Special: Comanche: Operation White Lightning (Arcade-Action)

von Paul Kautz



Comanche: Operation White Lightning (Arcade-Action) von Softgold
Comanche: Operation White Lightning
Entwickler:
Publisher: Softgold
Release:
Q4 1992
kein Termin
Spielinfo Bilder  
Manchmal braucht man zur Lösung eines Problems einen Hubschrauber. Schwer bewaffnet muss er sein, agil, idealerweise fürs gegnerische Radar unsichtbar. Und er muss noch nicht einmal in Wirklichkeit existieren, das erhöht den Spaßfaktor nur! Wie damals, im Jahr 1992...

»640KB ought to be enough for anybody« (angeblich Bill Gates, irgendwann in den 80ern)

Grafik, die die Kinnlade verschiebt: Ende 1992 gab es kein besser aussehendes Spiel als Comanche!
Grafik, die die Kinnlade verschiebt: Ende 1992 gab es kein besser aussehendes Spiel als Comanche!
Heutzutage ist das Spielen für PC-Freunde einfach: DVD einlegen, installieren, evtl. noch das eine oder andere Gigabyte an Patches saugen, loslegen, über Bugs ärgern. Anfang der 90er Jahre, zur Hochphase von MS-DOS, war das lange nicht so leicht - was meist mit dem Speicher zu tun hatte. Vor DOS-Extendern und dem Flat-Modell von Windows 95 war RAM in Ebenen eingeteilt: Es gab den konventionellen Systemspeicher (maximal 640KB), dann UMA (Upper Memory Area) und HMA (High Memory Area) für Systemprogramme - und erst danach den erweiterbaren Speicher in Form von EMS (Expanded Memory) oder XMS (Extended Memory). Das Phänomen der »Bootdiskette« existiert heute nur noch in Märchen und Schauergeschichten, doch damals war es Standard, für jedes aufwändigere neue Spiel erstmal eine spezielle Bootdisk anzulegen, damit das olle Teil auch richtig lief - bzw. ab MS-DOS 6.0 einfach eine ausufernd lange autoexec.bat zu programmieren, so dass man direkt zum Start bequem die richtige Konfiguration für sein Lieblingsspiel wählen konnte.

»Der spinnt doch!« (Paul Kautz, 1992)

Comanche war in dieser Hinsicht eine Diva. Denn die Segnungen von Speichermanagern wie QEMM oder EMM386 vertrug es gar nicht, kein derartiges Programm durfte seinen Dienst verrichten, da Comanche im so genannten »Native Modus« lief, der sich mit ihnen nicht vertrug. Dadurch wurde umso weniger Grundspeicher frei, von dem das gute Stück Software natürlich ebenfalls extraviel wollte. Richtig fies wurde es mit der CD-Version, denn der CD-Treiber musste auch noch in den Speicher gequetscht werden. Kurz gesagt: Damals war der Start eines Spiels noch richtige Männerarbeit. Und Comanche zum Laufen zu bekommen war eine Aufgabe für Chuck Norris!

Die Gegner waren dumm wie Stroh, aber dennoch kreuzgefährlich. Vor allem gegnerische Helikopter gingen gerne mal auf Kollisionskurs...
Die Gegner waren dumm wie Stroh, aber dennoch kreuzgefährlich. Vor allem gegnerische Helikopter gingen gerne mal auf Kollisionskurs...
Aber es lohnte sich. Ooooooh ja, es lohnte sich. Man muss im Hinterkopf behalten: Ende 1992 sahen 3D-Spiele noch so aus. Comanche hingegen sah so aus. Wer jemals die selbstlaufende Demo in einem Spieleladen oder im Kaufhaus mit eigenen Augen erleben konnte, war unfähig, a.) seinen Augen jemals wieder zu trauen und b.) die Sabbersturzbäche zu kontrollieren. Es sah nicht nur verdammt gut aus, sondern viel zu gut für die damalige Zeit. VGA-Karten setzten sich gerade durch, Spiele wie Wing Commander 2 oder kurz darauf Strike Commander (das wir hier besprochen haben) machten deutlich, wieso man ohne die Power von 256 Farben einfach nicht mehr leben wollte bzw. sollte. Aber trotzdem: Wo kam diese 3D-Grafik her, die wunderbar hügelige Landschaften ermöglichte, während die Konkurrenz nur untexturierte, bestenfalls flach schattierte Polygone auf die Reihe bekam?

Die Antwort lautet: Aus der Medizintechnik. Dort werden so genannte Voxel (ein Kunstwort aus »Volume« und »Pixel«) schon seit vielen Jahren verwendet, um dreidimensionale Darstellungen des Körpers zu ermöglichen - z.B. in der Magnetresonanztomographie. In der interaktiven Unterhaltung spielten sie dagegen bis 1992 keine Rolle. Eines Tages wurde Programmierer Kyle Freeman auf die Technik aufmerksam und experimentierte mit ihr. Das Resultat der Bemühungen in Assembler war ein 3D-System, mit dem sich nach damaligen Schätzungen etwa 500 mal so viele Details in eine 3D-Landschaft packen ließen wie mit herkömmlicher Polygontechnik! Klar ist das eine Milchmädchenrechnung, denn wer seine nach dem ersten Schock herausgefallenen Augen wieder eingekurbelt hatte, stellte schnell fest, dass die Comanche-Landschaft zwar phänomenal aussah, es außer den Hügeln aber nicht viel zu sehen gab. Genau genommen existierte nur ein Gebäude im Spiel (eine Maya-Pyramide) sowie ein
Dans le dunkel c'est bon munkel: Der Restlichtverstärker verschaffte Übersicht in pechschwarzer Nacht.
Dans le dunkel c'est bon munkel: Der Restlichtverstärker verschaffte Übersicht in pechschwarzer Nacht.
Landestreifen; spätere Missionsdisketten erweiterten die Sehenswürdigkeiten um ein paar Bäume. Außerdem hatte das Voxel-System den großen Nachteil, dass ebenjene Pixel aus der Nähe betrachtet extrem blockig aussahen - für eine höhere Auflösung war die Technik seinerzeit einfach zu schwach.

