Arcanum25.07.2012, Benjamin Schmädig
Arcanum

Special: Kammermusik für Videospieler

Es ist traurig, dass der Soundtrack zu Arcanum (ab 47,00€ bei kaufen) heute noch eine wichtige Rolle spielt: Mehr als zehn Jahre hat der Rollenspiel-Oldie auf dem Buckel und noch immer hallt seine Musik nach. Über weite Strecken zeichnet Ben Houge darin das Bild vom wehmütigen Wandel - eine frühe industrielle Revolution droht die Magie zu verdrängen. Traurig ist das allerdings aus einem anderen Grund. Denn selbst zehn Jahre später ist es noch keinem Spielemusiker gelungen, ähnlich eindrucksvoll zu komponieren.

Kammermusik trifft Videospiel

Schwermütig schweben Violinen über dem Boden, ein ruhiges Cello weist ihnen den Weg. Langsam, aber mit Bestimmtheit suchen die Streicher ihren Weg. Sie strahlen Wärme aus, aber erzählen auch eine Geschichte, die von starken Emotionen geprägt scheint. Wenn die Instrumente gezupft werden, springen sie kampflustig. Wenn hohe Noten nervös zittern, warnen sie vor Gefahr. Eindrucksvoll ist Arcanum vor allem deshalb, weil das in der

Spielewelt einzigartige Streichquartett durch das gesamte Abenteuer führt.

Entwickler Troika dürfte den Anstoß gegeben haben, denn die Fallout-Macher wollten ein Rollenspiel abseits der bekannten Fantasy-Blaupause erzählen. Und so füllen statt eines Orchesters eben zwei Violinen, eine Bratsche und ein Violoncello den Schauplatz zwischen Fantasy und Industrieneuzeit mit Leben. Nur in den letzten vier Titeln unterstützt Komponist Houge sein Quartett mal mit Schlagwerk, mal mit Synthesizer: Die befremdliche Mystik in "The Void" und "Kerghan's Castle" überlässt er vollständig der Elektronik.

Leise Reize

Zu diesem Zeitpunkt haben aber längst die geruhsamen Streicher dem Spiel ihren Stempel ausgedrückt. Sie beschreiben - insgesamt vielleicht etwas zu gleichmäßig - eine Reise, die in "Caladon Catacombs" ereignisreich, in "Mines" lebensbedrohlich, in "Wilderness" erholsam und in "Tulla" wehklagend scheint. Houge gelingt es dabei stets, seine Melodien zu entwickeln. Im Gegensatz zur Musik vieler Kollegen steht seine niemals still, sondern

Verfügbarkeit

Die Musik zu Arcanum steht kostenlos zur Verfügung. Komponist Ben Houges verweist auf eine Fanseite , welche die Musik sowohl im WAV-Format als auch als MP3 anbietet. bereichert die Geschichte um behutsame Nuancen. Selbst das allgemeine "Towns" erzählt vom Schicksal der Einwohner, während sie in auf kalten Pflasterstraßen ihrer Arbeit nachgehen.

Arcanum muss man in Ruhe hören, denn die leisen Töne machen den Reiz aus. Geduldige Ohren entführt es dafür in eine angenehm bodenständige Steampunk-Welt, weil ihr die überschaubaren Instrumente einen erdfarbenen Anstrich verleihen - fast so, als würden sie die schweren Ketten einer frühen Dampfmaschine ziehen.

Auf herausragende Themen verzichtet Arcanum, was einzelne Melodien in dem gleichbleibenden Arrangement schwer greifbar macht. Darin liegt allerdings auch ihre große Stärke, denn der Soundtrack zeichnet sich gerade durch seine vermeintliche Einfachheit aus. Die unaufgeregte Kammermusik wirkt greifbarer als gewaltige Orchesterwerke - sie erfordert ein größeres Hörverständnis, belohnt die Mühe aber mit ungewöhnlich plastischen Klangbildern. Umso erstaunlicher und umso bedauerlicher, dass Ben Houges fantastische Musik bis heute ein einzigartiges Kleinod geblieben ist!

Einschätzung: sehr gut

 
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