IL-2 Sturmovik17.12.2001, Marc
IL-2 Sturmovik

Special:

Dieses Interview wurde zwischen Ubi Soft und den Sounddesignern von <4PCODE cmd=DGFLink;name=IL-2 Sturmovik;id=1550> geführt.

Stellt Euch bitte vor?

MeatWater: audioworX, dass sind Detlef Piepke und Nick Schreger, besser bekannt als "MeatWater"

Was ist ein Sounddesigner überhaupt und was hat er mit Computerspielen zu tun?

Aufgabe eines Sounddesigners ist es, einen anderen, meist optischen Reiz, auditiv zu unterstützen. Sounddesigner arbeiten mittlerweile in vielen Branchen, so z.B. in der Automobilindustrie wo sie etwa für den Sound des neuen Porsche zuständig sind, bis hin zu Tiefkühlpizzen die beim Reinbeißen ein besonders knuspriges Geräusch machen sollen. Ganz besonders wichtig ist ihre Rolle in der Filmindustrie, ein gutes Beispiel ist die Schlachtszene von "Der Soldat James Ryan" die komplett nachvertont wurde. Manchmal wird auch bewusst mit Assoziationen gearbeitet die das Ohr des Betrachters in eine gänzlich andere Richtung leiten, oder Geräusche werden karikativ verfälscht um etwas ins lächerliche zu ziehen. In alten Stummfilmen mit Laurel und Hardy oder Chaplin erleben wir erste Gehversuche des Sounddesigns.

Computerspiele sind in den vergangenen Jahren optisch immer weiter aufgewertet worden, und obschon rein technisch die Möglichkeiten bestünden wird soundmäßig noch immer viel zu wenig geboten. Man hat den Eindruck dass die Sounddesigner erst kurz vor Produktionsschluss eingebunden werden - da bleibt weder Zeit für eigene Ideen noch für groß angelegte Recherchen zugunsten des Realismus.

Wie wird ein Sounddesigner in den Entwicklungsprozeß eines PC Spiels eingebunden?

Hier laufen unsere Vorstellungen des Idealfalles ziemlich mit der Realität auseinander - wenn es nach uns ginge würden wir bereits in den frühen Planungsphasen zu Rate gezogen. IL-2 ist ja ein Paradebeispiel für eine historische Simulation mit einem selten gesehenen Realitätsanspruch; hätte man hier lediglich ein paar Wochen für die Aufnahmen und Nachbearbeitung der SFX zur Verfügung gehabt hätte am Ende die Qualität des gesamten Produkts spürbar gelitten.

Die Developer sollten bei der Entwicklung die Möglichkeiten berücksichtigen und mit einbeziehen die Ihnen durch die Sounddesigner geboten werden. Wenn bei der Erstellung der virtuellen Welten bereits die hörbare (auditive) Komponente bedacht wird hat der Spieler viel eher das Gefühl, das gesehene auch tatsächlich zu erleben. Anders als in der Malerei oder Fotografie ist der Spieler nicht purer Betrachter sondern Teil einer Handlung, und je besser man ihm dieses Bewusstsein vermittelt, umso besser wird er sich in dieser Rolle zurecht finden.

Wie seid Ihr (AudioworX) zum Sounddesign gekommen?

Nun, alles begann 1998 als ich ein so genanntes "MeatWater SoundPack" für Sierra´s "Grand Prix Legends" veröffentlichte. Ich war verärgert dass Sierra für GPL viele SFX aus NASCAR 2 einfach übernommen hatten - ein klares Zeichen dafür das SFX in der Prioritätenliste mal wieder ganz weit unten gestanden haben müssen. Da ich die technischen Möglichkeiten hatte versuchte ich also, es besser zu machen, und als dann immer mehr Leute meine Sounds verwendeten und mein Name immer häufiger in Newsgroups auftauchte war es schon ein kleiner Triumph. Der große Wurf gelang mir aber zweifelsohne mit meinem SoundPack für Microprose´ "European Air War". In wenigen Tagen stellte ich mit einem Musikerkollegen ein komplettes Soundpaket auf die Beine: neue Briefings, neue Waffensounds, neue Motorengeräusche. Am Ende wurde ich dann sogar vom ursprünglichen Entwicklungsteam von EAW unterstützt, und am Ende konnte ich der Community ein 17MB großes AddOn präsentieren dass bis zum heutigen Tage unzählige Male heruntergeladen wurde. Es folgten MeatWater SoundPacks für "Fighter Squadrons: SDOE" und diverse andere Titel, und plötzlich war der Name MeatWater zum Synonym für erstklassigen Spielesound geworden, und Print- und Onlinemedien überhäuften meine Arbeit mit Lob und Anerkennung. Ich bekam sogar Geschenke in Form von Modellflugzeugen und Fotocollagen zugeschickt, ganz zu schweigen von den zahllosen Emails - beinahe beängstigend. Ab diesem Moment war dann jedenfalls klar dass es einen klaren Bedarf gab den ich offenbar erfüllen konnte.