Zu Tode gerast

Anfang der 90er hatte niemand NovaLogic auf dem Radar. Die Kalifornier hatten 1990 die solide U-Boot-Sim WolfPack entwickelt, aber sonst nicht viel mehr - in Sachen Simulation führte damals kein Weg an MicroProse oder Spectrum Holobyte vorbei. Und dann wurde auf der 1992er ECTS einfach das fast fertige Comanche - Maximum Overkill (das bei uns den weniger Krachbumm-kompatiblen Untertitel »Operation White Lightning« trug) aus dem Hut gezaubert, das grafisch die komplette anwesende Konkurrenz hohnlachend auf die Plätze verwies: Das (kurz darauf patentierte) »VoxelSpace«-System zeigte hügelige Landschaften, in denen es keinen geraden Meter gab; grüne Auen, Kraterberge, verschneite Regionen, Schluchten, Täler, Seen, Flüsse - mit der ersten Missionsdisk kamen sogar noch Reflexionen auf den Wasseroberflächen und verschiedene Wettereffekte dazu! All die Pracht durfte aus mehreren Perspektiven bestaunt werden: Cockpit, Blick nach links, rechts oder auf den hinten sitzenden Copiloten sowie mehrere Außenansichten waren möglich.

Kommentare

Smul schrieb am
Pirouette hat geschrieben:Der ASM-Test ist ja wohl mal der Hammer. Sehr witzig. Das Hypestar der frühen 90er. :lol:
Jaja, iirgendwo musste das Ganze ja seinen Anfang nehmen. :)
Aber hier das epische Gunship 2000 als quasi Negativbeispiel in Sachen Grafik anzuführen, ist ja schon fast Ketzerei! Ok, grafisch gab's da vielleicht doch einen kleeeinen Unterschied (ich sag nur: Russenpanzer mit eckigen Rädern), aber spielerisch fand ich Gunship 2000 deutlich besser.
Spielerisch war es das natürlich - GS2000 war eine richtige Simulation, Comanche nur ein Arcade-Fetzer. Aber grafisch, und da stimmst du mir ja hoffentlich zu, war das schon ein Unterschied wie Tag und Nacht.
In Sachen Arcade-Flugsims war Comanche, meiner Meinung nach, dem ein Jahr später erschienen und damals auch verdammt hübschen Strike Commander ganz klar unterlegen.
Ich finde die relativ schwer vergleichbar: Strike Commander war durchaus Simulation genug, um den klassischen Arcade-Fan verschrecken zu können. Comanche dagegen habe ich als eine Art Doom in der Luft in Erinnerung. Wäre die Zahl der Raketen nicht begrenzt gewesen, hätte man es als Vertikalscroller aus der Cockpitperspektive betrachten können. :)
Cheers
Cloppy schrieb am
Nightred hat geschrieben:Wegen dem Game wurde ich vom Gym geworfen. ^^
Wow, Glückwunsch... da kannste ja richtig stolz auf dich sein... :roll:
Bl4cke4gle schrieb am
Kajetan hat geschrieben:
way2slow hat geschrieben:Der Sprung von 1992 zu 2002 scheint mir unendlich größer.
Natürlich. Weil in dieser Zeit der Sprung von 2D auf 3D stattfand und der Siegeszug der 3D-Beschleuniger begann. Da sind einem beim Wechsel jeder GPU-Generation nur so die Kinnladen auf den Boden geklatscht.
Im Grunde hat sich seit 2007 kaum mehr was getan, und das, obwohl PC immer schneller werden. Eigentlich schade.
Weil das Thema quasi "durch" ist. Verbesserungen können nur noch im Detailbereich stattfinden und selbst dann muss man sich schon mit der Materie beschäftigt haben, um eine Spielgraphik korrekt in DX9, DX10 und DX11 einzuordnen. Ich selbst kann das ohne entsprechende Bildunterschriften und Hinweise schon fast gar nicht mehr. Die Zeit der großen Revolution im Graphik-Bereich ist vorbei.
das ist imo der völlig falsche ansatz, dieses phänomen zu beschreiben! tatsache ist, dass 2007 die PS3 kam und auf grund dieser ganzen konsolenfreaks fast ausschließlich spiele für alle plattformen entwickelt werden.
kurz gesagt: wenn die nächste generation konsolen auf den markt kommt, wirds wieder einen sprung geben.
beste grüße,
Bl4cke4gle
Trento schrieb am
Damals hat es schon beim installieren gekribbelt. Die Voxelgrafik fand ich einfach klasse. "Delta Force Black Hawk Down" oder "Tachyon: The Fringe", auch so Spiele von Novalogic, die ich bis zum erbrechen gezockt habe... Einfach spitze Games für die Zeit!
Numrollen schrieb am
Hehe endlich auch mal ein Spiel das hier auftaucht was ich ehwig gezockt habe.
Auf meinem Pc10 damals mit 16bit Monitor und 5 1/4 Disketten:
Rockford
Double Dragon (4bit)
Sim City
Monkey Island (hat geruckelt)
Silent Service
...
Später (P120 schon?)
Comanche
Duke Nukem 1,2 und 3D (im LAN ganze Wochenenden gezockt)
Quake1 (mit tastatur anfangs)
schrieb am