Dark Messiah of Might & Magic21.07.2006, Benjamin Schmädig
Dark Messiah of Might & Magic

Special:

Ubisoft hat nach Paris gerufen, also statten wir der Stadt der Liebe einen Besuch ab, wo wir u.a. auf den Associate Producer Erwan Le Breton treffen. Er plaudert darüber, wie aus Arx Fatalis 2 Dark Messiah wurde, was von den alten Might & Magic-Titeln noch übrig ist und erklärt, warum es gut ist, Spiele in Episoden zu veröffentlichen.

4Players: Mr. Le Breton, können Sie sich bitte kurz vorstellen?

Le Breton: Ich bin Erwan Le Breton, Associate Producer von Dark Messiah und Koordinator für die von Ubisoft erschaffene Welt von Might & Magic.

4P: Sie sind im Besitz der Might & Magic-Lizenz und haben auch damit gearbeitet, was bisher aus dieser gemacht wurde. Gibt es etwas, das Sie jetzt daran ändern mussten?

Le Breton: Nachdem wir die Lizenz erworben hatten, haben wir uns zuerst gefragt: Da wir eine großartige Lizenz haben, brauchen wir eine glaubwürdige Fantasywelt. Die gibt es schon. Ist es die, auf der wir aufbauen wollen? Und wir haben eingesehen, dass das ein Risiko wäre, denn wir waren nicht im Besitz aller Bausteine dieser Spiele, dieser Welt, die uns 3DO und New World Computing hinterlassen haben. Wir konnten uns also nicht sicher sein, wie genau sich die bisherigen Might & Magic-Spiele an die Vorlage hielten. Wir mussten ins Internet 

Erwan Le Breton an seinem Arbeitsplatz.
gehen und uns Informationen von Fanseiten holen, wir hatten alte Handbücher und wir konnten natürlich alle Spiele spielen, um Wichtiges herauszuschreiben. Das hätte allerdings Stunden über Stunden über Stunden gedauert. Wir haben dann entdeckt, dass die Fans sehr akribisch vorgehen - einige davon kennen Might & Magic seit den ersten Spielen - und die wissen im Gegensatz zu uns über alles bescheid. Und falls wir einen Fehler oder etwas falsch gemacht hätten, wären sie enttäuscht gewesen. Also haben wir uns dazu entschlossen, eine neue Welt zu erschaffen und lediglich die wesentlichen Inhalte zu bewahren.

Deshalb haben wir untersucht was wir wussten. Wir haben vor allem die Fans gefragt: Was gefällt euch, wenn ihr Might & Magic spielt, was ist euch in Erinnerung geblieben, was sind die großen Momente? Und wir haben herausgefunden, dass es ein paar Elemente gab, die wir unbedingt beibehalten mussten: Die Tatsache, dass es eine klassische Fantasywelt mit Trollen, Elfen usw. - mit den Archetypen eben - ist. Die Tatsache, dass sie episch veranlagt ist, dass sie sehr umfangreich ist, dass man wunderschöne Schauplätze frei erkunden kann. Man sucht Artefakte, die die Kraft haben, die Welt zu retten oder sie zu zerstören. Und dass man am Ende sehr mächtig wird. Wir wollten an dieser epischen Dimension festhalten. Die Welt war in Fraktionen unterteilt: Die Dämonen des Infernos, die Toten der Nekropolis, die Zauberer der Akademie - das wollten wir ebenfalls mitnehmen.

Für den finalen Touch sorgte schließlich die Tatsache, dass man sich in den alten Might & Magic-Spielen oft zwischen Gut und Böse entscheiden musste. Und man hat Charaktere verkörpert, die nicht einfach Paladine in schimmernden Rüstungen waren, sondern auch eine dunkle Seite hatten. Wir mochten diese Vieldeutigkeit in den früheren Titeln. Das alles haben wir als die wesentlichen Werte dieser Marke empfunden und wollten es behalten. Dann haben wir allerdings gemerkt, dass wir mit einigen der Merkmale nicht wirklich glücklich waren. Das betrifft z.B. den Science Fiction-Einschlag. Wenn man ein Spiel beendet hatte, fand man oft heraus, dass Technologie hinter den Engeln und den Elfen sowie dem mächtigen magischen Artefakt stand. Es gab Raumschiffe, Blaster und das war nicht das, was wir für

Der Attentäter aus dem Multiplayer-Modus. Seine Klingen sind zwar klein, dafür seht ihr ihn nicht kommen.
die neue Welt von Might & Magic suchten. Wir wollten echte Hardcore-Fantasy ohne Science Fiction oder Technologie.

