Special: Mr. Nutz (Plattformer)

von Michael Krosta



Mr. Nutz (Plattformer) von Ocean
Das doppelte Hüpf-Eichhörnchen
Publisher: Ocean
Release:
1993
kein Termin
Spielinfo Bilder  
Vor allem in den Neunzigern waren viele Hersteller auf der Suche nach knuffigen Maskottchen, um Nintendo beim Kampf um die Hüpfkrone Paroli zu bieten: Sega schickte z.B. Turbo-Igel Sonic ins Rennen, Atari wollte den Jaguar mit der Hilfe von Ubisoft und Rayman etablieren, während ein gewisser Alfred Chicken zu einem der ersten Videospiel-Charaktere mit politischen Ambitionen in Großbritannien avancierte. Und Ocean Software? Der 1998 von Infogrames übernommene Publisher setzte auf den Charme eines niedlichen Eichhörnchens und konnte vor allem auf dem Amiga mit Mr. Nutz die Herzen von Jump'n'Run-Fans erobern...

Eine schwere Geburt

Die grafisch schönste Version bietet das Super Nintendo.
Die grafisch schönste Version bietet das Super Nintendo.
Manchmal kommt alles anders als man denkt: Ursprünglich startete die Entwicklung des Plattformers bei Kaiko – also dem deutschen Team rund um Komponist Chris Hülsbeck, dem wir u.a. auch den Puzzler Gem'X, den grandiosen Insekten-Shooter Apidya sowie die Amiga-Umsetzung von Mega Turrican zu verdanken haben. Als Protagonisten hatte man sich zwar bereits für ein Eichhörnchen entschieden, doch wurde das Spiel damals noch unter einem anderen  entwickelt, unter dem es auch veröffentlicht werden sollte. Auch als sich Teile der Kaiko-Crew unter Neon Software neu formierten und die Arbeit rund um den coolen Nager fortsetzten, war von Mr. Nutz noch keine Rede. Stattdessen sollte der Titel unter dem Namen Timed: The Flying Squirrel erscheinen.

Der Wechsel und leichte Anpassungen am Aussehen des tierischen Hauptcharakters kamen erst durch einen Deal mit Ocean Software zustande: Der britische Publisher sicherte sich die Vertriebsrechte an Timet, hatte mit dem konzeptionell sehr ähnlichen Mr. Nutz aber bereits einen Hüpfer im Portfolio, mit dem man gerade erst das SNES unsicher gemacht hatte. Dort stellte sich das Eichhörnchen dem fiesen Yeti Mr. Blizzard und musste auf seiner Reise durch sechs thematisch unterschiedliche Welten dessen Plan verhindern, den Planeten mit Magie in einen gigantischen Eiswürfel zu verwandeln. In klassischer Manier bewegte man sich durch bunte 2D-Kulissen, sprang über Plattformen oder seinen Gegnern auf den Kopf. Alternativ schleuderte man den Widersachern wie Hornissen, Igeln oder Vogelscheuchen die zuvor gesammelten Nüsse entgegen oder zog ihnen mit dem buschigen Schwanz eins über. Neben fetten Bossgegnern durften auch Münzen zum Einsammeln nicht fehlen – wer genau suchte, konnte auch die gut versteckten Extraleben oder Heilung für die Gesundheitsleiste finden, die mit jeder Berührung von Feinden oder Fallen jeweils eine Einheit verlor. Nach seiner SNES-Premiere im Jahr 1993 wurde der von Ocean France entwickelte Titel noch für Segas Megadrive und diverse Gameboy-Modelle umgesetzt. Seinen letzten Auftritt hatte Mr. Nutz 2001 bei der Konvertierung auf den GBA, bei der man sogar zuvor gestrichene Abschnitte erstmals als Bonus-Levels erleben konnte.

