Special: Architektur & Spiel (Sonstiges)

von 4P|Team



Architektur & Spiel
Sonstiges
Entwickler: Spielkultur
Publisher: 4Players
Release:
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Spielinfo Bilder  


 Die virtuelle Freiheit?

Ein Gastbeitrag von Tanja Köhler

In der virtuellen Welt ist alles anders.

Tanja Köhler im Gespräch

Über Spiele, Architektur und große Erlebnisse...

Lust auf mehr Architektur? Unser Thema:
Als Architektin für virtuelle Bauwerke muss ich mich nicht mehr mit Bauvorschriften, Abstandsflächen, Traufhöhen oder Wohnflächen-Geschosszahlen herumschlagen, sondern kann einfach so drauf los bauen. Und der ganze Bauprozess geht auch noch viel schneller! Während sonst mit Produktionszeiten von mindestens einem halben Jahr für ein einfaches Einfamilienhaus bis zu mehreren Jahren für ein Hochhaus zu rechnen ist, ziehe ich jetzt die Wände einfach selbst hoch, setze ein Dach drauf und fertig ist mein Haus. In der virtuellen Welt kann ein Gebäude innerhalb von Tagen, ja sogar Stunden entstehen.

Soweit die Theorie. In der Praxis sieht es dann doch etwas anders aus:

Am Anfang eines jeden Bauwerkes steht ein Entwurf. Das kann in der realen Welt das Konzept für ein Einfamilienhaus sein, in der virtuellen Welt vielleicht eine mittelalterliche Burganlage.

Entscheidend für den Entwurf sind neben der Funktion feststehende Randbedingungen wie Klima und Topologie des Grundstückes (Bauen in Grönland stellt andere Bedingungen als Bauen in der Wüste), aber auch wirtschaftliche und kulturelle Aspekte. Beim Einfamilienhaus könnten die Bedingungen zum Beispiel so aussehen: Wohnen, Süddeutschland, Steilhang, preiswert. Der Bauherr beschreibt noch grob, welche Räume er gerne hätte und einige Extras wie z.B. großer Kamin, Walmdach, bayerischer Landhausstil. Bei der Entwurfsplanung stehen neben den Vorstellungen des Bauherrn und der verfügbaren Technik (Baumaterialien, Haustechnik) die Kosten stark im Vordergrund. Ist der Entwurf sowohl vom Bauherrn, als auch von der örtlichen Baubehörde freigegeben, kann die Realisierung beginnen. Dem technisch möglichen setzt häufig dass verfügbare Budget die Grenzen.

Auch die virtuelle Welt stellt Randbedingungen: die Landschaft ist meist schon vorgegeben, hinzu kommt noch das Zeitalter (z.B. Steinzeit oder Mittelalter, Gegenwart oder Zukunft) und die Funktion. Während diese Bedingungen von den Game Designern vorgegeben werden, legen die technischen Grenzen (z.B. Polygonanzahl, Texturgröße, Shadertechnologie) die Programmierer fest.

Innerhalb dieser Grenzen sind alle Entwürfe möglich, wie es das Spiel gerade verlangt: ob mittelalterliche Dörfer, futuristische Raumstationen oder ganz normale Alltagsarchitektur der Sims.
Es kann eine ideale Welt gestaltet werden, in der alle Gebäude zueinander passen, sich perfekt in die Landschaft einfügen und so zu einem harmonischen Gesamteindruck beitragen.

Im Gegensatz dazu ist die reale Welt nicht homogen, sondern ein buntes Durcheinander an möglicher und unmöglicher Architektur: Moderne Hochhäuser stehen neben Häusern aus der Gründerzeit, rote Klinkerstein-Fassaden grenzen an moderne Betonbunker, restaurierte Fachwerkhäuser stehen neben grellfarbig gestrichenen Putzbauten.
Kommt dem Architekten nicht gerade die rare Chance zu, eine von Grund auf neue Stadt zu schaffen (wie früher Brasilia und heute in China) muss der Architekt versuchen, das neue Gebäude ins vorhandene Stadtchaos zu integrieren.

Der Architekt trägt hierbei eine große Verantwortung, nicht umsonst wird Architektur die öffentlichste aller Künste genannt: während wir uns Malerei, Musik, Theater oder Literatur nach freiem Ermessen zugänglich machen können, sind wir der Architektur gnadenlos ausgeliefert. Während es in der realen Welt kein Entkommen gibt, hat man es in der virtuellen Welt einfacher: ein Spiel mit einer Landschaft und Architektur die einem missfällt, kann einfach mit einem Mouseklick beiseite gelegt legen. Bietet die virtuelle Architektur höhere Freiheitsgrade im Bezug auf Umsetzbarkeit von neuen Ideen und revolutionären Visionen?        

Kommentare

colf schrieb am
Ein total spannendes Gebiet, über das Sie berichten! Und sehr interessante Aspekte, die Sie ansprechen. Beim (post-)modernen Begriff von Architektur wird bestimmt gern behauptet, man erfinde die Realität neu. Ich vermute, nicht viele Architektenbüros können sich derartige Sentenzen in ihren Broschüren leisten. Wenn ich mal ein Haus bauen lasse, hoffe ich zumindest der Architekt ist nicht bemüht die Realität neu zu erfinden. :)
Entgegen Ihrer Behauptung, die Computerarchitektur bestehe vielfältig aus Klischees und leicht verdaulichen Abbildern der echten Architektur und, möchte ich ein paar andere Aspekte vorstellen, wie die Spiele zumindest meine Erfahurng von "Architektur" geprägt haben.
Fantasy-Architektur
Aus Ihrer Perspektive ist es bestimmt richtig, dass Sie an vielen Ecken Klischees sehen - ich kann mir vorstellen, dass es irgendwann nervig ist, das Elfenrepertoire oder die Zwergenhütten abzurufen. Diese Fantasywelten dauerhaft zu bauen, das wirkt nach ein paar Monaten bestrimmt wie Schema F. Der Gamer erlebt das aber ganz anders. Die Gebäude gestalten die Atmosphäre und machen die Fantasiewelt des Computerspiels erfahrbar. Man taucht ins Spiel ein, und auch in sömtliche gezeigte und daher ja auch "spielbare" Architektur. Und die Klischees funktionieren dann, wenn man sie mit Liebe für das Detail macht. Wenn ich die 2D Gebäude von Heroes of Might And Magic III - in dem es von Fantasy Klischees nur so wimmelt - verzücken mich noch immer. HoMM V dagegen ist eine Frechheit. Es ist lieblos und dünn. Das einzig gute ist die leider völlig sinnlose Kamerafahrt in die Heimatstadt, weil ih da immer an diesen Supertrailer von CivIII denken muss, in dem man an einem einzigen Gebäude die Architekturgeschichte der Menschheit vorgespielt bekommt.
Shooter-Architektur
Sie sagen, die Funktion der Architektur sei oft, in den Hintergrund zu treten. Etwa bei Autorennen. Da stimme ich zu. Aber bei Shootern ist das anders, wenn ich hier die Erbsen zählen darf. Half Life II, Doom...
schrieb am