Diese Entscheidungen mussten wir schon zeitig treffen. Und nachdem sie gefallen waren, kam schon die nächste Aufgabe auf uns zu: WER wird das alles machen? *lacht* Wir mussten also ein Team von Schreibern und Grafikern engagieren&

4P: Irgendjemand, der bereits an vorangegangenen Might & Magic-Spielen gearbeitet hatte?

Le Breton: Nein. Und das aus gutem Grund, denn es gab vielleicht zwei oder drei Leute, die für die Marke Might & Magic wirklich wichtig waren, z.B. die CEOs von New World Computing, die Ausführenden Produzenten, aber die wollten nicht nur als Verfasser des Grundlagendokuments beteiligt sein. Das wäre nicht gerade aufregend für sie. Und was die Autoren angeht, welche bereits für ältere Might & Magic-Spiele geschrieben haben: Sie wurden für bestimmte Aufgaben herangezogen, waren aber kein Bestandteil des kreativen Teams. Wir brauchten daher Leute, die sich mit dem Erdenken von Welten und Geschichten auskannten, die die Might & Magic-Spiele gespielt und gemocht haben und die etwas mit Fantasy anfangen konnten, aber gleichzeitig auch den eher modernen Touch verstanden, welchen wir der Welt geben wollten.                    

Unser Lead Writer war der perfekte Mann dafür. Sein Name ist Richard Dansky. Er arbeitet als Autor bei Ubisoft und war vorher an White Wolf beteiligt. Das ist ein Unternehmen für Pen & Paper-Rollenspiele, das durch Vampire: Die Maskerade bekannt wurde. Drei bis vier Jahre hat er dort als Line Editor und World Creator gearbeitet, bevor er zu Ubisoft kam, von daher wusste er eine Menge über Rollenspiele im Allgemeinen und ebenso viel über das Erschaffen von Welten. Er hat bereits Romane geschrieben. Er kannte sich außerdem mit Videospielen aus, ebenso mit Might & Magic. Es hat perfekt gepasst und deshalb wurde er unser Lead Writer. Ich selbst war der Koordinator, der Typ, der sicherstellt, dass die zentralen Visionen respektiert werden und dass jeder, der am Projekt beteiligt ist, der gleichen Philosophie folgt. Zudem musste ich dafür sorgen, dass die Entwickler Informationen bekommen.

Für die Grafik haben wir Olivier Ledroit engagiert, vielleicht habt ihr einige seiner Artworks auf der Webseite gesehen. Er hat eine 17-jährige Erfahrung mit französischen Comic-Serien, er ist quasi ein Veteran. Er zeichnet dunkle Fantasy. Außerdem hat er einen Cyberpunk-Thriller gemacht, er war der Visual Artist bei Requiem, was Dark Horror bzw. Gothic Horror ist. Es ist richtig düster und blutig. Genau das ist es,  was in die neue dunklere Welt reinpasst. Sein Stil sieht ein bisschen aus wie Warhammer, denn er ist sehr überzeichnet - Ritter haben Schwerter, die zwei mal so groß sind wie sie selbst und riesige Schulter-Polster - aber es wirkt nicht so klobig. Normalerweise sind seine Charaktere sehr schmal, was ein bisschen wie das aussieht, was die Japaner machen.

4P: Hat er die Charaktere für das Spiel gezeichnet?

Le Breton: Die Charaktere nicht, denn Nivel und Arkane hatten schon eine Menge Artworks, bevor Ledroit dazu kam. Aber zumindest hat er wichtige visuelle Duftmarken für die Fraktionen gesetzt: Rüstungen, Symbole,

Selbst Schuld: Wer auf dem Wachgang so unaufmerksam ist, wird eben hinterrücks ermordet.
farbliche Vorgaben, Waffen - solche Sachen. Er wird einen stärkeren Einfluss auf zukünftige Might & Magic-Spiele haben, denn wir haben jetzt 25 Artworks von ihm und er arbeitet noch an weiteren. Würden wir morgen ein Might & Magic-Spiel machen, wäre das die Quelle, von der wir uns inspirieren ließen. Diesmal war es eher so: Im Spiel sehen sie [die Charaktere, Anm. d. Red.] so und so aus, also lege ich das meinen Zeichnungen zugrunde, füge meinen eigenen Stil dazu und lasse sie größer, beeindruckender aussehen und das gebe ich dann den Entwicklern. Wenn sie es einbauen können - großartig! Wenn nicht - Pech gehabt.