Bei welchen Games habt Ihr schon mitgewirkt?

Es dauerte nicht lange, und mit Wings Simulations´ "Panzer Elite" stand der erste kommerzielle Auftrag ins Haus. Das war dann gleich eine Riesen-Packung mit SFX sowie einer kompletten Sprachvertonung in Deutsch und Englisch, aufwendige Briefings und Funk. Es folgte mit Synetic´s "Mercedes Benz Truck Racing" eine Produktion die uns sehr viel Spaß gemacht hat, denn die Jungs um Jürgen Kersting haben sich sehr viel Zeit genommen um unsere SFX-Ideen im Spiel umzusetzen. Bei der Gründlichkeit und Detailverliebtheit sind übrigens zahlreiche Parallelen zwischen Synetic und Maddox, den Entwicklern von IL-2, zu finden. Danach folgte "Adlertag" bzw. "Battle of Britain" von Rowan/Empire Interactive. Leider zeichnete sich bereits während der Produktion das bevorstehende Ende von Rowan Software ab.

Was macht gutes Sounddesign aus, was schlechtes?

Gutes Sounddesign wird der Aufgabenstellung gerecht. Bei einer Simulation mit hohem Realitätsanspruch darf es weder von Seiten des Developers noch von Seiten der Sounddesigner irgendwelche Kompromisse geben. Kontakte zu Organisatoren von Flugshows, Veteranenvereinen, Historikern und Museen sind hier genauso wichtig wie eine tadellose technische Ausstattung und das nötige KnowHow. Besonders letzteres versuchen wir ständig zu erweitern.

Bei der Arbeit muss man ständig das Produkt vor Augen haben, für dass man produziert. Wenn ich Screenshots eines Fahrzeugs und dessen Umgebung habe, so kann ich bereits an Hand der Formen und Farben ein Grundkonzept für den Sound erstellen noch lange bevor die eigentliche Entwicklung des Spiels vorangeschritten ist.

Habt Ihr Beispiele?

Ich glaube dass jeder genügend Negativbeispiele kennt. Wir werden demnächst mit der Produktion für Synetic´s "Mercedes Benz Champions" beginnen, und dafür werden über 30 Fahrzeuge komplettvertont, d.h. vom individuellen Tür-zuschlagen bis hin zu Motorensounds aufgenommen in verschiedenen Drehzahlbereichen und an verschiedenen Positionen. Das wird ein echtes Hörerlebnis J

Wohin geht der Trend im Soundbereich?

Man scheint sich da noch unschlüssig zu sein, denn wenngleich in letzter Zeit immer mehr Titel auf den Markt kommen die zeigen dass man sich mit dem Sound sorgfältiger auseinandergesetzt hat, gibt es leider noch immer viel zu viele Negativbeispiele. Als Hersteller von Soundkarten würde ich mir täglich die Haare raufen, in etwa wie ein Hersteller von Farbfernsehgeräten angesichts einer Flut von Schwarz-Weiß Produktionen die den Markt dominieren. OK, dieses Bild ist vielleicht ein wenig übertrieben, aber die Richtung stimmt auf jeden Fall.

Was ist Euer Ziel in der Branche?

Wir würden uns natürlich über mehr Aufträge freuen damit wir tatsächlich etwas bewegen können - besonders auch mal eine Produktion zu der wir auch den Soundtrack machen dürfen. Erschwerend ist dass es noch nicht einmal einen festen Preisspiegel zu geben scheint, und viele kleinere Developer scheuen sich unnötigerweise davor, uns anzusprechen. Bei den größeren hat es sich innerhalb der vergangenen Jahre etabliert dass man entweder ein eigenes Tonstudio hat oder bereits seit Jahren mit einem bestimmten Team zusammenarbeitet was die Geschäftsabläufe zwar einfacher gestaltet, aber weder Geld spart noch Qualitativ mit den aktuellen Ansprüchen konform ist. Leute, sprecht uns an!

Zu IL-2 STURMOVIK (ab 7,67€ bei kaufen): Wie seid Ihr zu diesen Projekt gekommen?

Das verdanken wir dem Webmaster von - er war seinerzeit ein großer Fan meines EAW SoundPacks und hatte mich weiterempfohlen.

Was habt Ihr bei IL-2 realisiert?

Wir haben den Funkverkehr der Deutschen Flieger produziert, also Sprecher gecastet, die Texte umgeschrieben, alles aufgenommen und entsprechend nachbearbeitet damit es am Ende so klingt wie es soll. Ich persönlich habe auch noch die Sprachregie geführt.