Überragender Amiga-Auftritt

Die Oberwelt und ihre Abenteuer gibt es nur auf dem Amiga.
Die Oberwelt und ihre Abenteuer gibt es nur auf dem Amiga.
Bis auf den Helden hat die Amiga-Version nichts mit den Konsolen-Fassungen gemeinsam – und gilt deshalb vermutlich auch als bester Auftritt des Hüpfhörnchens. Das geht schon bei der Hintergrundgeschichte los: Statt von einem wahnsinnigen Yeti wird die Welt hier von durchgeknallten Hühnern aus dem Weltall bedroht, welche die putzigen Einwohner mit eiserner Feder unterdrücken wollen. Doch sie haben ihre Rechnung ohne Mr. Nutz gemacht, der loszieht, um vier Inseln mit ihren Wald-, Techno-, Unterwasser- und Inka-Landschaften von der Schreckensherrschaft des Federviehs zu befreien.

Erste Überraschung: Das Spiel startete nicht wie auf dem SNES in typischer Plattformer-Manier mit einer linearen Aneinanderreihung von Levels. Stattdessen fand man sich zunächst in einer Oberwelt im Stil von Super Mario World wieder, in der man das Eichhörnchen über eine Karte dirigierte, Schatzkisten plünderte, Multiple-Choice-Dialoge mit Bewohnern führte und kleine Rätsel löste, bevor man Zugang zu den eigentlichen Hüpfpassagen bekam. Dort bekam man dann alles geboten, was man von einem erstklassigen Jump’n’Run erwarten konnte: Fiese Fallen, massig Plattformen, viele Diamanten zum Sammeln und hinterhältige Hühner, die sich mitunter sogar als harmlose Büsche tarnten. Selbst Sprungpilze hatten es – vermutlich auch als kleine Referenz an Super Mario – ins Spiel geschafft und mussten teilweise sogar erst an die richtigen Stellen getrieben werden. Daneben erschwerten weitere Feinde wie aggressive Fische oder Robben den erfolgreichen Abschluss der Nager-Mission. Und Bosskämpfe wie gegen Feuer speiende Drachen haben das Abenteuer selbstverständlich auch am Commodore abgerundet. Doch es war vor allem die Kombination aus der großartig designten Oberwelt und klassischen Hüpfabschnitten, mit denen sich die Amiga-Version von den anderen Plattformen absetzen konnte – hier wurde einfach viel mehr Abwechslung geboten! Es war damals eine gute Entscheidung von Ocean, das Konzept von Neon nicht zwanghaft umzukrempeln, um es mehr dem SNES-Titel anzupassen. Dass im Amiga-Hörnchen immer noch das Flying Squirrel steckte, wurde spätestens dann deutlich, wenn man dank gesammelter Hühnerfedern schwungvoll durch die Lüfte schwebte; ein tolles Gefühl!


Kommentare

Condemned87 schrieb am
Hab ich als Kind auch gehabt.. für den Amiga :)
War eine schöne Zeit...
Irgendwann hatte ich eine Copy-Disk.. und konnte noch kein Englisch :D... im Endeffekt hab ich wohl Copy und Erase verwechselt :P
Mr Nutzs Disketten habe ich noch, allerdings ist diese leer ;D
5ancho schrieb am
"Wurde man getroffen, bekam man nicht wie in anderen Spielen einfach einen Punkt abgezogen. Nein, hier hüpfte eines der kleinen, grinsenden Hitpoint-Kerlchen einfach aus der Gesundheitsleiste, aber ließ sich danach mit etwas Glück auch wieder von Mr. Nutz einfangen ? eine großartige Idee!"
Erinnert mich irgendwie an die Ringe bei Sonic...
Onekles schrieb am
Ich hasse Mr. Nutz. Ich verbinde damit eine schreckliche Kindheitserinnerung. Kein Spaß, wirklich wahr. Ich rede nicht darüber. Aber ehrlich, ich hasse Mr. Nutz.
XenolinkAlpha schrieb am
Der Kampf gegen den psychopathischen Riesen in den Wolken der seine KIller-Augäpfel gegen mich sandte + die irre Musik traumatisierten mich in meiner Kindheit.
schrieb am