4P: Woher kam die Idee, von Rollenspiel und Strategie in Richtung Egoshooter zu gehen? Um das Spiel intensiver und opulenter zu machen?

Le Breton: Nein. Wir hatten die Lizenz, wir wollten Heroes [of Might & Magic] 5 machen, von dem wir wussten, was es sein würde und wer es entwickeln sollte, und dann kam Arkane Studios mit diesem Konzept eines beeindruckenden Actionspiels in einer Fantasywelt und mit Half-Life 2-Engine zu Ubisoft. Und wir haben gesagt: Oh, wir haben Might & Magic, also wisst ihr was, das könnte funktionieren! *lacht* So fing alles an.

4P: Wollten sie von vornherein einen Titel mit Ego-Perspektive und viel Action machen? Schließlich hatten sie davor Arx Fatalis gemacht, was etwas ganz anderes ist als Dark Messiah.

Le Breton: Nun ja, für sie ist Dark Messiah tatsächlich das, was Arx Fatalis 2 geworden wäre. Sie wollten, dass sich Arx Fatalis weiterentwickelt und genau so wird. Sie sind große Fans von Valve und der Source Engine und deshalb wollten sie diese für ihr Spiel. Sie hatten das Gefühl, dass Arx Fatalis 2 wie Half-Life 2 aussehen, aber mit ihrer eigenen Vision, ihrer eigenen Welt versehen werden sollte.

4P: Hatten sie schon an dem Projekt gearbeitet als sie zu Ihnen kamen?

Le Breton: Ja, sie hatten einen Prototypen, ein Design-Dokument für das Spiel. Sie hatten verschiedene Konzeptzeichnungen. Sie waren bereit, mit einem Spiel in Produktion zu gehen, das zu diesem Zeitpunkt weder einen Namen noch einen Publisher hatte. Wir haben darüber gesprochen, wie wir daraus ein Might & Magic-Spiel machen könnten. Zuerst haben sie gesagt: Might & Magic ist nicht die gleiche Art von Welt. Aber wir haben ihnen erzählt, was wir im Kopf hatten, dass wir eine neue Welt aufbauten und dass der Mann, der die Bibel schrieb, den entsprechenden Hintergrund dazu hatte. Dann haben sie gemeint: Also in dem Fall, wenn wir es modern machen können, ohne Pistolen, ohne Roboter, dann ist es das Spiel, was wir entwickeln wollen. So haben wir uns damals geeinigt.              

4P: Sie wollten die Marke Might & Magic also ohnehin weiterentwickeln und dann kam Arkane und es hat einfach alles gepasst.

Le Breton: Ganz genau. Zuerst war es wirklich schwer, die Leute, auch innerhalb von Ubisoft, davon zu überzeugen, dass es interessant ist, einen Nahkampf-Egoshooter in einer Fantasywelt zu machen, aber wir hatten sehr schnell einen Prototypen, der gezeigt hat, dass das funktionieren kann. Wir haben das Spiel zum ersten Mal letztes Jahr in Leipzig gezeigt und die Besucher waren sehr begeistert, als sie es sahen. 

Tiefgefroren und in Einzelteile zertreten, macht dieser Bösewicht keinen Ärger mehr.
Deshalb hat Ubisoft gesagt: Alles klar, die Leute können so ein Spiel wertschätzen, also machen wir es.

4P: Soweit ich weiß, sind viele Leser noch immer unschlüssig, was sie mit dem Spiel anfangen sollen, wenn sie zuerst Might & Magic und dann Ego-Shooter hören. Was sagen Sie ihnen über die Besonderheiten, was sind seine besonderen Merkmale?

Le Breton: Ich denke, das wichtigste Erlebnis, das sie bekommen ist, dass es dich wirklich in die Fantasywelt zieht. Diese Einbeziehung ist einer der Schlüsselmomente. Ich weiß, dass jeder sagt: Mein Spiel ist beeindruckend! Aber für uns besteht diese Einbeziehung nicht nur aus hübscher Grafik, schöner Musik, Ego-Perspektive. Es ist vielmehr die Tatsache, dass die Physik in diesem Spiel dazu da ist, sich als Teil einer realen Welt zu fühlen. Wenn du in der echten Welt einen Stuhl hochheben, werfen und verbrennen kannst, dann kannst du das auch im Spiel tun. Jetzt, da wir an den letzten Details arbeiten, denken wir, dass wir alles erreicht haben, was wir wollten. Wir verkaufen dieses Spiel an Leute, die sowohl Half-Life 2 als auch Doom mögen sowie an jene, die online Battlefield oder CounterStrike spielen. Es ist also definitiv ein Spiel für Ego-Shooter-Anhänger.

