Die neue Generation
Ich kannte Turrican II schon von meinem C-64 – und bereits dort setzte Designer
Der Laser in seiner ganzen Pracht - was für eine Wumme!
Manfred Trenz mit seiner starken Mischung aus Baller-Action, Erkundung und Geschicklichkeitseinlagen neue Maßstäbe für Commodores Brotkasten, der 1991 seine beste Zeit eigentlich schon hinter sich hatte. Doch als mir der ältere Bruder eines Klassenkameraden das Spiel zum ersten Mal am Amiga vorführte und den Sound über die Anlage aufdrehte, war die Faszination für das 8 Bit-Original mit einem Schlag wie weggefegt! Ich nenne Turrican 2 immer gerne in einem Atemzug mit Erlebnissen der ganz besonderen Art: Dazu gehört z.B. meine erste Begegnung mit Metal Gear Solid auf der PlayStation, die Jungfernfahrt mit Gran Turismo, die damals filmreife Inszenierung eines Rebel Assault oder das kultige Lucasfilm-Abenteuer in Maniac Manion. Und was machte Turrican 2 für mich so besonders? In erster Linie war es die Technik: Als alter C-64-Hase hatte ich eine Grafik mit dermaßen butterweichem (Parallax-)Scrolling, geschmeidigen Animationen, bunten und teilweise animierten Hintergründen sowie riesigen Bossgegnern noch nie zuvor in dieser Qualität gesehn! Was Factor 5 da auf den Bildschirm gezaubert hat, war für mich aus einer völlig anderen Welt, in der mein Brotkasten eigentlich keine
Daseinsberechtigung mehr zu haben schien. Tatsächlich landete das gute Stück trotz innerem Konflikt und viel Sentimentalität kurze Zeit nach dieser Erfahrung im lokalen Anzeigenblättchen – nur mit dem schmerzhaften Verkauf konnte ich das nötige Kleingeld (damals immerhin noch 799 DM) zusammenbringen, um mir meinen eigenen Amiga 500 inklusive 1MB-Speichererweiterung leisten zu können.
Brillantes Leveldesign
Doch alleine für Turrican II hat sich die Anschaffung gelohnt: Auf dem Amiga zählt das
Fette Endgegner dürfen selbstverständlich nicht fehlen.
Spiel für mich mit zu den besten Action-Erlebnissen, die man dort finden kann – selbst der Nachfolger konnte diesen Kracher in meinen Augen nicht mehr toppen. Alleine die Auswahl an ausbaufähigen Waffensystemen, die sich nach vorherigem Beschuss aufsammeln ließen oder sich in versteckten Extra-Blöcken befanden, konnte sich sehen lassen. Ich war zwar nie ein besonderer Fan des Streu-Schusses, doch habe ich die neue Bounce-Wumme schnell lieb gewonnen, bei der die Schüsse an Hindernissen abprallen und umgelenkt werden. Mein absoluter Favorit ist und bleibt dagegen der Laser, der voll aufgerüstet größer ist als die Turrican-Figur selbst und alles wegbruzzelt, was sich ihm in den Weg stellt. Stärker ist eigentlich nur die Smartbomb, die beim Aufsammeln unter starken Erschütterungen sämtliche Gegner vom Bildschirm fegt. Der Rundum-Schuss gefällt mir hier ebenfalls besser als die futuristische Lichtsäge des Vorgängers. Nicht zu vergessen die Möglichkeit, sich für eine begrenzte Zeit in ein unverwundbares Rad zu verwandeln, mit dem man u.a. enge Durchgänge passieren konnte. Doch auch die Schild-Funktion sowie Power-ups zum Wiederherstellen der Gesundheit waren immer gerne gesehn.
Überhaupt zählt das Leveldesign neben der überragenden Technik zu den großen Stärken von Turrican II: Da gilt es z.B., seine Absprünge mit einem Aufwind genau abzustimmen, damit man hoch genug kommt, um sich weiter nach oben zu arbeiten. Zudem führt die Reise u.a. unter die Wasseroberfläche, in eine Fabrik sowie eine von H.R. Giger inspirierte
Vornehmlich mit dem Rundumschuss musste man sich durch Waben durcharbeiten.
Alien-Welt – eklige Facehugger inklusive. Stupides Ballern mit Dauerfeuer ist hier außerdem nicht immer die erste Wahl, denn teilweise baut man sich erst mit einem bedachten Einsatz der Wumme und des Rundum-Schusses eine versteckte Route aus Extra-Blöcken, die den Weg zu begehrten Objekten wie Extraleben oder weiteren Diamanten ebnet, mit denen man seinen Punktestand aufpolieren kann. Eine geniale Wendung gibt es etwa in der Mitte des Spiels: Hier wird das bewährte Jump’n’Shoot-Konzept kurzerhand durch einen klassischen Sidescroller im R-Type-Stil ausgetauscht – auch als kleine Hommage an den Klon Katakis, der ebenfalls von Manfred Trenz entwickelt wurde. Schießt man an einer bestimmten Stelle auf einen Gegner, erscheint sogar ein kleines Fähnchen, auf dem „Katakis lives“ zu lesen ist. Überhaupt gibt es immer wieder amüsante Anspielungen – so erkennt man gleich im ersten Level eine große Figur im Hintergrund, die man mit Hilfe des Gegenwindes sogar besteigen kann. Tatsächlich ist das Design an das Rainbow Arts-Logo angelehnt, das bekanntlich aus drei dieser „Männchen“ bestand. Für Lacher sorgen dagegen die Walker, die im besagten „Aufwind-Abschnitt“ mit kleinen Fallschirmchen nach unten gleiten.