-Person-Perspektive) gesteuerte Vampir erstmal Nachforschungen anstellen und dabei hilft die zuschaltbare Schwarz-Weiß-Detektivsicht mit blutroter Hinweisspur ...
Dieses finstere London, das von übernatürlichen Kreaturen, sinisteren Geheimgesellschaften und zwielichtigen Menschen bevölkert wird, war in den ersten beiden Stunden, die ich anspielen konnte (Preview-Version: Februar-Build), der eigentliche Star des Spiels. Die düsteren und nebelumwobenen Gassen der Großstadt versprühten eine enorm dichte und trostlose Stimmung, die gekonnt vom Soundtrack von Olivier Deriviere (
Remember Me und
Get Even) untermalt wird. Schön ist auch, dass mit London im Jahr 1918 ein ziemlich unverbrauchtes Szenario gewählt wurde. Da fällt es nicht so stark ins Gewicht, dass die Figuren/Kreaturen (Vampire etc.) und ihre Eigenarten weitgehend bekannt sind - und nein, Vampire glänzen nicht im Sonnenlicht.
Menschliche Abgründe
Nach dem weitgehend linearen Auftakt bzw. dem Tutorial öffnet sich Stück für Stück die in mehrere Distrikte unterteilte semi-offene Spielwelt.
Töten oder Verschonen? Welche Charaktere man aussaugt, bleibt dem Spieler überlassen. Konsequenzen soll es reichlich geben ...
Auf die Suche nach seinem mysteriösen "Vampirvater" nimmt er als Tarnung einen Job in einem Krankenhaus an und beginnt Informationen zusammenzutragen. Hierzu interagiert er mit zahlreichen Charakteren, die in dieser fast schon apokalyptischen Welt ihr Dasein fristen. In schick inszenierten Dialogsequenzen, in denen sich sogar die Kamera bewegen lässt, sucht der Vampir nach Hinweisen, Hintergründen, menschlichen Abgründen und praktischen Informationen, um andere Personen zu überreden oder gegeneinander ausspielen zu können.
Die bisher mitgehörten Gespräche waren durchweg interessant, gut geschrieben und verleiteten mich nicht dazu, sie einfach durchzuklicken, um schnell weiterzukommen - ganz im Gegenteil. Und natürlich darf man in den Dialogsequenzen zwischen mehreren Antwortmöglichkeiten auswählen. Obgleich der englische Sprecher von Dr. Reid positiv im Gedächtnis hängen blieb, fehlte es vielen Gesprächspartnern an überzeugenden Animationen (Mimik). Ob die Entwickler dieses Manko bis zur Veröffentlichung am 5. Juni 2018 noch aus der Welt schaffen können, bleibt abzuwarten.