Aber als wir das Spiel auf der E3 vorführten, gab es eine Menge Fans, Rollenspiel-Fans, Might & Magic-Fans, die zu uns kamen. Sie konnten die Demo nicht spielen, aber sie haben gesagt: Wow! Das ist nicht so viel anders als Oblivion, was die Gefühle und Emotionen angeht. OK, die Steuerung ist die eines Ego-Shooters: Ich habe keine Hitpoints, ich muss schnell und auf der Hut sein und ich muss die Steuerung und die Spielmechanik kennen, um zu gewinnen.

Aber wir planen verschiedene Schwierigkeitsgrade ein - einfach, normal, hardcore, insane *lacht* und wir haben das Gefühl, dass auch jemand, der sich nicht mit Egoshootern auskennt, aber zu dem Fantasy-Universum hingezogen fühlt und das Spiel auf einfach stellt, dazu in der Lage sein sollte, es zu beenden und zu genießen. Denn da ist ein Szenario, welches dir dabei hilft, die Welt, den Plot, die verschiedenen Charaktere, die verschiedenen Rassen zu entdecken, so dass man wirklich in diesem klassischen Fantasy-Erlebnis gefangen und hindurch geführt wird. Und die Musik und die Grafik sorgen dafür, dass man sich wie in einem Peter Jackson-Film fühlt.

4P: Sie haben eben von der Story gesprochen. Wie wird sie erzählt? Durch Zwischensequenzen oder im Gordon Freeman-Stil?

Le Breton: In Heroes gibt es ausschließlich Zwischensequenzen, aber Dark Messiah ist da direkter. Das heißt,

Immer wieder führt der Weg an eindrucksvollen Gemäuern vorbei .
es gibt sieben Zwischensequenzen im gesamten Spiel und sie sind allesamt sehr kurz. Da geht es hauptsächlich um die apokalyptischen Ereignisse, welche wir nicht mit der Spielengine zeigen können. Dafür mussten wir Zwischensequenzen nehmen. Andere wichtige Informationen werden oft durch Dialoge mit anderen Charakteren geliefert, aber da muss man sicherstellen, dass der Spieler auch zuhört und versteht, worum es geht. Das geht aber nicht mit dem Konzept unseres Spiels einher, denn man hat jederzeit die volle Kontrolle und könnte den Typ, der gerade spricht, töten oder man könnte weglaufen - man kann hundert Sachen machen, die einen davon abhalten, an Informationen zu gelangen.

Es gibt daher einen weiblichen Geist, der am Beginn des Spiels von deinem Meister mit deiner Seele verschmolzen wird. Sie soll dein Führer und Beschützer sein. Sie wird dir helfen, viel mit dir reden - diese innere Stimme erzählt dir ungefähr wie Cortana in Halo von den Dingen, die um dich herum passieren. Sie ist einer der Tricks, mit denen wir dir Informationen zuschieben. Die andere Informationsquelle ist das Belauschen von sich unterhaltenen Personen. Natürlich kann man das Spiel beenden, indem man jeden umbringt. Aber wenn du versuchst, den Leuten oder Feinden zuzuhören, indem du dich an sie heranschleichst oder dich versteckst, bekommst du mehr Informationen. Es erhöht die Stimmung und ist ein Bonus, denn sie geben dir Hinweise über Subquests, sind ansonsten aber nicht wichtig.                  

4P: Bekommt man Subquests wie in Rollenspielen oder geht es da eher um kleinere Dinge?

Le Breton: Es hat nichts mit einem Rollenspiel zu tun, wo man eine Quest erledigt und dann eine weitere, die nichts mit der Handlung zu tun hat. Du bist hier auf einem Weg, auf dem dich verschiedene Aufgaben erwarten. Sobald die erfüllt sind, erhält man Erfahrungspunkte, mit denen du deinen Charakter ausbauen bzw. ihn erweitern kannst. Mitunter gibt es geheime Aufträge. Diese sind sehr kurz und du erhältst einen Bonus, z.B.: "Wo du gerade da bist, dort drüben findest du eine Kiste…"

4P: Entwickelt sich die Geschichte linear oder muss man Entscheidungen treffen?