Was musste bei IL-2 im Speziellen bei Eurer Arbeit beachtet werden?

Die größte Herausfordeung bestand darin dem hohen Realitätsanspruch gerecht zu werden. Anfangs glaubten wir noch von der vorangegangenen Produktion für Rowan´s "Adlertag" profitieren zu können, was sich nach ersten historischen Recherchen jedoch als falsch herausstellte. An der Ostfront war so ziemlich alles anders, und eben dieses "anders" sollte den besonderen Wert unserer Arbeit hervorheben. Die Grundstimmung unter den Deutschen Piloten, die Motivation, politische Überzeugung - alles Faktoren die sich in der Sprache widerspiegeln. Hinzu kam dann auch noch dass die Deutschen Piloten der Ostfront eine ganz eigene Fliegersprache verwendeten - es stand also einiges an Arbeit ins Haus...

Wie bekommt man Funkverkehr im Sound der 30er/40er Jahre hin? à Equipment, Recherchen

Eine der wertvollsten Quellen war wie so oft das Internet, aber auch Telefongespräche mit Museen halfen einige Unklarheiten zu beseitigen. Irgendwann haben wir dann eine praktikable Methode gefunden die gesammelten Informationen technisch Umzusetzen was insbesondere im Bezug auf die Kehlkopfmikrophonie der Deutschen Jägerpiloten nicht einfach war. Die Bomberpiloten verwendeten wieder andere Mikrophone, und die Bodenleitstellen ein gänzlich anderes System. Es freut uns dass es uns gelungen ist all dies zu berücksichtigen, und es trägt sicherlich wesentlich zur Gesamtatmosphäre bei.

Ein anderer wichtiger Bestandteil der Produktion war die Zusammenarbeit mit ehemaligen Piloten der Ostfront. Mit zweien hatte ich sogar persönlichen Kontakt, und sie waren maßgeblich an der Produktion beteiligt. Sie sind seit der Produktion übrigens miteinander befreundet und treffen sich gelegentlich.

Die Arbeit mit den Veteranen half in erster Linie dabei, den sprachlichen Rahmen festzulegen: was wurde in welcher Situation wie gesagt? Wann wurde frei gesprochen, wann wurden ausschließlich Codes benutzt? Welche Rufzeichen gab es? Wurde geflucht? Wie wurde geflucht? (man mag es nicht glauben, aber hier mussten wir leider ein paar Dinge "entschärfen"). Auch bekamen wir wichtige Erkenntnisse über den Gemütszustand eines Piloten der Ostfront im Einsatz: die Angst dem Feind als Gefangener in die Finger zu geraten war um ein vielfaches größer als beispielsweise in der Luftschlacht um England, und diese Angst spiegelt sich in IL-2 perfekt wider.

Habt ihr mit Schauspielern gearbeitet?

Diese Frage beantwortet sich beim betrachten des Produkts eigentlich von selbst, wobei ein Schauspieler nicht automatisch ein guter Sprecher ist. Anders als auf einer Bühne muss ein Sprecher ein Gros seines Ausdrucks in die Stimme packen - Gestik, Mimik - all dies bekommt der Spieler am Ende ja nicht zu sehen, und doch muss er sich ein exaktes Bild machen können. Wer schon einmal bei einer Hörspielproduktion mitgewirkt hat bringt entscheidende Vorteile mit sich.

Wieviele Personen waren an der Produktion beteiligt?

Puuuh...mit allen so an die 10-12 Leute, Veteranen mitgezählt.

Beschreibt doch mal den Produktionsablauf?

Am zeitraubendsten waren eigentlich die technischen Vorbereitungen weil man ständig umdenken musste. Danach wurden die Texte umgeschrieben um der tatsächlich gesprochenen Sprache zu entsprechen - viele Sätze wurden komplett ausgetauscht oder in verschiedenen Versionen erstellt um für mehr Variation zu sorgen. Als dies dann alles fertig war konnte man sich mit den Sprechern ins Studio stellen. Die waren zum Glück sehr professionell und fanden die Arbeit auch sehr interessant, "mal was anderes" eben. Schließlich dann die Testphase, denn bei so vielen Aufnahmen bleibt es nicht aus dass sich der eine oder andere Fehler einschleicht, und am Ende dann noch mal letzte Einstellungen am Sound - fertich!

Euer persönlicher Eindruck von IL-2 aus Gamersicht?

Nachdem wir nun das fertige Produkt kennen sind wir ehrlich stolz, an diesem Monument beteiligt zu sein. IL-2 ist auf bestem Wege, dem festgefahrenen Karren in dem Flugsimulationen bereits seit langem stecken neuen Antrieb zu geben. Man wird von Maddox - und hoffentlich auch von MeatWater - noch viel hören!

 
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