Le Breton: Meistens ist sie linear. Das Spiel selbst ist nicht linear, da du dich zwischen hunderten von Möglichkeiten entscheiden kannst. Es wird anders sein, wenn du dich für einen Attentäter, einen Krieger oder einen Zauberer entscheidest. Und wenn du die Elemente, die Physik um dich herum benutzt, kann es noch zehnmal einfacher werden. Wenn du ein Feuer legst und die Wachen hinein lockst, kannst du fünf Typen in einer Sekunde erledigen. Wenn du ein Zauberer bist, kannst du sie einfrieren, sie wegschubsen, zum Explodieren bringen oder den Boden einfrieren, so dass sie in ihren Tod fallen, wenn sie auf dich zukommen, da sich das Eis an einem Abgrund befindet – es gibt alle möglichen Wege, das Ziel zu erreichen. Weiterhin wird man im letzten Drittel des Spiels zweimal vor eine entscheidende Wahl gestellt: links oder rechts. Das wird sich auf das Spielende auswirken. Wir bieten vier verschiedene Enden, die davon abhängen, 

Guten Flug: Dieser ehemalige Zeitgenosse stand einfach verlockend nahe vor dem Abgrund.
für welchen Weg man sich entscheidet. Das ist nicht viel im Vergleich zu einem Rollenspiel, aber für ein Actionspiel ist das eine Menge.

4P: Etwas, woran ich immer interessiert bin: Wer wird die Musik machen und wie wird sie sich anhören?

Le Breton: Wir haben einen amerikanischen Komponisten namens Sascha – ich kann mich gerade nicht an den vollständigen Namen erinnern – engagiert [Sascha Dikicyian, Anm. d. Red.]. Er kommt aus Osteuropa und wurde vor allem deshalb ausgewählt, weil sein Stil sehr an das erinnert, was man von [Hans] Zimmer kennt: Es ist orchestrale Musik mit einem elektronischen Unterton. Er benutzt elektronische Klänge, unheimliche Schwingungen und das alles in Verbindung mit einem orchestralen Soundtrack. Er beginnt wie Howard Shore in Herr der Ringe und dann hört man auf einmal Percussion und Schlagzeug, was dem Ganzen einen modernen und düsteren Klang gibt und was es einfacher macht, es in eine Schleife umzuwandeln, falls man die gleiche Musik im gesamten Level im Hintergrund laufen lassen will. Wenn du dir die Musik zu Gladiator anhörst oder das, was Danny Elfman zu Planet of the Apes gemacht hat – das ist ziemlich nah an dem dran, was wir dir mit Dark Messiah geben.

4P: Also kein Heavy Metal?

Le Breton: *lacht* Das wollten wir nicht.

4P: Ich hätte es mir vorstellen können…

Le Breton: Wir hätten uns so entscheiden können, etwa in der Art: "Lasst uns eine Metal-Band nehmen und etwas ähnliches wie Prince of Persia 2 machen." Aber wir einigten uns mit Arkane auf etwas epischeres, das mehr nach Fantasy klingt. Aber wir wollten keinen klassischen John Williams-Soundtrack mit seinen Leitmotiven und dem vollen Orchester. Es geht nicht darum, dass wir so etwas nicht mögen, wir haben allerdings etwas gewählt, das besser zur Atmosphäre von Dark Messiah passt, die manchmal echt abgefahren sein kann. Dein Charakter hat z.B. Albträume. Wie schon gesagt haben wir versucht, die Zwischensequenzen anders als jene zu gestalten, die man normalerweise bekommt.             

Selbst während der Zwischensequenzen siehst du durch deine eigenen Augen und in einigen der Einspielungen erlebst du Albträume. Bevor du schlafen gehst, hast du eine seltsame Vision, dann wachst du auf und sie ist vorbei. Das ist eine gute Möglichkeit, auf spannende Art und Weise an Informationen zu gelangen, anstatt fünf Minuten lang zu schauen, was das Spiel macht und dann zu sagen: "Ahhh, ist das langweilig." Es passt in die Handlung, in die Frage nach deiner Identität, was mit dir passiert usw.

4P: Aber diese Albträume geschehen nicht mitten im Spiel, oder?

 

Blut fließt viel bei Dark Messiah. Für Zartbesaitete wird es jedenfalls kein Spaziergang.
Le Breton: Nein. Normalerweise ist da etwas, was im Spiel passiert und dann hast du einen Albtraum, der von dem Gesehenen handelt. Das sorgt für viel Stimmung.

4P: Apropos Egoshooter und vor allem Story: Ich weiß, das wird dieser Tage oft gefragt, aber was halten Sie von episodischen Inhalten?

Le Breton: Ich denke, das ist der Weg, welchen wir in der Industrie in Zukunft einschlagen sollten, denn ich kann euch sagen, dass Spiele immer teurer werden, schwerer herzustellen und diesen Weg nicht zu gehen heißt, es wird immer weniger Spiele und immer weniger Studios geben. Ich glaube außerdem, dass es sehr interessant ist, was in den letzten Jahren im Fernsehen passiert ist. Davor waren TV-Serien nur zweite Klasse hinter dem Kino und jetzt gibt es immer interessantere, erstklassige, aber auch preiswertere Serien. Sie kosten sehr viel weniger, denn sie verwenden die gleiche Ausstattung, haben weniger Spezialeffekte und so weiter.

Und ich denke, Videospiele können davon profitieren. Angenommen wir machen ein Spiel in drei oder vier Episoden, dann würden wir hauptsächlich die gleichen Grundlagen verwenden und lediglich ausbessern, optimieren, neuen Inhalt hinzufügen usw. Am Ende wird es billiger sein and wir haben vier Spiele statt einem und die allgemeine Qualität, was Drama, Emotionen, Charakterentwicklung angeht, ist in einer Serie einfacher aufzubauen als in einem einzigen Spiel. Selbst bei Dark Messiah, das ungefähr zehn bis 16 Stunden dauert, hatten wir das Gefühl, uns fehlt die Zeit zum Aufbauen von Charakteren. Denn es gibt jede Menge Action und Charakterentwicklung durch Action ist OK, aber es ist nicht genug. Man braucht mehr düstere Wendungen, mehr Drama, einschneidende Entscheidungen usw. und das ist meiner Meinung nach einfacher in einer Episode oder einem Episoden-Format zu bewerkstelligen.

4P: Wir können uns also hoffentlich mehr und mehr gute Geschichten freuen.

Le Breton: Ja, denn das ist nicht das, was teuer ist. Da geht es eher darum, gute Leute für den Job zu finden. Was heute teuer ist, ist das Produzieren von unheimlich viel Inhalt mit der Grafik, die von einem Next Gen-Spiel erwartet wird. Spieler verlangen viel, ich verlange ebenfalls viel, wenn ich ein Spiel kaufe. Ich will, dass es wirklich klasse aussieht, ohne

Die Source-Engine sorgt für imposante Ansichten und schöne Ausblicke.
jeden Fehler usw. Aber wenn ich sehe, wieviel Arbeit es erfordert, einen Charakter in einen einzelnen Raum zu setzen und dafür zu sorgen, dass das gut aussieht… Und wenn man, wie wir mit Dark Messiah, auf Fotorealismus aus ist, sticht jede Animation, die nicht wirklich perfekt ist, sofort ins Auge. Denn dein Charakter sieht aus wie du und ich, wie ein menschliches Wesen, ein lebensechter Charakter. Sobald er daher eine Bewegung ausführt, die nicht wie im echten Leben aussieht, ist das hässlich, es ist Müll. Die Anzahl der Animation, die wir für sekundäre NPCs erstellen – das ist einfach Wahnsinn.

Ich habe Oblivion gespielt und war etwas enttäuscht, denn die Charaktere sehen aus wie Schauspieler und haben großartige Augen, aber der Rest ist einfach starr. Da bevorzuge ich World of WarCraft, denn dort sehen sie aus wie Comic-Charaktere, bewegen sich wie Comic-Charaktere, aber zumindest passt es ins Bild.

Doch ich denke auch, es ist noch zu früh für episodische Inhalte, denn viele denken noch immer: Wenn man 30 Euro für ein Spiel bezahlt, ist es ein schlechtes Spiel. Wir haben diese Einstellung im Kopf, welche uns sagt: Wenn es nicht 50 oder 60 Euro kostet, ist es kein Top-Titel. Episodische Inhalte sind dafür da, Spiele billiger zu machen und sie auch billiger zu verkaufen. Momentan herrscht aber die Vorstellung, dass das Spiel sein Geld nicht wert ist, wenn man nicht viel dafür bezahlt. Irgendwann werden die Leute aber wohl sagen: "Ja, ich bekomme weniger Inhalt und es nutzt die selbe Engine wie die letzte Episode, also ist es kein großer Fortschritt, aber ich weiß, dass Qualität drin ist.                  

 
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